Dienstag, 3. Juli 2012

Graun: Trios - Les Récréations (Raumklang)

Etwa 130 Triosonaten von Johann Gottlieb Graun (1703 bis 1771) sind überliefert. Vier seiner Werke haben die Musiker des Ensembles Les Récréations für diese CD nach Handschriften aus der Berliner Amalienbibliothek eingespielt. Die Auswahl fiel ihnen offenbar nicht leicht: "Nous avons échangé des pièces jusqu'au dernier moment et arions probablement fait un choix encore différent une semaine plus tard", meint Matthieu Camilleri. Er ist ebenso wie Clara Mühlethaler, Emily Robinson und Philippe Grisvard ausgewiesener Experte für "Alte" Musik. Beim Quatro ergänzt der Gambist Atsushi Sakai die Be- setzung. Auch eine gewisse Vorliebe für originelle Kompositionen scheinen die Musiker ja zu teilen; nach Spätbarock klingen diese Stücke jedenfalls nur noch andeutungsweise. 
Grauns Werke sind gekennzeichnet durch ausgedehnte konzertante Passagen, in die sich alle Stimmen ziemlich fair teilen. Dabei ähnelt das gemeinsame Musizieren stark einer zwar virtuosen, aber auch sehr gepflegten Konversation - hier darf jeder ausreden, und der Gesprächspartner ist weniger darauf erpicht, eigene Ideen ins Spiel zu bringen; er greift vielmehr das zuvor Gesagte auf und führt es weiter. Der Kontrapunkt als Strukturprinzip bringt da interessante Effekte.
Graun war ein Geiger, seine Lehrer hießen Pisendel und Tartini. 1732 trat der junge Musiker gemeinsam mit seinem Bruder Carl Heinrich in die Dienste des preußischen Kronprinzen Friedrich, der sich damals noch in Neuruppin aufhielt. Die Gebrüder Graun folgten Friedrich dann nach Rheinsberg und Berlin. Am Hofe des preußischen Königs wirkte Johann Gottlieb Graun bis an sein Lebensende als Konzert- meister und Kammermusikus; seine Kompositionen, die Friedrich sehr schätzte, dürften so manches Konzert in Sanssouci bereichert haben. 
Diese CD wiederum dürfte die Sammlung musikhistorisch interes- sierter Hörer bereichern. Denn wer Grauns Werke hört, der lernt zugleich die Wurzeln der Klassik kennen. Sie sind zwar eher virtuos als galant - doch vom Kontrapunkt Grauns ist der Weg hin zu Haydn, ja selbst zum frühen Beethoven nicht mehr weit. Und so durchdacht und temperamentvoll vorgetragen, wie man Grauns Triosonaten hier er- leben kann, sind sie wirklich ein Genuss - bravi!  

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen