Das hat zur Folge, dass nicht nur die Partien des Königs Artaserse und seines Freundes Arbace mit Sopran-Kastraten besetzt wurden. Auch die der beiden Damen Mandane und Semira, die Schwestern der Helden und jeweils verliebt in den Freund des Bruders, wurden durch Sopran-Kastraten gesungen. Die Partie des abtrünnigen Generals Megabise übernahm ein Alt-Kastrat. Einzig die Rolle des Verschwö- rers Artabano, Kommandant der königlichen Leibwache und Vater Arbaces, wurde für einen Tenor komponiert. Er hat somit kurioser- weise die tiefste Stimme in dieser Oper.
Sämtliche Partien sind anspruchsvoll. Das ist kein Wunder, denn sie wurden für Stars der römischen Oper komponiert, für Sänger wie Giacinto Fontana, Giovanni Carestini und den damals weithin berühmten Tenor Francesco Tolve. Wie also bringt man diese Oper heute auf die Bühne? Parnassus Art Productions, ein Unternehmen aus Baden/Österreich, das wie ein klassischer Impresario Opern- inszenierungen organisiert, hat für Artaserse gleich fünf junge Coun- tertenöre engagiert. In Anlehnung an die ursprüngliche Tradition brachte diese Produktion, die durch Georg Lang und Max Emanuel Cencic bewerkstelligt wurde, einige der heutigen Stars dieses Stimmfachs gemeinsam auf die Bühne. Zu hören sind außerdem der Coro della Radiotelevisione svizzera aus Lugano sowie das Ensemble Concerto Köln, das sich auf Barockmusik spezialisiert hat, und hier unter Leitung von Diego Fasolis musiziert.
Bei Virgin Classics erschien nun der Mitschnitt - und man muss sagen, dieser Artaserse war wirklich ein musikalisches Ereignis. Zu hören sind die Countertenöre Philippe Jaroussky in der Titelrolle, Max Emanuel Cencic als Mandane, Franco Fagioli als Arbace, Valer Barna-Sabadus als Semira und Juri Mynenko als Megabise. Tenor Daniel Behle hat die Partie des Artabano übernommen. Und obwohl er von Haus aus eigentlich kein Spezialist für "Alte" Musik ist, kommt er mit den Anforderungen erstaunlich gut zurande. So beeindruckt dieses Sängerensemble durch Virtuosität ebenso wie durch die Individu- alität der Sänger, die sich in Timbre und Technik faszinierend unterscheiden. Wer die Barockoper sowie den Klang der hohen Männerstimme schätzt, der sollte sich diese einzigartige Aufnahme unbedingt zulegen - es ist nicht damit zu rechnen, dass man diese Oper in nächster Zeit noch einmal anderweitig anhören kann.
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