Die Nachwelt flicht dem Mimen keine Kränze, sagt das Sprichwort. Das Wirken von Musikern aber lässt sich glücklicherweise oftmals mit Tondokumenten belegen. Und so hat Berlin Classics Hans Pischner Anfang des Jahres zum 100. (!) Geburtstag ein ganz besonderes Geschenk auf den Gabentisch gelegt: Eine Edition nahezu aller Werke, die Johann Sebastian Bach jemals für Cembalo geschrieben hat, gespielt durch den Jubilar, auf zehn CD.
Hans Pischner ist der Sohn eines Breslauer Klavierbauers. Er studierte in seiner Vaterstadt bei nam- haften Lehrern, doch seine Laufbahn wurde dann durch Kriegsdienst und Gefangenschaft unterbrochen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er Dozent, Professor und stellvertretender Direktor der Weimarer Musikhochschule. In den fünfziger Jahren widmete er sich der Kulturpolitik, und stieg auf bis zum stellvertretenden Kultur- minister der DDR. Dabei hat er offenbar viel Gutes bewirkt. So verhalf er dem Dirigenten Kurt Sanderling, der 1936 vor den Nazis in die UdSSR geflüchtet war, zur Rückkehr.
1963 wurde Pischner Intendant der Berliner Staatsoper Unter den Linden. In einer schwierigen Zeit gelang es ihm, ein Ensemble an sein Haus zu binden, das zu Recht bald weltweit gerühmt wurde. Pischner holte den Österreicher Otmar Suitner als Generalmusikdirektor an sein Haus; nur wer weiß, mit welcher Wucht in der DDR Auseinan- dersetzungen wie die sogenannte Formalismusdebatte geführt wurden, kann ermessen, welches Risiko es bedeutete, wenn Pischner seinen GMD das erste Konzert ausgerechnet mit Schönberg starten ließ. Was für eine Persönlichkeit, was für ein Lebenswerk – und was für ein Jubiläum! Das Cembalo aber und insbesondere Bach waren eine Konstante in Pischners bewegtem Leben.
Da ist die CD-Box eine Geburtstagsgabe, die auch das Publikum be- geistert. Denn die Aufnahmen, eingespielt durch den Jubilar in den 60er Jahren, waren überwiegend lang vergriffen. Es ist sehr erfreu- lich, dass sie nunmehr wieder zugänglich sind. Denn Pischner hat Bachs Notentext mit großer Sorgfalt studiert und seine Werke ebenso sorgsam interpretiert. So kann man hier etliche Stunden lang einem der besten Cembalisten Ostdeutschlands lauschen und sich an vielen kleinen Details erfreuen. Die berühmteste seiner Aufnahmen für Eterna, die Sonaten für Violine und Cembalo mit David Oistrach, konnten in diese Edition leider nicht aufgenommen werden – dafür erklingt aber die Sonate BWV 1037 mit David und Igor Oistrach.
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