Mit dieser CD verweist der Stadt- singechor Halle/Saale auf Tradi- tionen, die die Hallorenstadt geprägt haben. Denn sie war einst ein Zentrum des Pietismus. Dort gründete der Theologe August Hermann Francke (1663 bis 1727) eine Anstalt zur Betreuung von Armen und Waisen. Diese soge- nannten Franckeschen Stiftungen, einst vor den Toren gelegen, heute eine kleine Stadt mitten in der Stadt, trugen ganz entscheidend dazu bei, dass Halle in ganz Europa als „neues Jerusalem“ gerühmt wurde.
Im Hallenser Waisenhaus wurden Lieder gesungen – natürlich die aus der Feder Martin Luthers, aber auch die kunstvollen Vertonungen durch Johann Walther (1496 bis 1570). Der kursächsische Hofkapell- meister gilt als „Urkantor“ der Reformation. Hundert Jahre später entstand eine neue Art von Kirchenliedern. Sie war weniger für den Gottesdienst als vielmehr für die häusliche Andacht bestimmt und reflektierte die persönliche Beziehung des Christen zu Christus – was dem Geist des Pietismus sehr nahe lag.
Insbesondere die Lieder Paul Gerhardts (1607 bis 1676) wurden von den Hallensern sehr geschätzt. Francke und sein Mitarbeiter Johann Anastasius Freylinghausen schufen auch eigene Lieder, die den frommen Lebenswandel so erfolgreich lobten, dass die örtlichen Drucker es kaum schafften, ausreichend Gesangbücher zu liefern – so groß war die Nachfrage. Und die Pietisten verbreiteten dieses Liedgut weltweit; diese CD zeigt anhand von Beispielen aus dem englisch- sprachigen Raum, wie die Ideen aus Mitteldeutschland singend bis in die Neue Welt gelangten. Der Stadtsingechor zu Halle, einer der ältesten Knabenchöre Deutschlands, derzeit unter Leitung von Frank-Steffen Elster, hat gemeinsam mit der Lautten Compagney Berlin unter Wolfgang Katschner sowie einem Solistenquartett eine Auswahl Kirchenlieder aus dieser Tradition eingespielt.
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