Als „Orgue à Double-Expression“, „Harmonium d'Artiste“ oder auch „Harmonium d'Art“ erlebte das Kunstharmonium in Frankreich um die Jahrhundertwende eine kurze Blütezeit. Um 1900 wurden dort doppelt so viele Harmonien wie Klaviere verkauft. Zu den führenden Instrumentenbauern in diesem Markt gehörten Victor Mustel (1815 bis 1890) sowie seine Söhne Charles und Auguste.
Ihrem Vermächtnis ist diese CD gewidmet; Jan Hennig und Ernst Breidenbach musizieren auf Kunst- harmonium und Piano. Die Instrumente sind Originale – der Konzert- flügel ist ein klangschöner Erard aus dem Jahre 1858, mit sommier de bronze, und das Harmonium aus dem Jahre 1902 verfügt im oberen Bereich zusätzlich über ein Celesta, übrigens ebenfalls eine Erfindung von Victor Mustel. Das Instrument wurde seinerzeit nach Deutschland verkauft, und erklingt nun wieder nach sorgfältiger Restauration.
Für diese Einspielung haben die beiden Musiker Werke ausgewählt, wie man sie damals auch im Konzertsaal des Pariser Harmoniumbauers hätte hören können. Und so reicht das Programm von kleinen Salonstücken bis hin zu wirklich großer Musik, wie der Sonate op. 55 von Adolphe Blanc (1828 bis 1885) oder Prélude et Fugue op. 28 von Marie Prestat. Durchweg handelt es sich um Raritäten, die man sonst wahrscheinlich nirgends hören kann.
Mit großem Engagement machen Jan Hennig und Ernst Breidenbach auf ein Kapitel der europäischen Musikgeschichte aufmerksam, das wieder- zuentdecken sich durchaus lohnt. Denn die Klangkombination Konzert- flügel – Kunstharmonium ist eine sehr aparte, die außerordentlich viele Klangfarben zu bieten hat, und hinreißende Effekte ermöglicht. Meine unbedingte Empfehlung!
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