Die Benediktinerabtei Lambach, im Herzen von Oberösterreich, hat nicht nur eine prächtige Kirche mit kulturhistorisch wertvollen Fresken. Sie hat auch ein höchst interessantes Archiv, mit einer reichen Notenkollektion. Dort wurde Gunar Letzbor, mit seinem Ensemble Ars Antiqua Austria immer wieder auf der Suche nach bislang unentdeckten Werken, im Zuge seiner Auseinandersetzung mit dem Schaffen P. Romanus Weichleins noch auf zwei weitere Komponisten aufmerksam: Benjamin Ludwig Ramhaufski (um 1631 bis 1694) und Joseph Balthasar Hochreither (1669 bis 1731). Sie lebten und musizierten ebenfalls im Kloster Lambach.
Hochreiter entstammte wohl einer Musikerdynastie. Seine Vorfahren sollen als Sänger am Salzburger Dom gewirkt haben. Der Junge war Chorsänger am Salzburger Kapellhaus, das zu dieser Zeit von keinem geringeren als Heinrich Ignaz Franz von Biber geleitet wurde. Er besuchte das Gymnasium und studierte an der Universität Salzburg, wo er 1688 das Magister-Examen ablegte.
Im Stift Lambach wirkte er als Organist und Chorpräfekt; allerdings war er mit den Bedingungen dort nicht wirklich zufrieden, so dass er sich schließlich eine neue Anstellung suchte: 1721 wurde er Domstiftsorganist in Salzburg. Im Kloster Lambach sind viele seiner Werke überliefert; für diese Einspielung wurde die Missa ad multos annos ausgewählt, die Hochreither 1705 zur Weihe des Abtes Maximilian Pagel geschrieben hat.
Benjamin Ludwig Ramhaufski war Hochreithers Amtsvorgänger im Stift Lambach. Der Organist und Komponist stammte aus Prag. Er begann seine Ausbildung als Kapellknabe beim Fürsten Martenitz in Passau, und kam 1648 in das Kloster, wo ihn Abt Placidus Hieber 1653 als Organisten beschäftigte. Das ist durchaus spannend, denn die Stiftsorgel wurde 1653 bis 1657 von dem Straubinger Christoph Egedacher erbaut. Es könnte also gut möglich sein, dass Ramhaufski die Konzeption dafür mit entwickelt hat.
Auch sonst muss er einen exzellenten Ruf genossen haben, denn die Benediktineruniversität Salzburg gab mehrfach Musiktheaterstücke bei ihm in Auftrag. Leider sind keine dieser Kompositionen mehr aufzufinden. Entdeckt wurde aber eine Missa á 23 aus dem Jahre 1670 im Stift Kremsmünster, dem dortigen Abt gewidmet.
Die beiden Werke sind musikalisch gehaltvoll. „Wie war es möglich, dass in Stiften zur Zeit schrecklicher Kriege und Seuchen mitten im Oberösterreicher Bauernland solche komplexen und anspruchsvollen Partituren zum Klingen gebracht werden konnten?“, staunt Gunar Letzbor. Mit seinem Ensemble Ars Antiqua Austria, den Vokalsolisten Radu Marian, Sopran, Markus Forster, Alt, Thomas Künne und Bernd Fröhlich, Tenor, sowie Gerd Kenda und Ullrich Staber, Bass, und St. Florianer Sängerknaben zeigt er, welche Klangpracht damals zu festlichen Anlässen aufgeboten wurde.
Die beiden heute nahezu unbekannten Barockkomponisten begeistern mit einer Vielzahl von Klangeffekten. So sorgt in der Missa ad multos annos ein Trompetenchor für den strahlenden Glanz der göttlichen Herrlichkeit; ihm antworten fünfstimmig die Sängerstimmen, wobei die stark besetzten Soprane den Trompeten an Strahlkraft kaum nachstehen. Es ist immer wieder erstaunlich, wie souverän die St. Florianer Sängerknaben agieren, und es ist eine große Leistung des Chorleiters Franz Farnberger, der immer wieder exzellente Stimmen ausbildet. Gemeinsam mit den erwachsenen Kollegen und den brillanten Musikern um Letzbor gestalten die Jungs auf dieser CD ein überwältigendes barockes Klangspektakel. Sehr beeindruckend!
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