Sonntag, 27. November 2011

Telemann: Kantaten (Querstand)

Als Georg Philipp Telemann (1681 bis 1767) 1721 seine Tätigkeit als Cantor Johannei und Director Musices der Stadt Hamburg auf- nahm, eilte ihm bereits ein Ruf als herausragender Komponist von Kirchenkantaten voraus. Seine ersten Motetten hatte er schon als Schulbub geschrieben. Die Legen- de berichtet, er habe sich an der Universität Leipzig tatsächlich mit ganzer Kraft der der Juristerei widmen wollen. Doch dann habe sein musikbegeisterter Zimmergenosse eine Komposition Telemanns in dessen Reisegepäck gefunden, und dafür gesorgt, dass das Werk umgehend am Sonntag in der Thomaskirche erklang. Daraufhin sei der junge Telemann durch den Bürgermeister beauftragt worden, künftig zwei Kantaten im Monat zu liefern. 
In Hamburg war Telemann dann verpflichtet, zwei Kantaten wöchent- lich und dazu jährlich eine Passion zu komponieren. Er widmete sich dieser Aufgabe mit Fleiß - und publizierte bereits 1725/26 einen ersten Kantatenjahrgang. Dieses Werk hatte den Titel Harmonischer Gottes-Dienst / oder geistliche Cantaten zum allgemeinen Gebrauche / welche/ zu Beförderung so wol der Privat- Haus- als öffentlichen Kirchen-Andacht / auf die gewöhnlichen Sonn- und Fest-täglichen Episteln durchs ganze Jahr gerichtet sind, und aus einer Singe-Stimme bestehen / die entweder von einer Violine, oder Hautbois, oder Flute traverse, oder Flute a bec, nebst dem General-Basse begleitet wird; Auf eine leichte und bequeme Art also verfasset / daß nicht allein die, so zur Aufführung der Kirchen-Music gesetzet sind / und vor allen diejenigen / so sich nur weniger Gehülfen darbey zu bedienen haben / solche nützlich gebrauchen können / sondern auch denen zur geistlichen ergetzlichkeit / die ihre Haus-Andacht musica- lisch zu halten pflegen / wie nicht weniger allen / die sich im Singen / oder im Spielen auf gedachten Instrumenten üben / zur Erlangung mehrerer Fähigkeit (...). Um den Kunden, die die Kantaten direkt bei Telemann erwerben konnten, das Musizieren zu erleichtern, hat der Komponist seinen Werken zudem ein umfangreiches Vorwort mit Hinweisen zur Aufführungspraxis beigefügt. 
Mit dem Harmonischen Gottesdienst traf Telemann wohl ein Bedürf- nis seiner Zeitgenossen; die 72 Kantaten fanden offenbar regen Ab- satz, denn selbst heute sind noch zahlreiche Exemplare davon aufzu- finden. Das Ensemble La Gioconda - Margot Oitzinger, Gesang, Lucia Froihofer, Violine, Barbara Julia Reiter, Violoncello, und Anne Marie Dragosits, Cembalo und Claviorganum, für diese Einspielung zudem verstärkt durch Maria Mittermayr-Pitzl , Traversflöte - hat sechs dieser Kantaten ausgewählt, die für den Zeitraum zwischen dem ersten Advent und dem Dreikönigstag vorgesehen sind, und diese für das Altenburger Label Querstand eingespielt. 
Telemanns Werke, so stellt sich bald heraus, sind aber weder "unkom- pliziert", noch musikalische Meterware. "Überraschend bei diesen Kantaten ist, dass sowohl Musik als auch Text ganz und gar nicht in unser traditionell besinnliches Bild von Advent und Weihnachten passen", merkt Sängerin Margot Oitzinger an. "Die Texte sind aufrüt- telnd und humorvoll, die Musik ist dementsprechend temperament- voll und lebendig." Und die exzellenten jungen österreichischen Musikerinnen haben hörbar ihr Vergnügen daran. Der Zuhörer auch, der sich hier auf eine CD freuen kann, die so ganz anders klingt als die üblichen Standardaufnahmen für die Vorweihnachtszeit. Kaufhaus- kompatibel ist diese hier nicht - und das ist auch gut so! 

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