Es war die Inhaberin eines CD-Fachgeschäftes, die Peter Kopp, den Leiter des Kammerchores Vocal Concert Dresden, auf die Idee brachte, eine CD mit Kirchenliedern aufzunehmen. Doch bevor es ans Musizieren ging, war zunächst das Programm zusammenzustellen. Diese Aufgabe erwies sich als knifflig, berichtet der Chorleiter: „Gut und gern drei, vier CDs ließen sich mit Liedern füllen, die – selbst bei strenger Auswahl – noch zu den schönsten und wichtigsten gehören würden“, meint Kopp. „Ebenso erforderten die Entscheidung über Melodie- und Textfassungen und die Auswahl der Verse eine gewisse Entschlusskraft.“
So ist eine Einspielung entstanden, die sich klug beschränkt auf schlichte, weder übermäßig modern-ambitionierte noch besonders altertümliche Chorsätze. Auch gesungen wird schlicht und innig. Der Chorklang überzeugt durch absolute Klarheit und Geradlinigkeit. Das passt zum Kirchenlied perfekt. Im Mittelpunkt dieser Aufnahme stehen die alten Melodien, wobei man sich zugegebenerweise eine noch bessere Textverständlichkeit wünschen würde. An der Orgel lässt sich Sebastian Knebel hören – dezent, aber zugleich abwechs- lungsreich in Klang und Gestaltung. Eingespielt wurde die CD in der Kirche des Dorfes Polditz unweit von Leisnig in Sachsen, auf halbem Wege zwischen Grimma und Döbeln. So ist diese Aufnahme meines Wissens tatsächlich die einzige derzeit erhältliche, die das Kirchenlied dort erklingen lässt, wo es seine Wurzeln hat – in der Gemeinde, die sich mit der Kirchenmusik einst ein Zipfelchen himmlische Freude in ihren Alltag geholt hat.
Mittwoch, 29. Januar 2014
Montag, 27. Januar 2014
Luca Marenzio e il suo tempo (Tactus)
Luca Marenzio (um 1553 bis 1599) wird seitens der Musikgeschichts- schreibung, gemeinsam mit Gesualdo und Monteverdi, als Vollender des Madrigals geführt. Seine Werke waren in ganz Europa verbreitet. Sie wurden bewundert und nachgeahmt. Ob John Dowland, Hans Leo Hassler oder Johann Hermann Schein – sehr viele Musiker haben von diesem Vorbild gelernt.
Wie Marenzio in seiner Melodie- linie und im Rhythmus den Text aufgreift und ihn zugleich auslegt, mit welcher Eleganz er gestaltet und wie lässig und gekonnt er dabei die musikalischen Mittel einsetzt, das beeindruckt noch heute. Eine Aufnahme des Labels Tactus sei an dieser Stelle empfohlen, das Anhören lohnt sich: Sopranistin Angela Alesci sowie die Lautenisten Domenico Cerasani und Massimo Lonardi haben auf dieser CD einige Madrigale, Villanellen und auch eine Canzonetta von Marenzio eingespielt, umgeben von Lauten- musik seiner Zeitgenossen. Das sorgt auch klanglich für Abwechslung. In dem sehr informativen Beiheft – aber leider nur in englischer und italienischer Sprache – finden sich ausführliche Notizen zu den einzelnen Stücken.
Wie Marenzio in seiner Melodie- linie und im Rhythmus den Text aufgreift und ihn zugleich auslegt, mit welcher Eleganz er gestaltet und wie lässig und gekonnt er dabei die musikalischen Mittel einsetzt, das beeindruckt noch heute. Eine Aufnahme des Labels Tactus sei an dieser Stelle empfohlen, das Anhören lohnt sich: Sopranistin Angela Alesci sowie die Lautenisten Domenico Cerasani und Massimo Lonardi haben auf dieser CD einige Madrigale, Villanellen und auch eine Canzonetta von Marenzio eingespielt, umgeben von Lauten- musik seiner Zeitgenossen. Das sorgt auch klanglich für Abwechslung. In dem sehr informativen Beiheft – aber leider nur in englischer und italienischer Sprache – finden sich ausführliche Notizen zu den einzelnen Stücken.
Stölzel: Quadri di Dresda e Bruxelles (cpo)
Der legendäre Schrank II im No- tenarchiv der Dresdner Staats- kapelle enthielt neben Werken von Johann Adolf Hasse, Johann Friedrich Fasch, dem kaiserlichen Kapellmeister Johann Joseph Fux, Antonio Vivaldi und Arcangelo Corelli, Händel, Telemann und Locatelli auch Musik von Gottfried Heinrich Stölzel (1690 bis 1749). Der Komponist, der aus Grünstäd- tel im Erzgebirge stammte und nach Lehr- und Wanderjahren, die ihn bis nach Italien führten, schließlich als Kapellmeister in Gotha seine Lebensaufgabe fand, war zu Lebzeiten hoch geachtet – und wurde dann erstaunlicherweise vergessen.
Das Label cpo engagiert sich schon seit einiger Zeit, um die Aufmerk- samkeit von Musikern und Publikum auf die Werke Stölzels zu lenken und sie so aus dem Archivschlaf zu erwecken. Nach seinem Weih- nachtsoratorium und der Brockes-Passion sind nun auch die Quadri di Dresda e Bruxelles auf CD erhältlich. In diesen neun Quartetten, geistreich nach italienischem Vorbild gearbeitet, konzertieren Violine, Oboe, Horn, Fagott und Cembalo sehr abwechslungsreich miteinander und um die Wette. Sämtliche Melodieinstrumente, einschließlich Horn, sind daran gleichermaßen beteiligt; selbst der Basso continuo tritt gelegentlich mit exponierten Passagen hervor. So erhält jeder Musiker die Möglichkeit, sowohl solistisch als auch im Ensemblespiel zu brillieren.
Die Mitglieder von Epoca Barocca präsentieren Stölzels Werke auf originalen Instrumenten. Alessandro Piqué, Oboe, Thomas Müller, Horn, Veit Scholz, Fagott, Verena Schoneweg, Violine und Michael Beringer am Cembalo überzeugen sowohl in den schnellen, virtuosen Abschnitten als auch in den langsamen Mittelsätzen, deren aparte Melodik ein ganz besonderes Vergnügen bereitet. Wundervolle Musik – gern mehr davon!
Das Label cpo engagiert sich schon seit einiger Zeit, um die Aufmerk- samkeit von Musikern und Publikum auf die Werke Stölzels zu lenken und sie so aus dem Archivschlaf zu erwecken. Nach seinem Weih- nachtsoratorium und der Brockes-Passion sind nun auch die Quadri di Dresda e Bruxelles auf CD erhältlich. In diesen neun Quartetten, geistreich nach italienischem Vorbild gearbeitet, konzertieren Violine, Oboe, Horn, Fagott und Cembalo sehr abwechslungsreich miteinander und um die Wette. Sämtliche Melodieinstrumente, einschließlich Horn, sind daran gleichermaßen beteiligt; selbst der Basso continuo tritt gelegentlich mit exponierten Passagen hervor. So erhält jeder Musiker die Möglichkeit, sowohl solistisch als auch im Ensemblespiel zu brillieren.
Die Mitglieder von Epoca Barocca präsentieren Stölzels Werke auf originalen Instrumenten. Alessandro Piqué, Oboe, Thomas Müller, Horn, Veit Scholz, Fagott, Verena Schoneweg, Violine und Michael Beringer am Cembalo überzeugen sowohl in den schnellen, virtuosen Abschnitten als auch in den langsamen Mittelsätzen, deren aparte Melodik ein ganz besonderes Vergnügen bereitet. Wundervolle Musik – gern mehr davon!
Sonntag, 26. Januar 2014
Al cielo - Duetti da camera di Benedetto Marcello (Fra Bernardo)
Benedetto Giacomo Marcello (1686 bis 1739) entstammte einem venezianischen Patrizier- geschlecht. Wie seine Vorfahren, wurde auch er Jurist. Er bekleidete verschiedene Ämter, und starb als Camerlengo der Republik in Brescia. Musik war für ihn, wie auch für seinen Bruder Alessandro, eine Freizeitbeschäftigung. Er stu- dierte sie bei Francesco Gasparini und Antonio Lotti, und schuf eine Vielzahl von Werken von der Messe bis zum Konzert und von der Sinfonie bis zum Oratorium. Die Musik Marcellos, der sich selbst bescheiden als „nobile veneto dilettante di contrappunto“ bezeichnete, war selbst am Wiener Hof geschätzt.
Unter den Kompositionen Marcellos, die überliefert wurden, sind mehr als 80 Duetti da camera. Dieses Genre, in späteren Zeiten aus der Mode und in Vergessenheit geraten, stand damals in hoher Blüte. Faktisch alle bedeutenden italienischen Komponisten der Barockzeit haben Kammerduette geschrieben – betont individualistische Minia- turen, die Poesie und Musik kunstvoll verknüpfen.
Eine Auswahl der Kammerduette Marcellos präsentieren Silvia Friga- to und Sara Mingardo auf dieser CD, begleitet durch das Ensemble Gambe di legno. Die Musiker spielen zudem eine Auswahl aus seinen Sonaten für zwei Violoncelli oder zwei Viole da gamba und Basso continuo – traumhaft schöne Melodielinien, mit Gamben besetzt klingt das wirklich toll. Mir persönlich gefällt dieser Teil der Aufnah- me am besten; die Stücke mit den Sängerinnen wirken in der Balance zwischen den einzelnen Stimmen seltsam unausgewogen. Und auch das Timbre der beiden Damen erscheint mir für diese Art Musik nicht besonders passend – zuviel Vibrato, und zu viel Erdenschwere.
Unter den Kompositionen Marcellos, die überliefert wurden, sind mehr als 80 Duetti da camera. Dieses Genre, in späteren Zeiten aus der Mode und in Vergessenheit geraten, stand damals in hoher Blüte. Faktisch alle bedeutenden italienischen Komponisten der Barockzeit haben Kammerduette geschrieben – betont individualistische Minia- turen, die Poesie und Musik kunstvoll verknüpfen.
Eine Auswahl der Kammerduette Marcellos präsentieren Silvia Friga- to und Sara Mingardo auf dieser CD, begleitet durch das Ensemble Gambe di legno. Die Musiker spielen zudem eine Auswahl aus seinen Sonaten für zwei Violoncelli oder zwei Viole da gamba und Basso continuo – traumhaft schöne Melodielinien, mit Gamben besetzt klingt das wirklich toll. Mir persönlich gefällt dieser Teil der Aufnah- me am besten; die Stücke mit den Sängerinnen wirken in der Balance zwischen den einzelnen Stimmen seltsam unausgewogen. Und auch das Timbre der beiden Damen erscheint mir für diese Art Musik nicht besonders passend – zuviel Vibrato, und zu viel Erdenschwere.
Arturo Benedetti Michelangeli - Piano (Fabula Classica)
„Er ist“, seufzte einst Time, nach- dem Arturo Benedetto Michel- angeli ein Amerika-Gastspiel abgesagt hatte, „wie ein großer Fisch, den man manchmal zu Gesicht bekommt, aber nie an die Angel.“ Der Pianist hatte wenig Lust auf Agenten, Kritiker und hustendes Publikum. Wenn ihn aber die Musizierlust packte, dann muss er großartig gespielt haben. Denn sein Ruhm beruhte auf seinem Perfektionismus.
Arturo Benedetti Michelangeli (1920 bis 1995) beschränkte sich auf ein schmales Repertoire, das er mit großer Sorgfalt erarbeitete – immer auf der Suche nach der perfekten Interpretation, die dem Werk rundum gerecht wird, und nach dem optimalen Klang. Er spielte in erster Linie Musik von Ravel und Debussy, sowie einige ausgesuchte Werke der Wiener Klassik und Romantik.
Es gibt nicht wirklich viele Aufnahmen mit Benedetti Michelangeli. Bei Fabula Classica sind kürzlich zwei CD erschienen mit Werken von Chopin, Debussy und einer Klaviersonate von Ludwig van Beethoven. Leider sind die Texte im Beiheft ausschließlich in italienischer Sprache; die Informationen über die Aufnahmen selbst sind mehr als dürftig. Das aber schmälert den Höreindruck nicht. Man wundert sich allerdings, warum derart kantige, eigenwillige und scharf konturierte Interpretationen auf CD nur von den Stars vergangener Generationen zu bekommen sind. Das gibt schon zu denken.
Arturo Benedetti Michelangeli (1920 bis 1995) beschränkte sich auf ein schmales Repertoire, das er mit großer Sorgfalt erarbeitete – immer auf der Suche nach der perfekten Interpretation, die dem Werk rundum gerecht wird, und nach dem optimalen Klang. Er spielte in erster Linie Musik von Ravel und Debussy, sowie einige ausgesuchte Werke der Wiener Klassik und Romantik.
Es gibt nicht wirklich viele Aufnahmen mit Benedetti Michelangeli. Bei Fabula Classica sind kürzlich zwei CD erschienen mit Werken von Chopin, Debussy und einer Klaviersonate von Ludwig van Beethoven. Leider sind die Texte im Beiheft ausschließlich in italienischer Sprache; die Informationen über die Aufnahmen selbst sind mehr als dürftig. Das aber schmälert den Höreindruck nicht. Man wundert sich allerdings, warum derart kantige, eigenwillige und scharf konturierte Interpretationen auf CD nur von den Stars vergangener Generationen zu bekommen sind. Das gibt schon zu denken.
Samstag, 25. Januar 2014
20. Jubiläums-Operngala für die Deutsche Aids-Stiftung (Naxos)
Auch in diesem Jahr wieder ver- öffentlicht Naxos den Mitschnitt
der Operngala für die Deutsche Aids-Stiftung. Es ist die
Jubiläums-Gala, denn zum 20. Male wurden am 20. November 2013 in der
Deutschen Oper Berlin Spenden zugunsten von Projekten der Deut- schen
Aids-Stiftung gesammelt. Es erklangen Melodien aus Opern von Wagner,
Mozart, Puccini, Verdi, Donizetti, Mozart, Massenet, Bellini und
Offenbach, schwungvoll vorgetragen durch Chor und Or- chester der
Deutschen Oper Berlin unter Leitung von Donald Runnic- les, und etliche
herausragende Solisten. In diesem Jahr beteiligten sich an der
Operngala Atalla Ayan, Joyce DiDonato, Simone Kermes, Bejun Mehta,
Olga Peretyatko, Massimiliano Pisapia, Adam Plachetka, Elena
Tsallagova, Alexander Tsymbalyuk und Sonya Yoncheva. Und wenn noch
nicht jeder Name dem geschätzten Publikum vertraut ist – man darf
davon ausgehen, dass die jungen Sänger, die auf dieser CD zu hören
sind, am Beginn einer großen Karriere stehen. Bei so vielen schönen
Stimmen ist es schwer, einzelne Höhepunkte hervorzuheben; zu nennen
sind hier aber vielleicht der Auftritt von Simone Kermes mit einer
Arie aus der Oper I Masnadieri von Giuseppe Verdi, das zauberhafte O
mio babbino caro von Elena Tsallagova oder die Gänsehaut-Stimme des
Countertenors Bejun Mehta. Durch das Programm führte einmal mehr Max
Raabe, der sich mit seinen Anmerkungen als ein würdiger Nachfolger
des großen Vicco von Bülow erweist.
Mozart: Divertimento K.334 & Oboe Quartet K.370 (Linn)
Im Jahre 1777 lernte Wolfgang Amadeus Mozart in Mannheim den Oboisten Friedrich Ramm kennen. Der Komponist war ziemlich beeindruckt von den technischen Fertigkeiten des Musikers und von der Schönheit seines Tones. Bald waren die beiden befreundet, und Mozart schrieb für Ramm unter anderem das Quartett für Oboe, Violine, Viola und Violoncello in F-Dur KV 370. Dieses Quartett sowie das Divertimento Nr. 17 in D-Dur KV 334, ergänzt um den Marsch KV 445, hat das Scottish Chamber Orchestra unter Leitung seines Konzertmeisters Alexander Janiczek bei Linn vorgelegt. Das SCO musiziert mit erfreulicher Klarheit und Durchhörbarkeit. Selbst das Divertimento wird so zu Kammermusik, sehr fein ziseliert und mit Esprit vorgetragen.
Corellimania (Accent)
Der Entstehung des Konzerts am Ausgang des Barockzeitalters spürt das Ensemble Harmonie Univer- selle auf dieser CD nach. Die Kindertage der Gattung waren durchaus spannend. So zeigen die Musiker anhand von Veröffent- lichungen des Amsterdamer Notenverlegers Estienne Roger, mit welcher Begeisterung die Werke Arcangelo Corellis (1653 bis 1713) nördlich der Alpen aufge- nommen worden sind.
So kam in Großbritannien eine regelrechte Corelli-Manie auf; etliche Musiker, wie beispielsweise Francesco Gemiani (1687 bis 1762), orientierten sich daher an diesem Vorbild, und hatten damit großen Erfolg. Florian Deuter, Mónica Waisman und Harmonie Universelle präsentieren auf dieser CD einige solcher Konzerte. Sie haben zudem für drei Concerti grossi aus Corellis op. 6 das Experiment gewagt, Partien für Trompeten und Posaune zu rekonstruieren. Diese Besetzung ist durch zeitgenössische Aufführungsberichte belegt, und sie erweist sich hier als durchaus passend. Musiziert wird gekonnt und überlegt; diese CD ist wirklich rundum gelungen.
So kam in Großbritannien eine regelrechte Corelli-Manie auf; etliche Musiker, wie beispielsweise Francesco Gemiani (1687 bis 1762), orientierten sich daher an diesem Vorbild, und hatten damit großen Erfolg. Florian Deuter, Mónica Waisman und Harmonie Universelle präsentieren auf dieser CD einige solcher Konzerte. Sie haben zudem für drei Concerti grossi aus Corellis op. 6 das Experiment gewagt, Partien für Trompeten und Posaune zu rekonstruieren. Diese Besetzung ist durch zeitgenössische Aufführungsberichte belegt, und sie erweist sich hier als durchaus passend. Musiziert wird gekonnt und überlegt; diese CD ist wirklich rundum gelungen.
Donnerstag, 16. Januar 2014
Buxtehude: Opera Omnia XVIII; Koopman (Antoine Marchand/Challenge Classics)
„Membra Jesu Nostri (BuxWV 75), ein Werk, das Buxtehude für seinen ,amico', den Kapellmeister Gustav Düben in Stockholm komponierte, war um 1980 fast unbekannt. Heute ist das anders – es gibt mehrere Aufnahmen des Werkes“, schreibt Ton Koopman. Er selbst hat soeben gemeinsam mit dem Amsterdam Baroque Orchestra und dem Amsterdam Baroque Choir eine Gesamteinspielung sämtlicher derzeit bekannter Vokal- und Instrumentalwerke Dieterich Buxtehudes (1637 bis 1707) abgeschlossen. „Es war schon etwas Besonderes, so viele nie oder selten aufgeführte Werke zu studieren und aufzunehmen“, meint der Musiker. „Wir alle lernten viel dabei, vom Gebrauch des hohen Orgeltons bis zum Singen und Spielen in mitteltöniger Stimmung.“
Diese beiden CD sind sehr gelungen, auch wenn die Solisten nicht durchweg überzeugen können. An die komplexen Werke aber, die Buxtehude insbesondere auch für die Abendmusiken an der Lübecker Kirche St. Marien geschaffen hat, dürfte sich auch in Zukunft kaum ein Kantor heranwagen. Das liegt zum einen daran, dass Buxtehude selbst im Chor exzellente Sänger zur Verfügung standen – heute hingegen, im Zeitalter von DSDS, können die Kids üblicherweise kaum noch einen gerade Ton singen, geschweigen denn Noten lesen. Zum anderen beteiligten sich an den Abendmusiken die Stadtmusiker, versierte und hervorragend ausgebildete Instrumentalisten. „Alte“ Musik aber ist heute eine Angelegenheit weniger Spezialisten; im Studienprogramm von Berufsmusikern steht dieses Repertoire eher am Rande. Und obendrein steht Notenmaterial von Buxtehudes Werken nicht eben üppig bereit. So klingt es ein bisschen wie Pfeifen im Walde, wenn Koopman resümiert: „Sänger, Chordirigenten, Instrumentalisten: das ist nicht alles! Ich hoffe, dass viele diese Musik hören, studieren und aufführen. Buxtehude hat es verdient.“
Diese beiden CD sind sehr gelungen, auch wenn die Solisten nicht durchweg überzeugen können. An die komplexen Werke aber, die Buxtehude insbesondere auch für die Abendmusiken an der Lübecker Kirche St. Marien geschaffen hat, dürfte sich auch in Zukunft kaum ein Kantor heranwagen. Das liegt zum einen daran, dass Buxtehude selbst im Chor exzellente Sänger zur Verfügung standen – heute hingegen, im Zeitalter von DSDS, können die Kids üblicherweise kaum noch einen gerade Ton singen, geschweigen denn Noten lesen. Zum anderen beteiligten sich an den Abendmusiken die Stadtmusiker, versierte und hervorragend ausgebildete Instrumentalisten. „Alte“ Musik aber ist heute eine Angelegenheit weniger Spezialisten; im Studienprogramm von Berufsmusikern steht dieses Repertoire eher am Rande. Und obendrein steht Notenmaterial von Buxtehudes Werken nicht eben üppig bereit. So klingt es ein bisschen wie Pfeifen im Walde, wenn Koopman resümiert: „Sänger, Chordirigenten, Instrumentalisten: das ist nicht alles! Ich hoffe, dass viele diese Musik hören, studieren und aufführen. Buxtehude hat es verdient.“
Mozart: Arias - Marina Rebeka (Warner Classics)
Eine Sängerin, die sowohl die Königin der Nacht als auch die Pamina singt, sowohl die aristo- kratische Donna Anna als auch die eher pragmatische Donna Elvira, die Elettra wie die Gräfin Almaviva oder die Konstanze? So ein Pro- gramm macht neugierig, zumal die lettische Sopranistin Marina Rebeka in den Opernmetropolen für ihre Auftritte gefeiert worden ist.
Nun hat sie gemeinsam mit dem Liverpool Philharmonic Orchestra unter Leitung der italienischen Dirigentin Speranza Scappucci ein Album vorgelegt, dass ausschließlich Mozarts Frauengestalten gewidmet ist. „Musikalisch und technisch war es eine große Herausforderung“, räumt Rebeka im Beiheft ein. Zum einen ist das Royal Liverpool Philharmonic nicht eben ein Opernorchester. Zum anderen hat gerade Mozart seine Tücken. „Das Besondere an Mozart ist die Schwierigkeit, viel Ausdruck zu bringen, der auf Einfachheit basiert“, erläutert die Sängerin. „Wie bei Schubert scheinen die Gesangslinien alle elegant und einfach zu sein, sie sind es aber nicht!“
Doch gerade diese Schwierigkeiten bewältigt Rebeka grandios. Je edler die Linie, desto besser kommt ihr Timbre zum Tragen – ein Klang wie altes Silber, kunstvoll geformt und besonders im Piano atemberaubend schön. Dabei liegen ihr die lyrischen Partien näher als die dramatischen; mag die Konstanze noch angehen, so reicht sie in den Koloraturen der Königin der Nacht an die Spezialistinnen bei weitem nicht heran. Ihre Gräfin hingegen und vor allem auch ihre Pamina finde ich zum Niederknien gelungen. Brava!
Nun hat sie gemeinsam mit dem Liverpool Philharmonic Orchestra unter Leitung der italienischen Dirigentin Speranza Scappucci ein Album vorgelegt, dass ausschließlich Mozarts Frauengestalten gewidmet ist. „Musikalisch und technisch war es eine große Herausforderung“, räumt Rebeka im Beiheft ein. Zum einen ist das Royal Liverpool Philharmonic nicht eben ein Opernorchester. Zum anderen hat gerade Mozart seine Tücken. „Das Besondere an Mozart ist die Schwierigkeit, viel Ausdruck zu bringen, der auf Einfachheit basiert“, erläutert die Sängerin. „Wie bei Schubert scheinen die Gesangslinien alle elegant und einfach zu sein, sie sind es aber nicht!“
Doch gerade diese Schwierigkeiten bewältigt Rebeka grandios. Je edler die Linie, desto besser kommt ihr Timbre zum Tragen – ein Klang wie altes Silber, kunstvoll geformt und besonders im Piano atemberaubend schön. Dabei liegen ihr die lyrischen Partien näher als die dramatischen; mag die Konstanze noch angehen, so reicht sie in den Koloraturen der Königin der Nacht an die Spezialistinnen bei weitem nicht heran. Ihre Gräfin hingegen und vor allem auch ihre Pamina finde ich zum Niederknien gelungen. Brava!
Scheidemann: Organ Works, Vol. 6; Brown (Naxos)
Heinrich Scheidemann (um 1595 bis 1663) gilt als Mitbegründer der Norddeutschen Orgelschule. Der Musiker war ein Schüler von Jan Pieterszoon Sweelinck. 1629 wurde er der Nachfolger seines Vaters David Scheidemann als Organist an der Hamburger St.-Katharinen-Kirche. Dieses Amt behielt er bis zu seinem Tode. Sein bedeutendster Schüler, Johann Adam Reincken, wurde sein Nachfolger.
Diese Biographie klingt unspekta- kulär – doch der Organist hat ein bedeutendes Werk geschaffen, und die Orgelmusik in Norddeutsch- land entscheidend mit geprägt. Diese Entwicklung vollzieht Organistin Julia Brown auf der vorliegenden CD teilweise nach. Sie spielt Werke, die für den Gottesdienst bestimmt waren (und teilweise den Einfluss Sweelincks noch verraten), Transkriptionen und Variationen, aber auch kleine Tanzsätze, die Scheidemann möglicherweise für seine Schüler verfasst hat. Zugleich präsentiert sie eine bedeutende Orgel, die der Orgelbauer John Brombaugh & Associates aus Eugene, Oregon/USA, 2004 in der First Prebyterian Church in Springfield, Illinois/USA, errichtet hat. Beeindruckend!
Diese Biographie klingt unspekta- kulär – doch der Organist hat ein bedeutendes Werk geschaffen, und die Orgelmusik in Norddeutsch- land entscheidend mit geprägt. Diese Entwicklung vollzieht Organistin Julia Brown auf der vorliegenden CD teilweise nach. Sie spielt Werke, die für den Gottesdienst bestimmt waren (und teilweise den Einfluss Sweelincks noch verraten), Transkriptionen und Variationen, aber auch kleine Tanzsätze, die Scheidemann möglicherweise für seine Schüler verfasst hat. Zugleich präsentiert sie eine bedeutende Orgel, die der Orgelbauer John Brombaugh & Associates aus Eugene, Oregon/USA, 2004 in der First Prebyterian Church in Springfield, Illinois/USA, errichtet hat. Beeindruckend!
Dienstag, 14. Januar 2014
Rota: Cello Concertos & Il Gattopardo (Ars Produktion)
Der Komponist Nino Rota (1911 bis 1979) wird im Bereich der soge- nannten „Ernsten“ Musik leider noch immer nicht ganz für voll genommen. Seine Werke, insbe- sondere seine Sinfonien und Konzerte, doch auch die Opern und Bühnenmusiken, sind außerordent- lich selten zu hören. Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen hat Rota schlicht zuviel Filmmusik geschrieben. Von ihm stammt die Musik für die allermeisten Filme Fellinis. Auch Francis Ford Coppola oder Luchino Visconti arbeiteten mit ihm zusammen. Zum anderen war es ihm ziemlich egal, welche Erwartungen Kritiker und Kollegen an die „Neue“ Musik hatten. Modernität und Originalität interessierten ihn nicht. „Wenn jemand sagt, dass alles, was ich in meiner Musik zum Ausdruck zu bringen versuche, ein wenig Nostal- gie, viel Humor und Optimismus ist, dann denke ich, dass dies genau dem entspricht, wie man sich später an mich erinnern soll“, so zitiert das Beiheft zu dieser CD den Komponisten.
Hier erklingen die beiden Violoncellokonzerte Rotas. Sie sind 1972/73 entstanden. Das erste erscheint wie eine Studie nach dem Vorbild des romantischen Solokonzertes, dessen Ausdrucksmittel und dessen Pathos Rota ins 20. Jahrhundert weiterträgt. Das zweite hingegen, das mit einem Zitat aus einem Mozart-Violinkonzert beginnt, wirkt in seiner Abgeklärtheit wie eine Referenz an die Klassik. Friedrich Kleinhapl musiziert – mit einem wunderbaren Ton, aber leider nicht gänzlich frei von Eitelkeit. Es ist ein Tick zuviel Gestal- tungswille, eine Prise zuviel Drama, zuviel Risiko; insbesondere das zweite Konzert könnte der Cellist durchaus etwas entspannter angehen. Kleinhapl musiziert gemeinsam mit dem Philharmonischen Orchester Augsburg unter Dirk Kaftan. Und als opulente Zugabe gibt’s die Ballabili, eine Suite per orchestra piccola aus der Filmmusik zu Il Gattopardo.
Hier erklingen die beiden Violoncellokonzerte Rotas. Sie sind 1972/73 entstanden. Das erste erscheint wie eine Studie nach dem Vorbild des romantischen Solokonzertes, dessen Ausdrucksmittel und dessen Pathos Rota ins 20. Jahrhundert weiterträgt. Das zweite hingegen, das mit einem Zitat aus einem Mozart-Violinkonzert beginnt, wirkt in seiner Abgeklärtheit wie eine Referenz an die Klassik. Friedrich Kleinhapl musiziert – mit einem wunderbaren Ton, aber leider nicht gänzlich frei von Eitelkeit. Es ist ein Tick zuviel Gestal- tungswille, eine Prise zuviel Drama, zuviel Risiko; insbesondere das zweite Konzert könnte der Cellist durchaus etwas entspannter angehen. Kleinhapl musiziert gemeinsam mit dem Philharmonischen Orchester Augsburg unter Dirk Kaftan. Und als opulente Zugabe gibt’s die Ballabili, eine Suite per orchestra piccola aus der Filmmusik zu Il Gattopardo.
Bach: Die authentischen Flötensonaten (Oehms Classics)
Zu Bachs Zeiten löste die Travers- flöte zunehmend die zuvor gebräuchlichen Blockflöten ab. Johann Sebastian Bach verwendete in seinen Werken beide Flöten-Typen; so finden sich im ersten Leipziger Kantatenjahrgang von 1724 bereits anspruchsvolle Partien für Solo(travers)flöte. Bach komponierte zudem einige Flötensonaten. Möglicherweise wurde der Thomaskantors dazu durch den Kontakt mit Pierre-Gabriel Buffardin, Flötist am Dresdner Hof, angeregt. Belegt ist nur für ein einziges Werk, wer es gespielt haben könnte: Die Sonate in E-Dur BWV 1035 widmete Bach Michael Gabriel Fredersdorf, dem Kammerdiener und engstem Ver- trauten Friedrichs des Großen.
Bachs Werke gehören heute zum Repertoire eines jeden Flötisten. Aufnahmen davon gibt es viele. Doch Oehms Classics gelingt es, eine Aufnahme vorzulegen, die sich von den musikalisch oft ziemlich beliebigen Veröffentlichungen ringsum abhebt – durch pure Qualität. Verena Fischer, Traversflöte, und Léon Berben am Cembalo sind ausgewiesene Experten ihres Faches. Sie haben beide langjährige Erfahrungen im Bereich der „Alten“ Musik; so war Fischer Solo- flötistin und Berben Cembalist in Reinhard Goebels Ensemble Musica Antiqua Köln.
Die beiden Musiker erweisen sich als eingespielte Duo-Partner, die aufeinander hören und einander zu Wort kommen lassen. Und das dunkle, warmeTimbre der Traversflöte, wie zu Bachs Zeiten nahezu ohne Mechanik, bringt Farben ein, die sich auf einer modernen Böhm-Flöte eben nicht erzielen lassen. So klingen Bachs Flötensonaten in der Tat „authentisch“ - was auch immer das Wort sonst hier besagen soll.
Bachs Werke gehören heute zum Repertoire eines jeden Flötisten. Aufnahmen davon gibt es viele. Doch Oehms Classics gelingt es, eine Aufnahme vorzulegen, die sich von den musikalisch oft ziemlich beliebigen Veröffentlichungen ringsum abhebt – durch pure Qualität. Verena Fischer, Traversflöte, und Léon Berben am Cembalo sind ausgewiesene Experten ihres Faches. Sie haben beide langjährige Erfahrungen im Bereich der „Alten“ Musik; so war Fischer Solo- flötistin und Berben Cembalist in Reinhard Goebels Ensemble Musica Antiqua Köln.
Die beiden Musiker erweisen sich als eingespielte Duo-Partner, die aufeinander hören und einander zu Wort kommen lassen. Und das dunkle, warmeTimbre der Traversflöte, wie zu Bachs Zeiten nahezu ohne Mechanik, bringt Farben ein, die sich auf einer modernen Böhm-Flöte eben nicht erzielen lassen. So klingen Bachs Flötensonaten in der Tat „authentisch“ - was auch immer das Wort sonst hier besagen soll.
Montag, 13. Januar 2014
Gesualdo: Madrigal Books 5 and 6 (Naxos)
Mit dieser CD endet die Gesamtein- spielung der Madrigale von Carlo Gesualdo da Venosa (1566 bis 1613) bei dem Label Naxos. Sie enthält das fünfte und das sechste Libro de'Madrigali – beide ver- öffentlicht 1611, und dann erneut 1613 sowie 1614/1616. Das zeigt, wie begehrt diese Noten seinerzeit waren. Über die Biographie des Komponisten sowie die Debatten, die in späteren Jahrhunderten um seine Werke geführt worden sind, ist in diesem Blog bereits an anderer Stelle berichtet worden. Wer sich dafür interessiert, der kann
die Blogeinträge über das Stichwort unkompliziert aufspüren.
Um Konventionen musste sich der Fürst ohnehin nicht den Kopf zerbrechen; ob seine Musik einem Publikum gefällt, das dürfte ihm ziemlich egal gewesen sein. Adel und Reichtum ermöglichten es ihm, konsequent am Ausdruck zu arbeiten – und dabei gelegentlich auch einmal Regeln zu brechen. Wer Renaissancemusik liebt, der wird seine Freude an den akustischen Gemälden Gesualdos haben, an den kühnen harmonischen Rückungen, dem Ausbrechen aus allzu simplen Kadenzen und Rhythmen, die sich am Text orientieren.
Das Ensemble Delitiae Musicae, geleitet von Marco Longhini, besteht ausschließlich aus Sängern. Alessandro Carmignani, Paolo Costa, Fabio Fùrnari, Raffaele Giordani, Paolo Fanciullacci, Marco Scavazza und Walter Testolin agieren sehr harmonisch, exzellent aufeinander abgestimmt und mit schönem Ton. Auf das nächste Projekt dieser Sänger darf man schon gespannt sein – zur Wiederentdeckung der Musik aus der Zeit der Renaissance und des Barock jedenfalls hat das Ensemble bislang mit etlichen herausragenden Aufnahmen beigetragen.
die Blogeinträge über das Stichwort unkompliziert aufspüren.
Um Konventionen musste sich der Fürst ohnehin nicht den Kopf zerbrechen; ob seine Musik einem Publikum gefällt, das dürfte ihm ziemlich egal gewesen sein. Adel und Reichtum ermöglichten es ihm, konsequent am Ausdruck zu arbeiten – und dabei gelegentlich auch einmal Regeln zu brechen. Wer Renaissancemusik liebt, der wird seine Freude an den akustischen Gemälden Gesualdos haben, an den kühnen harmonischen Rückungen, dem Ausbrechen aus allzu simplen Kadenzen und Rhythmen, die sich am Text orientieren.
Das Ensemble Delitiae Musicae, geleitet von Marco Longhini, besteht ausschließlich aus Sängern. Alessandro Carmignani, Paolo Costa, Fabio Fùrnari, Raffaele Giordani, Paolo Fanciullacci, Marco Scavazza und Walter Testolin agieren sehr harmonisch, exzellent aufeinander abgestimmt und mit schönem Ton. Auf das nächste Projekt dieser Sänger darf man schon gespannt sein – zur Wiederentdeckung der Musik aus der Zeit der Renaissance und des Barock jedenfalls hat das Ensemble bislang mit etlichen herausragenden Aufnahmen beigetragen.
Deux siècles d'orgue (Alpha)
Die Orgel in der Chapelle Royale, der königlichen Kapelle im Schloss von Versailles, befindet sich direkt über den Hochaltar. Der Organist, der dort Dienst tut, sitzt mit dem Rücken zum Altar und zur Ge- meinde, inmitten von reichem Schnitzwerk in edlem Weiß und reichlich Blattgold. Über ihm an der Decke befindet sich das Gemälde Die Auferstehung Christi von Charles de La Fosse. Was für ein Arbeitsplatz! Auch das Instru- ment selbst ist angemessen prächtig. Die Orgel hat vier Manuale und Pedal sowie 38 Register. Sie wurde von Robert Clicquot und Julien Tribuot 1710 erbaut, zur Orgelweihe 1711 musizierte Francois Couperin.
Die französische Revolution überlebte das Instrument, allerdings derangiert, so dass zwischen 1871 und 1873 der berühmte Orgel- bauer Aristide Cavaillé-Coll mit der Rekonstruktion beauftragt wurde. Er installierte eine neue, romantische Orgel, dem Zeitgeschmack entsprechend. Sie gefiel aber schon 1938 nicht mehr, und wurde durch einen Neubau von Victor Gonzalez ersetzt. Als in den 90er Jahren die Kapelle restauriert wurde, entschied man sich dafür, die ursprüngliche Clicquot-Orgel wieder herzustellen. Jean-Loup Boisseau und Bertrand Cattiaux übernahmen diese Aufgabe. Dabei konnten sie den alten Spieltisch nutzen, der noch vorhanden war. Erhalten war auch ein geringer Teil des originalen Pfeifenwerks. Als Vorbild diente zudem die Clicqout-Orgel in Houdan, die ohne wesent- liche Eingriffe und Umbauten über die Jahrhunderte gekommen war. Daran konnten sich Boisseau und Cattiaux orientieren; der Klang der beiden Instrumente ist in der Tat sehr ähnlich. Somit steht heute in der Chapelle Royale wieder eine „echte“ französische Barockorgel zur Verfügung.
Als Organisten wirken dort derzeit Michel Bouvard, Professor für Orgel am Pariser Konservatorium und Organist an der Cavaillé-Coll-Orgel der Basilika Saint-Sernin in Toulouse, Frédéric Desenclos, Pro- fessor für Orgel am Konservatorium in Orléans, Francois Espinasse, Professor für Orgel am Konservatorium Lyon und Organist der Kirche Saint-Severin in Paris, sowie Jean-Baptiste Robin, Professor für Orgel am Konservatorium von Versailles und Ehrenorganist an der Francois-Henri Clicqout-Orgel der Kathedrale von Poitiers. Sie teilen sich auch in die Aufnahmen auf der vorliegenden Doppel-CD, die ein klingendes Porträt der Orgel in der Chapelle Royale ist – und zugleich an die Organisten erinnert, die dieses Instrument früher gespielt und dafür Musik komponiert haben.
So präsentieren sie zwei Jahrhunderte französische Orgelmusik, wie sie unter den Königen Ludwig XIV. bis XVI. die höfische Liturgie begleitet hat. Und die Clicquot-Orgel klingt in der Tat berückend. Zu hören ist Musik von Nicolas Lebègue, Jacques-Denis Thomelin, Guillaume-Gabriel Nivers, Francois Couperin, Louis Marchand, Jean-Francois Dandrieu, Claude Bénigne Balbastre und Louis Claude Daquin. Ein prachtvolles Beiheft mit zahlreichen Bildern und ausführ- lichen Einführungstexten – leider unverkürzt nur in französischer Sprache, etwas knapper auch auf Englisch – vermittelt zusätzliche Eindrücke und Informationen.
Die französische Revolution überlebte das Instrument, allerdings derangiert, so dass zwischen 1871 und 1873 der berühmte Orgel- bauer Aristide Cavaillé-Coll mit der Rekonstruktion beauftragt wurde. Er installierte eine neue, romantische Orgel, dem Zeitgeschmack entsprechend. Sie gefiel aber schon 1938 nicht mehr, und wurde durch einen Neubau von Victor Gonzalez ersetzt. Als in den 90er Jahren die Kapelle restauriert wurde, entschied man sich dafür, die ursprüngliche Clicquot-Orgel wieder herzustellen. Jean-Loup Boisseau und Bertrand Cattiaux übernahmen diese Aufgabe. Dabei konnten sie den alten Spieltisch nutzen, der noch vorhanden war. Erhalten war auch ein geringer Teil des originalen Pfeifenwerks. Als Vorbild diente zudem die Clicqout-Orgel in Houdan, die ohne wesent- liche Eingriffe und Umbauten über die Jahrhunderte gekommen war. Daran konnten sich Boisseau und Cattiaux orientieren; der Klang der beiden Instrumente ist in der Tat sehr ähnlich. Somit steht heute in der Chapelle Royale wieder eine „echte“ französische Barockorgel zur Verfügung.
Als Organisten wirken dort derzeit Michel Bouvard, Professor für Orgel am Pariser Konservatorium und Organist an der Cavaillé-Coll-Orgel der Basilika Saint-Sernin in Toulouse, Frédéric Desenclos, Pro- fessor für Orgel am Konservatorium in Orléans, Francois Espinasse, Professor für Orgel am Konservatorium Lyon und Organist der Kirche Saint-Severin in Paris, sowie Jean-Baptiste Robin, Professor für Orgel am Konservatorium von Versailles und Ehrenorganist an der Francois-Henri Clicqout-Orgel der Kathedrale von Poitiers. Sie teilen sich auch in die Aufnahmen auf der vorliegenden Doppel-CD, die ein klingendes Porträt der Orgel in der Chapelle Royale ist – und zugleich an die Organisten erinnert, die dieses Instrument früher gespielt und dafür Musik komponiert haben.
So präsentieren sie zwei Jahrhunderte französische Orgelmusik, wie sie unter den Königen Ludwig XIV. bis XVI. die höfische Liturgie begleitet hat. Und die Clicquot-Orgel klingt in der Tat berückend. Zu hören ist Musik von Nicolas Lebègue, Jacques-Denis Thomelin, Guillaume-Gabriel Nivers, Francois Couperin, Louis Marchand, Jean-Francois Dandrieu, Claude Bénigne Balbastre und Louis Claude Daquin. Ein prachtvolles Beiheft mit zahlreichen Bildern und ausführ- lichen Einführungstexten – leider unverkürzt nur in französischer Sprache, etwas knapper auch auf Englisch – vermittelt zusätzliche Eindrücke und Informationen.
Sonntag, 12. Januar 2014
Friedrich Wilhelm Schnurr plays for Otjikondo (Genuin)
Was kann ein Musiker tun, um ein Entwicklungsprojekt zu unter- stützen? Friedrich Wilhelm Schnurr, langjähriger Klavier- professor und ehemaliger Rektor der Hochschule für Musik in Detmold, war von dem Schuldorf Otjikondo in Namibia so begeistert, dass er eine Benefiz-CD dafür eingespielt hat. Für das Projekt fand er breite Unterstützung. Die Musikhochschule stellte Konzert- haus und Tonstudio; die Studie- renden Luisa Sachs und Dominik Streicher übernahmen honorarfrei die Aufnahmeleitung. Der Bielefelder Photograph Paul Hartjens erstellte kostenlos ein Porträt des Musikers für das CD-Cover. Und das Leipziger Label Genuin Classics erklärte sich bereit, den Reinerlös aus dem Vertrieb der CD dem Schulprojekt zukommen zu lassen.
So werden für jede verkaufte CD fünf Euro nach Afrika fließen. Dieses Geld kommt unmittelbar dem Musikunterricht an der Schule zugute. Das Musikprojekt startete im Jahre 2010, als Henry Grossmanns, Direktor der Musikschule Metzingen, der Schule 50 Blockflöten stiftete. Weitere Instrumente kamen hinzu, so dass die Internats- schule im Nordwesten Namibias mittlerweile ein kleines Orchester aufbauen konnte.
Den Unterricht übernehmen Studierende der Musikhochschule Windhoek. Sie organisieren auch kleine Aufführungen mit den Kindern. „Das Musikprojekt in Otjikondo spricht nicht nur das vorhandene musikalische Talent der namibischen Kinder an“, erläutert Professor Schnurr im Beiheft zu dieser CD, „sondern fördert in hohem Maße ihr Selbstbewusstsein sowie auch Disziplin und Durchhaltevermögen beim Üben eines Instruments.“
Um diese Initiative zu unterstützen, hat der Pianist ein Programm mit Werken von Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven, Franz Schubert und Felix Mendelssohn Bartholdy zusammengestellt. Es ist ein Programm ohne Ecken und Kanten, gelungen musiziert obendrein – und wer eine CD sucht, die man gerne anhört und auch unproblematisch verschenken kann, der ist hier genau richtig. Das gute Gefühl, mit dem Kauf Kindern Starthilfe auf ihrem Lebensweg gebe zu können, gibt es gratis dazu. Zum Schluss erklingt übrigens der Choral Jesu bleibet meine Freude aus der Kantate BWV 147 von Johann Sebastian Bach – ihr Titel lautet, programmatisch, Herz und Mund und Tat und Leben.
So werden für jede verkaufte CD fünf Euro nach Afrika fließen. Dieses Geld kommt unmittelbar dem Musikunterricht an der Schule zugute. Das Musikprojekt startete im Jahre 2010, als Henry Grossmanns, Direktor der Musikschule Metzingen, der Schule 50 Blockflöten stiftete. Weitere Instrumente kamen hinzu, so dass die Internats- schule im Nordwesten Namibias mittlerweile ein kleines Orchester aufbauen konnte.
Den Unterricht übernehmen Studierende der Musikhochschule Windhoek. Sie organisieren auch kleine Aufführungen mit den Kindern. „Das Musikprojekt in Otjikondo spricht nicht nur das vorhandene musikalische Talent der namibischen Kinder an“, erläutert Professor Schnurr im Beiheft zu dieser CD, „sondern fördert in hohem Maße ihr Selbstbewusstsein sowie auch Disziplin und Durchhaltevermögen beim Üben eines Instruments.“
Um diese Initiative zu unterstützen, hat der Pianist ein Programm mit Werken von Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven, Franz Schubert und Felix Mendelssohn Bartholdy zusammengestellt. Es ist ein Programm ohne Ecken und Kanten, gelungen musiziert obendrein – und wer eine CD sucht, die man gerne anhört und auch unproblematisch verschenken kann, der ist hier genau richtig. Das gute Gefühl, mit dem Kauf Kindern Starthilfe auf ihrem Lebensweg gebe zu können, gibt es gratis dazu. Zum Schluss erklingt übrigens der Choral Jesu bleibet meine Freude aus der Kantate BWV 147 von Johann Sebastian Bach – ihr Titel lautet, programmatisch, Herz und Mund und Tat und Leben.
Samstag, 11. Januar 2014
Walter Braunfels - Große Messe (Decca)
Walter Braunfels (1882 bis 1954) gehört zu einer verlorenen Gene- ration deutscher Komponisten. Sie waren zur Zeit der Weimarer Repu- blik sehr erfolgreich – Braunfels beispielsweise gehörte seinerzeit neben Franz Schreker und Richard Strauss zu den meistgespielten deutschen Opernkomponisten. Doch im sogenannten „Dritten Reich“ verschwanden die Werke jener Musiker von den Spielplänen und aus den Konzertsälen, weil sie zu Entarteter Kunst erklärt wurden, oder weil der Stammbaum des Urhebers nicht arisch genug war.
Braunfels war „Halbjude“, was ausreichte, um den Gründungsrektor der Kölner Musikhochschule 1933 all seiner Ämter zu entheben. Seine Kompositionen durften nicht mehr aufgeführt werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte Braunfels, wie viele andere verfemte Musiker aus jener Zeit, nicht mehr an die früheren Erfolge anknüpfen. Und so gerieten seine Werke in Vergessenheit. Erst in den 90er Jahren wurden einige davon hier und da wieder aufgeführt.
Auch der renommierte Dirigent Manfred Honeck setzte sich in seiner Zeit als Generalmusikdirektor der Staatsoper Stuttgart für das Erbe von Walter Braunfels ein. So erklang am 18. April 2010 im Beethovensaal der Liederhalle Stuttgart erstmals wieder dessen Große Messe op. 37. Es handelt sich dabei um ein umfangreiches, groß besetztes Werk, das das Ringen des Komponisten mit dem Glauben spiegelt.
Braunfels entstammte einer alteingesessenen jüdischen Familie aus Frankfurt/Main. Sein Vater war allerdings zum protestantischen Glauben konvertiert. Es wird berichtet, dass dem Sohn Religion zunächst wenig bedeutete – bis er sich unter dem Eindruck seines Fronteinsatzes im Ersten Weltkrieg zum Katholizismus bekannte. 1922 wurde er für sein Te Deum gefeiert. Fünf Jahre später wurde die Große Messe unter Hermann Abendroth im Kölner Gürzenich uraufgeführt. Im Mittelpunkt dieser Messkomposition steht das Credo. Es ist mit Abstand der längste Abschnitt des Werkes. Hier erklingen auch zum ersten Male die Knabenstimmen, die Braunfels mit der Person Jesu verbindet.
Die Große Messe ist ein farbenreiches, mitunter auch wuchtiges Werk; wer Mahler und Bruckner schätzt, der wird hier viel Vertrautes entdecken. Ein Mitschnitt dieses Konzertes ist nun bei Decca erschienen. Zu hören sind das Solistenquartett Simone Schneider, Gerhild Romberger, Matthias Klink und Attila Jun, Staatsorchester und Staatsopernchor sowie der Knabenchor Collegium iuvenum Stuttgart.
Braunfels war „Halbjude“, was ausreichte, um den Gründungsrektor der Kölner Musikhochschule 1933 all seiner Ämter zu entheben. Seine Kompositionen durften nicht mehr aufgeführt werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte Braunfels, wie viele andere verfemte Musiker aus jener Zeit, nicht mehr an die früheren Erfolge anknüpfen. Und so gerieten seine Werke in Vergessenheit. Erst in den 90er Jahren wurden einige davon hier und da wieder aufgeführt.
Auch der renommierte Dirigent Manfred Honeck setzte sich in seiner Zeit als Generalmusikdirektor der Staatsoper Stuttgart für das Erbe von Walter Braunfels ein. So erklang am 18. April 2010 im Beethovensaal der Liederhalle Stuttgart erstmals wieder dessen Große Messe op. 37. Es handelt sich dabei um ein umfangreiches, groß besetztes Werk, das das Ringen des Komponisten mit dem Glauben spiegelt.
Braunfels entstammte einer alteingesessenen jüdischen Familie aus Frankfurt/Main. Sein Vater war allerdings zum protestantischen Glauben konvertiert. Es wird berichtet, dass dem Sohn Religion zunächst wenig bedeutete – bis er sich unter dem Eindruck seines Fronteinsatzes im Ersten Weltkrieg zum Katholizismus bekannte. 1922 wurde er für sein Te Deum gefeiert. Fünf Jahre später wurde die Große Messe unter Hermann Abendroth im Kölner Gürzenich uraufgeführt. Im Mittelpunkt dieser Messkomposition steht das Credo. Es ist mit Abstand der längste Abschnitt des Werkes. Hier erklingen auch zum ersten Male die Knabenstimmen, die Braunfels mit der Person Jesu verbindet.
Die Große Messe ist ein farbenreiches, mitunter auch wuchtiges Werk; wer Mahler und Bruckner schätzt, der wird hier viel Vertrautes entdecken. Ein Mitschnitt dieses Konzertes ist nun bei Decca erschienen. Zu hören sind das Solistenquartett Simone Schneider, Gerhild Romberger, Matthias Klink und Attila Jun, Staatsorchester und Staatsopernchor sowie der Knabenchor Collegium iuvenum Stuttgart.
Romantic Works for Flute and Piano (Genuin)
Zwei junge Musikerinnen stellen sich auf dieser CD vor. Die Flötistin Atsuko Koga studierte in Tokio und am Conservatoire National Supérieure de Musique de Paris. Sie war bei etlichen Wettbewerben erfolgreich, und musiziert als Solistin mit namhaften Orchestern. Begleitet wird sie am Klavier von Mayuko Miyata, die in Polen und in Deutschland studiert hat, und nun in Berlin lebt. Klangschön und virtuos präsentieren die Koga und Miyata Werke vor allem aus der französischen Tradition. Dabei kombinieren sie Populäres wie die berühmte Méditation aus der Oper Thais von Jules Massenet oder die Méditation sur le 1er Prélude de Bach von Charles Gounod, auch bekannt als Ave Maria, mit hierzulande wenig Bekanntem wie der Suite op. 34 pour flute et piano von Charles-Marie Widor. Es erklingt aber auch das Konzertstück Introduktion und Variationen über Trockne Blumen, das einzige Werk für Flöte von Franz Schubert.
Trompetenkonzerte des Barock (Thorofon)
Zur Zeit des Barock waren Trompe- tenkonzerte sehr beliebt. Die
Trompete war ein Klangsymbol der Aristokratie, Trompetenvirtuosen
waren hoch angesehen und stan- den gut bezahlt im höfischen Dienst.
Doch dann wurde das Mu- sikleben eine bürgerliche Domäne, und auf dem
Konzertpodium dominierten Instrumente wie die Geige und das
Klavier. Daran hat sich auch bis heute wenig geän- dert.
Pierre Kremer, ausgebildet am Konservatorium Luxemburg, stellt auf dieser CD eine Auswahl an Trompetenkonzerten von Johann Melchior Molter über Johann Friedrich Fasch bis hin zu Johann Wilhelm Hertel und Leopold Mozart vor. Ergänzt wird das anspruchsvolle Programm durch eine Sonate für Trompete, acht Streicher und Basso continuo von Alessandro Stradella. Der Solist musiziert auf einer Barocktrompete, mit einem strahlenden, glanzvollen Ton. In sehr schnellen Passagen sowie bei den Spitzentönen würde man sich allerdings noch mehr Präzision wünschen. Begleitet wird Kremer vom Lettischen Philhar- monischen Kammerorchester unter Leitung des luxemburgischen Dirigenten Carlo Jans.
Pierre Kremer, ausgebildet am Konservatorium Luxemburg, stellt auf dieser CD eine Auswahl an Trompetenkonzerten von Johann Melchior Molter über Johann Friedrich Fasch bis hin zu Johann Wilhelm Hertel und Leopold Mozart vor. Ergänzt wird das anspruchsvolle Programm durch eine Sonate für Trompete, acht Streicher und Basso continuo von Alessandro Stradella. Der Solist musiziert auf einer Barocktrompete, mit einem strahlenden, glanzvollen Ton. In sehr schnellen Passagen sowie bei den Spitzentönen würde man sich allerdings noch mehr Präzision wünschen. Begleitet wird Kremer vom Lettischen Philhar- monischen Kammerorchester unter Leitung des luxemburgischen Dirigenten Carlo Jans.
Freitag, 10. Januar 2014
Bach: Keyboard works; Marville (Passacaille)
Es ist bekannt, dass Johann Sebastian Bach das Clavichord über alles schätzte. Sein Biograph Forkel berichtet: „Die sogenanten Flügel“ - gemeint sind Cembali - „obgleich auch auf ihnen ein gar verschiedener Vortrag statt fin- det, waren ihm doch zu seelen- los, und die Pianoforte waren bey seinem Leben noch zu sehr in ihrer ersten Entstehung, und noch viel zu plump, als daß sie ihm hätten Genüge thun können. Er hielt daher das Clavichord für das beste Instrument zum Studiren, wie überhaupt zur musikalischen Privatunterhaltung. Er fand es zum Vortrag seiner feinsten Gedanken am bequemsten und glaubte nicht, daß auf irgend einem Flügel oder Pianoforte eine solche Mannig- faltigkeit in den Schattirungen des Tons hervor gebracht werden könne, als auf diesem zwar Ton-armen, aber im Kleinen außer- ordentlich biegsamen Instrument.“
Ein Blick auf das Tonträgerangebot aber zeigt, dass das Clavichord, wenn es um Aufnahmen von Bachs Musik geht, faktisch keine Rolle spielt. Das ist ein erstaunliches Phänomen, und es ist eigentlich nur dadurch zu erklären, dass zu der Zeit, als Bachs Werke wiederentdeckt wurden, der Konzertflügel längst sowohl das Clavichord als auch das Cembalo abgelöst hatte. Die Aufführungstradition, die dadurch ent- standen ist, prägt unsere Hörgewohnheiten bis heute.
Dass es durchaus faszinierend sein kann, Bachs Musik auf dem Clavi- chord vorzutragen, beweist Jovanka Marville auf dieser CD. Sie hat aus der großen Schar der Bach-Werke dafür einige ausgewählt – so unorthodox, wie dies wohl auch der Thomaskantor selbst getan hätte – und sie spielt wirklich bezaubernd. Sie musiziert auf einem klangschönen bundfreien, zweichörigen Clavichord, dass Thomas Steiner 1999 in Basel nach einem Instrument von Christian Gottlob Hubert, Hof-Orgel- und Instrumentenmacher im Dienste des Mark- grafen zu Bayreuth, gebaut hat.
Ein Blick auf das Tonträgerangebot aber zeigt, dass das Clavichord, wenn es um Aufnahmen von Bachs Musik geht, faktisch keine Rolle spielt. Das ist ein erstaunliches Phänomen, und es ist eigentlich nur dadurch zu erklären, dass zu der Zeit, als Bachs Werke wiederentdeckt wurden, der Konzertflügel längst sowohl das Clavichord als auch das Cembalo abgelöst hatte. Die Aufführungstradition, die dadurch ent- standen ist, prägt unsere Hörgewohnheiten bis heute.
Dass es durchaus faszinierend sein kann, Bachs Musik auf dem Clavi- chord vorzutragen, beweist Jovanka Marville auf dieser CD. Sie hat aus der großen Schar der Bach-Werke dafür einige ausgewählt – so unorthodox, wie dies wohl auch der Thomaskantor selbst getan hätte – und sie spielt wirklich bezaubernd. Sie musiziert auf einem klangschönen bundfreien, zweichörigen Clavichord, dass Thomas Steiner 1999 in Basel nach einem Instrument von Christian Gottlob Hubert, Hof-Orgel- und Instrumentenmacher im Dienste des Mark- grafen zu Bayreuth, gebaut hat.
Fantasies for Bassoon (Chandos)
Das Fagott steht nur selten im Mittelpunkt eines Konzertes. Warum eigentlich? fragt man sich, wenn man diese CD mit der groß- artigen jungen Fagottistin Karen Geoghegan hört. Sie beeindruckt durch ihr gefühlvolles, sangliches Spiel – besonders in den Höhen –, produziert aber auch in der Mittellage sowie in der Tiefe ganz erstaunliche samtweiche, runde Töne. Am Klavier souverän begleitet wird die Musikerin durch Philip Edward Fisher.
Das Repertoire für diese Instrumentenkombination scheint allerdings rar zu sein – nur ein einziges Werk auf dieser CD, eine Sonate des Thomaskantors Gustav Schreck (1849 bis 1918) wurde tatsächlich für das Fagott geschrieben. Die beiden Musiker haben darum herum etliche bekannte Werke, bevorzugt aus der romantischen Literatur, gruppiert – zumeist, indem sie auf Bearbeitungen für Violoncello und Klavier zurückgegriffen haben. Das funktioniert hervorragend.
Das Repertoire für diese Instrumentenkombination scheint allerdings rar zu sein – nur ein einziges Werk auf dieser CD, eine Sonate des Thomaskantors Gustav Schreck (1849 bis 1918) wurde tatsächlich für das Fagott geschrieben. Die beiden Musiker haben darum herum etliche bekannte Werke, bevorzugt aus der romantischen Literatur, gruppiert – zumeist, indem sie auf Bearbeitungen für Violoncello und Klavier zurückgegriffen haben. Das funktioniert hervorragend.
Freitag, 3. Januar 2014
Grand Piano Masters - Carnaval (KuK)
Diese CD enthält den Mitschnitt eines Konzertes mit Rolf Plagge im Laienrefektorium des Klosters Maulbronn aus dem Jahr 2006. Der Pianist begann sein Programm mit der Klaviersonate KV 332 von Wolfgang Amadeus Mozart, mit einer Interpretation voll Esprit und Heiterkeit. Dass er aber die Kontraste liebt, verrät schon das zweite Stück, die Klaviersonate
op. 42 von Franz Schubert, ein Werk voll Düsternis und Unruhe.
Komplettiert wurde die Auswahl durch Carnaval von Robert Schumann. Der Klavierzyklus, entstan- den in den Jahren 1834/35, ist ein musikalisches Vexierbild, und reflektiert nicht zuletzt Schumanns Beziehung zu seiner ersten Verlobten Ernestine von Fricken. Die österreichische Pianistin, die er im Hause Wieck kennenlernte, kam aus Asch – welche Buchstaben Schumann freudig auch in seinem Namen vorfand, und als A-Es-C-H bzw. Es-C-H-A vielfach in Carnaval spiegelt.
Kuriosum am Rande: Als sich herausstellte, dass die junge Frau kei- neswegs eine steinreiche Baronin, sondern lediglich eine Adoptiv- tochter war, die kein Erbe erwarten durfte, wirkte dies wie eine eisige Dusche auf den Bräutigam – der die Verlobung dann auch rasch wieder löste. Dieses Wechselspiel der Gefühle findet durchaus ein Echo im Klavierspiel Plagges, der ganz auf Ausdruck setzt. Carnaval bietet dazu alle Möglichkeiten, von tänzerischer Eleganz bis hin zum wuchtigen, leidenschaftlichen Ausbruch. Verglichen mit den braven Interpretationen, die man sonst so erlebt, wirkt diese Aufnahme geradezu altväterlich; in ihrer Emotionalität erinnert sie an Einspie- lungen großer Pianisten früherer Generationen. Das hat schon was.
op. 42 von Franz Schubert, ein Werk voll Düsternis und Unruhe.
Komplettiert wurde die Auswahl durch Carnaval von Robert Schumann. Der Klavierzyklus, entstan- den in den Jahren 1834/35, ist ein musikalisches Vexierbild, und reflektiert nicht zuletzt Schumanns Beziehung zu seiner ersten Verlobten Ernestine von Fricken. Die österreichische Pianistin, die er im Hause Wieck kennenlernte, kam aus Asch – welche Buchstaben Schumann freudig auch in seinem Namen vorfand, und als A-Es-C-H bzw. Es-C-H-A vielfach in Carnaval spiegelt.
Kuriosum am Rande: Als sich herausstellte, dass die junge Frau kei- neswegs eine steinreiche Baronin, sondern lediglich eine Adoptiv- tochter war, die kein Erbe erwarten durfte, wirkte dies wie eine eisige Dusche auf den Bräutigam – der die Verlobung dann auch rasch wieder löste. Dieses Wechselspiel der Gefühle findet durchaus ein Echo im Klavierspiel Plagges, der ganz auf Ausdruck setzt. Carnaval bietet dazu alle Möglichkeiten, von tänzerischer Eleganz bis hin zum wuchtigen, leidenschaftlichen Ausbruch. Verglichen mit den braven Interpretationen, die man sonst so erlebt, wirkt diese Aufnahme geradezu altväterlich; in ihrer Emotionalität erinnert sie an Einspie- lungen großer Pianisten früherer Generationen. Das hat schon was.
Telemann: Wind Concertos Vol. 8 (cpo)
Wer Ohren hat, zu hören, der wird spätestens durch diese CD davon überzeugt, dass Georg Philipp Telemann (1681 bis 1767) keineswegs der Langweiler und Vielschreiber war, zu dem ihn Musikwissenschaftler später erklärt haben. Auf insgesamt acht CD hat Michael Schneider mit seinen Ensembles La Stagione Frankfurt und Camerata Köln zahlreiche Bläserkonzerte des Komponisten eingespielt.
Ob man wirklich von einer „Gesamteinspielung“ sprechen kann, darüber äußert Telemann-Experte Professor Wolfgang Hirschmann im Beiheft begründete Zweifel. Abwechslung aber bietet die Aufnahme reichlich, das wird schon beim Blick auf die Besetzungen der einzelnen Werke deutlich; so sind Konzerte für Block- sowie Traversflöten und Fagott ebenso dabei wie Konzerte für Hörner, für Oboe, für Trompete und zwei Oboen, für Oboe'amore, ja, sogar für zwei Chalumeaux, zumeist gemeinsam mit Streichern und Basso continuo.
Zwar erklärte Telemann 1718 in seiner Autobiographie, dass seine Konzerte „mehrentheils nach Franckreich riechen“. Doch woher auch immer der Komponist seine Anregungen bezogen hat – immer stellt man fest: Es ist am Ende Telemann, was in den Noten steht. Er schöpfte aus einem schier unerschöpflichen Vorrat von Formen, Klangideen und Melodien, und er verwandelte das musikalische Material durch seinen unverkennbaren Personalstil.
Wer diese CD hört, der wird über die Schaffenskraft des Komponisten staunen, und sich über die exzellente Qualität der Einspielung freuen. Die Musiker um Schneider spielen großartig. Noch schöner wäre es, wenn nun bald eine Gesamtaufnahme der Telemann-Konzerte folgen würde, in denen Bläser und Streicher in gemischten Besetzungen konzertieren. Ich bin mir sicher, dass dies weitere Entdeckungen ermöglichen würde.
Ob man wirklich von einer „Gesamteinspielung“ sprechen kann, darüber äußert Telemann-Experte Professor Wolfgang Hirschmann im Beiheft begründete Zweifel. Abwechslung aber bietet die Aufnahme reichlich, das wird schon beim Blick auf die Besetzungen der einzelnen Werke deutlich; so sind Konzerte für Block- sowie Traversflöten und Fagott ebenso dabei wie Konzerte für Hörner, für Oboe, für Trompete und zwei Oboen, für Oboe'amore, ja, sogar für zwei Chalumeaux, zumeist gemeinsam mit Streichern und Basso continuo.
Zwar erklärte Telemann 1718 in seiner Autobiographie, dass seine Konzerte „mehrentheils nach Franckreich riechen“. Doch woher auch immer der Komponist seine Anregungen bezogen hat – immer stellt man fest: Es ist am Ende Telemann, was in den Noten steht. Er schöpfte aus einem schier unerschöpflichen Vorrat von Formen, Klangideen und Melodien, und er verwandelte das musikalische Material durch seinen unverkennbaren Personalstil.
Wer diese CD hört, der wird über die Schaffenskraft des Komponisten staunen, und sich über die exzellente Qualität der Einspielung freuen. Die Musiker um Schneider spielen großartig. Noch schöner wäre es, wenn nun bald eine Gesamtaufnahme der Telemann-Konzerte folgen würde, in denen Bläser und Streicher in gemischten Besetzungen konzertieren. Ich bin mir sicher, dass dies weitere Entdeckungen ermöglichen würde.
Donnerstag, 2. Januar 2014
Zelenka: Sonatas (Linn)
Jan Dismas Zelenka (1679 bis 1745) war im Umgang mit Klangfarben ein Meister. Das zeigt auch diese CD mit Instrumental- musik des Musikers, der am Dresdner Hof erst Violone bzw. Kontrabass spielte, später dann zumindest zum Kirchen-Kompo- nisten ernannt wurde. Das Ensemble Marsyas, unterstützt durch die Geigerin Monica Hug- gett, hat drei der sechs Sonaten ZWV 181 sowie das Andante aus der Simphonie à 8 Concertanti ZWV 189 eingespielt. Die Sonaten erweisen sich für die Bläser als Kabinettstückchen – was der Komponist hier den zumeist zwei Oboen und insbesondere auch dem Fagott abverlangt, das ist nur von erstklassigen Solisten zu meistern. Die Musiker des Ensembles Marsyas spielen sehr hörenswert; nur schade, dass der Platz auf der CD nicht für alle Sonaten ausgereicht hat.