Antonio Vivaldi (1678 bis 1741) war nie in Dresden – als seine Musik in Venedig aus der Mode kam, reiste er 1740 nach Wien. Vergeblich hoffte er auf Unterstützung durch den Kaiser. In der sächsischen Landeshauptstadt hingegen wäre Vivaldi wahrschein- lich in Ehren empfangen worden. Denn seine Musik wurde dort sehr geschätzt und liebevoll gepflegt.
Zur Zeit Augusts des Starken und seines Sohnes August III. hatten sächsische Musiker beste Verbin- dungen zu ihren Kollegen in Italien. Der Violinvirtuose Johann Georg Pisendel beispielsweise, langjähriger Konzertmeister der Dresdner Hofkapelle, reiste zu Studienzwecken nach Venedig, wo er bei Vivaldi Unterricht nahm, und zudem fleißig Werke führender italienischer Komponisten kopierte. Die Sammlung Pisendels umfasst sagenhafte
1.800 Musikalien; sie wurde im legendären „Schranck No: II“ überliefert und befindet sich heute im Bestand der Sächsischen Landes- und Uni- versitätsbibliothek Dresden.
Hansjörg Albrecht, Dirigent, Organist und Cembalist, hat sich von der Dresdner Vivaldi-Tradition zu einer CD-Einspielung inspirieren lassen. An der Silbermann-Orgel der Hofkirche Dresden – es ist die größte Orgel, die Gottfried Silbermann je gebaut hat, und sie ist hörbar italienischen Vorbildern verpflichtet – spielt er Orgelbearbeitungen berühmter Konzerte des Komponisten. Die Arrangements des Konzertes in d-Moll RV 565 aus L'Estro Armonico und des Konzertes in C-Dur RV 208 Il grosso Mogul stammen von keinem geringeren als Johann Sebastian Bach; er hat Vivaldis Werke mit großer Aufmerksamkeit studiert und meisterhaft bearbeitet.
Ebenfalls in Geiste Bachs hat Heinrich E. Grimm Vivaldis berühmteste programmatische Konzerte, Die vier Jahreszeiten, für die Orgel transkri- biert. In dieser Version werden erstaunlich viele Details hörbar, die in dem vertrauten Streicherklang weit weniger auffallen. Man lausche nur dem Gesang der Vögel, der fröhlichen Jagd oder dem Brausen des Sturms – dank Orgelwind ziemlich authentisch!
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