"Mr. Ries is justly celebrated as one of the finest piano-performers of the present day. His hand is powerful, and his execution is certain, - often surprising. But his playing is most distinguished from that of all others by his romantic wildness. By means of strong contrasts of loud an soft, an a liberal use of the open pedals, together with much novelty and great boldness in his modulations, he produces an effect upon those who enter into his style, which can only be compared to that arising from the most unexpected combinations and transitions of the Aeolian harp." So wurde Ferdinand Ries (1784 bis 1838) in London gefeiert.
Er entstammte einer Bonner Musikerfamilie; sein Vater Franz Anton Ries galt als Geigen-Wunderkind und erhielt schon im Alter von elf Jahren eine Stelle in der Hofkapelle des Kurfürsten. Auch unter- richtete er den jungen Beethoven. Dieser revanchierte sich später, indem er Ferdinand Ries mit offenen Armen aufnahm, als dieser 1801 in Wien ankam. Ries diente Beethoven als Sekretär und Kopist; dieser gab ihm Klavierunterricht, und sorgte dafür, dass Albrechtsberger den jungen Mann im Fach Komposition unterwies.
Im August 1804 trat Ries zum ersten Male als Beethovens Schüler auf. Er spielte das dritte Klavierkonzert seines Lehrers - mit einer eigenen Kadenz, die großen Beifall fand. So schien seine Zukunft gesichert. Doch dann wurde er 1805 als Bonner Bürger in die französische Armee eingezogen. Zwar hatte er Glück, und wurde, im Hauptquartier in Koblenz angekommen, für untauglich befunden. Doch Napoleon und seine Kriege kamen ihm, als er versuchte, irgendwo in Europa sein Auskommen zu finden, immer wieder in die Quere.
1813 ging Ries nach London. Dort war Ries, in erster Linie als Pianist, aber auch mit seinen eigenen Werken, bald sehr erfolgreich. Er konnte endlich heiraten, und verdiente soviel Geld, dass er 1824 seine Karriere als Pianist aufgab, ins Rheinland zurückkehrte und sich ganz aufs Komponieren verlegte - jedenfalls weitgehend. Denn für einige Jahre war er auch als Festspielleiter der Niederrheinischen Musikfeste tätig. Dass er damit nicht ganz glücklich war, zeigt die Tatsache, dass Ries sich um Kapellmeisterstellen in München und Dresden bewarb. Er bekam keine davon. 1827 zog er nach Frank- furt/Main. Als er dort 1838 starb, im Alter von 53 Jahren, war er in Deutschland bereits so in Vergessenheit geraten, dass keine einzige der großen Musikzeitschriften einen Nachruf brachte.
Dabei ist sein Werk sehr beachtlich. Es wird jetzt wiederentdeckt, und das lohnt sich. So hat das belgische Kammermusikensemble Oxalys - in diesem Falle in der Besetzung Toon Fret, Flöte, Shirly Laub, Violi- ne, Elisabeth Smalt, Viola und Martijn Vink, Violoncello - Ries' Flö- tenquartette eingespielt. Die drei Quartette op. 145 sind handwerk- lich grundsolide, aber wenig überraschend. Dafür verblüffen dann die drei Quartette WoO 35 durch ihre geradezu experimentelle formale Gestaltung - und durch die enorm anspruchsvolle Musik. Für die Hausmusik jedenfalls wurden diese Werke nicht geschrieben. Die vier Solisten haben hörbar Vergnügen an Ries' komplexen musikalischen Strukturen. Der Zuhörer staunt, zumal deutlich erkennbar wird, dass Ries eben doch weit mehr war als Beethovens Schüler. Auf weitere Entdeckungen darf man sich also freuen.
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