Diese CD mit romantischer Musik für Violine erinnert an zwei große Musiker. Da ist zum einen die Solistin, Christine Raphael (1943 bis 2008), die sich zeitlebens für das Andenken ihres Vaters ein- setzte. Und sie erinnert an den 50. Todestag von Günter Raphael (1903 bis 1960), Sohn eines Kirchenmusikers und einer Geigerin. Er wurde nach seinem Studium an der Musikhochschule in Berlin 1926 vom damaligen Thomaskantor Karl Straube als Lehrer für Kontrapunkt und Musiktheorie an das Kirchenmusikali- sche Institut nach Leipzig berufen. Dort wurde er auch als Komponist gefeiert; noch im gleichen Jahr war die Uraufführung seiner 1. Sinfo- nie unter Wilhelm Furtwängler im Leipziger Gewandhaus zu erleben. Straube hatte ihn bereits zu seinem Nachfolger ausersehen - doch dann kamen die Nationalsozialisten an die Macht, und Raphael verlor 1934 als "Halbjude" seine Anstellung.
Er heiratete eine Schülerin, die dänische Pianistin Pauline Jessen, und ging mit ihr nach Meiningen, wo sie die Familie mit ihrer Tätigkeit als Musiklehrerin ernährte. Raphael erhielt Berufsverbot; seine Werke wurden nicht mehr aufgeführt und nicht mehr verlegt. 1940 wurde bei ihm eine schwere Tuberkulose festgestellt, was mehrere Opera- tionen und Sanatoriumsaufenthalte nach sich zog. Nach dem Krieg war seine Leidenszeit noch nicht vorbei; er hatte es schwer, im Musikleben wieder Fuß zu fassen. Zwar wurde ihm 1956 die Position des Thomaskantors angeboten, aber er lehnte ab - zum einen, weil er nicht in der DDR arbeiten wollte, zum anderen, weil es um seine Gesundheit noch immer nicht zum besten stand. 1957 wurde er schließlich Professor an der Musikhochschule Köln. Drei Jahre später starb er an den Folgen seiner Erkrankung.
Leider ist seine Musik nicht Gegenstand dieser CD. Zu hören sind Dvoráks Violinkonzert in a-Moll, op. 53, in einer Aufnahmen aus den 70er Jahren mit den Nürnberger Symphonikern (die leider auch danach klingt), sowie die Vier Stücke op. 17 für Violine und Klavier von Josef Suk und die Drei Romanzen op. 94 von Robert Schumann, die Christine Raphael 1983 gemeinsam mit dem Pianisten Rainer Gepp eingespielt hat. Hier hat die Solistin eher die Chance, zu gestalten und zu strukturieren - und der Schumann gefällt mir richtig gut. Abschließend sind zwei Werke von Eugène Ysaye zu hören, Les Neiges D'Antan op. 23 und die Berceuse in f-Moll op. 20 - hübsche Miniaturen, die Raphael gemeinsam mit dem Rheinischen Kammer- orchester unter Jan Corazolla spielt. Dabei handelt es sich um eine Aufzeichnung aus dem Jahr 1985. Und wenn man diese CD anhört, sollte man das immer bedenken.
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