Eine Oper, die nur von drei hohen Stimmen, dem Chor, einigen Tänzern und dem Orchester gestaltet wird, müsste eigentlich der Traum eines jeden Intendanten sein. Dass Orfeo ed Euridice, das wohl berühmteste Werk von Christoph Willibald Gluck (1714 bis 1787) dennoch nur selten zu hören ist, das könnte mit daran liegen, dass die Gesangspartien einige Ansprüche stellen.
Bei der Uraufführung 1762 sang der Kastrat Gaetano Guadagni die Rolle des Orfeo; beim Blick in die Noten wird schnell deutlich, dass er über einen immensen Stimmumfang verfügt haben muss, und über eine exzellente Technik. Aus diesem Grunde ist die Besetzung dieser Partie nicht einfach; für diese Oper aber ist sie entscheidend.
Die Deutsche Grammophon hat im vergangenen Jahr Franco Fagioli als ersten Countertenor in der Geschichte des Labels exklusiv unter Vertrag genommen – und Glucks Oper mit diesem Sänger in der Hauptrolle neu aufgenommen. Orfeo ed Euridice erklingt dabei erstmalig in der italienischen Originalversion; auf einer zusätzlichen CD sind zudem die „Hits“ einer Konzertfassung zu hören, die das Wiener Original von 1762 um einige Höhepunkte jener Version ergänzt, die 1774 in Paris aufgeführt wurde.
Fagioli beeindruckt mit einer angenehm timbrierten und perfekt geführten Stimme – klar und rein in der Höhe, kernig in der Tiefe, rasant in den Koloraturen. Der Klagegesang um die verlorene Euridice, wahrscheinlich das bekannteste Stück aus Glucks Oper, gelingt ihm so ausdrucksstark, dass man sich über den glücklichen Ausgang der Geschichte danach gar nicht mehr wundert.
Die Euridice singt sehr hörenswert Malin Hartelius, den Amor Emmanuelle de Negri. Das Ensemble wird vervollständigt durch den Chor Accentus und das Insula Orchestra. Die Leitung hat Laurence Equilbey. „Avec Insula orchestra, je présente une version sur instruments d'èpoque, fidèle à l'instrumentarium souhaité par Gluck. Il a pensé son opéra pour ces instruments colorés que sont le traverso, le clavecin ou encore les cornets à bouquin, mais aussi pour des cordes en boyaux jouées avenc des archets classiques“, erläutert der Dirigent im Beiheft. „La plastique sonore est ainsi souple à sculpter, et les équilibres sont facilités.“
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