Hörnerklang und Männergesang – wer denkt da nicht sofort an Wald und Weidwerk? Das Leipziger Vokalquintett Amarcord und das Hornquartett German Hornsound beschwören auf ihrer neuen CD in der Tat raunende Wipfel und die Freuden der Jagd. Bei der Zusammenstellung des Programms sind sie selbst auf die Pirsch gegangen - und haben einige Raritäten aufzubieten. So beginnt die CD mit einem herrlichen Waldlied von August Horn (1825 bis 1893), einem Leipziger Kapellmeister, der insbesondere als Arrangeur seinerzeit weithin geschätzt und gerühmt wurde. Von Robert Schumann erklingen die Fünf Gesänge aus Heinrich Laubes Jagdbrevier op. 137. Sie zeigen den Komponisten als einen Mann von Humor; so warnt eines der Lieder „Habet acht auf der Jagd! Mancher ist zu Grund gegangen, weil der Nachbar sich verfangen und ein Lauf ist losgegangen! Habet acht auf der Jagd!“
Abwechslung bringt das Quartett für vier Jagdhörner op. 38 von Constan- tin Fjodorowitsch Homilius (1840 bis möglicherweise 1918). Sein Vater war 1838 von Dresden nach St. Petersburg gegangen, wo er zunächst als Erster Waldhornist im Orchester der Kaiserlichen Theater musizierte, später dann als Professor am Konservatorium unterrichtete, und der St. Petersburger Philharmonischen Gesellschaft als Direktor und Schatz- meister vorstand. Sein erstgeborener Sohn Constantin wurde erst Geiger an der Kaiserlichen Oper, und war dann von 1866 bis 1910 Organist der deutschen reformierten Kirche. Danach verliert sich seine Spur. Das Horn- quartett könnte für die Hornklasse seines Vaters entstanden sein. Es ist großartige Musik, wirklich eine Entdeckung.
Das gilt auch für Meeresstille und Glückliche Fahrt für Männerchor und Hörnerbegleitung op. 16 von Carl Goldmark (1830 bis 1915). Damit verlassen wir den sächsischen Wald und machen einen Abstecher nach Wien. Dort lebte Goldmark, der Sohn eines jüdischen Kantors, geboren und aufgewachsen in Ungarn, und fristete sein Dasein als Theatergeiger und indem er Klavierunterricht gab. Von 1862 bis 1865 leitete er zudem sehr erfolgreich einen Männerchor. Als Komponist aber wurde er dann berühmt – auch wenn Hanslick ihn „Dissonanzenkönig“ nannte, feierten ihn sowohl die Kritiker als auch das Publikum. Mit dem Anschluss ans Dritte Reich verschwanden allerdings die Werke Carl Goldmarks von der Bühne; auch nach 1945 interessierte sich niemand mehr für das Schaffen des einst so populären Komponisten. Hört man die farbenreichen Gesänge, wünscht man sich unbedingt die Re-Integration dieses Gesamtwerkes in den Konzert- und Spielbetrieb – das lohnt sich garantiert.
Ins Grüne kehrt die CD anschließend zurück, mit der Waldwanderung von Ferdinand Hummel (1855 bis 1928), sechs Gesängen für Männerchor und Hörner in wechselnder Besetzung. Er war Musikdirektor am Königlichen Schauspielhaus zu Berlin und einer der ersten Filmkomponisten überhaupt. Ohne Hörner erklingen dann die Vier Gesänge op. 17 D 983 von Franz Schubert. Sein Nachtgesang im Walde D 913, nun wieder mit Hornquartett, ist ein bezauberndes Stück, mit sehr viel Atmosphäre. Ähnlich viel Waldes- rauschen findet sich in Waldeinsamkeit op. 38 von Carl Steinhauer (1852 bis 1934). Er hatte in Leipzig studiert und prägte dann über Jahrzehnte den Chorgesang in seiner Heimatstadt Düsseldorf sowie in Oberhausen. Als städtischer Musikdirektor, hochgeachtet und geehrt, ging er 1921 in Rente.
Die beiden Ensembles, die diese Werke abseits des üblichen Repertoires herausgesucht haben, haben bis zum Ruhestand glücklicherweise noch viele Jahre vor sich – wir gratulieren zu einer gelungenen CD, und hoffen auf weitere gemeinsame Projekte. Bravi!
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