Mit seinem Ensemble Ars Antiqua Austria widmet sich Gunar Letzbor erneut dem Schaffen von Heinrich Ignaz Franz Biber (1644 bis 1704). 25 Jahre hat der Geiger gezögert, bis er es gewagt hat, eines der zen- tralen Werke des Barockmusikers einzuspielen. Schon der Titel lässt vermuten, dass diese Musik alles andere ist als trivial: „Fidicinium Sacroprofanum, tam Choro quam Foro“, vermerkte Biber einst. Dieses Geistlich-weltliche Saitenspiel veröffentlichte er 1683 in Nürnberg; ein einziges Exemplar dieses Druckes blieb erhalten. Es befindet sich heute in der Zentralbibliothek Zürich, und diente als Grundlage für diese Aufnahme.
Typischerweise waren sakrale und Kammermusik voneinander klar geschieden. Die Grenzen zwischen Kirchensonate und Sonata da camera verschoben aber seinerzeit auch andere Musiker jener Zeit wie Johann Heinrich Schmelzer – möglicherweise ein Lehrer Bibers – im Sacro-profanus Concentus musicus oder Giovanni Antonio Pandolfi Mealli in seiner Sonata à Violino solo, per chiesa e camera.
Biber verknüpft in seiner Musik Andacht und Besinnung mit ekstati- schem Wirbel, gregorianischen Choral mit wilder Zigeunermusik, und strengsten Kontrapunkt mit konzertierenden Passagen. Im ersten Teil seiner Fidicinien komponierte Biber für die damals in Österreich wohl übliche fünstimmige Besetzung nebst Basso continuo. Im zweiten Teil reduziert er auf vier Einzelstimmen. Den Verzicht an Klangpracht macht er dabei durch einen Zuwachs an Virtuosität wett. Letzbor und seine Mitmusiker loten diese Kompositionen temperamentvoll aus. Da ist gelegentlich schon mal das Kratzen des Bogens auf den Saiten zu hören. „In der Jugend neigten wir stark zu Übertreibungen“, meint Letzbor dazu im Beiheft. „Vielleicht ist es einfach die Demut und das helle, wachsame Ohr aller Musiker des Ensembles gegenüber und für die Besonderheiten Biberscher Kammermusik, die dem Zuhörer die Qualitäten der musikalischen Botschaft des Meisters vermitteln!“
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