Die Romantiker haben Bach nicht nur wiederentdeckt und aus dem Zirkeln einiger weniger Einge- weihter, in denen seine Musik stets präsent blieb, vor ein breites Publikum gebracht. Wie sie ihn zugleich verwandelt, ihren Hör- gewohnheiten und Bedürfnissen angepasst haben, davon berichtet diese CD: Die junge japanische Geigerin Mayumi Hirasaki und die - zumal im Bereich des historisch informierten Musizierens - sehr versierte Cembalistin und Pianistin Christine Schornsheim stellen bei Genuin Bach-Bearbeitungen von Felix Mendelssohn Bartholdy, Robert Schumann, Ferdinand David und Friedrich Wilhelm Ressel vor. Bachs Ciaconna d-Moll für Violine solo BWV 1004/5 ist gleich drei Mal zu hören - und sie macht auch die Unterschiede deutlich.
Während Schumann strikt systematisch vorging, und sich "seinen" Bach schrittweise erschuf, zeigt sich Gewandhauskapellmeister Mendelssohn gemeinsam mit seinem Ersten Geiger Ferdinand David sehr respektvoll, und orientiert sich bei seinen Klavierbegleitungen, die er für konkrete Konzerte schuf, stark an Bachs eigener Bearbei- tungspraxis. Als ein Kuriosum erscheint uns heute die Version der Ciaconna d-Moll für Violine solo mit der ergänzten Klavierbegleitung des Berliner Theatermusikers Ressel. Er "romantisierte" Bachs Werk konsequent, indem er dafür eine Begleitung schuf, die ein wahres Feuerwerk an pianistischen Effekten und Variationen abbrennt. Das klingt nach allem - nur nach Bach nicht mehr.
Und weil die Straub-Violine, Röthenbach um 1800, gespielt mit einem Bogen von Luis Emilio Rodríguez, und der Pleyel-Flügel von 1848 gar so schön harmonieren, freut man sich noch über ein weiteres Stück, das zeigt, wie die Beschäftigung mit dem musika- lischen Erbe auch das eigene Schaffen beeinflusst hat: Der erste Satz aus Mendelssohns Sonate F-Dur für Violine und Klavier MWV Q 26 in der ersten Fassung von 1838 - ein grandioses, originär romantisches Werk. Schade, dass die anderen Sätze nicht dabei sind.
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