Sigismund Ritter von Neukomm (1778 bis 1858) hat eine beein- druckende Lebensgeschichte, die in diesem Blog bereits an anderer Stelle ausführlich nachzulesen ist. In seinen 80 Lebensjahren hat Neukomm nicht nur über 1300 Kompositionen geschaffen. Er war zudem in vielen Ländern tätig; seine Reisen führten ihn durch ganz Europa, bis nach St. Petersburg, dazu nach Afrika, und von 1816 bis 1821 wirkte er sogar in Rio de Janeiro, Brasilien.
Dort wurde 1818 wurde der Prinzregent João VI. zum König von Portugal, Brasilien und der Algarve ausgerufen – und Neukomm schrieb eine Missa Solemnis für diese Zeremonie. Der Kronprinz war 1807, auf dem Höhepunkt der Napoleonischen Kriege, aus Lissabon nach Rio de Janeiro geflohen. 1821 aber musste er aufgrund von Unruhen aus Brasilien zurück nach Portugal flüchten; sie führten wenig später zur Unabhängigkeit den südamerikanischen Landes. Neukomm hatte dies ebenfalls erkannt und Brasilien bereits zehn Tage vor dem König verlassen.
Musikalisch war die Zeit in Südamerika für Neukomm sehr spannend. So sammelte er Volkslieder, sogenannte Modinhas, und integrierte brasilianische Motive in seine Kompositionen. Davon freilich ist in der Messe noch nichts zu spüren; sie klingt nach Wien. Und auch wenn Neukomm ein Schüler Haydns war und Mozart sehr verehrte, so findet er doch zu einer sehr eigenen Klangsprache.
Das Werk wird von einem erstklassigen Solistenquartett, vom Chœur de Chambre de Namur sowie dem phantastischen Kammerorchester La Grande Écurie et la Chambre du Roy unter Leitung von Jean-Claude Malgoire großartig vorgestellt. Malgoire setzt mit dieser Einspielung sein Engagement für die Wiederentdeckung des Komponisten Neukomm fort. Und das lohnt sich absolut, wie auch das zweite Werk auf der zweiten CD zeigt.
Die Missa pro Defunctis tribus similibus vocibus, erstmals veröffentlicht 1838, besteht aus vier Teilen. Neukomm hat ziemlich ausführlich beschrieben, wie das Werk aufgeführt werden soll. Requiem und De profundis waren für den Gottesdienst bestimmt; Miserere und Trauermarsch sollten bei der Prozession erklingen, mit der der Leichnam anschließend aus der Kirche zum Friedhof gebracht wird.
Die Musik ist würdevoll, und ausgesprochen beeindruckend. Für die Aufführung ist ein stark besetzer Männerchor erforderlich, Malgoire hat in Cantaréunion, Ensemble vocal de l'Océan Indien, die perfekte Besetzung gefunden.
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