In diesem Jahr feiert die Musikwelt den 200. Geburtstag von Clara Schumann (1819 bis 1896). Ausgebildet wurde sie von ihrem Vater Friedrick Wieck, der sich mit Leidenschaft für sein Wunderkind einsetzte; ihr Debüt gab Clara als Neunjährige im Leipziger Gewandhaus. Sie komponierte auch schon früh, und wurde, da war sie gerade einmal 18 Jahre alt, in Wien zur kaiserlich-königlichen Kammer-Virtuosin ernannt.
Robert Schumann lernte Clara Wieck schon im Kindesalter kennen. Dass sie sich dann in ihn verliebte, war ihrem Vater gar nicht recht. 1837 verlobte sich das Paar, doch erst 1840 gelang es den beiden, über das Gericht die Genehmigung zur Eheschließung zu erhalten.
Wie es dann im Hause Schumann zuging, das kann man aus dem Ehetagebuch erfahren, das das Paar führte; es wurde mittlerweile veröffentlicht. Konflikte gab es jedenfalls genug, denn Clara dachte gar nicht daran, sich mit einem Dasein als Hausfrau und Mutter zu bescheiden. Auch mit Blick auf die Finanzen der Familie nahm sie schon bald das Konzertieren wieder auf.
Clara Schumann galt schon in jungen Jahren als Klaviervirtuosin; ihre Zeitgenossen schätzten sie ebenso sehr wie etwa Sigismund Thalberg oder Franz Liszt. Ihre Konzertreisen führten sie quer durch Europa, wobei sie oftmals gemeinsam mit Kollegen musizierte. So spielte sie hunderte Konzerte zusammen mit dem Geiger Joseph Joachim. Reine Klavierabende hingegen waren damals eher unüblich.
Mit dem Leben und Schaffen der Künstlerin, die letzten Endes bis ins hohe Alter als Berufsmusikerin tätig war, hat sich kaum jemand ähnlich intensiv auseinandergesetzt wie Ragna Schirmer. So hat die Hallenser Pianistin mit der Staatskapelle Halle unter Leitung von Ariane Matiakh das Klavierkonzert a-Moll op. 7, das Clara als 15jährige komponiert hat, und das 4. Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven eingespielt, das Clara mehr als 50mal in Konzerten vorgetragen hat, und zu dem sie eigene Kadenzen verfasste.
Was Clara Schumann in ihren Konzerten gespielt hat, das lässt sich vielfach noch heute nachvollziehen. Denn die Musikerin hat im Laufe ihres Lebens mehr als 1.300 Programmzettel zusammengetragen, auf denen ihre Konzert dokumentiert sind. Diese Sammlung hat Ragna Schirmer im Schumannhaus Zwickau angesehen - „voller Bewunderung, wie viele großartige Werke Sie in Ihrem Leben studiert und zur Aufführung gebracht haben“, so schreibt sie in einem Brief ihre Gedanken nieder. Zum 200. Geburtstag widmete die Pianistin der berühmten Kollegin dann ein ganz besonderes Projekt: Sie spielte einige ihrer Konzertprogramme nach.
So waren Clara und ihr Mann Robert Schumann im Jahre 1847 zu Gast bei einer Matinee im Berliner Salon von Fanny Hensel. Neben zwei Liedern, eines von Robert Schumann und eines von der Gastgeberin, erklangen dort die Uraufführungen des Klavierquartetts op. 47 von Robert und des Klaviertrios op. 17 von Clara Schumann. Dieses Programm, das einen direkten Vergleich der Kompositionen der beiden Eheleute gestattet, ist im ersten Teil dieser Einspielung zu hören. Musizierpartner von Ragna Schirmer sind hier die Sopranistin Nora Friedrichs sowie Iason Keramidis, Violine, Julien Heichelbech, Viola, und Benedict Klöckner, Violoncello.
„Der zweite Silberling wiederholt Ihren letzten reinen Klavierabend, erklungen in den Assembly Rooms in St. Leonards-on-Sea, England“, wendet sich Ragna Schirmer in ihrem Brief an Clara Schumann. „Ein unglaubliches Programm, wie ich finde! Wissen Sie noch, wie Sie sich fühlten? Sie hatten Schmerzen in den Händen und präsentierten dennoch dem Publikum all die schönen Stücke, die Ihr Leben begleiteten. Sie schenkten den Zuhörern sogar Ihre improvisierten Überleitungen zwischen einigen Werken, an denen ich mich bescheiden auch versuche, indem ich mir solche von einem Kollegen komponieren ließ, der die Improvisations-Studien Ihres Vaters und Ihre Aufzeichnungen über das Präludieren verglich und einflocht. So sind Ihre Konzerte heute noch lebendig.“
Von Schumanns Kinderszenen über einzelne Werke von Beethoven, Scarlatti, Händel, Gluck, Chopin und Mendelssohn reicht dieses Programm, das Ragna Schirmer versiert und wunderbar nuancenreich vorstellt. Dazu bietet das Beiheft umfangreiche, mit ebenso großer Sorgfalt zusammengestellte Info-Texte. Ohne Zweifel ist dies der wichtigste musikalische Beitrag zum Clara-Schumann-Jahr.
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