Johann Georg Pisendel (1687 bis 1755) begann seine musikalische Ausbildung bei seinem Vater, der Kantor war. 1697 wurde er als Kapellknabe in die Ansbacher Hofkapelle aufgenommen, wo unter anderem Francesco Antonio Pistocchi und Giuseppe Torelli zu seinen Lehrern zählten. Als der Markgraf 1703 seine Kapelle ver- kleinerte, durfte Pisendel bleiben; er erhielt eine Stelle als Violinist. 1709 reiste er nach Leipzig. Dort leitete er zeitweilig das Collegium musicum. Im Januar 1712 ging er als erster Violinist nach Dresden; 1728 wurde er der Nachfolger Jean-Baptiste Volumiers als Konzertmeister der sächsischen Hofkapelle.
Pisendel war nicht nur ein bedeutender Violinvirtuose, sondern auch sehr fleißig und sehr beliebt. Vivaldi schätzte ihn und komponierte für ihn. Auch Telemann, Graupner und Bach schrieben ihm Solopartien. Von seinem Notenarchiv profitieren Musiker noch heute, denn es gilt als eine der wichtigsten Quellen für die Musik der Dresdner Hofkapelle zur Zeit des Barock.
Einige der Schätze aus dieser Bibliothek haben nun die Musiker der International Baroque Players um Johannes Pramsohler gehoben. Als Erstveröffentlichungen erklingen ein Concerto in D-Dur für Violine, Flöten, Oboen, Streicher und Basso continuo von Johann Friedrich Fasch, ein Concerto in a-Moll für Violine, Streicher und Basso conti- nuo von Johann David Heinichen, das Concerto in G-Dur für Violine, Hörner, Oboen, Fagott, Streicher und Basso continuo von Pisendel sowie die Triosonate HWV 392 von Georg Friedrich Händel in einer Orchesterversion von Pisendel. Ergänzt wird dieses anspruchsvolle Programm durch das Konzert, das Georg Philipp Telemann seinem Freund 1719 bei einem Besuch in Dresden übergab, das sogenannte Pisendel-Konzert, und zwar in der zweiten, überarbeiteten Fassung. Es würdigt die Fähigkeiten des Geigenvirtuosen, und gehört zu den wenigen auch technisch wirklich anspruchsvollen Geigenkonzerten Telemanns.
Diese Werke belegen noch heute eindrucksvoll, mit welcher Eleganz und Leichtigkeit in Dresden damals musiziert wurde - die Hofkapelle muss durchweg mit exzellenten Musikern besetzt gewesen sein, wie sie kaum an einem anderen Hof Europas in derartiger Zahl verfügbar gewesen sein dürften. Doch nicht nur die jungen Musiker der Inter- national Baroque Players greifen mit dieser Repertoirewahl für ihre Debüt-CD nach den Sternen. Johannes Pramsohler spielt die Geige Reinhard Goebels, eine Pietro Giacomo Rogeri aus dem Jahre 1713. Was Streicher, Holzbläser und Continuo betrifft, so wird man von diesem künstlerischen Nachwuchs ganz sicher noch hören. Die Blechbläser allerdings wurden durch die Anforderungen bis an die Grenzen ihres Leistungsvermögens getrieben; das überzeugt noch nicht. Und auch der bemüht energische Zugriff und die etwas selt- same Akustik dieser Aufnahme sorgen leider dafür, dass die Freude nicht gänzlich ungetrübt bleibt.
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