Gerhard Frommel (1906 bis 1984) gehört zu jenen Komponisten, deren Schaffen nach dem Zweiten Weltkrieg in Vergessenheit geriet. Frommel studierte bei Hermann Grabner und dann als Meisterschüler bei Hans Pfitzner. Ab 1929 unter- richtete er an verschiedenen Hochschulen; 1933 wurde er Mitglied der NSDAP. Doch er gründete auch einen „Arbeitskreis für neue Musik“, in dem etliche Werke von Komponisten vorgestellt und diskutiert wurden, die nach offizieller Lesart eher zur „Entarteten Kunst“ gehörten. Und er verdankte es nur wohlwollenden Kollegen, dass er nicht selbst in den Kreis der Unerwünschten geriet.
Die Jenaer Philharmonie unter Jürgen Bruns stellt bei Capriccio zwei seiner Werke vor: Die 1. Sinfonie op. 13 aus dem Jahre 1938 wurde 1942 immerhin von Wilhelm Furtwängler mit den Wiener Philharmonikern uraufgeführt. Man fühlt sich an Bruckner erinnert, an Mahler auch und an Wagner. Das Sinfonische Vorspiel für Orchester op. 23, entstanden 1943, erklang erstmals 1948 in Frankfurt/Main. Dieses Stück ist geprägt durch die Tragödie von Stalingrad – Klagegesänge aber wollte im Nachkriegs- deutschland niemand mehr hören. So ging es Frommel wie etlichen seiner Kollegen: Mit seiner Musik war er, wie andere Komponisten jener Jahre auch, für das „normale“ Publikum zu modern, und für Anhänger der zeitgenössischen Musik wiederum nicht avantgardistisch genug.
Frommel entwickelt spätromantische Klänge und Formen weiter; an allzu kühnen Experimenten war er nicht interessiert. Auch in späteren Jahren blieb er der Tonalität treu, und irgendwann gab er das Komponieren schließlich auf.
Jürgen Bruns und der Jenaer Philharmonie muss man für ihre Neugier danken; sie haben diese Musik wiederentdeckt und 2017 im Konzert gespielt. Dieser Live-Mitschnitt füllt eine Lücke im Repertoire, und rückt jene Komponisten der Nachkriegszeit wieder stärker in den Blick, die sich nicht an Trends und musikalischen Moden orientieren wollten – sehr verdienstvoll!
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