Noch eine Aufnahme der Klavier- konzerte von Johann Sebastian Bach, seufzt der Rezensent, und legt die CD in den Player. Doch dann folgt eine Überraschung. Denn was Yorck Kronenberg gemeinsam mit dem Zürcher Kammerorchester bei Genuin veröffentlicht hat, das ist alles andere als Mainstream. „Ich liebe Bach“, erklärt der Pianist in einem Interview im Beiheft – und das darf man ruhig als Credo verstehen.
Mit beeindruckender Sorgfalt und der gehörigen Ehrfurcht hat sich Kronen- berg die Konzerte erschlossen. „Ich spiele Bach gern auf dem Cembalo; die Auseinandersetzung mit diesem Instrument beeinflusst zweifellos meine Sicht auf seine Musik“, erläutert der Pianist. „Es ist wichtig zu wissen, in welchem dynamischen Rahmen man sich bewegt, was beispielsweise auch Auswirkungen auf die Anlage von Phrasen hat, auf deren Länge und ihre innere Spannung. Auf dem Cembalo ergibt sich der Ausdruck wesentlich durch Artikulation und Tempoführung, diese Erkenntnis ist auch für heutige Pianisten von unschätzbarem Wert. Das heißt nicht, dass ich mir den Klangfarben- reichtum des modernen Flügels versage. Ich verzichte aber weitgehend auf den Einsatz des Haltepedals; und ich scheue mich vor allzu kurzatmigen dynamischen Ausbrüchen, die grell und aufgesetzt wirken können. Bachs Musik hat eine gleichermaßen archaische wie intellektuelle Kraft, die solche Effekte nicht nötig hat.“
Ein Konzert, BWV 1057, spielt Kronenberg auch bei dieser Einspielung auf dem Cembalo. Damit nimmt er Rücksicht auf die beiden solistisch besetz- ten Blockflöten; eine weise Entscheidung, wie man beim Anhören fest- stellen wird. Auch sonst hört der Pianist gern auf seine Mitmusiker. Gemeinsam mit dem Zürcher Kammerorchester musiziert er ungemein lebendig, aber stets auch präzise und ausbalanciert.
Der Klang des Bösendorfer Konzertflügels passt dabei perfekt zum be- schwingten und stets klar strukturierten Spiel des Orchesters. Kronenberg begeistert durch seine fein austarierte, gut durchdachte und nuancenreiche Interpretation. Hier wird ebenso lustvoll wie stilsicher ausgeziert, und mit einer Leidenschaft musiziert, die ich schlicht hinreißend finde. Man vergisst vollkommen, dass es zu Bachs Zeiten noch gar kein modernes Klavier gab. Bravi! Diese Aufnahmen haben zweifellos Referenzcharakter; man möchte sie wieder und wieder hören, freut sich an den Nebenstimmen, den Klangfarben, an Frische und Musizierlust. Mehr davon!
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