Seit zehn Jahren sind die Pianisten Gülru Ensari und Herbert Schuch ein Paar - und gefunden haben sie sich nicht nur fürs Leben, sondern auch auf dem Konzertpodium. Zwar musizieren die beiden noch immer solistisch, und sind auch begehrte Kammermusikpartner. Doch als Duo haben sie bereits zwei erfolgreiche Alben zusammen eingespielt, „Go East“ und „Dialogues“.
Dabei war schon zu erkennen, dass die Künstler höchst unterschiedliche Hintergründe und Erfahrungen mitbringen - was ihre Partnerschaft aber offensichtlich beflügelt. Die Geburt ihrer Tochter Kayra hat Gülrü Ensari und Herbert Schuch nun veranlasst, sich auf die Suche nach Kindheitserinnerungen zu begeben.
„Wir hatten beide einen Plattenspieler zuhause“, meint Gülru Ensari – doch das war es dann offensichtlich auch schon fast mit dem Gemeinsamkeiten. Im Beiheft ist beschrieben, dass Herbert Schuch seine Kindheit in Ceauşescu-Rumänien verbracht hat und zunächst „im Grünen“ aufgewachsen ist. Er gehört zur Minderheit der Banater Schwaben, und seine Familie liebte ungarische Operettenmelodien.
Gülru Ensari kam in Istanbul zur Welt – einer Metropole zwischen Orient und Okzident. Auch ihre Kindheit war erfüllt von Musik, klassischer westlicher Musik, denn ihre Mutter war Pianistin, und deshalb wuchs sie mit Brahms, Dvořák und Tschaikowski auf.
Erinnern konnten sich beide an Pjotr Tschaikowskis Ballett Der Nussknacker, dass sie schon als Kinder geliebt haben. Es erklingt hier in einer Fassung für zwei Klaviere von Nicolas Economou. Außerdem haben die Pianisten ausgewählte Ungarische Tänze von Johannes Brahms mit Antonin Dvořáks Slawischen Tänzen kombiniert – wobei sie den Hörer trotz orchestraler Vielfarbigkeit mit präzise herausgearbeiteten musikalischen Strukturen beglücken. „Uns interessierte die Begegnung, der Dialog, das Zusammenbringen von Unterschieden“, erklärt Herbert Schuch. „So wie es sich auch in unserer persönlichen Geschichte zeigt.“ Und im Klavierspiel des Duos, das auch im beim gemeinsamen Musizieren darauf besteht, Individualität produktiv einzubringen.
Die Aufnahme schließt mit dem Auftragswerk Sarmal („Spirale“) des türkischen Komponisten Oğuzhan Balcı. Gülru Ensaris Mutter hat den Geiger oft am Klavier begleitet. Später, als auch Gülru Klavier studierte, stand er ihr als Konzertmeister und Dirigent bei Orchesterkonzerten zur Seite. Sein Stück Sarmal entfaltet einen regelrechten Sog, wie ein Gedankenwirbel; man kann dabei meditieren oder aber der eigenen Kindheit nachsinnen. Aus starken Wurzeln erwächst Neues, wie diese CD zeigt. Überaus spannend!
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