Als Beethovens Streichquartett Nr. 13 in B-Dur 1826 zum ersten Mal erklang, schrieb der Kritiker der Allgemeinen musikalischen Zei- tung: "Aber den Sinn des fugirten Finale wagt der Referent nicht zu deuten: für ihn war es unverständ- lich, wie Chinesisch. Doch wollen wir damit nicht voreilig abspre- chen: vielleicht kommt noch die Zeit, wo das, was uns beym ersten Blicke trüb und verworren er- schien, klar und in wohlgefälligen Formen erkannt wird."
Beethovens Verleger Artaria zeigte sich von dem Ende des Werkes ebenfalls wenig angetan, und drängte den Komponisten, noch einen gefälligeren Schluss zu liefern - was jener dann auch erledigte. Das ursprüngliche Finale publizierte er als Große Fuge op. 133.
Der Geschmack des Publikums dürfte sich seitdem wenige geändert haben; die Musiker des Artemis Quartetts aber haben bei ihrer Gesamteinspielung der Beethovenschen Quartette für Virgin Classics die komplexe ursprüngliche Form bevorzugt. Technisch bringt sie das nicht in Probleme. Natalia Prischepenko und Gregor Sigl, Violine, Friedemann Weigle, Viola und Eckart Runge, Violoncello, treiben das Streichquartettspiel zur Perfektion.
Die Gattung, bei der - so Goethe - "vier vernünftige Leute sich unter- einander unterhalten", wird hier zur musikalisch ausgefeilten und durchgestylten Show. Das ist sehr beeindruckend, aber nicht immer überraschend, ja, mitunter auch ein bisschen zu glatt und zu gut abgestimmt. Hier hat jeder Effekt, jeder Gedanke seinen vorbestimm- ten Platz; die Suche nach Argumenten, nach der treffenden Formu- lierung erscheint bereits abgeschlossen, wenn der Zuhörer Platz genommen hat.
Das ist Quartettspiel in Vollendung - aber wenn die Fetzen, die da geflogen kommen, in Wahrheit Designerfetzen sind, von genau kalkulierter Wirkung, wenn der Zuhörer nicht mehr den Eindruck hat, Zeuge eines kreativen Prozesses sein zu dürfen, dann finde ich das nicht sehr aufregend. Insofern mag ich mich den Elogen meiner Kritikerkollegen nicht so ganz anschließen. Exzellente Aufnahmen der Beethoven-Quartette gibt es auf dem Markt bereits einige; insofern ist auch ein weiteres Beethoven-Projekt nicht gerade eine Innovation.
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