Kuriose Zustände: Zur Zeit des Barock sangen Männer Frauenrollen, weil der Papst im Kirchenstaat grundsätz- lich keine Damen auf der Bühne duldete. Nachdem aber die letzten Kastraten von der Bühne ab- und in den Ruhestand getreten waren, über- nahmen Sängerinnen ihre Partien – Verliebte, Helden und Könige wurden die Domäne von Mezzosopranistin- nen und Altistinnen, bis dann im
19. Jahrhundert der Tenor diese Rollen bekam. Doch das ist schon wieder eine andere Geschichte.
Gioachino Rossini (1792 bis 1868) jedenfalls schätzte die „Reinheit und wunderbare Beweglichkeit“ der hohen Männerstimmen sehr. Er komponierte noch zwei Partien für Giambattista Velluti, den letzten berühmten Opern-Kastraten – doch bei den meisten seiner Opern entwarf er wichtige männliche Figuren von vornherein als Hosenrolle, also für eine Sängerin.
Diese CD nun kehrt das subtile Spiel erneut um: Franco Fagioli, der erste Countertenor, den die Deutsche Grammophon exklusiv unter Vertrag genommen hat, präsentiert auf seinem Solo-Debütalbum eine Auswahl solcher Arien. Begleitet wird der Sänger von der Armonia Atenea unter George Petrou.
Fagiolis voluminöser, warmer und beweglicher Mezzosopran passt zu Rossinis Werken ganz ausgezeichnet. Zu hören sind Ausschnitte aus Demetrio e Polibio, Matilde di Shabran, Adelaide di Borgogna, Tancredi, Semiramide und Eduardo e Cristina. Besonders reizvoll sind dabei jene Stücke, in denen der Komponist der Singstimme ein Solo-Instrument quasi als Dialogpartner zugeordnet hat. Hier brillieren, gemeinsam mit dem Sänger, Costas Siskos, Horn, Sergiu Nastasa, Violine, und Dimitris Vamvas, Englischhorn. Auch der Chor der Armonia Atenea erhält Gelegenheit, zu glänzen.
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