Die alten deutschen Kantaten sind derzeit offenbar groß in Mode. Nun hat auch Johannes Pramsohler mit seinem Ensemble Diderot eine Auswahl dieser beeindruckenden Werke eingespielt, wobei der Geiger natürlich vor allem auch Kantaten mit virtuoser Solovioline herausgesucht hat.
Und mit der Tenorkantate Ich will in aller Not auf meinen Jesum schauen von Daniel Eberlin (1647 bis nach 1692) enthält diese CD sogar eine Weltersteinspielung – was erstaunt, denn dieses Opus bietet, urteilte Hans Joachim Moser, Herausgeber der Neuedition in der Reihe Das Erbe deutscher Musik, das anspruchsvollste Violinsolo jener Zeit überhaupt. Eberlin wirkte einige Jahre als Kapell- meister in Eisenach und in Kassel.
In Eisenach musizierten seinerzeit auch der Geiger Johann Ambrosius Bach, der Vater von Johann Sebastian, sowie Johann Pachelbel (1653 bis 1706), auf dieser CD vertreten mit den Kantaten Christ ist erstanden und Ach Herr, wie ist meiner Feinde soviel. Johann Ambrosius' Schwager Johann Christoph Bach (1642 bis 1703) war Organist in Eisenach, und spielte zudem als Cembalist in der Hofkapelle. Von ihm sind einige Kompositionen überliefert; auf dieser CD erklingen Wie bist du denn, o Gott, in Zorn auf mich entbrannt und Ach dass ich Wassers gnug hätte, zwei effektvolle Lamenti.
Komplettiert wird diese Kollektion protestantischer Kantaten durch das höchst anspruchsvolle Concerto Mein Hertz ist bereit von Nicolaus Bruhns (1665 bis 1697). Er stammte aus einer schleswig-holsteinischen Musiker- dynastie, war ein Schüler Buxtehudes und wirkte in Husum; leider starb er sehr jung. Bruhns muss ein exzellenter Organist ebenso wie ein heraus- ragender Geiger gewesen sein. Und der Bassist, für den er komponierte, war ebenfalls ein erstklassiger Sänger; wer Bruhns' Werke singen will, dem jedenfalls wird einiges abverlangt.
Nahuel Di Pierro singt mit einem wohlklingenden, samtigen und vor allem auch tiefen Bass. Zu hören sind außerdem die kanadische Mezzosoprani- stin Andrea Hill, der spanische Tenor Jorge Navarro Purves und der britische Bariton Christopher Purves. Bei dieser Einspielung zeigt sich allerdings wieder einmal, dass die alten Musikstücke mit ihrem rhetorischen Gestus durch Nicht-Muttersprachler nur schwer vorzutragen sind. Eindringlichkeit und starken Ausdruck, wie sie für diese klingenden Predigten notwendig sind, vermisst man bei dieser CD ein wenig. Aber dafür kann sich der Hörer auch bei den beiden Kantaten von Heinrich Ignaz Franz Biber (1644 bis 1704), der für die süddeutsch-katholische Kirchenmusik dieser Zeit steht, am hinreißend schönen Geigenspiel von Johannes Pramsohler erfreuen.
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