In vielen Anekdoten wird beschrie- ben, wie Georg Friedrich Händel (1685 bis 1759) das Publikum durch sein Spiel an Tasteninstrumenten begeisterte. So soll Domenico Scarlatti, als er den Musikerkollegen beim Karneval in Venedig, verborgen hinter einer Maske, auf einem Cembalo spielen hörte, ausgerufen haben, dies sei entweder der Sachse oder der Teufel.
Für sein erstes Soloalbum hat Philippe Grisvard das Cembalo-Werk Händels erkundet. Auf der CD zeigt er, dass dieses Œuvre erstaunlich viele Facetten hat. Dazu kombiniert er Händels Kompositionen mit Musikstücken wichtiger Wegbegleiter: Friedrich Wilhelm Zachow (1663 bis 1712), Organist der Marienkirche in Halle/Saale, war Händels Lehrer. Und die Werke Johann Kriegers (1651 bis 1735) hat Händel in seiner Jugend ebenso sorgfältig studiert wie etwa die Musik von Pachelbel oder Strungk. Grisvard zeigt durch die geschickte Kombination von Musik- stücken, wie dieses Umfeld das Schaffen Händels geprägt hat.
Johann Mattheson (1681 bis 1764) war dann in Hamburg ein Weggefährte und Rivale des Komponisten. Und William Babell (1690 bis 1723) hat 1717 in seinen Suits of the most celebrated lessons collected and fitted to the harpsichord or the spinnet Ausschnitte aus Opern unter anderem von Händel in einer Art und Weise veröffentlicht, die vermuten lässt, dass diese Sammlung auch Einblick in die Verzierungs- und Improvisations- praxis des Meisters gewährt.
Außerdem nutzt Philippe Grisvard die beiden Kollektionen, die John Ward als Raubkopien gedruckt hat, sowie Händels eigene Veröffentlichungen, die eine finale Fassung der illegal verbreiteten Werke anbieten. Inspiriert zeigt sich der Cembalist zudem von einer Fassung der acht Suiten und der sechs Fugen Händels, die der Wiener Organist Gottlieb Muffat 1736 ediert hat, „mises dans une autre applicature pour la facilité de la main“.
Doch diese Angabe trügt, wie Grisvard einräumt, „car s'il vrai que Muffat e tenté de rendre la lecture des pièces plus aisée et de contrebalancer certains défauts de clarté dûs sans doute à la hâte dans laquelle Handel avait préparé son édition, la profusion d'agréments qu'il ajoute au texte original redouble le niveau de difficulté des pièces, et remet sérieusement en cause le type de tempo que l'on imaginerait ordinairement aujourd'hui pour certains de ces mouvements. Vette interprétation des huit grandes suites est une autre source majeure sur la pratique de l'ornementation: Muffat a choisi de noter à la française les ornements là oû Handel les avait laissés à la discrétion de l'exécutant.“ Grisvard betont, dass diese Lesart vermutlich dem sehr nahe kommt, was Händel selber spielte.
Dennoch entschied er sich bei dieser Auswahl gegen Muffats Version: „J'ose espérer qu'un jour, un claveciniste plus téméraire que moi consacrera un disque entier à ce cycle de Muffat, trop longtemps resté dans l'ombre...“ Grisvard musiziert zupackend, frisch und munter; mitunter wünscht man sich ein wenig mehr Eleganz. Aber insgesamt ist dieses Album mit seinen vielen Querverweisen sehr interessant und ausgesprochen abwechslungsreich.
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