"Mein Kapellmeister hat zwar noch keinen Bart, aber er hat Haare auf den Zähnen." Mit diesen Worten soll der Direktor des Posener Theaters 1867 seinen Angestellten einen Neuling in dieser Position vorgestellt haben: August Klughardt (1847 bis 1902). Dieser Name dürfte heute kaum noch einem Musikfreund geläufig sein. Wieso eigentlich? fragt man sich verwundert beim Anhören dieser CD.
Der Berufsanfänger erwarb sich rasch einen Ruf als Komponist, Pianist, Dirigent und Orchester- erzieher. Nach Stationen am Theater in Neustrelitz und in Lübeck wurde Klughardt schließlich als Musikdirektor an das Weimarer Hoftheater berufen. Dort wirkte er vier Jahre, und schuf zudem eine Vielzahl von Werken. 1873 ging er als Hofkapellmeister nach Neustre- litz; 1882 übernahm er dann die Hofkapellmeisterstelle in Dessau. Dort blieb er bis zu seinem Tode - eine Einladung, sich um die Leitung der Berliner Singakademie zu bewerben, lehnte er ab.
Sein Streichquartett F-Dur op. 42 wurde 1883 durch das berühmte Joachim-Quartett uraufgeführt - zwischen Mozart und Beethoven. "Die vier haben gespielt wie die Götter", schwärmte Klughardt. "Es ist doch etwas Schönes, so gespielt zu werden." Und die Kritik zeigte sich begeistert. Man wird dieses Urteil nachvollziehen, wenn man die CD mit dem Pleyel Quartett Köln angehört hat. Ingeborg Scheerer, Milena Schuster, Andreas Gerhardus und Nicholas Selo musizieren auf Instrumenten, wie sie noch vor hundert Jahren gebräuchlich waren. Insbesondere der Gebrauch von Darmsaiten und der diffe- renzierte Einsatz des Vibratos führen zu einem Klangbild, das sich von dem heute üblichen doch erstaunlich unterscheidet.
Verstärkt wird dieser Eindruck noch bei dem zweiten Stück auf der CD, dem Klavierquintett g-Moll op. 43. Hier ist statt Milena Schuster Verena Schoeneweg an der zweiten Geige zu hören - und Tobias Koch hat den Klavierpart übernommen. Der Pianist, der seit Jahren leiden- schaftlich für eine buntere Klangwelt auch bei den Tasteninstrumen- ten eintritt, hat für diese Aufnahme ein Fortepiano von Pierre Erard ausgewählt, das 1839 in Paris gebaut worden ist. Der Effekt ist deut- lich.
Das Klavierquintett bietet auch insofern eine Überraschung, als Klug- hardt in diesem Werk sowohl Einflüsse der sogenannten Neudeut- schen Schule um Wagner und Liszt als auch Referenzen an die Tradi- tionalisten um Brahms und Joachim erkennen lässt. Die beiden Lager haben seinerzeit heftig und mit lautstarker Unterstützung durch die Musikkritik darum gestritten, was gute Musik ausmacht. Klughardt nahm, was er gut fand, und schuf damit ein Werk, das man gern öfter im Konzertsaal hören würde. Die Musik des Komponisten nämlich ist großartig - und auch die Interpretation, die hier zu erleben ist, macht Freude. Bravi! und bitte mehr davon.
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