Virtuose romantische Musik für vier bzw. drei Hörner haben die Deutschen Naturhorn Solisten vor einigen Jahren bei Dabringhaus und Grimm vorgestellt. Die grandiose Aufnahme der Quartett- und Triosätze von Carl Oestreich (1800 bis 1840) ist nun wieder erhältlich.
Der Name dieses Komponisten ist wahrscheinlich nicht einmal allen Hornisten bekannt. Carl Wilhelm Eduard Oestreich stammte aus Spremberg, einem Städtchen in der Niederlausitz. Es wird vermutet, dass er in Dresden studiert hat, wo er dann wohl auch sein erstes Engagement bei der sächsischen Hofkapelle antrat. 1826 jedenfalls wurde er Hornist im Orchester der Oper in Frankfurt/Main. Er soll zudem auf eine längere Konzertreise durch Deutschland gegangen sein. Im Jahre 1832 wurde er aus gesundheitlichen Gründen pensioniert; woran Oestreich litt, ist nicht bekannt – belegt ist aber, dass er, nach langer Krankheit, bereits 1840 gestorben ist.
Seine Kompositionen sind in überwiegend in Frankfurt/Main entstanden. Wilhelms Bruns von den Deutschen Naturhorn Solisten berichtet im Beiheft zu dieser CD, dass „eine Fülle von Werken“ erhalten geblieben ist, ein Teil davon befindet sich heute in den Beständen der Stadt- und Uni- versitätsbibliothek Frankfurt. Neben den Quartetten und Trios, die auf dieser CD zu hören sind, liegen dort unter anderem Konzertstücke für ein oder zwei Hörner und Orchester, Kammermusiken und Märsche sowie Vokalwerke und eine Oper.
„Geht man mit einem Naturhorn unter dem Arm auf Entdeckungsreise durch die Bibliotheken dieser Welt, um Stücke für Hornduo, -trio oder -quartett zu finden, so muß man gerade bei den Werken des 19. Jahr- hunderts immmer wieder hinterfragen, ob diese Stücke noch für das Naturhorn, oder schon für das um 1815 entwickelte und sich langsam, aber stetig durchsetzende Ventilhorn geschrieben wurden“, schreibt Bruns. Er schildert im Beiheft sehr amüsant, welches Durcheinander dieser Übergangsprozess mit sich brachte.
Die Trios und Quartette von Carl Oestreich aber sind ganz eindeutig für Naturhorn entstanden – auch wenn die Musiker anfänglich daran zweifelten: „Bei der ersten Sichtung der Oestreich-Mikrofilme (..) beschlich uns alle zunächst der vage Verdacht, es könne sich (..) doch um Werke für Ventilhorn handeln“, meint Bruns. Diese Vermutung beseitigte aber ein Artikel aus dem Jahre 1830 in der Allgemeinen Musikalischen Zeitung, in dem ein Kritiker feststellt, ein Hornpart sei aufgrund der vielen Stopfnoten „ungewöhnlich schwierig auszuführen“ – auf einem Ventilhorn lasse sich dies sicherlich einfacher spielen. „Daß man bei so einer kritischen Äußerung eines Zeitgenossen mit einem nicht ganz leicht zu bewerkstelligenden Notentext zu rechnen hat, war uns schon klar, doch weckten einige unerhörte Passagen immer noch unsere Skepsis. Zu unrecht, wie sich herausstellte“, so der Hornist. „Doch sind uns noch niemals so ,verstopfte' Hornpartien wie diese untergekommen.“
Wilhelm Bruns, Oliver Kersken, Stefan Oetter, Christoph Moinian und Tilman Schärf haben sich an diese technisch höchst anspruchsvolle Musik gewagt – und begeistern mit ihrem Können. Die Deutschen Naturhorn Solisten spielen virtuos, dynamisch differenziert, absolut sauber in der Intonation, ohne den kleinsten Wackler, und mit einem verblüffend farbenreichen Hornton. Und Oestreichs Werke sind mit ihren jagdlich-volkstümlichen Anklängen und so mancher ironischen Wendung auch für den Zuhörer das reine Vergnügen. Bravi!
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