William Byrd (um 1540 bis 1623) war nicht nur ein Zeitgenosse von William Shakespeare; seine Werke waren ebenso populär wie die des Dichters, und sein Lebensweg erscheint aus heutiger Sicht ähnlich rätselhaft. Er war zunächst Organist der Lincoln Cathedral, und er wirkte ab 1572, gemeinsam mit Thomas Tallis, als Organist der Chapel Royal in London. Thomas Morley war einer seiner Schüler.
William Byrd schrieb Madrigale ebenso wie Motetten; auch Musikstücke für Virginal sowie für Streicher und andere Instrumentalisten sind erhalten geblieben. Etwa 500 seiner Kompositionen sind überliefert; den größten Anteil hat dabei die Kirchenmusik.
Die vorliegende Box bietet auf insgesamt drei CD eine Werkauswahl aus drei seiner bedeutenden Notendrucke: Cantiones, quae ab argumento sacrae vocantur aus dem Jahre 1575, Liber Primus Sacrarum Cantionum von 1589 und Liber Secundus Sacrarum Cantionum von 1591. Zu hören ist The Choir of New College Oxford, in dem sich unter Leitung von Edward Higginbottom Generationen von Studenten mit den Motteten Byrds beschäftigt haben. Auf jeder der drei CD ist eine andere Besetzung zu hören; dennoch bleibt der Chorklang erstaunlich konstant – und Byrds Musik ist noch heute ein Ereignis.
Donnerstag, 31. Oktober 2019
Mittwoch, 30. Oktober 2019
Baermann: Music for Clarinet and Piano (Brilliant Classics)
Heinrich Joseph Baermann (1784 bis 1847) und sein Sohn Carl Baermann (1810 bis 1885) zählen zu den bedeutendsten Klarinettisten der Musikgeschichte.
Heinrich Baermann wirkte zunächst in Preußen am Hof von Prinz Louis Ferdinand; später wechselte er an den Hof von König Max Joseph in München. Konzertreisen quer durch Europa machten Heinrich Baermann berühmt.
Seiner Freundschaft mit Felix Mendelssohn Bartholdy verdanken wir grandiose Werke, die noch heute von Klarinettisten mit Begeisterung gespielt werden. Wie viele Virtuosen seiner Zeit, komponierte Heinrich Baermann aber auch selbst.
Baermanns wichtigster Schüler war sein Sohn Carl, der ab 1827 ebenfalls in der Münchner Hofkapelle musizierte, und nicht nur als Solist, sondern auch als Musikpädagoge sehr erfolgreich war. Seine Vollständige Clarinettenschule ist bis heute im Gebrauch, und seine Kompositionen stehen hinter denen seines Vaters nicht zurück, wie die vorliegende CD beweist.
Der italienische Klarinettist Dario Zingales – gefragter Solist, Mitglied der Bläserphilharmonie Mozarteum und Lehrer am Mozarteum Salzburg – spielt gemeinsam mit dem Pianisten Florian Podgoreanu Werke von Vater und Sohn Baermann für Klarinette und Klavier. So bearbeitete Carl Baermann sechs Lieder von Franz Schubert für sein geliebtes Rohrblatt- instrument. Dario Zingales hat zudem sechs Weltersteinspielungen für das Programm ausgesucht, in dem er mit sanglichem Spiel die Vorzüge der Klarinette gekonnt zur Geltung bringt.
Heinrich Baermann wirkte zunächst in Preußen am Hof von Prinz Louis Ferdinand; später wechselte er an den Hof von König Max Joseph in München. Konzertreisen quer durch Europa machten Heinrich Baermann berühmt.
Seiner Freundschaft mit Felix Mendelssohn Bartholdy verdanken wir grandiose Werke, die noch heute von Klarinettisten mit Begeisterung gespielt werden. Wie viele Virtuosen seiner Zeit, komponierte Heinrich Baermann aber auch selbst.
Baermanns wichtigster Schüler war sein Sohn Carl, der ab 1827 ebenfalls in der Münchner Hofkapelle musizierte, und nicht nur als Solist, sondern auch als Musikpädagoge sehr erfolgreich war. Seine Vollständige Clarinettenschule ist bis heute im Gebrauch, und seine Kompositionen stehen hinter denen seines Vaters nicht zurück, wie die vorliegende CD beweist.
Der italienische Klarinettist Dario Zingales – gefragter Solist, Mitglied der Bläserphilharmonie Mozarteum und Lehrer am Mozarteum Salzburg – spielt gemeinsam mit dem Pianisten Florian Podgoreanu Werke von Vater und Sohn Baermann für Klarinette und Klavier. So bearbeitete Carl Baermann sechs Lieder von Franz Schubert für sein geliebtes Rohrblatt- instrument. Dario Zingales hat zudem sechs Weltersteinspielungen für das Programm ausgesucht, in dem er mit sanglichem Spiel die Vorzüge der Klarinette gekonnt zur Geltung bringt.
Across The Lake (Genuin)
Sie kommen längst nicht mehr nur vom Bodensee, und sie haben eine gemeinsame Leidenschaft: Das Ensemble Lake Brass, gegründet 2010 als Hornquartett, ist heute mit zwölf Hörnern, zwei Tenorhörnern, Tuba und drei Schlagzeugern üppig besetzt. Seit 2017 wird Lake Brass von Norbert Stertz, Professor für Horn an der Hochschule für Musik Detmold, geleitet. Und die Musiker stammen aus vielen verschiedenen Ländern. Auf ihrer ersten CD bei Genuin präsentieren sie einen satten Blechbläsersound mit imposantem Fundament. Was für eine Tiefblechgruppe!
Das Programm ist abwechslungsreich. Zu hören ist Filmmusik von Hans Zimmer, Steve Jablonsky, Trevor Jones, John Powell und John Williams, dazu Sinfonisches von Gustav Mahler, Kammermusik von Dmitri Schostakowitsch, Felix Mendelssohn Bartholdys berühmter Chor Abschied vom Walde in einem Arrangement für Lake Brass, und auch zwei Premieren sind dabei: Die Bodensee Fantasie von Kerry Turner und Zerberus von Alexander Reuber, speziell für das Ensemble geschrieben, erklingen in Weltersteinspielung. Man staunt einmal mehr darüber, wie nuancen- und farbenreich Blechbläser musizieren können. Es ist herrlich, der Sound ist großartig, das kann man mit Worten gar nicht erfassen. Wer den Hörnerklang liebt, der sollte sich diese CD auf gar keinen Fall entgehen lassen.
Das Programm ist abwechslungsreich. Zu hören ist Filmmusik von Hans Zimmer, Steve Jablonsky, Trevor Jones, John Powell und John Williams, dazu Sinfonisches von Gustav Mahler, Kammermusik von Dmitri Schostakowitsch, Felix Mendelssohn Bartholdys berühmter Chor Abschied vom Walde in einem Arrangement für Lake Brass, und auch zwei Premieren sind dabei: Die Bodensee Fantasie von Kerry Turner und Zerberus von Alexander Reuber, speziell für das Ensemble geschrieben, erklingen in Weltersteinspielung. Man staunt einmal mehr darüber, wie nuancen- und farbenreich Blechbläser musizieren können. Es ist herrlich, der Sound ist großartig, das kann man mit Worten gar nicht erfassen. Wer den Hörnerklang liebt, der sollte sich diese CD auf gar keinen Fall entgehen lassen.
Montag, 28. Oktober 2019
Freimaurermusik (Berlin Classics)
Die Aura des Geheimnisvollen begleitet die Freimaurerei von ihren Anfängen bis in die Gegenwart. Bekannt ist, dass viele Logen die Musik schätzten und förderten. Weit weniger bekannt ist die Tatsache, dass offenbar von den Freimaurern selbst auch gesungen wurde. Der Musik, die Logenbrüder dafür schufen, widmet sich das Ensemble Vocal Concert Dresden unter Leitung von Peter Kopp auf der vorliegenden CD. Die Herren des renommierten Kammerchores werden dabei vom Dresdner Instrumental-Concert auf zeitgenössischen Instrumenten stilecht begleitet; so erklingt beispielsweise ein Hammerklavier anstelle eines modernen Flügels. Das sorgt für ein faszinierendes Flair, und auch die Sänger schaffen es, so schlicht zu singen, dass man vermeint, tatsächlich Freimaurer zu hören. Die meisten der eingespielten Werke sind zudem außerhalb der Zeremonien, für die sie seinerzeit entstanden sind, noch nie erklungen.
Mireille Mathieu - Mes Classiques (Sony)
Wohl jeder Klassikfreund hat seine Lieblingsmelodien, und mitunter lässt man sich vielleicht auch dazu hinreißen, laut mit dem Orchester mitzusingen. Doch während Sie und ich das in den heimischen vier Wänden tun, möglicherweise beim Putzen oder aber unter der Dusche, hat ein Weltstar ein Album daraus gemacht: Mit „Mes Classiques“ erfüllt sich Mireille Mathieu einen Lebenstraum und zollt ihren liebsten klassischen Werken Tribut. Sie wählte bekannte Melodien von Komponisten wie Tschaikowsky, Mozart, Brahms, Schubert, Fauré und Händel aus und ließ sie von Textern und Arrangeuren zu Liedern umarbeiten.
Wer also schon immer einmal hören wollte, wie Mireille Mathieu, mit ihrer charakteristischen Stimme, das Thema aus Tschaikowskis erstem Klavierkonzert, César Francks Panis Angelicus oder aber Händels berühmte Arie Lascia ch'io pianga anstimmt, dem sei dieses Album empfohlen. Wir lauschen respektvoll (gesungen wird immerhin in sieben verschiedenen Sprachen!) und freuen uns über das Beiheft mit vielen Fotos, die die Sängerin in großer Robe in der Prager Burg zeigen.
Wer also schon immer einmal hören wollte, wie Mireille Mathieu, mit ihrer charakteristischen Stimme, das Thema aus Tschaikowskis erstem Klavierkonzert, César Francks Panis Angelicus oder aber Händels berühmte Arie Lascia ch'io pianga anstimmt, dem sei dieses Album empfohlen. Wir lauschen respektvoll (gesungen wird immerhin in sieben verschiedenen Sprachen!) und freuen uns über das Beiheft mit vielen Fotos, die die Sängerin in großer Robe in der Prager Burg zeigen.
Freitag, 25. Oktober 2019
Böddecker: Sacra Partitura (Christophorus)
Im Jahre 1652 wurde Philipp Friedrich Böddecker (1607 bis 1683) Organist an der Stiftskirche Stuttgart, Württembergs wichtigstem Gotteshaus, Grablege der im benachbarten Schloss residierenden Herzöge. Schon sein Vater Joachim Böddecker war über anderthalb Jahrzehnte Leiter der Stiftsmusik gewesen; er hatte gemeinsam mit dem Stiftsorganisten Johann Ulrich Steigleder seinen Sohn auch ausgebildet, so dass dieser ab 1621 verschiedene Aufgaben übernehmen konnte. Philipp Friedrich Böddecker war zunächst Organist und Gesangslehrer im elsässischen Buchsweiler, dann ab 1629 Organist und Fagottist bei Hofe in Darmstadt sowie zeitweise Mitglied der markgräflich badischen Hofkapelle in Durlach.
1632 sollte Böddecker dann Organist an der Frankfurter Barfüßerkirche werden – doch erst 1638 ließ ihn der Landgraf aus Darmstadt gehen. Und schon 1643 erhielt der Musiker den ehrenvollen Ruf als Organist an das Straßburger Münster; fünf Jahre später wurde er dort zusätzlich Universitätsorganist und Universitätsmusikdirektor. In Straßburg komponierte er auch die Sacra Partitura, die er Württembergs musikliebender Herzogin Sibylla widmete. Auf dieser CD präsentiert das Ensemble I Sonatori eine Auswahl aus dieser Sammlung, die neben zwölf Motetten und für Solostimme auch zwei Solo-Sonaten enthält.
Die kleine Besetzung nimmt noch Rücksicht auf knappe Ressourcen, denn auch in den Jahren nach dem Dreißigjährigen Krieg mussten viele Kantoreien und Kapellen mit beschränkten Möglichkeiten auskommen. Dennoch ist die Musik, die damals komponiert wurde, alles andere als eine Verlegenheitslösung – man denke nur an den Dresdner Hofkapellmeister Heinrich Schütz und seine Kleinen Geistlichen Konzerte. Auch Böddecker verwendet für seine Werke einen modernen, an italienische Vorbilder anknüpfenden Stil. In den Motetten der Sacra Partitura verbindet er meisterhaft kontrapunktische Stimmführung, subtile Textauslegung mit den Mitteln der Musik, und den Generalbass als Fundament.
Komplettiert wird das Programm durch Instrumentalwerke von Johann Ulrich Steigleder und Samuel Friedrich Capricornus. Und die Frühbarock-Spezialisten des Ensembles I Sonatori – Tenor Knut Schoch, Christa Kittel, Violine, Ursula Bruckdorfer, Bassdulzian, Isolde Kittel-Zerer, Truhenorgel und Cembalo, sowie Barbara Messmer, Viola da gamba, musizieren mit Leidenschaft. Sehr hörenswert!
1632 sollte Böddecker dann Organist an der Frankfurter Barfüßerkirche werden – doch erst 1638 ließ ihn der Landgraf aus Darmstadt gehen. Und schon 1643 erhielt der Musiker den ehrenvollen Ruf als Organist an das Straßburger Münster; fünf Jahre später wurde er dort zusätzlich Universitätsorganist und Universitätsmusikdirektor. In Straßburg komponierte er auch die Sacra Partitura, die er Württembergs musikliebender Herzogin Sibylla widmete. Auf dieser CD präsentiert das Ensemble I Sonatori eine Auswahl aus dieser Sammlung, die neben zwölf Motetten und für Solostimme auch zwei Solo-Sonaten enthält.
Die kleine Besetzung nimmt noch Rücksicht auf knappe Ressourcen, denn auch in den Jahren nach dem Dreißigjährigen Krieg mussten viele Kantoreien und Kapellen mit beschränkten Möglichkeiten auskommen. Dennoch ist die Musik, die damals komponiert wurde, alles andere als eine Verlegenheitslösung – man denke nur an den Dresdner Hofkapellmeister Heinrich Schütz und seine Kleinen Geistlichen Konzerte. Auch Böddecker verwendet für seine Werke einen modernen, an italienische Vorbilder anknüpfenden Stil. In den Motetten der Sacra Partitura verbindet er meisterhaft kontrapunktische Stimmführung, subtile Textauslegung mit den Mitteln der Musik, und den Generalbass als Fundament.
Komplettiert wird das Programm durch Instrumentalwerke von Johann Ulrich Steigleder und Samuel Friedrich Capricornus. Und die Frühbarock-Spezialisten des Ensembles I Sonatori – Tenor Knut Schoch, Christa Kittel, Violine, Ursula Bruckdorfer, Bassdulzian, Isolde Kittel-Zerer, Truhenorgel und Cembalo, sowie Barbara Messmer, Viola da gamba, musizieren mit Leidenschaft. Sehr hörenswert!
War & Peace - 1618:1918 (Deutsche Harmonia Mundi)
Andreas Hammerschmidt neben Friedrich Hollaender, Samuel Scheidt und Heinrich Schütz neben Hanns Eisler – auf dieser Doppel-CD bringt die Lautten Compagney höchst unterschiedliche Musikstücke zusammen. Zwei Jahreszahlen verbinden die Zeithorizonte: 1618 begann der Dreißigjährige Krieg, und 1918 endete der Erste Weltkrieg. Beide verwüsteten ganze Regionen Europas und brachten die Menschen in Not und Elend.
„Angst“, „Katastrophe“, „Vergäng- lichkeit“ und „Sehnsucht“ stehen als Überschriften über den vier Kapiteln, in denen die Musiker um Wolfgang Katschner sowohl Barockmusik als auch Klänge aus dem frühen 20. Jahrhundert miteinander kombiniert haben. Sopranistin Dorothee Mields gibt sowohl den Klageliedern als auch der Hoffnung auf Frieden und auf ein friedvolles Leben Stimme. Sie singt ergreifend und berührend, wobei mir ihr engelsreiner Gesang freilich besser zu den barocken Melodien zu passen scheint als zu den doch oft recht ruppigen Liedern aus dem Berlin der 20er Jahre. Großartig sind die Arrangements von Bo Wiget und Ensembleleiter Wolfgang Katschner. Eisler, Hollaender und Satie in frühbarockem Klanggewand - das ist sehr spannend.
„Angst“, „Katastrophe“, „Vergäng- lichkeit“ und „Sehnsucht“ stehen als Überschriften über den vier Kapiteln, in denen die Musiker um Wolfgang Katschner sowohl Barockmusik als auch Klänge aus dem frühen 20. Jahrhundert miteinander kombiniert haben. Sopranistin Dorothee Mields gibt sowohl den Klageliedern als auch der Hoffnung auf Frieden und auf ein friedvolles Leben Stimme. Sie singt ergreifend und berührend, wobei mir ihr engelsreiner Gesang freilich besser zu den barocken Melodien zu passen scheint als zu den doch oft recht ruppigen Liedern aus dem Berlin der 20er Jahre. Großartig sind die Arrangements von Bo Wiget und Ensembleleiter Wolfgang Katschner. Eisler, Hollaender und Satie in frühbarockem Klanggewand - das ist sehr spannend.
Dienstag, 22. Oktober 2019
Maddalena and the Prince (Deutsche Grammophon)
„Sehr verehrtes Publikum“, so schreibt Maddalena Del Gobbo im Beiheft zu dieser CD, „tauchen Sie mit mir ein in die Welt von Fürst Nikolaus I. Esterházy, genannt der 'Prachtliebende', und seiner geliebten Musik.“
Der Fürst war Dienstherr bedeuten- der Musiker. Und er war selbst ein begeisterter Instrumentalist. Joseph Haydn, sein Hofkapellmeister, komponierte mehr als 150 Werke für ihn; eine große Zahl davon ist überliefert.
Wie gut Fürst Nikolaus das Baryton spielte, davon also vermittelt diese CD eine Ahnung. Auch dieses Instrument ist prachtvoll, findet Maddalena Del Gobbo: „Sechs gestrichene (Darm-)Saiten, neun oder mehr Resonanzsaiten (aus Metall), geschnitzte Köpfe, feinste Verzierungen und ein Klang, der edel und anmutig ist.“
So ist die Einspielung ein Fest für alle, die den Klang der tiefen Streicher lieben. Denn neben dem Baryton und der Viola da gamba, virtuos präsentiert von Maddalena Del Gobbo, erklingen Viola und Violoncello, gespielt von Robert Bauerstatter und David Pennetzdorfer.
Diese Besetzung ist zugleich ein wunderbares Beispiel für die Wende vom Barock zur Klassik, erläuert die Solistin: „Ein barockes Instrument wie das Baryton begegnet einer Viola und einem Violoncello, sozusagen den Vertretern der Klassik und der späteren Romantik. Aber diese Begegnung ist trotzdem unglaublich harmonisch.“ Galante Musik, voll Noblesse und Grazie.
Dieses Repertoire verdient es durchaus, wiederentdeckt zu werden. So erklingt eine außergewöhnlich anspruchsvolle Sonate von Franz Xaver Hammer (1741 bis 1817), offenbar ein Barytonvirtuose. Hier musiziert Maddalena Del Gobbo gemeinsam mit Ewald Donhoffer, Cembalo. Entstanden ist die zauberhafte Aufnahme an historischer Stätte – im Haydnsaal des Schlosses Esterházy in Eisenstadt.
Der Fürst war Dienstherr bedeuten- der Musiker. Und er war selbst ein begeisterter Instrumentalist. Joseph Haydn, sein Hofkapellmeister, komponierte mehr als 150 Werke für ihn; eine große Zahl davon ist überliefert.
Wie gut Fürst Nikolaus das Baryton spielte, davon also vermittelt diese CD eine Ahnung. Auch dieses Instrument ist prachtvoll, findet Maddalena Del Gobbo: „Sechs gestrichene (Darm-)Saiten, neun oder mehr Resonanzsaiten (aus Metall), geschnitzte Köpfe, feinste Verzierungen und ein Klang, der edel und anmutig ist.“
So ist die Einspielung ein Fest für alle, die den Klang der tiefen Streicher lieben. Denn neben dem Baryton und der Viola da gamba, virtuos präsentiert von Maddalena Del Gobbo, erklingen Viola und Violoncello, gespielt von Robert Bauerstatter und David Pennetzdorfer.
Diese Besetzung ist zugleich ein wunderbares Beispiel für die Wende vom Barock zur Klassik, erläuert die Solistin: „Ein barockes Instrument wie das Baryton begegnet einer Viola und einem Violoncello, sozusagen den Vertretern der Klassik und der späteren Romantik. Aber diese Begegnung ist trotzdem unglaublich harmonisch.“ Galante Musik, voll Noblesse und Grazie.
Dieses Repertoire verdient es durchaus, wiederentdeckt zu werden. So erklingt eine außergewöhnlich anspruchsvolle Sonate von Franz Xaver Hammer (1741 bis 1817), offenbar ein Barytonvirtuose. Hier musiziert Maddalena Del Gobbo gemeinsam mit Ewald Donhoffer, Cembalo. Entstanden ist die zauberhafte Aufnahme an historischer Stätte – im Haydnsaal des Schlosses Esterházy in Eisenstadt.
Favorites (Tyxart)
Georg Philipp Telemann war nicht nur als Komponist sehr kreativ. Auch als Geschäftsmann war er recht erfolgreich. So bot er regelmäßig seine Werke jedem Interessenten zur Subskription an: Musikverlag im Abonnement. Wie man aus den Subskriptionslisten erfahren kann, nutzten dieses Angebot musikalisch gebildete Laien ebenso gerne wie Telemanns Kollegen. Mit vielen von ihnen stand der Musiker ohnehin in regem Austausch.
Mit ihrer neuen CD bei Tyxart gibt Tabea Debus Einblick in das Netzwerk, das Telemann seinerzeit pflegte. Für diese Einspielung kombinierte sie daher Werke Telemanns und seiner Zeitgenossen. Die junge Blockflötistin greift dabei nicht nur auf originale Werke des Komponisten für das Instrument zurück, sondern stellt auch eigene Arrangements nach Werken von Bach, Händel, Blavet und Telemann vor. Engagiert begleiten sie bei diesem Spaziergang durch die Musikgeschichte Claudia Norz und Henry Tong, Violine, Jordan Bowron, Viola, Jonathan Rees, Violoncello und Viola da gamba sowie Tom Forster, Cembalo. Sehr gelungen!
Mit ihrer neuen CD bei Tyxart gibt Tabea Debus Einblick in das Netzwerk, das Telemann seinerzeit pflegte. Für diese Einspielung kombinierte sie daher Werke Telemanns und seiner Zeitgenossen. Die junge Blockflötistin greift dabei nicht nur auf originale Werke des Komponisten für das Instrument zurück, sondern stellt auch eigene Arrangements nach Werken von Bach, Händel, Blavet und Telemann vor. Engagiert begleiten sie bei diesem Spaziergang durch die Musikgeschichte Claudia Norz und Henry Tong, Violine, Jordan Bowron, Viola, Jonathan Rees, Violoncello und Viola da gamba sowie Tom Forster, Cembalo. Sehr gelungen!
Mozart : Salieri - Rivalry? (Sony)
Mozart und Salieri, zwei große Komponisten, als Rivalen, ja Feinde – das wäre eine Geschichte, so ganz nach dem Geschmack der Boulevardpresse! Auch für ein Drama ergibt dies einen famosen Plot, wie jeder weiß, der Milos Formans genialen Film Amadeus gesehen hat, nach dem gleichnamigen Theaterstück von Peter Shaffer.
Antonio Salieri (1750 bis 1825) war in Wien als Hofkapellmeister bereits etabliert, als Wolfgang Amadeus Mozart (1756 bis 1791) dort antrat, um sich als freischaffender Musiker zu behaupten. Fakt ist: Salieri ließ Mozarts Werke aufführen; er selbst dirigierte 1791 die Uraufführung von Mozarts g-Moll-Sinfonie KV 550, und nach Mozarts Tod übernahm er die Ausbildung seines jüngsten Sohnes Franz Xaver Wolfgang.
Das Interesse an neuer Musik beim Publikum in Wien und auch Prag jedenfalls dürfte groß genug gewesen sein, um Musikerpersönlichkeiten Raum zu bieten, wenn sie nur Qualität hatten. Und Salieri wird von all seinen Zeitgenossen übereinstimmend als äußerst liebenswürdig und kollegial geschildert. Alles andere ist wohl ins Reich der Legende zu verweisen.
Auf dieser Doppel-CD hat das Prague Sinfonia Orchestra unter der Leitung von Christian Benda eine Auswahl aus dem Werk beider Komponisten so geschickt zusammengestellt, dass Gemeinsamkeiten und Unterschiede klar erkennbar werden.
Besonders spannend ist in diesem Zusammenhang die Kantate Per la ricuperata salute di Ofelia aus dem Jahre 1785, Sie entstand als eine Gemeinschaftskomposition von Salieri, Mozart und einem weiteren Musiker, der sich hinter dem Pseudonym „Cornetti“ verbarg und bis zum heutigen Tag nicht sicher identifiziert werden konnte, auf einen Text von Lorenzo da Ponte. Die Existenz des Werkes war nur durch zeitgenössische Zeitungsannoncen belegt, in denen das Werk vom Wiener Verlag Artaria beworben wurde. Sowohl der Text als auch die Musik galten als ver- schollen. Doch dem Musikwissenschaftler Timo Jouko Herrmann gelang es im Dezember 2015, in den Beständen der Prager Nationalbibliothek eine bei Joseph von Kurzböck gedruckte Ausgabe aufzuspüren.
Das ursprünglich für Sopran und Tasteninstrument geschriebene Werk erklingt nun also in Weltersteinspielung, und zwar in einer von Christian Benda erstellten Orchesterversion. Es singt Dagmar Williams vom Philharmonischen Chor Prag.
Die mitreißend musizierte Aufnahme gibt jedem Zuhörer die Möglichkeit, selbst zu vergleichen. Und man wird sehr bald feststellen, was seinerzeit die übliche Praxis war – und wie krass Mozart oftmals davon abwich.
Antonio Salieri (1750 bis 1825) war in Wien als Hofkapellmeister bereits etabliert, als Wolfgang Amadeus Mozart (1756 bis 1791) dort antrat, um sich als freischaffender Musiker zu behaupten. Fakt ist: Salieri ließ Mozarts Werke aufführen; er selbst dirigierte 1791 die Uraufführung von Mozarts g-Moll-Sinfonie KV 550, und nach Mozarts Tod übernahm er die Ausbildung seines jüngsten Sohnes Franz Xaver Wolfgang.
Das Interesse an neuer Musik beim Publikum in Wien und auch Prag jedenfalls dürfte groß genug gewesen sein, um Musikerpersönlichkeiten Raum zu bieten, wenn sie nur Qualität hatten. Und Salieri wird von all seinen Zeitgenossen übereinstimmend als äußerst liebenswürdig und kollegial geschildert. Alles andere ist wohl ins Reich der Legende zu verweisen.
Auf dieser Doppel-CD hat das Prague Sinfonia Orchestra unter der Leitung von Christian Benda eine Auswahl aus dem Werk beider Komponisten so geschickt zusammengestellt, dass Gemeinsamkeiten und Unterschiede klar erkennbar werden.
Besonders spannend ist in diesem Zusammenhang die Kantate Per la ricuperata salute di Ofelia aus dem Jahre 1785, Sie entstand als eine Gemeinschaftskomposition von Salieri, Mozart und einem weiteren Musiker, der sich hinter dem Pseudonym „Cornetti“ verbarg und bis zum heutigen Tag nicht sicher identifiziert werden konnte, auf einen Text von Lorenzo da Ponte. Die Existenz des Werkes war nur durch zeitgenössische Zeitungsannoncen belegt, in denen das Werk vom Wiener Verlag Artaria beworben wurde. Sowohl der Text als auch die Musik galten als ver- schollen. Doch dem Musikwissenschaftler Timo Jouko Herrmann gelang es im Dezember 2015, in den Beständen der Prager Nationalbibliothek eine bei Joseph von Kurzböck gedruckte Ausgabe aufzuspüren.
Das ursprünglich für Sopran und Tasteninstrument geschriebene Werk erklingt nun also in Weltersteinspielung, und zwar in einer von Christian Benda erstellten Orchesterversion. Es singt Dagmar Williams vom Philharmonischen Chor Prag.
Die mitreißend musizierte Aufnahme gibt jedem Zuhörer die Möglichkeit, selbst zu vergleichen. Und man wird sehr bald feststellen, was seinerzeit die übliche Praxis war – und wie krass Mozart oftmals davon abwich.
Montag, 21. Oktober 2019
When Breath Becomes Sound (Genuin)
Lingjia Liang, Alena Wilsdorf, Simo Lu und Franziska Föllmer haben sich beim Studium an der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf kennengelernt. 2014 gründeten die drei Flötistinnen und der Flötist dann das Ensemble Tetrachord, das mittlerweile in vielen Wettbewerben Preise erringen konnte.
Mit seinem CD-Debüt bei Genuin kann das Quartett gleich mehrfach überraschen. Denn die Flötenklänge kommen daher wie federleichte Schönwetterwölkchen. Das e-Moll-Flötenquartett von Friedrich Kuhlau beispielsweise habe ich noch nie so virtuos und so grandios locker gehört. Und die Deux Esquizzes von Eugéne Bozza wirken so ätherisch wie manch ein impressionistisches Gemälde. Verblüffend geht es weiter, bis zum dem abschließenden, ebenfalls erstklassig musizierten Andante für ein Walze in eine kleine Orgel von Wolfgang Amadeus Mozart. Eine rundum gelungene Einspielung. Auf die kommenden Programme dieses Ensembles darf man sich freuen.
Mit seinem CD-Debüt bei Genuin kann das Quartett gleich mehrfach überraschen. Denn die Flötenklänge kommen daher wie federleichte Schönwetterwölkchen. Das e-Moll-Flötenquartett von Friedrich Kuhlau beispielsweise habe ich noch nie so virtuos und so grandios locker gehört. Und die Deux Esquizzes von Eugéne Bozza wirken so ätherisch wie manch ein impressionistisches Gemälde. Verblüffend geht es weiter, bis zum dem abschließenden, ebenfalls erstklassig musizierten Andante für ein Walze in eine kleine Orgel von Wolfgang Amadeus Mozart. Eine rundum gelungene Einspielung. Auf die kommenden Programme dieses Ensembles darf man sich freuen.
Mussorgsky Tchaikovsky Pictures (Berlin Classics)
Kann man Modest Mussorgskis Bilder einer Ausstellung auf einem Akkordeon spielen? Und ob! Nikola Djoric zeigt, wie wunderbar das geht. Der Akkordeonist hält eine ganze Klangwelt zwischen seinen Händen: „Die Polyphonie einer Orgel, das singende Phrasieren einer Klari- nette, die dynamischen Nuancen eines Streichers, alles in einem vereint“, so schwärmt er von seinem Instrument. „Große Akkorde, die sich über drei Oktaven ausbreiten, sind wegen der Knopf-Tastatur mit nur einer Hand spielbar.“
Mit dem Knopfakkordeon kann Djoric daher Klavierkompositionen von Modest Mussorgski und Pjotr Iljitsch Tschaikowski ohne weitere Bearbeitung vortragen: „Ich spiele genau das, was in den Originalnoten steht.“ Und der Zuhörer staunt über den orchestralen Klang, und das erstaunliche Farbspektrum, das Djoric dabei aufbieten kann. Die Bilder einer Ausstellung wirken so russisch und zugleich so präsent, wie noch nie. Es ist, als stünde man selbst vor Hartmanns Bildern. Faszinierend. Und auch Tschaikowskis wenig bekanntes Kinderalbum wird man erfreut entdecken. Das Beiheft übrigens bietet, als Zugabe, eine kurze Geschichte des Akkordeons – rundum interessant. Mit dieser Einspielung ist Berlin Classics wirklich ein Coup gelungen.
Mit dem Knopfakkordeon kann Djoric daher Klavierkompositionen von Modest Mussorgski und Pjotr Iljitsch Tschaikowski ohne weitere Bearbeitung vortragen: „Ich spiele genau das, was in den Originalnoten steht.“ Und der Zuhörer staunt über den orchestralen Klang, und das erstaunliche Farbspektrum, das Djoric dabei aufbieten kann. Die Bilder einer Ausstellung wirken so russisch und zugleich so präsent, wie noch nie. Es ist, als stünde man selbst vor Hartmanns Bildern. Faszinierend. Und auch Tschaikowskis wenig bekanntes Kinderalbum wird man erfreut entdecken. Das Beiheft übrigens bietet, als Zugabe, eine kurze Geschichte des Akkordeons – rundum interessant. Mit dieser Einspielung ist Berlin Classics wirklich ein Coup gelungen.
Mozart: Piano Concertos Nos. 23 and 24 (Naxos)
Konzerte neu zu arrangieren, das hat in der Musikgeschichte eine lange Tradition. Erinnert sei beispielsweise an Orgelversionen italienischer Konzerte, wie sie Johann Gottfried Walther oder Johann Sebastian Bach schufen. Ignaz Lachner (1807 bis 1895) befindet sich also in bester Gesellschaft, wenn er den Orchesterpart von Wolfgang Amadeus Mozarts Klavierkonzerten für Streichquintett neu arrangiert.
Mit gehöriger Neugier lauscht man also dieser Einspielung. Und mit großer Neugier hat auch der Solist die Bearbeitungen studiert: „Mozart's piano concertos are like miniature operas“, meint Alon Goldstein. „The pianist who is responsible for multiple characters – Don Giovanni or Figaro, Susanna or Donna Anna, the Count, or even Antonio the gardener – is conversing with the strings or the woodwinds, each of whom represents a character in the story. When playing with full orchestra, the pianist's dialogue with the woodwinds is done while sitting at some distance from one another while they are all looking at the conductor. Having such a close arrangement as we had making this recording, makes the storytelling, the conversation between the characters / instruments much more intimate and intense.“
Lachners geniales Arrangement gibt Mozarts Klavierkonzert eine Klarheit und Direktheit, die begeistert – zumal dann, wenn erstklassige Kammermusiker die Partner des Pianisten sind. Das elegante Klavierspiel Alon Goldsteins wird durch das sensibel musizierende Fine Arts Quartet, zum Quintett komplettiert durch den Kontrabassisten Alexander Bickard, bestens ergänzt. Mozarts Musik erklingt hier in einer Klarheit und Transparenz, die begeistert. Großartig!
Mit gehöriger Neugier lauscht man also dieser Einspielung. Und mit großer Neugier hat auch der Solist die Bearbeitungen studiert: „Mozart's piano concertos are like miniature operas“, meint Alon Goldstein. „The pianist who is responsible for multiple characters – Don Giovanni or Figaro, Susanna or Donna Anna, the Count, or even Antonio the gardener – is conversing with the strings or the woodwinds, each of whom represents a character in the story. When playing with full orchestra, the pianist's dialogue with the woodwinds is done while sitting at some distance from one another while they are all looking at the conductor. Having such a close arrangement as we had making this recording, makes the storytelling, the conversation between the characters / instruments much more intimate and intense.“
Lachners geniales Arrangement gibt Mozarts Klavierkonzert eine Klarheit und Direktheit, die begeistert – zumal dann, wenn erstklassige Kammermusiker die Partner des Pianisten sind. Das elegante Klavierspiel Alon Goldsteins wird durch das sensibel musizierende Fine Arts Quartet, zum Quintett komplettiert durch den Kontrabassisten Alexander Bickard, bestens ergänzt. Mozarts Musik erklingt hier in einer Klarheit und Transparenz, die begeistert. Großartig!
Sonntag, 13. Oktober 2019
Schubert: Klaviermusik zu vier Händen (Gramola)
Dieses CD-Doppel gibt Zeugnis von einer großen Freundschaft: Paul Badura-Skoda und Jörg Demus musizierten jahrzehntelang immer wieder gemeinsam als Klavierduo. Gern haben die erfolgreichen Pianisten, jeder mit einer beeindruckenden Karriere, Klaviermusik zu vier Händen von Franz Schubert gespielt. Hier sind zwei Mitschnitte von Konzerten zu hören, die sie 1978 in Wien und 2007 in Paris gegeben haben. Und selbst wenn es sich um Ländler oder Märsche handelt – Paul Badura-Skoda und Jörg Demus gestalten wunderbar, und ihre Musizierfreude begeistert.
Da wird es einem ganz wehmütig ums Herz: „So was wie uns zwei gibt's nimmer“, meint auch Jörg Demus: „zwei lernbegierige, für alles Schöne und Gute offene junge Wiener Musiker, die ihrem Liebling Schubert mit all ihren vier Händen dienen wollen im wohl schönsten Kammermusiksaal der Welt, welchen Brahms so sehr liebte, dass man ihn später Brahms-Saal nannte, im ehrwürdigen Haus der Gesellschaft der Musikfreunde, auf dem wienerischsten aller Klaviere, dem Bösendorfer mit dem singenden, geradezu schubertischen Diskant.“ Man lausche also andächtig; wie gut, dass man so einen Wimpernschlag der Musikgeschichte am Lautsprecher nachvollziehen kann...
Da wird es einem ganz wehmütig ums Herz: „So was wie uns zwei gibt's nimmer“, meint auch Jörg Demus: „zwei lernbegierige, für alles Schöne und Gute offene junge Wiener Musiker, die ihrem Liebling Schubert mit all ihren vier Händen dienen wollen im wohl schönsten Kammermusiksaal der Welt, welchen Brahms so sehr liebte, dass man ihn später Brahms-Saal nannte, im ehrwürdigen Haus der Gesellschaft der Musikfreunde, auf dem wienerischsten aller Klaviere, dem Bösendorfer mit dem singenden, geradezu schubertischen Diskant.“ Man lausche also andächtig; wie gut, dass man so einen Wimpernschlag der Musikgeschichte am Lautsprecher nachvollziehen kann...
Montag, 7. Oktober 2019
Kur-Concert in Meran (Fra Bernardo)
Diese CD entführt uns in die gute alte Zeit: Um 1900 trafen sich in dem idyllisch gelegenen Meran die Reichen und der Adel. Sie reisten zur Kur oder einfach zur Erholung nach Südtirol, und die Stadt bemühte sich natürlich, diese Gäste auch gut zu unterhalten. Das „Curorchester“ in Meran war, nach dem in Karlsbad, eines der ältesten in Europa.
Es spielte auch im Theater, wo vor allem Operetten aufgeführt wurden – und zwar stets die aktuellen Stücke, kurz nach der Uraufführung in Wien. Und so kamen auch Komponisten wie Franz Léhar oder Leo Fall nach Meran, um ihre Werke zu dirigieren.
Heute gibt es in Meran längst kein Kurorchester mehr. Aus Kurgästen, die mehrere Wochen blieben und neben ihren Behandlungen gern auch Konzert und Theater genossen, sind Touristen geworden – Instagram statt High Society.
Das Notenarchiv des Kurorchesters aber ist noch vorhanden. Auf dieser CD zeigt Philipp von Steinaecker mit seiner Musica Saeculorum, welches Repertoire von diesem Ensemble um die Jahrhundertwende gespielt worden ist. Neben allerlei Tänzen, vor allem der Familie Strauss, erklingen beispielsweise auch zwei Fantasien mit Melodien aus Richard Strauss' Opern Ariadne auf Naxos und Elektra oder der Karfreitagszauber aus Richard Wagners Parsifal. Sopranistin Laura Giordano singt zudem eine Arie der Musetta aus Giacomo Puccinis Oper La Bohème.
Wer ein solches Programm bewältigt – und bei mehr als 400 Auftritten pro Jahr war seinerzeit ganz sicher wenig Zeit für Proben – der muss ohne Zweifel ein exzellenter Musiker sein. Entsprechend hoch muss die Qualität des Kurorchesters einst gewesen sein. Das Ensemble Musica Saeculorum tritt da also in große Fußstapfen, und es musiziert ebenfalls höchst hörenswert.
Für diese Einspielung wurde das originale Stimmenmaterial der Kurmusik Meran verwendet. Und es ist erstaunlich, was für Klangfarben so ein Salonorchester mit einer Handvoll Streichern, Flöte, Oboe, Klarinette, Posaune und Schlagwerk sowie Harmonium und Klavier als Fundament erzeugen kann. Ungewohnt, aber vom ersten bis zum letzten Ton faszinierend.
Es spielte auch im Theater, wo vor allem Operetten aufgeführt wurden – und zwar stets die aktuellen Stücke, kurz nach der Uraufführung in Wien. Und so kamen auch Komponisten wie Franz Léhar oder Leo Fall nach Meran, um ihre Werke zu dirigieren.
Heute gibt es in Meran längst kein Kurorchester mehr. Aus Kurgästen, die mehrere Wochen blieben und neben ihren Behandlungen gern auch Konzert und Theater genossen, sind Touristen geworden – Instagram statt High Society.
Das Notenarchiv des Kurorchesters aber ist noch vorhanden. Auf dieser CD zeigt Philipp von Steinaecker mit seiner Musica Saeculorum, welches Repertoire von diesem Ensemble um die Jahrhundertwende gespielt worden ist. Neben allerlei Tänzen, vor allem der Familie Strauss, erklingen beispielsweise auch zwei Fantasien mit Melodien aus Richard Strauss' Opern Ariadne auf Naxos und Elektra oder der Karfreitagszauber aus Richard Wagners Parsifal. Sopranistin Laura Giordano singt zudem eine Arie der Musetta aus Giacomo Puccinis Oper La Bohème.
Wer ein solches Programm bewältigt – und bei mehr als 400 Auftritten pro Jahr war seinerzeit ganz sicher wenig Zeit für Proben – der muss ohne Zweifel ein exzellenter Musiker sein. Entsprechend hoch muss die Qualität des Kurorchesters einst gewesen sein. Das Ensemble Musica Saeculorum tritt da also in große Fußstapfen, und es musiziert ebenfalls höchst hörenswert.
Für diese Einspielung wurde das originale Stimmenmaterial der Kurmusik Meran verwendet. Und es ist erstaunlich, was für Klangfarben so ein Salonorchester mit einer Handvoll Streichern, Flöte, Oboe, Klarinette, Posaune und Schlagwerk sowie Harmonium und Klavier als Fundament erzeugen kann. Ungewohnt, aber vom ersten bis zum letzten Ton faszinierend.
Sonntag, 6. Oktober 2019
Rheinberger: Liederbuch für Kinder (Ars Produktion)
Dass Josef Gabriel Rheinberger (1839 bis 1901) nicht nur Orgelmusik und geistliche Chorwerke geschaffen hat, sondern unter anderem auch eine Menge Lieder für die Solostimme, das ist wenig bekannt. Clemens Morgenthaler, Professor für Gesang am Vorarlberger Landeskonservatorium Feldkirch, will dies ändern. Der Bassbariton, der auch an der Musikhochschule Trossingen unterrichtet, hat mit Studierenden daher Rheinbergers Liederbuch für Kinder op. 152 erarbeitet und eingespielt.
Die 30 Lieder sind im Dezember 1887 entstanden. Sie schildern in schlichter Form Situationen und Begebenheiten, wie sie Kinder erleben, vom Aufstehen am Morgen bis zum nicht immer konfliktfreien Kinderspiel. Verse und Melodie sind deshalb einfach gehalten. Philipp Heiß verdeutlicht am Klavier oftmals mit Klangmalerei Stimmung und Umfeld; so hört man Vogelgesang oder etwa das Drehen eines Spinnrades.
Für die Sängerinnen Julia Großsteiner, Petra Tschabrun, Eva-Maria Heinzle, Lea Müller, Victoria Türtscher, Anna Welte, Mirjam Fässler und Sarah-Lena Eitrich war diese Weltersteinspielung keine einfache Aufgabe. Denn diese Lieder mit ihrer kindlich-naiven Gestaltung fordern Schlichtheit und Eindringlichkeit statt vordergründiger sängerischer Brillanz. Die Studierenden müssen mit schlanker Stimme singen, quasi kindlich, um den Zauber wirken zu lassen, der in der Tat auf diesen Melodien liegt. Es ist faszinierend, wie unterschiedlich sie Rheinbergers Lieder erfassen und gestalten.
Die freundlichen Weisen könnte man sich gut auch von noch jüngeren Stimmen gesungen vorstellen. So müssten sie hinreißend klingen, wenn sie von den geschulten Stimmen des Chornachwuchses beispielsweise des Rundfunkkinderchores Leipzig gesungen werden.
Die 30 Lieder sind im Dezember 1887 entstanden. Sie schildern in schlichter Form Situationen und Begebenheiten, wie sie Kinder erleben, vom Aufstehen am Morgen bis zum nicht immer konfliktfreien Kinderspiel. Verse und Melodie sind deshalb einfach gehalten. Philipp Heiß verdeutlicht am Klavier oftmals mit Klangmalerei Stimmung und Umfeld; so hört man Vogelgesang oder etwa das Drehen eines Spinnrades.
Für die Sängerinnen Julia Großsteiner, Petra Tschabrun, Eva-Maria Heinzle, Lea Müller, Victoria Türtscher, Anna Welte, Mirjam Fässler und Sarah-Lena Eitrich war diese Weltersteinspielung keine einfache Aufgabe. Denn diese Lieder mit ihrer kindlich-naiven Gestaltung fordern Schlichtheit und Eindringlichkeit statt vordergründiger sängerischer Brillanz. Die Studierenden müssen mit schlanker Stimme singen, quasi kindlich, um den Zauber wirken zu lassen, der in der Tat auf diesen Melodien liegt. Es ist faszinierend, wie unterschiedlich sie Rheinbergers Lieder erfassen und gestalten.
Die freundlichen Weisen könnte man sich gut auch von noch jüngeren Stimmen gesungen vorstellen. So müssten sie hinreißend klingen, wenn sie von den geschulten Stimmen des Chornachwuchses beispielsweise des Rundfunkkinderchores Leipzig gesungen werden.
Mittwoch, 2. Oktober 2019
Telemann: Sacred Cantatas (Deutsche Harmonia Mundi)
Und gleich noch einmal eine Einladung zu Entdeckungen im umfangreichen Schaffen Georg Philipp Telemanns (1681 bis 1767): Das Kammerorchester L'arpa festante unter Leitung von Rien Voskuilen hat für diese Aufnahme mit dem renommierten Bassbariton Klaus Mertens geistliche Kantaten in Archiven aufgespürt, teilweise rekonstruiert und auf historischen Instrumenten eingespielt. Sage niemand, es sei schon alles publiziert und verfügbar – diese CD präsentiert fünf Weltersteinspielungen!
Zu hören sind die Kantaten All's Glück und Ungelücke, die Kommunion- kantaten Fliehet hin, ihr bösen Tage und Soll ich nicht von Jammer sagen sowie die Kantaten Vater unser im Himmelreich und Herr erhöre meine Stimme. Komplettiert wird das Programm durch zwei Quartette.
Zu hören sind die Kantaten All's Glück und Ungelücke, die Kommunion- kantaten Fliehet hin, ihr bösen Tage und Soll ich nicht von Jammer sagen sowie die Kantaten Vater unser im Himmelreich und Herr erhöre meine Stimme. Komplettiert wird das Programm durch zwei Quartette.
Telemann: Ouverture et Concerti pour Darmstadt (Alpha)
In Darmstadt befand sich seinerzeit eine zwar kleine, aber dennoch erstklassige Hofkapelle. Geleitet wurde sie von Christoph Graupner, der für seine Musiker im Laufe seines langen Berufslebens nicht nur unglaublich viele (und hinreißend schöne!) Werke selbst komponiert hat. Der Hofkapellmeister stand zudem weithin mit Musikerkollegen in regem Austausch. Und deshalb verfügt die Universitäts- und Landesbibliothek der Technischen Universität Darmstadt heute über die bei weitem größte Sammlung von Kompositionen Georg Philipp Telemanns.
Aus dieser Schatzkammer schöpfte das Ensemble Les Ambassadeurs unter Leitung von Alexis Kossenko. Die ausgewählten Werke lassen ahnen, wie exquisit am Hofe des Landgrafen musiziert wurde – der Flötist Alexis Kossenko stellt natürlich die Flötenkonzerte in den Mittelpunkt. Doch auch Zefira Valova, Violine, Gilles Vanssons und Laura Duthuillé, Oboen, und ganz besonders Pierre-Yves und Jean-François Madeuf, Naturhorn, bewältigen ihre virtuosen Solopartien exzellent. Das Ensemble Les Ambassadeurs beeindruckt generell mit seinem farbenreichen und schwungvollen Spiel. Telemann ist doch immer wieder für eine Überraschung gut!
Aus dieser Schatzkammer schöpfte das Ensemble Les Ambassadeurs unter Leitung von Alexis Kossenko. Die ausgewählten Werke lassen ahnen, wie exquisit am Hofe des Landgrafen musiziert wurde – der Flötist Alexis Kossenko stellt natürlich die Flötenkonzerte in den Mittelpunkt. Doch auch Zefira Valova, Violine, Gilles Vanssons und Laura Duthuillé, Oboen, und ganz besonders Pierre-Yves und Jean-François Madeuf, Naturhorn, bewältigen ihre virtuosen Solopartien exzellent. Das Ensemble Les Ambassadeurs beeindruckt generell mit seinem farbenreichen und schwungvollen Spiel. Telemann ist doch immer wieder für eine Überraschung gut!