Virtuose Violinkonzerte, die von und für Johann Jakob Kress (um 1685 bis 1728) geschrieben wurden, präsen- tiert Johannes Pramsohler. Der Geiger, der aus Walderbach in der Oberpfalz stammte, erhielt seine Ausbildung in Oettingen und wurde 1712 Kammermusiker am Darm- städter Hof.
Seinem Dienstherrn, Landgraf Ernst Ludwig, war es 1709 bereits gelungen, Christoph Graupner als Hofkapellmeister zu engagieren. Er begeisterte sich insbesondere für die Oper, und wollte in seiner Residenz musikalisch ebenso glänzen, wie er das aus Hamburg kannte. Allerdings setzten die Finanzen der Begeisterung enge Grenzen; mehrfach blieb der Landgraf auch seinen Musikern die Bezahlung schuldig, so dass Kress schließlich um seine Entlassung bat.
Die aber verweigerte ihm sein Dienstherr, und ernannte ihn statt dessen zum Konzertmeister, verbunden mit einer Gehaltserhöhung. Kress blieb in Darmstadt bis an sein Lebensende; ähnlich wie Graupner übrigens, der eigentlich 1722 Thomaskantor werden sollte, aber ebenfalls nicht gehen durfte. Auch wenn wir dieses Verfahren nicht unbedingt fair finden – es zeigt aber, dass Ernst Ludwig die Musiker für unverzichtbar ansah, und sie unbedingt behalten wollte.
Hört man diese Einspielung, dann wird auch klar, warum: Kress war ganz offenbar ein ausgezeichneter Geiger, und stand wohl auch mit etlichen Kollegen im Austausch. So wurde Georg Philipp Telemann, seinerzeit unweit von Darmstadt in Frankfurt/Main tätig, nicht nur Taufpate für Kress' Sohn. Er scheint auch für Kress komponiert zu haben, wie das Konzert nahelegt, das Pramsohler auf dieser CD vorstellt.
Johann Friedrich Fasch wiederum reiste 1714 nach Darmstadt, wo er länger als drei Monate durch Christoph Graupner und Vizekapellmeister Gottfried Grünewald unterrichtet wurde. Er blieb der Kapelle verbunden, und schickte immer wieder Kompositionen. In der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt fand sich ein anspruchsvolles Violinkonzert, das Kress ganz sicher gespielt hat. Prächtig erscheint auch die Ouvertüre von Vizekapellmeister Johann Samuel Endler. Er war selbst Geiger, wurde nach Kress' Tod zunächst Konzertmeister, und später Graupners Nachfolger.
Die beiden Konzerte, die Kress selbst komponiert hat, wirken in diesem Umfeld vergleichsweise unspektakulär. Pramsohler musiziert bei diesem Projekt gemeinsam mit den Darmstädter Barocksolisten; mit Ausnahme des Telemann-Konzertes handelt es sich durchweg um Weltersteinspie- lungen. Die Aufnahme ist daher interessant. Sie enttäuscht aber durch einen Mangel an gestalterischer Raffinesse. Hier zeigt sich, dass es mitunter eben doch klug sein kann, einen Kapellmeister einzubeziehen.
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