Johann Simon Mayr (1763 bis 1845) gilt als einer der bedeutenden Komponisten der italienischen Oper im 19. Jahrhundert. Über den Lebensweg des Musikers, der aus Mendorf im oberbayerischen Landkreis Eichstätt stammt, wurde in diesem Blog bereits an anderer Stelle ausführlicher berichtet.
Was nicht mit erwähnt wurde: Mayr scheint auch recht fromm gewesen zu sein. Schon während seines Studiums in Ingolstadt wirkte er als Organist. Auch während seiner Ausbildung in Venedig sowie in den letzten 20 Jahren seines Lebens komponierte er Kirchenmusik. So schrieb er, neben vielen Opern, auch etliche Oratorien, Motetten und Messen. 1802 erhielt er eine Anstellung als Kapellmeister an der Basilika Santa Maria Maggiore in Bergamo, die er bis an sein Lebensende inne hatte.
Nachdem bei Naxos inzwischen zahlreiche Opern des Komponisten in Aufnahmen dokumentiert sind, wendet sich das Label nun verstärkt dem geistlichen Schaffen Mayrs zu. In Weltersteinspielungen sind dort beispielsweise das Miserere in g-Moll und die Litaniae Lauretanae in g-Moll für Soli, Chor und Orchester sowie hinreißend schöne venezianische Solo-Motetten zu finden. Jede dieser Pretiosen ist in der Tat der Wiederentdeckung wert.
Franz Hauk, der sich unermüdlich dafür engagiert, das Werk von Johann Simon Mayr aus dem Archiv zurück auf Bühne und Podium zu bringen, dirigiert das Ensemble, dem neben ausgewählten Solisten auch das Orchester I Virtuosi Italiani sowie, bei den groß besetzten Werken, die Instrumentalisten von Concerto de Bassus, der Simon Mayr Chor und Mitglieder des Chores der Bayerischen Staatsoper angehören.
Dienstag, 28. August 2018
Briccialdi: Flute Concertos (Brilliant Classics)
Zu den Jubilaren des Jahres gehört Giulio Briccialdi (1818 bis 1881). Er kam in Terni zur Welt. Das Flöten- spiel erlernte er bei seinem Vater, der allerdings früh starb.
Giulio setzte daher seine Ausbildung in Rom bei Giuseppe Maneschi fort, und musizierte dann in verschiede- nen Opernorchestern. Sie wurden jeweils für eine Saison zusammen- gestellt. So kam der junge Musiker herum, und erwarb sich bald einen guten Ruf, was dazu führte, dass er zeitweise auch dem Grafen von Syrakus Flötenunterricht erteilen durfte, also dem Bruder des Königs von Sizilien.
Ab 1839 ging er auf ausgedehnte Konzertreisen, die ihn quer durch Europa bis nach London führten, und auch nach Amerika. Dabei lernte er viele Musiker kennen, wobei eine Begegnung für Briccialdi besonders wichtig war: In München traf er 1847 Theobald Böhm. Er engagierte sich auch selbst für die Weiterentwicklung der Böhm-Flöte; die Doppelklappe für den Daumen ist eine Innovation von Briccialdi.
1871 wurde der Flötenvirtuose Professor am Konservatorium von Florenz. Dort unterrichtete er, und er gründete zudem eine Werkstatt für den Flötenbau. Außerdem schrieb er Unterrichtswerke und er komponierte Musik, bevorzugt für sein Instrument.
Dass dieser bedeutende Flötist nur Insidern ein Begriff ist, liegt mit daran, dass er seine Werke zumeist nicht veröffentlicht hat. So sind auch diese vier Flötenkonzerte erst in diesem Jahr (!) bei Ricordi im Druck erschienen. Ginevra Petrucci und I Virtuosi Italiani präsentieren die brillanten Kompositionen auf dieser CD in Weltersteinspielung. Und diese Entdeckung lohnt sich, vom ersten bis zum letzten Ton. Grandiose Musik, sehr engagiert gespielt, unbedingt anhören!
Giulio setzte daher seine Ausbildung in Rom bei Giuseppe Maneschi fort, und musizierte dann in verschiede- nen Opernorchestern. Sie wurden jeweils für eine Saison zusammen- gestellt. So kam der junge Musiker herum, und erwarb sich bald einen guten Ruf, was dazu führte, dass er zeitweise auch dem Grafen von Syrakus Flötenunterricht erteilen durfte, also dem Bruder des Königs von Sizilien.
Ab 1839 ging er auf ausgedehnte Konzertreisen, die ihn quer durch Europa bis nach London führten, und auch nach Amerika. Dabei lernte er viele Musiker kennen, wobei eine Begegnung für Briccialdi besonders wichtig war: In München traf er 1847 Theobald Böhm. Er engagierte sich auch selbst für die Weiterentwicklung der Böhm-Flöte; die Doppelklappe für den Daumen ist eine Innovation von Briccialdi.
1871 wurde der Flötenvirtuose Professor am Konservatorium von Florenz. Dort unterrichtete er, und er gründete zudem eine Werkstatt für den Flötenbau. Außerdem schrieb er Unterrichtswerke und er komponierte Musik, bevorzugt für sein Instrument.
Dass dieser bedeutende Flötist nur Insidern ein Begriff ist, liegt mit daran, dass er seine Werke zumeist nicht veröffentlicht hat. So sind auch diese vier Flötenkonzerte erst in diesem Jahr (!) bei Ricordi im Druck erschienen. Ginevra Petrucci und I Virtuosi Italiani präsentieren die brillanten Kompositionen auf dieser CD in Weltersteinspielung. Und diese Entdeckung lohnt sich, vom ersten bis zum letzten Ton. Grandiose Musik, sehr engagiert gespielt, unbedingt anhören!
Montag, 27. August 2018
Cantata - yet can I hear... (Pentatone)
Was ist eine Kantate? Mit dieser Frage hat sich Bejun Mehta sehr intensiv auseinandergesetzt. Angefangen hatte alles mit einer einzigen Arie, berichtet der Sänger im Beiheft zu dieser CD: „In 2015, I stumbled upon the aria ,Yet Can I Hear That Dulcet Lay' and fell madly in love. It is simple, direct, ravishing. I knew immediately that I want to sing the aria myself, and it eventually became the first building block of the program you now hold in your hands.“
Der amerikanische Countertenor hat für diesen CD eine sehr persönliche Auswahl an geistlichen und weltlichen Solo-Kantaten aus der italienischen, deutschen und englischen Tradition zusammengestellt, von virtuos bis besinnlich, in großen und kleinen Besetzungen. So erklingen unter anderem Georg Friedrich Händels Kantate Mi palpita il cor HWV 132c, Johann Sebastian Bachs Kantate Ich habe genug BWV 82, Antonio Vivaldis Pianti, sospiri e dimander mercede RV 676 oder Johann Christoph Bachs berühmtes Lamento Ach, dass ich Wassers g'nug.
Bejun Mehta singt phantastisch; dank seiner exzellenten Technik gelingt es ihm mühelos, Virtuosität und Ausdruck zu verbinden. Jede Phrase ist überlegt gestaltet, nichts dem Zufall überlassen. Begleitet wird der Countertenor von der Akademie für Alte Musik Berlin. Die Instrumenta- listen – hervorgehoben seien an dieser Stelle nur die Solisten Xenia Löffler, Oboe, und Christoph Huntgeburth, Traversflöte – sind ebenfalls großartig.
Das Label Pentatone hat dieser Einspielung obendrein eine ansprechend gestaltete Box und ein ausführliches dreisprachiges Beiheft spendiert, in dem auch sämtliche Kantatentexte nachzulesen sind. Kurz und gut: Eine Edition, von der sich nur Positives berichten lässt. Meine Empfehlung!
Der amerikanische Countertenor hat für diesen CD eine sehr persönliche Auswahl an geistlichen und weltlichen Solo-Kantaten aus der italienischen, deutschen und englischen Tradition zusammengestellt, von virtuos bis besinnlich, in großen und kleinen Besetzungen. So erklingen unter anderem Georg Friedrich Händels Kantate Mi palpita il cor HWV 132c, Johann Sebastian Bachs Kantate Ich habe genug BWV 82, Antonio Vivaldis Pianti, sospiri e dimander mercede RV 676 oder Johann Christoph Bachs berühmtes Lamento Ach, dass ich Wassers g'nug.
Bejun Mehta singt phantastisch; dank seiner exzellenten Technik gelingt es ihm mühelos, Virtuosität und Ausdruck zu verbinden. Jede Phrase ist überlegt gestaltet, nichts dem Zufall überlassen. Begleitet wird der Countertenor von der Akademie für Alte Musik Berlin. Die Instrumenta- listen – hervorgehoben seien an dieser Stelle nur die Solisten Xenia Löffler, Oboe, und Christoph Huntgeburth, Traversflöte – sind ebenfalls großartig.
Das Label Pentatone hat dieser Einspielung obendrein eine ansprechend gestaltete Box und ein ausführliches dreisprachiges Beiheft spendiert, in dem auch sämtliche Kantatentexte nachzulesen sind. Kurz und gut: Eine Edition, von der sich nur Positives berichten lässt. Meine Empfehlung!
Nuove Inventioni (Sony)
Jazz trifft auf Barock – und es ist eine spannungsvolle Begegnung! Diese CD dokumentiert, was geschieht, wenn zwei Musiktraditionen zueinander finden, die sich nur auf den ersten Blick stark unterscheiden. Natürlich sind Harmonik und Rhythmik jeweils ganz eigen. Doch die Liebe zur Improvisation vereint Jazz und Barockmusik.
Wie das klingen kann, das zeigen der erfahrene Lautenist Rolf Lislevand und das junge Ensemble Concerto Stella Matutina mit dieser Aufnahme. Die Musiker machen deutlich, dass auch barocke Klänge grooven können – und dass man moderne Musik auch auf historischen Instrumenten ganz wunderbar spielen kann.
Wie das klingen kann, das zeigen der erfahrene Lautenist Rolf Lislevand und das junge Ensemble Concerto Stella Matutina mit dieser Aufnahme. Die Musiker machen deutlich, dass auch barocke Klänge grooven können – und dass man moderne Musik auch auf historischen Instrumenten ganz wunderbar spielen kann.
Sonntag, 26. August 2018
Sinfonie Concertanti (Tudor)
Eine schöne Aufnahme, eigentlich älteren Datums, ist bei Tudor wieder verfügbar: Das Flötenduo Anne Utagawa und Dominique Hunziker hatte 1978 gemeinsam mit dem Orchestre de Chambre Paul Kuentz Sinfonie concertante von Federigo Fiorillo, Giuseppe Cambini und ein Concerto für zwei Flöten und Orchester von Domenico Cimarosa eingespielt. Es sind durchweg anspruchsvolle und ansprechende Werke, die den Solisten Gelegenheit bieten, sowohl Virtuosität als auch musikalisches Gestaltungsvermögen unter Beweis zu stellen. Das Flötisten-Ehepaar musiziert zudem auch in den turbulentesten Passagen perfekt aufeinander abgestimmt.
Mussorgsky: Piano Works (Melodija)
Klaviermusik von Modest Mussorgski hat das russische Label Melodija veröffentlicht. Die CD kombiniert diverse Archivaufnahmen aus dem Zeitraum 1949 bis 2017. Zu hören sind fünf (!) Pianisten; ich muss gestehen, dass ich ihre Namen nie zuvor gesehen hatte. Und was ich gehört habe, das veranlasst mich auch nicht dazu, weitere Aufnahmen zu suchen.
Es gibt bereits etliche Gesamtein- spielungen des Klavierwerkes des russischen Komponisten – wer sich für sein Schaffen interessiert, der sollte sich dort umsehen. Diese CD jedenfalls kann ich leider nicht guten Gewissens empfehlen.
Es gibt bereits etliche Gesamtein- spielungen des Klavierwerkes des russischen Komponisten – wer sich für sein Schaffen interessiert, der sollte sich dort umsehen. Diese CD jedenfalls kann ich leider nicht guten Gewissens empfehlen.
Samstag, 25. August 2018
Couperin: The complete organ masses (Paladino Music)
Dass diese beiden Orgelmessen Wer- ke eines gerade einmal 21jährigen waren, war umstritten. Sie wurden einem Onkel des Komponisten zugeschrieben, der den gleichen Namen trug, aber erheblich reifer an Jahren war. Erstaunlich ist das nicht: François Couperin (1668 bis 1733) entstammte einer Musikerdynastie, die an Format und Bedeutung mit der Familie Bach durchaus zu verglei- chen ist.
Sein Beiname „Le Grand“ allerdings macht deutlich, dass sein Schaffen selbst in diesem erlesenen Umfeld herausragend war. Das erkannte auch Ludwig XIV., der Couperin 1693 zum Organisten an der Königlichen Kapelle in Versaille ernannte. Als Hofkomponist hatte er geistliche Musik zu liefern. Außerdem wurde Couperin zum Musiklehrer der königlichen Familie, und spielte mit seinen Concerts royaux in kleiner Besetzung Kammerkonzerte, für die er auch Musik komponierte.
In seinem Schaffen führte er italienische und französische Musiktradi- tionen zusammen. Auch seine frühen Orgelmessen zeichnen sich durch den kreativen Umgang mit dem Althergebrachten aus. Dabei ist eine Messe für den feierlichen Gottesdienst in einer Pfarrkirche bestimmt, die andere ist eine Konventmesse, wie sie im Kloster gebräuchlich war.
Sie sind beide für eine Musizierpraxis entstanden, bei der die Verse jeweils abwechselnd gesungen und von der Orgel gespielt wurden. Derart alternatim erklingen die Werke auch auf dieser CD. Es singt das Age of Discovery Vocal Ensemble, und der neuseeländische Organist James Tibbles hat für die Einspielung ein ganz besonderes Instrument ausgesucht: Zu hören ist die Orgel der Kirche Notre Dame Rozay-en-Brie, deren Tastaturen wohl die ältesten in spielfähigem Zustand erhaltenen in Frankreich sind. Auch der junge Couperin selbst hat dort musiziert.
Sein Beiname „Le Grand“ allerdings macht deutlich, dass sein Schaffen selbst in diesem erlesenen Umfeld herausragend war. Das erkannte auch Ludwig XIV., der Couperin 1693 zum Organisten an der Königlichen Kapelle in Versaille ernannte. Als Hofkomponist hatte er geistliche Musik zu liefern. Außerdem wurde Couperin zum Musiklehrer der königlichen Familie, und spielte mit seinen Concerts royaux in kleiner Besetzung Kammerkonzerte, für die er auch Musik komponierte.
In seinem Schaffen führte er italienische und französische Musiktradi- tionen zusammen. Auch seine frühen Orgelmessen zeichnen sich durch den kreativen Umgang mit dem Althergebrachten aus. Dabei ist eine Messe für den feierlichen Gottesdienst in einer Pfarrkirche bestimmt, die andere ist eine Konventmesse, wie sie im Kloster gebräuchlich war.
Sie sind beide für eine Musizierpraxis entstanden, bei der die Verse jeweils abwechselnd gesungen und von der Orgel gespielt wurden. Derart alternatim erklingen die Werke auch auf dieser CD. Es singt das Age of Discovery Vocal Ensemble, und der neuseeländische Organist James Tibbles hat für die Einspielung ein ganz besonderes Instrument ausgesucht: Zu hören ist die Orgel der Kirche Notre Dame Rozay-en-Brie, deren Tastaturen wohl die ältesten in spielfähigem Zustand erhaltenen in Frankreich sind. Auch der junge Couperin selbst hat dort musiziert.
Dienstag, 21. August 2018
Paganini - Complete Edition (Dynamic)
Mit Musik von Nicolò Paganini ist Dynamic vor 40 Jahren gestartet: Kein geringerer als Salvatore Accardo spielte das erste Album für das italienische Label ein. Etliche weitere Aufnahmen mit dem Violinvirtuosen folgten. Und auch andere hervor- ragende Geiger wählten Dynamic für ihre Veröffentlichungen.
Obwohl beispielsweise Tartini und Viotti ebenfalls im Repertoire vertreten sind, hat sich Dynamic all die Jahre insbesondere für das Werk Paganinis engagiert. Diese Box gibt Zeugnis davon – sie enthält auf sagenhaften 40 (!) CD sämtliche überlieferten Kompositionen des „Teufelsgeigers“ aus Genua, darunter einige Weltersteinspielungen, und noch ein bisschen mehr.
Zu finden sind in der phänomenalen Box unter anderem die Violinkon- zerte, vorgetragen von Massimo Quarta auf Paganinis Geige gemeinsam mit dem Orchester des Theaters Carlo Felice Genua. Etliche Werke hat auch Mario Hossen eingespielt; außerdem findet sich eine CD, die ursprünglich für EMI entstanden ist, mit Salvatore Accardo und dem Chamber Orchestra of Europe unter Franco Tamponi. Komplettiert wird dieser Teil durch einige Raritäten, wie die Sonata per la Grand Viola, zu hören ist hier Luigi Alberto Bianchi mit dem Rias Orchester Berlin unter Jacques Delacôte. Es erklingt auch Le Couvent du Mont St. Bernard für Violine, Männerchor und Orchester, übrigens ebenfalls mit einem Rondò del campanello.
Im zweiten Teil folgt dann die Kammermusik – von den Quartetten, mit dem Quartetto Paganini, über die Trios für Streicher und Gitarre, bis hin zu den Duetten für Violine und Violincello. Die hinreißenden Duette für Violine und Fagott werden gespielt von Salvatore Accardo und Claudio Gonella.
Die Werke für Violine und Gitarre – beide Instrumente spielte Paganini virtuos – präsentieren Luigi Alberto Bianchi und Maurizio Preda. Man staunt, denn dass es tatsächlich so viele sind, fällt erst auf, wenn man die vielen CD in der Box versammelt sieht.
Bei den Werken für Solo-Violine dürfen natürlich die berühmten 24 Capricci nicht fehlen; sie werden hier von Leonidas Kavakos vorgetragen. Die verbleibenden Solo-Werke, ihre Zahl ist überschaubar, spielt Stefan Milenkovich.
Die 37 Gitarrensonaten und die fünf Sonatinen für Gitarre sowie einige kleinere Werke stellt Guido Fichtner vor, die Ghiribizzi Adriani Sebastiani. Auf drei weiteren CD sind zudem Raritäten und neu entdeckte Werke zusammengefasst; über eine der Aufnahmen wurde in diesem Blog bereits an anderer Stelle berichtet.
Ebenfalls drei CD bieten bekannte Einspielungen mit Salvatore Accardo und mit Ruggiero Ricci; letzterer spielt unter anderem auch die 24 Capricen. Last but not least fasst Dynamic auf zwei weiteren CD unter dem Motto „A Tribute to Paganini“ Werke zusammen, zu denen der Musiker einst andere Komponisten inspiriert hat. Der Pianist Marco Pasini präsentiert Stücke von Johann Nepomuk Hummel, Franz Liszt, Ignaz Moscheles, Friedrich Kuhlau, Feruccio Busoni, Luigi Dallapiccola, Robert Schumann und Johannes Brahms, Henri Herz und Johann Strauss. Eine wirklich grandiose Kollektion, die derzeit weit und breit nicht Ihresgleichen hat. Gratulation an Dynamic – und meine unbedingte Empfehlung!
Obwohl beispielsweise Tartini und Viotti ebenfalls im Repertoire vertreten sind, hat sich Dynamic all die Jahre insbesondere für das Werk Paganinis engagiert. Diese Box gibt Zeugnis davon – sie enthält auf sagenhaften 40 (!) CD sämtliche überlieferten Kompositionen des „Teufelsgeigers“ aus Genua, darunter einige Weltersteinspielungen, und noch ein bisschen mehr.
Zu finden sind in der phänomenalen Box unter anderem die Violinkon- zerte, vorgetragen von Massimo Quarta auf Paganinis Geige gemeinsam mit dem Orchester des Theaters Carlo Felice Genua. Etliche Werke hat auch Mario Hossen eingespielt; außerdem findet sich eine CD, die ursprünglich für EMI entstanden ist, mit Salvatore Accardo und dem Chamber Orchestra of Europe unter Franco Tamponi. Komplettiert wird dieser Teil durch einige Raritäten, wie die Sonata per la Grand Viola, zu hören ist hier Luigi Alberto Bianchi mit dem Rias Orchester Berlin unter Jacques Delacôte. Es erklingt auch Le Couvent du Mont St. Bernard für Violine, Männerchor und Orchester, übrigens ebenfalls mit einem Rondò del campanello.
Im zweiten Teil folgt dann die Kammermusik – von den Quartetten, mit dem Quartetto Paganini, über die Trios für Streicher und Gitarre, bis hin zu den Duetten für Violine und Violincello. Die hinreißenden Duette für Violine und Fagott werden gespielt von Salvatore Accardo und Claudio Gonella.
Die Werke für Violine und Gitarre – beide Instrumente spielte Paganini virtuos – präsentieren Luigi Alberto Bianchi und Maurizio Preda. Man staunt, denn dass es tatsächlich so viele sind, fällt erst auf, wenn man die vielen CD in der Box versammelt sieht.
Bei den Werken für Solo-Violine dürfen natürlich die berühmten 24 Capricci nicht fehlen; sie werden hier von Leonidas Kavakos vorgetragen. Die verbleibenden Solo-Werke, ihre Zahl ist überschaubar, spielt Stefan Milenkovich.
Die 37 Gitarrensonaten und die fünf Sonatinen für Gitarre sowie einige kleinere Werke stellt Guido Fichtner vor, die Ghiribizzi Adriani Sebastiani. Auf drei weiteren CD sind zudem Raritäten und neu entdeckte Werke zusammengefasst; über eine der Aufnahmen wurde in diesem Blog bereits an anderer Stelle berichtet.
Ebenfalls drei CD bieten bekannte Einspielungen mit Salvatore Accardo und mit Ruggiero Ricci; letzterer spielt unter anderem auch die 24 Capricen. Last but not least fasst Dynamic auf zwei weiteren CD unter dem Motto „A Tribute to Paganini“ Werke zusammen, zu denen der Musiker einst andere Komponisten inspiriert hat. Der Pianist Marco Pasini präsentiert Stücke von Johann Nepomuk Hummel, Franz Liszt, Ignaz Moscheles, Friedrich Kuhlau, Feruccio Busoni, Luigi Dallapiccola, Robert Schumann und Johannes Brahms, Henri Herz und Johann Strauss. Eine wirklich grandiose Kollektion, die derzeit weit und breit nicht Ihresgleichen hat. Gratulation an Dynamic – und meine unbedingte Empfehlung!
Sonntag, 5. August 2018
Les préludes sont des images - Debussy (Ars Produktion)
Da wir gerade beim Crowdfunding waren: Über die Plattform Startnext hat Mario Häring Gelder für seine zweite Solo-CD gesammelt. Der junge Pianist, Jahrgang 1989, wollte unbe- dingt Werke von Claude Debussy (1862 bis 1918) einspielen – doch als er mit der Planung des Projektes begann, war er noch Student. „Debussys Musik begleitet mich generell schon seit der Kindheit“, berichtet Häring im Beiheft. „Früh habe ich z.B. die Arabesques und Golliwog's Cakewalk gespielt und mich sofort in die französischen Klänge verliebt. An ihnen kann man wunderbar am Klang arbeiten, was natürlich Auswirkungen auf das Klavierspiel allgemein hat und ganz neue Möglichkeiten eröffnet.“
Den hundertsten Todestag des Komponisten in diesem Jahr vor Augen, wollte sich Häring einmal mehr mit dem Werk Debussys auseinander- setzen. Die Finanzierung über Startnext ist ihm gelungen, und so konnte der Pianist sein CD-Projekt bei Ars Produktion verwirklichen.
Ausgewählt hat Mario Häring dafür die Préludes, Premier Livre L. 117, Images, Deuxième Série L. 111, Children's Corner L. 113 sowie, quasi als Zugabe, die Rêverie L. 68. „Die ausgewählten Zyklen stammen alle aus einer Schaffensperiode und bieten trotzdem sehr verschiedene Eindrücke von Debussys Kompositionsstil“, erläutert der Pianist. „Allen gemeinsam ist für mein Empfinden aber ein stark atmosphärischer Ausdruck, der sich in meiner Vorstellung oft in natürlichen Szenerien abspielt – wie es ja auch oft die Titel widerspiegeln.“
Häring musiziert virtuos. Seine Technik ist beeindruckend; ich muss allerdings gestehen, dass mich sein Spiel insgesamt ziemlich ratlos zurücklässt. Häring entfesselt wahre Klangkaskaden, aber das Atmosphärische will sich sich mir nicht recht mitteilen. Der Pianist sucht nach einer Alternative zu den Rubati und all den anderen Freiheiten, die sich Pianisten schon zu Lebzeiten des Komponisten genommen haben – was dieser aber offenbar nicht sehr geschätzt hat. Was tun? Häring stellt selbst fest, dass Debussy selbst eher leise und elegant gespielt hat.
Mir persönlich gefallen die Aufnahmen am besten, wo Pianisten zu Debussy einen poetischen Zugang gefunden haben – große Bögen, erkennbare Strukturen, und ein staunenswert differenziertes Klavierspiel. Ich wünsche mir farbenreiche, fein nuancierte und sensibel austarierte Interpretationen, und ja, mitunter vielleicht auch ein wenig Witz und Ironie. In dieser Aufnahme finde ich davon eher wenig. Häring musiziert heute mit dem Schwung der Jugend – er ist ohne Zweifel ein exzellenter Pianist, und ich bin gespannt darauf, wie er diese Stücke in 25 Jahren spielen wird. Wenn er aus einer anderen Perspektive in die Noten schaut. Mit mehr Distanz vielleicht. Und mehr Gelassenheit.
Den hundertsten Todestag des Komponisten in diesem Jahr vor Augen, wollte sich Häring einmal mehr mit dem Werk Debussys auseinander- setzen. Die Finanzierung über Startnext ist ihm gelungen, und so konnte der Pianist sein CD-Projekt bei Ars Produktion verwirklichen.
Ausgewählt hat Mario Häring dafür die Préludes, Premier Livre L. 117, Images, Deuxième Série L. 111, Children's Corner L. 113 sowie, quasi als Zugabe, die Rêverie L. 68. „Die ausgewählten Zyklen stammen alle aus einer Schaffensperiode und bieten trotzdem sehr verschiedene Eindrücke von Debussys Kompositionsstil“, erläutert der Pianist. „Allen gemeinsam ist für mein Empfinden aber ein stark atmosphärischer Ausdruck, der sich in meiner Vorstellung oft in natürlichen Szenerien abspielt – wie es ja auch oft die Titel widerspiegeln.“
Häring musiziert virtuos. Seine Technik ist beeindruckend; ich muss allerdings gestehen, dass mich sein Spiel insgesamt ziemlich ratlos zurücklässt. Häring entfesselt wahre Klangkaskaden, aber das Atmosphärische will sich sich mir nicht recht mitteilen. Der Pianist sucht nach einer Alternative zu den Rubati und all den anderen Freiheiten, die sich Pianisten schon zu Lebzeiten des Komponisten genommen haben – was dieser aber offenbar nicht sehr geschätzt hat. Was tun? Häring stellt selbst fest, dass Debussy selbst eher leise und elegant gespielt hat.
Mir persönlich gefallen die Aufnahmen am besten, wo Pianisten zu Debussy einen poetischen Zugang gefunden haben – große Bögen, erkennbare Strukturen, und ein staunenswert differenziertes Klavierspiel. Ich wünsche mir farbenreiche, fein nuancierte und sensibel austarierte Interpretationen, und ja, mitunter vielleicht auch ein wenig Witz und Ironie. In dieser Aufnahme finde ich davon eher wenig. Häring musiziert heute mit dem Schwung der Jugend – er ist ohne Zweifel ein exzellenter Pianist, und ich bin gespannt darauf, wie er diese Stücke in 25 Jahren spielen wird. Wenn er aus einer anderen Perspektive in die Noten schaut. Mit mehr Distanz vielleicht. Und mehr Gelassenheit.
Freitag, 3. August 2018
Small is beautiful (Musikmuseum)
„Small is beautiful“ – dieses Motto gilt für die vorliegende CD gleich aus mehreren Gründen. Im Mittelpunkt steht das zweite Brandenburgische Konzert BWV 1047 von Johann Sebastian Bach, üblicherweise besetzt mit Trompete, Blockflöte, Oboe und Violine sowie Streichern und Basso continuo.
„Am Beginn stand die Frage: Lässt sich Bachs berühmtes Konzert im einer kammermusikalischen Fassung realisieren? Denn eine Partituranalyse lässt vermuten, dass Bach sein Meisterwerk ursprünglich so konzipiert hatte“, schreibt Stefan Ennemoser. Um diese Annahme praktisch-musikalisch zu überprüfen, hat sich der Tiroler Trompeter Verbündete gesucht.
So wurde das CD-Projekt über die Internet-Plattform wemakeit finanziert – und die Crowdfundig-Kampagne der Musiker um Ennemoser war überaus erfolgreich: Fast einhundert Unterstützer leisteten einen Beitrag; auch hier gilt small is beautiful.
Das Solistenensemble der Tiroler Barockinstrumentalisten hat neben Bachs Brandenburgischem Konzert gleich noch weitere Werke herausgesucht, die zu dem Motto passen. So stießen sie in den Beständen aus dem legendären „Schrank II“ der Dresdener Hofkapelle auf das Concerto für Trompete und zwei Oboen sowie Basso continuo TWV 43:D7 von Georg Philipp Telemann in einer Abschrift des Hofkopisten Johann Georg Grundig, ebenfalls mit minimaler Besetzung.
Außerdem fanden sich in dieser Notenkollektion drei Suiten von Gottfried Finger (um 1660 bis 1730), der ab 1704 in der Hofkapelle Karl Philipps von der Pfalz-Neuburg musizierte. 1707 bis 1717 residierte der Fürst, vom Kaiser zum Statthalter für Tirol berufen, in Innsbruck. Als der Herzog nach dem Tode seines Bruders 1717 die pfälzische Kurwürde erbte, wechselte Finger mit der Residenz zunächst nach Neuenburg an der Donau, dann nach Heidelberg und schließlich nach Mannheim. Er scheint bis an sein Lebensende als Kurpfälzischer Hofkammerrat im Dienst des Kurfürsten gestanden zu haben.
Dass seine Werke selbst in Sachsen gespielt wurden, von einer der besten Hofkapellen jener Zeit, das zeigt, wie geachtet der Komponist war. Auf dieser CD sind vier Sonaten von Gottfried Finger zu hören – zwei Triosonaten, aber auch eine raffinierte Sonate für Trompete, Oboe und Basso continuo und eine groß besetzte Sonate für zwei Trompeten, zwei Oboen, zwei Violinen und Basso continuo. Telemann ist zudem noch mit dem Quartett TWV 43:G6 vertreten; wie die meisten frühen Werke dieser Gattung ist es deutlich abwechslungsreicher instrumentiert, als wie das heute gewohnt sind – in diesem Falle erklingen Flöte, Oboe, Violine und Basso continuo.
Mit Stefan Ennemoser musizieren Christian Gruber, Trompete, Julia Fritz, Blockflöte, Georg Fritz, Oboe und Blockflöte, Elisabeth Baumer, ebenfalls Oboe, Claudia Norz und Katharina Wessiack, Violine, Gerlinde Singer, Violoncello, und Max Volbers, Orgelpositiv. Dieses Solistenensemble der Tiroler Barockinstrumentalisten spielt sensibel und natürlich auch stilsicher. Veröffentlicht wurde die CD in Zusammenarbeit mit der Musiksammlung der Tiroler Landesmuseen bei dem Label Musikmuseum.
„Am Beginn stand die Frage: Lässt sich Bachs berühmtes Konzert im einer kammermusikalischen Fassung realisieren? Denn eine Partituranalyse lässt vermuten, dass Bach sein Meisterwerk ursprünglich so konzipiert hatte“, schreibt Stefan Ennemoser. Um diese Annahme praktisch-musikalisch zu überprüfen, hat sich der Tiroler Trompeter Verbündete gesucht.
So wurde das CD-Projekt über die Internet-Plattform wemakeit finanziert – und die Crowdfundig-Kampagne der Musiker um Ennemoser war überaus erfolgreich: Fast einhundert Unterstützer leisteten einen Beitrag; auch hier gilt small is beautiful.
Das Solistenensemble der Tiroler Barockinstrumentalisten hat neben Bachs Brandenburgischem Konzert gleich noch weitere Werke herausgesucht, die zu dem Motto passen. So stießen sie in den Beständen aus dem legendären „Schrank II“ der Dresdener Hofkapelle auf das Concerto für Trompete und zwei Oboen sowie Basso continuo TWV 43:D7 von Georg Philipp Telemann in einer Abschrift des Hofkopisten Johann Georg Grundig, ebenfalls mit minimaler Besetzung.
Außerdem fanden sich in dieser Notenkollektion drei Suiten von Gottfried Finger (um 1660 bis 1730), der ab 1704 in der Hofkapelle Karl Philipps von der Pfalz-Neuburg musizierte. 1707 bis 1717 residierte der Fürst, vom Kaiser zum Statthalter für Tirol berufen, in Innsbruck. Als der Herzog nach dem Tode seines Bruders 1717 die pfälzische Kurwürde erbte, wechselte Finger mit der Residenz zunächst nach Neuenburg an der Donau, dann nach Heidelberg und schließlich nach Mannheim. Er scheint bis an sein Lebensende als Kurpfälzischer Hofkammerrat im Dienst des Kurfürsten gestanden zu haben.
Dass seine Werke selbst in Sachsen gespielt wurden, von einer der besten Hofkapellen jener Zeit, das zeigt, wie geachtet der Komponist war. Auf dieser CD sind vier Sonaten von Gottfried Finger zu hören – zwei Triosonaten, aber auch eine raffinierte Sonate für Trompete, Oboe und Basso continuo und eine groß besetzte Sonate für zwei Trompeten, zwei Oboen, zwei Violinen und Basso continuo. Telemann ist zudem noch mit dem Quartett TWV 43:G6 vertreten; wie die meisten frühen Werke dieser Gattung ist es deutlich abwechslungsreicher instrumentiert, als wie das heute gewohnt sind – in diesem Falle erklingen Flöte, Oboe, Violine und Basso continuo.
Mit Stefan Ennemoser musizieren Christian Gruber, Trompete, Julia Fritz, Blockflöte, Georg Fritz, Oboe und Blockflöte, Elisabeth Baumer, ebenfalls Oboe, Claudia Norz und Katharina Wessiack, Violine, Gerlinde Singer, Violoncello, und Max Volbers, Orgelpositiv. Dieses Solistenensemble der Tiroler Barockinstrumentalisten spielt sensibel und natürlich auch stilsicher. Veröffentlicht wurde die CD in Zusammenarbeit mit der Musiksammlung der Tiroler Landesmuseen bei dem Label Musikmuseum.