Joseph Gabriel Rheinberger (1839 bis 1901) ist heute eigentlich nur noch mit seiner Orgelmusik, und vielleicht auch noch mit einigen seiner Vokalwerke, im Konzertleben präsent. Dass er auch Kammer- und Orchestermusik geschrieben hat, das ist weit weniger bekannt. Mit entsprechend großer Neugier habe ich daher sein Klavierkonzert in As-Dur op. 94 angehört, das Simon Callaghan gemeinsam mit dem BBC Scottish Symphony Orchestra unter Leitung von Ben Gernon für Hyperion eingespielt hat.
Entstanden ist dieses Werk im Jahre 1876; damals wurde Rheinberger als Orgel- und Kompositionsprofessor an das Münchner Konservatorium berufen, und kein Geringerer als Richard Strauss übernahm die Uraufführung seiner Orchesterwerke. Über den Lebensweg Rheinbergers wurde in diesem Blog bereits an anderer Stelle ausführlich berichtet. Sein Klavierkonzert zeichnet sich aus durch Virtuosität, durch Leidenschaft und Tiefe. Warum dieses beeindruckende Werk nicht mehr im Repertoire ist, das ist mir ein Rätsel.
Wahrend Rheinberger einst das Musikleben Münchens mit prägte, wirkte Bernhard Scholz (1835 bis 1916) in Breslau als Leiter des dortigen Musikvereins. Ausgebildet ursprünglich als Drucker, sollte Scholz eigentlich das Verlagsgeschäft der Familie in Mainz fortführen. Doch seine musikalische Begabung setzte sich letztendlich durch; nach einer soliden Unterweisung in Klavierspiel, Komposition und Gesang unterrichtete Scholz zunächst Kontrapunkt am Münchner Konservatorium, und wurde dann nach einigen Kapellmeister-Stationen der Leiter des Breslauer Orchestervereins.
1883 wurde er dann Direktor des Hoch'schen Konservatoriums in Frankfurt/Main, außerdem leitete er den Rühlschen Gesangsverein. Musikalisch stand er Joseph Joachim, Clara Schumann und vor allem auch Johannes Brahms nahe. Auf dieser CD erklingen sein Klavierkonzert in H-Dur op. 57 sowie das Capriccio für Klavier und Orchester op. 35, beides in Weltersteinspielung. Und beides ebenfalls sehr hörenswert. Herzlichen Dank für die Wiederentdeckung dieser attraktiven Musik!
Donnerstag, 29. November 2018
Mittwoch, 28. November 2018
Gott ist unsere Zuversicht (Rondeau)
Der Stadtsingechor Halle/Saale ist ein renommiertes Ensemble mit einer ganz enormen Tradition. Seine Wurzeln reichen bis in das Jahr 1116, zur Gründung des Augustiner-Chorherrenstiftes Neuwerk, zurück. 1565 schlossen sich die Hallenser Pfarrschulen zum lutherischen Gymnasium zusammen. So entstand auch ein Schulchor, der unter anderem Gottesdienste in den drei Hauptkirchen Unser Lieben Frauen, St. Ulrich und St. Moritz musikalisch auszugestalten hatte. Er wurde später Stadtsingechor genannt, und wirkte im Laufe der Jahrhunderte mit zahlreichen hervorragenden Kantoren und Organisten zusammen, wie Samuel Scheidt, Friedrich Wilhelm Zachow, Daniel Gottlob Türk oder Wilhelm Friedemann Bach. Seit 2014 wird der Chor von Clemens Flämig geleitet. Er ist heute in den Franckeschen Stiftungen beheimatet; die Sänger lernen am Landesgymnasium Latina, und absolvieren zudem ein umfangreiches Pensum an Musikunterricht, Proben und Konzerten.
Die neue CD mit dem Titel „Gott ist unsre Zuversicht“ bietet Chormusik vom 16. bis zum 21. Jahrhundert; das Programm ist auf den 46. Psalm ausgerichtet. Sein Text wurde von Martin Luther zu einem Lied umge- arbeitet: Ein feste Burg ist unser Gott gilt bis heute als ein Symbol der Reformation.
So reicht denn auch dieses Programm von der Reformation bis in die Moderne. Die Anforderungen an die jungen Chorsänger sind hoch, doch sie singen mit hoher Präzision und mit Engagement. Allerdings erfolgte die Aufnahme so ungeschickt, dass der überaus hallige Kirchenraum alles dominiert. Wer auch immer für die Tontechnik verantwortlich war – eine Glanzleistung ist das leider nicht.
Die neue CD mit dem Titel „Gott ist unsre Zuversicht“ bietet Chormusik vom 16. bis zum 21. Jahrhundert; das Programm ist auf den 46. Psalm ausgerichtet. Sein Text wurde von Martin Luther zu einem Lied umge- arbeitet: Ein feste Burg ist unser Gott gilt bis heute als ein Symbol der Reformation.
So reicht denn auch dieses Programm von der Reformation bis in die Moderne. Die Anforderungen an die jungen Chorsänger sind hoch, doch sie singen mit hoher Präzision und mit Engagement. Allerdings erfolgte die Aufnahme so ungeschickt, dass der überaus hallige Kirchenraum alles dominiert. Wer auch immer für die Tontechnik verantwortlich war – eine Glanzleistung ist das leider nicht.
Alexander Knyazev - Pipe Organ (Melodija)
Eine ganz famose Orgel stellt diese Doppel-CD vor. Sie befindet sich im Dom zu Riga, und wurde 1882/83 von der Ludwigsburger Orgelbau- firma Walcker errichtet. Hinter dem frühbarocken Orgelprospekt des Vorgängerinstrumentes, der übrigens zu den ältesten der Welt gehört, befinden sich 6.718 Pfeifen; verfügbar sind 124 Register auf vier Manualen und Pedal.
Als dieses Instrument im Januar 1884 eingeweiht wurde, war es die größte Orgel der Welt. Und zum hundertsten Geburtstag gab es eine umfassende Restaurierung durch das niederländischen Orgelbau- unternehmen Flentrop.
Beeindruckend klingt sie noch immer. Und der russische Organist Alexander Knjasew bringt mit seinem Spiel das Instrument so recht zur Geltung. Knjasew ist ein Phänomen – denn eigentlich ist er von Haus aus ein erfolgreicher Cellist; er hat bereits in vielen erstklassigen Konzertsälen und mit namhaften Dirigenten musiziert, und war Gast auf bedeutenden Festivals weltweit.
Mit dieser Einspielung aus dem Jahre 2012 wendet er sich den berühmten Leipziger Chorälen von Johann Sebastian Bach zu. Sein Kommentar dazu: „Ich suche nach einer Interpretation von Bachs Musik, die in erster Linie und vor allem sehr lebendig sein soll. Ich glaube, dass der Genius von Bachs Musik extrem modern ist. Wir sollten sie auf keinen Fall wie einen Museumsgegenstand behandeln.“
Als dieses Instrument im Januar 1884 eingeweiht wurde, war es die größte Orgel der Welt. Und zum hundertsten Geburtstag gab es eine umfassende Restaurierung durch das niederländischen Orgelbau- unternehmen Flentrop.
Beeindruckend klingt sie noch immer. Und der russische Organist Alexander Knjasew bringt mit seinem Spiel das Instrument so recht zur Geltung. Knjasew ist ein Phänomen – denn eigentlich ist er von Haus aus ein erfolgreicher Cellist; er hat bereits in vielen erstklassigen Konzertsälen und mit namhaften Dirigenten musiziert, und war Gast auf bedeutenden Festivals weltweit.
Mit dieser Einspielung aus dem Jahre 2012 wendet er sich den berühmten Leipziger Chorälen von Johann Sebastian Bach zu. Sein Kommentar dazu: „Ich suche nach einer Interpretation von Bachs Musik, die in erster Linie und vor allem sehr lebendig sein soll. Ich glaube, dass der Genius von Bachs Musik extrem modern ist. Wir sollten sie auf keinen Fall wie einen Museumsgegenstand behandeln.“
Dienstag, 27. November 2018
Kind of Gold - Matthias Höfs & Ensembles (Berlin Classsics)
Was für ein Sound! Wenn Matthias Höfs, Professor an der Hamburger Musikhochschule, seine Schüler zum gemeinsamen Musizieren herbeiruft, dann meint dies offenbar nicht nur seine aktuelle Trompetenklasse. An dieser Einspielung waren auch ehemalige Studenten beteiligt, die mittlerweile in renommierten Orchestern musizieren. Und so hält dieses Album auch, was der Titel verspricht: Satte Blechbläserklänge.
Zentrales Stück auf der CD: The Trumpets Shall Sound für Solotrom- pete, neun Trompeten und Orchester – ein Werk großen Formates, das Wolf Kerschek eigens für Matthias Höfs geschrieben hat. Es beeindruckt durch vielfältige Klangeffekte, und Anspielungen an die Geschichte des Blasinstrumentes. Man hört, dass Kerschek sich eigentlich mit Jazz und Filmmusik beschäftigt.
„Wann hat man schon mal so viele Trompeten? Da muss man sich etwas einfallen lassen“, meint der Komponist, der ebenfalls an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg lehrt und Höfs sehr schätzt. Auch das Orchester der Hochschule unter Leitung von Professor Ulrich Windfuhr wirkte mit.
„Für alle war es spannend, ein so vielfarbiges Werk zu erarbeiten, es in Konzerten zu spielen und anschließend zu produzieren“, berichtet Höfs. „Wenn Komponist, Solist, Orchester, Dirigent und Tonmeister aus einem Haus kommen und ein Projekt mit so positiver Energie umsetzen, dann ist das etwas Außergewöhnliches.“
Mit Space Heroes ist noch ein weiteres Werk Kerscheks auf der CD zu hören. Komplettiert wird das Programm durch die Festmusik der Stadt Wien von Richard Strauss, für immerhin zehn Trompeten, sieben Posaunen, zwei Tuben und Pauken, die ebenfalls selten gespielten Fanfare für ein neues Theater sowie die Eröffnungsfanfare des Balletts Agon von Igor Strawinsky, Sinfonia und Caprice op. 56 des japanischen Kompo- nisten Itaru Sakai für acht Trompeten, und die Sokol-Fanfare aus der Sinfonietta op. 60 von Leoš Janáček.
Eine Aufführung dieses Werkes gab auch den Impuls für dieses CD-Pro- jekt: „Gemeinsam mit meiner Trompetenklasse werde ich des Öfteren von Orchestern eingeladen, um Janáčeks ,Sinfonietta' zu spielen. Während einer Orchesterprobe saß ich mit insgesamt 12 Trompetern auf der Bühne und dachte: ,Was für ein Klang!'“, berichtet Matthias Höfs. „Man hört diese große Trompetenbesetzung dann leider nur kurz am Anfang und am Ende des Stücks.“ Und in der gesamten Musikliteratur gebe es nur sehr wenige Werke, die mit einem derart geballten Bläsersound aufwarten können.
Zentrales Stück auf der CD: The Trumpets Shall Sound für Solotrom- pete, neun Trompeten und Orchester – ein Werk großen Formates, das Wolf Kerschek eigens für Matthias Höfs geschrieben hat. Es beeindruckt durch vielfältige Klangeffekte, und Anspielungen an die Geschichte des Blasinstrumentes. Man hört, dass Kerschek sich eigentlich mit Jazz und Filmmusik beschäftigt.
„Wann hat man schon mal so viele Trompeten? Da muss man sich etwas einfallen lassen“, meint der Komponist, der ebenfalls an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg lehrt und Höfs sehr schätzt. Auch das Orchester der Hochschule unter Leitung von Professor Ulrich Windfuhr wirkte mit.
„Für alle war es spannend, ein so vielfarbiges Werk zu erarbeiten, es in Konzerten zu spielen und anschließend zu produzieren“, berichtet Höfs. „Wenn Komponist, Solist, Orchester, Dirigent und Tonmeister aus einem Haus kommen und ein Projekt mit so positiver Energie umsetzen, dann ist das etwas Außergewöhnliches.“
Mit Space Heroes ist noch ein weiteres Werk Kerscheks auf der CD zu hören. Komplettiert wird das Programm durch die Festmusik der Stadt Wien von Richard Strauss, für immerhin zehn Trompeten, sieben Posaunen, zwei Tuben und Pauken, die ebenfalls selten gespielten Fanfare für ein neues Theater sowie die Eröffnungsfanfare des Balletts Agon von Igor Strawinsky, Sinfonia und Caprice op. 56 des japanischen Kompo- nisten Itaru Sakai für acht Trompeten, und die Sokol-Fanfare aus der Sinfonietta op. 60 von Leoš Janáček.
Eine Aufführung dieses Werkes gab auch den Impuls für dieses CD-Pro- jekt: „Gemeinsam mit meiner Trompetenklasse werde ich des Öfteren von Orchestern eingeladen, um Janáčeks ,Sinfonietta' zu spielen. Während einer Orchesterprobe saß ich mit insgesamt 12 Trompetern auf der Bühne und dachte: ,Was für ein Klang!'“, berichtet Matthias Höfs. „Man hört diese große Trompetenbesetzung dann leider nur kurz am Anfang und am Ende des Stücks.“ Und in der gesamten Musikliteratur gebe es nur sehr wenige Werke, die mit einem derart geballten Bläsersound aufwarten können.
Montag, 26. November 2018
Molter: Sinfonias & Cantatas (cpo)
Mit einem Editionsprojekt ehrte Thüringen Johann Melchior Molter (1696 bis 1765): Aus Anlass des 250. Todestages startete Theater&Phil- harmonie Thüringen mit dem Institut für Musikwissenschaft Weimar-Jena eine Neuausgabe der Werke des Komponisten, der in Tiefenort an der Werra zur Welt kam, und in Karls- ruhe sowie in Eisenach als Hofkapell- meister wirkte.
Studierende der Hochschule für Musik Franz Liszt beschäftigten sich intensiv mit den alten Handschriften, die sich in der Badischen Landes- bibliothek Karlsruhe befinden und online abrufbar sind. Sie haben für einige Werke Molters, die seit seinem Tod nicht mehr gespielt wurden, Notenmaterial erstellt.
Dies ist nicht nur die Grundlage für eine Molter-Werksausgabe, die in den kommenden Jahren bei der Verlagsgruppe Kamprad in Altenburg erscheinen soll. Es schafft auch die Voraussetzung für die Aufführung dieser Musik durch das Reußische Kammerorchester, das unter der Leitung von Werner Ehrhardt Molters Musik einstudiert und in Altenburg und Gera aufgeführt hat.
So ist auch dieser Mitschnitt entstanden, der im Geraer Konzertsaal aufgezeichnet wurde. Ehrhardt, selbst ein exzellenter Barockgeiger, Gründungsmitglied des Concerto Köln und Gründer des Ensemble L'Arte del Mondo, lässt das Reußische Kammerorchester differenziert und elegant musizieren. So gelingt insbesondere Molters Flötenkonzert sehr ausdrucksvoll; Solist ist Andreas Knoop. Bei den großbesetzten Orchesterstücken am Anfang und Ende der CD wird allerdings hörbar, dass das Orchester solide, aber nicht überragend agiert.
Die beiden Arien und die umfangreiche Cantata L'augellin tra verdi fronde sind technisch anspruchsvoll und virtuos; leider wird Julia S. Wagner mit ihrem doch recht massigen Sopran diesen Kabinettstückchen des Rokoko-Ziergesanges nur unzureichend gerecht. Hier hätte man sich eine wesentlich beweglichere, koloratursichere Stimme gewünscht.
Studierende der Hochschule für Musik Franz Liszt beschäftigten sich intensiv mit den alten Handschriften, die sich in der Badischen Landes- bibliothek Karlsruhe befinden und online abrufbar sind. Sie haben für einige Werke Molters, die seit seinem Tod nicht mehr gespielt wurden, Notenmaterial erstellt.
Dies ist nicht nur die Grundlage für eine Molter-Werksausgabe, die in den kommenden Jahren bei der Verlagsgruppe Kamprad in Altenburg erscheinen soll. Es schafft auch die Voraussetzung für die Aufführung dieser Musik durch das Reußische Kammerorchester, das unter der Leitung von Werner Ehrhardt Molters Musik einstudiert und in Altenburg und Gera aufgeführt hat.
So ist auch dieser Mitschnitt entstanden, der im Geraer Konzertsaal aufgezeichnet wurde. Ehrhardt, selbst ein exzellenter Barockgeiger, Gründungsmitglied des Concerto Köln und Gründer des Ensemble L'Arte del Mondo, lässt das Reußische Kammerorchester differenziert und elegant musizieren. So gelingt insbesondere Molters Flötenkonzert sehr ausdrucksvoll; Solist ist Andreas Knoop. Bei den großbesetzten Orchesterstücken am Anfang und Ende der CD wird allerdings hörbar, dass das Orchester solide, aber nicht überragend agiert.
Die beiden Arien und die umfangreiche Cantata L'augellin tra verdi fronde sind technisch anspruchsvoll und virtuos; leider wird Julia S. Wagner mit ihrem doch recht massigen Sopran diesen Kabinettstückchen des Rokoko-Ziergesanges nur unzureichend gerecht. Hier hätte man sich eine wesentlich beweglichere, koloratursichere Stimme gewünscht.
Sonntag, 25. November 2018
Funeralisssimo (Genuin)
Geige, Violoncello und Akkordeon – das ist die Besetzung, die Matthias Well für sein Debütalbum wählte. Der Fanny-Mendelssohn-Förder- preisträger 2017 hat sich intensiv mit Trauermusik beschäftigt. Denn schon als Kind spielte er auf Trauerfeiern. Der Trauergeiger fasziniert den jungen Musiker: „Doch was zeichnet ihn aus? Worin liegt das Geheimnis seiner Kunst“, fragt Well in einem klugen Essay, der im Beiheft nachzulesen ist. „In erster Linie muss der Violinist mit seinem Spiel die tiefen Gefühle aufnehmen, von denen die Anwesenden ergriffen sind, und sie kunstvoll in einen Klangteppich weben, der die Tragik des Moments abbildet, ihr eine Form verleiht und sie greifbar macht. Der individuelle Schmerz wird auf die Ebene der ewigen menschlichen Erfahrung gehoben.“
Studienkollegen haben Matthias Well berichtet, wie Beerdigungen in anderen Ländern ablaufen, ob und was am Grab musiziert wird. Sie haben dem Geiger auch die entsprechenden Musikstücke geschickt. Dabei wurde bald sichtbar, dass die Bräuche regional höchst unterschiedlich sind.
Auf dieser CD stellt Well ein Programm vor, dass zu mitteleuropäischer Trauerkultur passt, aber Melodien aus vielen Regionen der Erde enthält. Vom westafrikanischen Totentanz bis zum deutschen Volkslied, von indonesischen Klängen bis zum Jodler aus dem Alpenland und vom indische Raga bis zum Lamento Mexicano reichen die ausgewählten Stücke. Auch „klassische“ Musik von Johann Sebastian Bach, Reinhold Glière, Alessandro Stradella, Ciprian Porumbescu und Astor Piazzolla erklingt.
Erstaunlicherweise harmonieren all diese sehr unterschiedlichen Stücke dennoch ausgezeichnet miteinander. Bei dieser Einspielung unterstützten den Violinisten seine Schwester Maria Well sowie der Akkordeonist Zdravko Živković. Schöne Töne, große Bögen. Und die Kombination von Violine, Cello und Akkordeon wirkt sanft und tröstlich. Das perfekte Album zum heutigen Totensonntag!
Studienkollegen haben Matthias Well berichtet, wie Beerdigungen in anderen Ländern ablaufen, ob und was am Grab musiziert wird. Sie haben dem Geiger auch die entsprechenden Musikstücke geschickt. Dabei wurde bald sichtbar, dass die Bräuche regional höchst unterschiedlich sind.
Auf dieser CD stellt Well ein Programm vor, dass zu mitteleuropäischer Trauerkultur passt, aber Melodien aus vielen Regionen der Erde enthält. Vom westafrikanischen Totentanz bis zum deutschen Volkslied, von indonesischen Klängen bis zum Jodler aus dem Alpenland und vom indische Raga bis zum Lamento Mexicano reichen die ausgewählten Stücke. Auch „klassische“ Musik von Johann Sebastian Bach, Reinhold Glière, Alessandro Stradella, Ciprian Porumbescu und Astor Piazzolla erklingt.
Erstaunlicherweise harmonieren all diese sehr unterschiedlichen Stücke dennoch ausgezeichnet miteinander. Bei dieser Einspielung unterstützten den Violinisten seine Schwester Maria Well sowie der Akkordeonist Zdravko Živković. Schöne Töne, große Bögen. Und die Kombination von Violine, Cello und Akkordeon wirkt sanft und tröstlich. Das perfekte Album zum heutigen Totensonntag!
Michael & Joseph Haydn: Horn Concertos (Avi-Music)
Hornkonzerte von Joseph und Michael Haydn erklingen auf dieser CD. Nicht bei allen dieser Stücke ist wirklich sicher, dass sie von den Brüdern stammen. Trotzdem lohnt sich aber eine solche Einspielung, denn die beiden Konzerte, deren Urheberschaft geklärt ist, sind wirklich exzellent. Das Concerto per il Corno da caccia D-Dur hat Joseph Haydn wohl für den Hornisten Joseph Leutgeb (1732 bis 1811) komponiert. Er trat 1763 in die Esterházy-Hofkapelle ein, musizierte dort aber nicht lange. Dass er einer der bedeutenden Hornvirtuosen seiner Zeit war, darüber wurde in diesem Blog bereits an anderer Stelle berichtet – denn auch Wolfgang Amadeus Mozart schrieb für Leutgeb Hornkonzerte. Mozart war mit dem Hornisten befreundet, und seine Werke sind nicht frei von Schabernack.
Haydn, obzwar musikalischen Scherzen ebenfalls nicht abgeneigt, hat für Leutgeb in diesem Falle ganz ernsthaft anspruchsvolle Musik zu Papier gebracht. In diesem Hornkonzert kann der Solist glänzen, und seine Brillanz unter Beweis stellen. Přemysl Vojta, Solohornist des WDR Sinfonieorchesters Köln, musiziert auf dieser CD gemeinsam mit dem Haydn Ensemble Prag unter Leitung von Martin Petrák. Besonders gelungen: Das Concertino per il Corno e Trombone aus der Serenata in D-Dur von Michael Haydn, das Vojta gemeinsam mit Fabrice Millischer spielt. Es gibt nicht viele Stücke, in denen Altposaune und Horn miteinander konzertieren. Die beiden Solisten harmonieren aufs Beste miteinander, und man staunt, wie sehr sich die Instrumente auch klanglich einander anpassen.
Haydn, obzwar musikalischen Scherzen ebenfalls nicht abgeneigt, hat für Leutgeb in diesem Falle ganz ernsthaft anspruchsvolle Musik zu Papier gebracht. In diesem Hornkonzert kann der Solist glänzen, und seine Brillanz unter Beweis stellen. Přemysl Vojta, Solohornist des WDR Sinfonieorchesters Köln, musiziert auf dieser CD gemeinsam mit dem Haydn Ensemble Prag unter Leitung von Martin Petrák. Besonders gelungen: Das Concertino per il Corno e Trombone aus der Serenata in D-Dur von Michael Haydn, das Vojta gemeinsam mit Fabrice Millischer spielt. Es gibt nicht viele Stücke, in denen Altposaune und Horn miteinander konzertieren. Die beiden Solisten harmonieren aufs Beste miteinander, und man staunt, wie sehr sich die Instrumente auch klanglich einander anpassen.
Freitag, 23. November 2018
Claude Debussy - Daniel Barenboim (Deutsche Grammophon)
„Wenn man sich keine Reise leisten kann, muss die Imagination einspringen.“ Diesen Ausspruch von Claude Debussy (1862 bis 1918) stellt das Beiheft dem Begleittext voran – wie passend! Denn auf diesem Album erklingt Klaviermusik des Komponisten, eingespielt von Daniel Barenboim. Dieser ließ sich dabei wohl vor allem von Klangfarben und orchestralen Effekten inspirieren, die Debussys Werke, beispielsweise die Estampes, mit denen diese CD beginnt, so faszinierend machen. Allerdings geht dies zu Lasten der strukturellen Klarheit, und so wirkt alles ein wenig schwerfällig, spannungslos, beliebig. Das gilt auch für die Préludes I, und man staunt, wenn man dann obendrein liest, dass dieser Teil des Programmes bereits im Jahr 1998 aufgenommen wurde. Bei allem Respekt – aber von der Deutschen Grammophon mit ihrer reichen Tradition hätte man zum Debussy-Jubiläum mehr erwartet.
Donnerstag, 22. November 2018
Humperdinck: Hänsel und Gretel (Genuin)
Liebe Streicher, ihr müsst jetzt ganz stark sein. Denn auf dieser CD be- weist die Sächsische Bläserphilhar- monie unter Chefdirigent Thomas Clamor, dass es eigentlich auch ganz gut ohne Violinen, Violen und Violoncelli geht.
Das Ensemble präsentiert die beliebte Oper Hänsel und Gretel von Engelbert Humperdinck in einer Version nur für Blasinstrumente. Natürlich passt nicht das ganze Werk auf die eine Silberscheibe – aber tatsächlich sind alle bekannten Melodien zu hören: Brüderchen, komm tanz mit mir, singen Caroline Schnitzer und Anne Petzsch, alias Hänsel und Gretel. Und Frederick Tucker als Vater lässt sein Rallalala erklingen.
Aus dem zweiten Bild ist neben dem herzigen Ein Männlein steht im Walde auch das Lied des Sandmanns – diese Partie übernahm neben jener der Mutter Josephin Queck – zu hören. Und natürlich dürfen der Abendsegen sowie die Musik zur Engels-Pantomime nicht fehlen.
Auch das Taumännchen, zu hören ist hier Leevke Hambach mit ihrem wirklich federleichten Sopran, der Knusperwalzer oder das große Finale sind zu finden. Nicht zu hören hingegen ist die Knusperhexe. Aber das ist zu verschmerzen, denn die jungen Sänger – vier von ihnen sind Preisträger der Internationalen Sächsischen Sängerakademie Torgau – sind wirklich exzellent. Es sind schöne Stimmen, klug geführt, die zu der jeweiligen Partie hervorragend passen.
Und auch die Sächsische Bläserphilharmonie beeindruckt einmal mehr – es ist kaum zu glauben, wie farbenreich Bläser klingen können, und wie facettenreich dieses Orchester musiziert. Zu loben sind außerdem die Arrangements, in denen Siegmund Goldhammer Humperdincks Musik kongenial für die Bad Lausicker bearbeitet hat. Die Sächsische Bläser- philharmonie ist doch immer wieder für eine Überraschung gut!
Das Ensemble präsentiert die beliebte Oper Hänsel und Gretel von Engelbert Humperdinck in einer Version nur für Blasinstrumente. Natürlich passt nicht das ganze Werk auf die eine Silberscheibe – aber tatsächlich sind alle bekannten Melodien zu hören: Brüderchen, komm tanz mit mir, singen Caroline Schnitzer und Anne Petzsch, alias Hänsel und Gretel. Und Frederick Tucker als Vater lässt sein Rallalala erklingen.
Aus dem zweiten Bild ist neben dem herzigen Ein Männlein steht im Walde auch das Lied des Sandmanns – diese Partie übernahm neben jener der Mutter Josephin Queck – zu hören. Und natürlich dürfen der Abendsegen sowie die Musik zur Engels-Pantomime nicht fehlen.
Auch das Taumännchen, zu hören ist hier Leevke Hambach mit ihrem wirklich federleichten Sopran, der Knusperwalzer oder das große Finale sind zu finden. Nicht zu hören hingegen ist die Knusperhexe. Aber das ist zu verschmerzen, denn die jungen Sänger – vier von ihnen sind Preisträger der Internationalen Sächsischen Sängerakademie Torgau – sind wirklich exzellent. Es sind schöne Stimmen, klug geführt, die zu der jeweiligen Partie hervorragend passen.
Und auch die Sächsische Bläserphilharmonie beeindruckt einmal mehr – es ist kaum zu glauben, wie farbenreich Bläser klingen können, und wie facettenreich dieses Orchester musiziert. Zu loben sind außerdem die Arrangements, in denen Siegmund Goldhammer Humperdincks Musik kongenial für die Bad Lausicker bearbeitet hat. Die Sächsische Bläser- philharmonie ist doch immer wieder für eine Überraschung gut!
Mittwoch, 21. November 2018
Rosenmüller: Habe deine Lust an dem Herren (Christophorus)
Ausgewählte Werke von Johann Rosenmüller (um 1619 bis 1684) und dessen Zeitgenossen präsentiert Miriam Feuersinger mit tatkräftiger Unterstützung des Ensembles Les Escapades in einem sorgsam zusammengestellten Programm auf dieser CD.
Die geistlichen Konzerte des Kompo- nisten, über dessen Lebensweg in diesem Blog bereits an anderer Stelle berichtet wurde, haben als Vorläufer der protestantischen Kirchenkantate hohe musikhistorische Bedeutung. Doch auch die Werke der anderen Komponisten auf dieser CD sind erstklassig, auch wenn sie heute fast vergessen sind: Johann Balthasar Erben (1626 bis 1686) stammte aus Danzig, und wurde nach einer langen Studienreise quer durch Europa schließlich Kapellmeister an der Marienkirche seiner Heimatstadt.
Christian Flor (1626 bis 1697) hingegen blieb zeitlebens in Norddeutsch- land. Er wirkte als Organist in Lüneburg, und Figuralmusik schrieb er vor allem für Feierlichkeiten, wie Hochzeiten und Beisetzungen. Georg Christoph Strattner (um 1644 bis 1704) wurde schon in jungen Jahren Kapellmeister des Markgrafen von Baden-Durlach. 1682 ging er nach Frankfurt/Main, wo er in gleicher Position an der Barfüßerkirche tätig war, bis er 1691 als Ehebrecher aus dem Dienst ausscheiden musste. Erst 1694 fand er wieder eine Stelle; er wurde erst Tenor und dann Kammer- musikus und Vizekapellmeister am Weimarer Hof.
Die Biographie von Augustin Pfleger (um 1630 bis nach 1686) ist weitgehend unbekannt. Er wurde 1665 Kapellmeister am Hofe des Herzogs von Schleswig-Holstein-Gottorf. 1673 schied er aus dem Dienst aus und ging ins Böhmische, wo er in Kirchenbüchern als „Hoch Fürstl. Sachsen Lauenbg. Capelmeister“ geführt wird – bis Juli 1686. Der Rest ist Schweigen.
Aber die Musik spricht für sich. Sie zeigt, wie viel die Musiker seinerzeit von Italien lernten – und wird von Miriam Feuersinger und den beteiligten Instrumentalisten wirklich hinreißend vorgetragen. Etliche Stücke erklingen auf dieser CD in Weltersteinspielung. Kleine Pausen zur Besinnung schafft Instrumentalmusik von Nicolaus Adam Strungk (1640 bis 1700), Giovanni Legrenzi (1626 bis 1690) und Antonio Bertali (1605 bis 1669). Die groß besetzten Sonaten stellen auch das Gambenconsort Les Escapades und seine vier Gastmusiker an Geigen, Theorbe und Orgel einmal in den Vordergrund – doch die ganze CD erweist sich rundum als ein Hörgenuss.
Die geistlichen Konzerte des Kompo- nisten, über dessen Lebensweg in diesem Blog bereits an anderer Stelle berichtet wurde, haben als Vorläufer der protestantischen Kirchenkantate hohe musikhistorische Bedeutung. Doch auch die Werke der anderen Komponisten auf dieser CD sind erstklassig, auch wenn sie heute fast vergessen sind: Johann Balthasar Erben (1626 bis 1686) stammte aus Danzig, und wurde nach einer langen Studienreise quer durch Europa schließlich Kapellmeister an der Marienkirche seiner Heimatstadt.
Christian Flor (1626 bis 1697) hingegen blieb zeitlebens in Norddeutsch- land. Er wirkte als Organist in Lüneburg, und Figuralmusik schrieb er vor allem für Feierlichkeiten, wie Hochzeiten und Beisetzungen. Georg Christoph Strattner (um 1644 bis 1704) wurde schon in jungen Jahren Kapellmeister des Markgrafen von Baden-Durlach. 1682 ging er nach Frankfurt/Main, wo er in gleicher Position an der Barfüßerkirche tätig war, bis er 1691 als Ehebrecher aus dem Dienst ausscheiden musste. Erst 1694 fand er wieder eine Stelle; er wurde erst Tenor und dann Kammer- musikus und Vizekapellmeister am Weimarer Hof.
Die Biographie von Augustin Pfleger (um 1630 bis nach 1686) ist weitgehend unbekannt. Er wurde 1665 Kapellmeister am Hofe des Herzogs von Schleswig-Holstein-Gottorf. 1673 schied er aus dem Dienst aus und ging ins Böhmische, wo er in Kirchenbüchern als „Hoch Fürstl. Sachsen Lauenbg. Capelmeister“ geführt wird – bis Juli 1686. Der Rest ist Schweigen.
Aber die Musik spricht für sich. Sie zeigt, wie viel die Musiker seinerzeit von Italien lernten – und wird von Miriam Feuersinger und den beteiligten Instrumentalisten wirklich hinreißend vorgetragen. Etliche Stücke erklingen auf dieser CD in Weltersteinspielung. Kleine Pausen zur Besinnung schafft Instrumentalmusik von Nicolaus Adam Strungk (1640 bis 1700), Giovanni Legrenzi (1626 bis 1690) und Antonio Bertali (1605 bis 1669). Die groß besetzten Sonaten stellen auch das Gambenconsort Les Escapades und seine vier Gastmusiker an Geigen, Theorbe und Orgel einmal in den Vordergrund – doch die ganze CD erweist sich rundum als ein Hörgenuss.
Dienstag, 20. November 2018
Bach Family: Complete Organ Music (Brilliant Classics)
Die Musikerfamilie Bach, ansässig im Thüringischen und im benachbarten Franken, war weit verzweigt, und reich an Talenten. Wie reich, das zeigt diese Box, die auf sagenhaften 24 (!) CD in einzigartiger Weise kompakt einen Überblick gibt über Orgelwerke, die Mitglieder der Familie Bach komponiert haben.
Allein auf 15 CD widmet sich Stefano Molardi dem Schaffen von Johann Sebastian Bach (1685 bis 1750). Er musiziert dabei an der Trost-Orgel der Stadtkirche Waltershausen, der Silbermann-Orgel der Katholischen Hofkirche Dresden, der Hildebrandt-Orgel der Jacobikirche Sangerhausen und der Thielemann-Orgel der Dreifaltigkeitskirche in Gräfenhain.
An der Volckland-Orgel der Cruciskirche Erfurt hat der renommierte italienische Organist auf drei CD zudem die Orgelmusiken eingespielt, die von Johann Christoph (1642 bis 1703) und Johann Michael Bach (1648 bis 1694) überliefert sind. Die beiden Brüder sind Söhne von Heinrich Bach (1615 bis 1692), Stammvater der sogenannten Arnstädter Linie, der wiede- rum ein Bruder von Christoph Bach (1613 bis 1661) war, dem Großvater Johann Sebastian Bachs. Johann Michael war zudem der Vater von Maria Barbara Bach, der ersten Frau des genialen Musikers.
Orgelmusik von Heinrich Bach ist ebenfalls überliefert; Molardi spielt diese an einer modernen italienischen Orgel, die die Firma Dell'Orte e Lanzini 2003 in der Pfarrkirche S Tomaso Di Gesso in Zola Predosa errichtet hat. Die beiden CD enthalten außerdem Musik von Johann Bernhard Bach I (1676 bis 1749) und seinem Sohn Johann Ernst Bach II (1722 bis 1777), Verwandtschaft aus der Erfurter Linie. Johann Friedrich Bach (1682 bis 1730) wiederum, Bachs Amtsnachfolger in Mühlhausen, war ein Sohn von Johann Christoph Bach. Johann Lorenz Bach (1695 bis 1773), ein Urenkel von Christoph Bach, gehört zur großen Schar der Schüler Johann Sebastians. Von ihm sind einzig Präludium und Fuge in D überliefert. In diesem Teil der Edition sind zudem alle Bach-Werke enthalten, deren Zuschreibung unsicher ist.
Die Orgelwerke der Bach-Söhne sind in dieser Box ebenfalls zu hören. Dem Schaffen Carl Philipp Emanuel Bachs (1714 bis 1788) widmet sich Luca Scandali, ebenfalls an einer Orgel von Dell'Orte e Lanzini aus dem Jahre 2007, die sich in der Kirche Santa Maria Assunta von Vigliano Biellese befindet. Den wenigen Werken von Wilhelm Friedemann Bach (1710 bis 1784), die nicht verloren sind, hat Filippo Turri an einer Truhenorgel in der Abtei Santa Maria delle Carceri sowie an der Zanin-Orgel der Kirche Sant'Antonio Abate in Padua eingespielt.
Allein auf 15 CD widmet sich Stefano Molardi dem Schaffen von Johann Sebastian Bach (1685 bis 1750). Er musiziert dabei an der Trost-Orgel der Stadtkirche Waltershausen, der Silbermann-Orgel der Katholischen Hofkirche Dresden, der Hildebrandt-Orgel der Jacobikirche Sangerhausen und der Thielemann-Orgel der Dreifaltigkeitskirche in Gräfenhain.
An der Volckland-Orgel der Cruciskirche Erfurt hat der renommierte italienische Organist auf drei CD zudem die Orgelmusiken eingespielt, die von Johann Christoph (1642 bis 1703) und Johann Michael Bach (1648 bis 1694) überliefert sind. Die beiden Brüder sind Söhne von Heinrich Bach (1615 bis 1692), Stammvater der sogenannten Arnstädter Linie, der wiede- rum ein Bruder von Christoph Bach (1613 bis 1661) war, dem Großvater Johann Sebastian Bachs. Johann Michael war zudem der Vater von Maria Barbara Bach, der ersten Frau des genialen Musikers.
Orgelmusik von Heinrich Bach ist ebenfalls überliefert; Molardi spielt diese an einer modernen italienischen Orgel, die die Firma Dell'Orte e Lanzini 2003 in der Pfarrkirche S Tomaso Di Gesso in Zola Predosa errichtet hat. Die beiden CD enthalten außerdem Musik von Johann Bernhard Bach I (1676 bis 1749) und seinem Sohn Johann Ernst Bach II (1722 bis 1777), Verwandtschaft aus der Erfurter Linie. Johann Friedrich Bach (1682 bis 1730) wiederum, Bachs Amtsnachfolger in Mühlhausen, war ein Sohn von Johann Christoph Bach. Johann Lorenz Bach (1695 bis 1773), ein Urenkel von Christoph Bach, gehört zur großen Schar der Schüler Johann Sebastians. Von ihm sind einzig Präludium und Fuge in D überliefert. In diesem Teil der Edition sind zudem alle Bach-Werke enthalten, deren Zuschreibung unsicher ist.
Die Orgelwerke der Bach-Söhne sind in dieser Box ebenfalls zu hören. Dem Schaffen Carl Philipp Emanuel Bachs (1714 bis 1788) widmet sich Luca Scandali, ebenfalls an einer Orgel von Dell'Orte e Lanzini aus dem Jahre 2007, die sich in der Kirche Santa Maria Assunta von Vigliano Biellese befindet. Den wenigen Werken von Wilhelm Friedemann Bach (1710 bis 1784), die nicht verloren sind, hat Filippo Turri an einer Truhenorgel in der Abtei Santa Maria delle Carceri sowie an der Zanin-Orgel der Kirche Sant'Antonio Abate in Padua eingespielt.
Montag, 19. November 2018
Duo Praxedis - histoires für Harfe & Klavier (Ars Produktion)
Große Oper in raffinierten Arrangements – das bietet die neue Doppel-CD des Mutter-Tochter-Duos Praxedis. Auch wenn die meisten der Komponisten, die diese Bearbeitungen geschaffen haben, eher zu den wenig bekannten gehören, sind diese Variationen, Duos, Capricen oder Fantaisies über Melodien von Gioachino Rossini, Vincenzo Bellini, Gaetano Donizetti , Ferdinand Hérold, Giacomo Meyerbeer oder Wolfgang Amadeus Mozart doch ausgesprochen charmant und lebendig.
Einmal mehr beweisen Praxedis Hug-Rütti, Harfe, und Praxedis Geneviève Hug, Klavier, dass die Kombination der beiden Instrumente, die früher in den Salons sehr beliebt war, auch heute noch ihre Reize hat. Und die virtuosen Opern-Bearbeitungen geben dem Duo Praxedis umfassend Gelegenheit zu brillieren.
Einmal mehr beweisen Praxedis Hug-Rütti, Harfe, und Praxedis Geneviève Hug, Klavier, dass die Kombination der beiden Instrumente, die früher in den Salons sehr beliebt war, auch heute noch ihre Reize hat. Und die virtuosen Opern-Bearbeitungen geben dem Duo Praxedis umfassend Gelegenheit zu brillieren.
Christmas at the Movies (Sony)
Beliebte Weihnachtsfilme und Weihnachten im Film – Sony hat aus bekannten Soundtracks ein Programm zusammengestellt, dass sich rundum hören lassen kann. Von „Der Polarexpress“ bis zum „Zauberer von Oz“ und von „The Nightmare before Christmas“ bis zu „Kevin – Allein zu Haus“ erinnert das Album an Lieblingsfilme aller Generationen.
Von White Christmas aus dem Film „Holiday Inn“ über Melodien aus „Harry Potter und der Stein der Weisen“ oder „Edward mit den Scherenhänden“ reicht die Auswahl moderner Klassiker, und auch die Gremlins, die Elfenfamilie, die Muppets oder Charlie Brown und die Peanuts sind mit vertreten.
Die Filmmusiken wurden eigens für diese CD neu arrangiert, und vom Czech Philharmonic Orchestra unter Leitung von Nick Patrick eingespielt. Natürlich darf dabei ein wenig musikalischer Feenstaub, wie Glockenspiel und Chorgesang, nicht fehlen. Aber wer wird denn darüber meckern – es ist schließlich Weihnachten, und da kann es ruhig eine Prise rosa Puder- zucker sein! Als Gaststars sind auf dieser CD übrigens The Piano Guys zu hören, mit dem Titel Let it go aus dem Film „Frozen – Die Eiskönigin“.
Von White Christmas aus dem Film „Holiday Inn“ über Melodien aus „Harry Potter und der Stein der Weisen“ oder „Edward mit den Scherenhänden“ reicht die Auswahl moderner Klassiker, und auch die Gremlins, die Elfenfamilie, die Muppets oder Charlie Brown und die Peanuts sind mit vertreten.
Die Filmmusiken wurden eigens für diese CD neu arrangiert, und vom Czech Philharmonic Orchestra unter Leitung von Nick Patrick eingespielt. Natürlich darf dabei ein wenig musikalischer Feenstaub, wie Glockenspiel und Chorgesang, nicht fehlen. Aber wer wird denn darüber meckern – es ist schließlich Weihnachten, und da kann es ruhig eine Prise rosa Puder- zucker sein! Als Gaststars sind auf dieser CD übrigens The Piano Guys zu hören, mit dem Titel Let it go aus dem Film „Frozen – Die Eiskönigin“.
Müthel: Complete Fantasies - Choral Preludes (Aeolus)
„Wenn ein angehender Clavier- spieler alle Schwierigkeiten überwunden hätte, die in Händels, Scarlattis, Schoberts, Eckharts und C.P.E. Bachs Clavierstücken anzutreffen sind“, so schrieb der englische Musikliebhaber Charles Burney in seinem Reisetagebuch 1773, „und, wie Alexander“ – gemeint ist hier Alexander der Große, jener makedonische König, der ein Reich eroberte, das bis nach Indien reichte – „bedauerte, daß er weiter nichts zu überwinden hätte, dem würde ich Müthels Kompositions vorschlagen, als ein Mittel, seine Geduld und Beharrlichkeit zu üben. Seine Arbeiten sind so voller neuer Gedanken, so voller Geschmack, Anmuth und Kunstfertig- keit, daß ich mich nicht scheuen würde, sie unter die grössesten Produkte unserer Zeit zu rechnen. So ausserordentlich das Genie und die Kunst dieses Tonkünstlers sind, so ist er doch in Deutschland nicht sehr bekannt.“
Johann Gottfried Müthel (1728 bis 1788) war der Sohn eines Organisten, und er kam in der Kleinstadt Mölln zur Welt. Seine musikalische Laufbahn begann er beim Vater, der ihn anschließend zur weiteren Ausbildung nach Lübeck zum Marienorganisten Johann Paul Kuntzen gab. Nach dessen Tode 1747 wurde Müthel Kammermusiker und Organist am Hof von Mecklenburg-Schwerin. Sein Dienstherr, Herzog Christian Ludwig II., schätzte den jungen Musiker sehr, und finanzierte ihm bald einen einjährigen Studienurlaub.
So reiste Müthel im Frühjahr 1750 nach Leipzig zu Johann Sebastian Bach, wo er dem erblindeten Meister auch als Notenkopist zur Hand ging, und in dessen Haushalt lebte – allerdings starb Bach drei Monate nach Ankunft dieses seines letzten Schülers. Müthel blieb dann einige Zeit bei Bachs Schwiegersohn Johann Christoph Altnikol in Naumburg. Mit Abschriften zahlreicher Werke Bachs wohl versehen, reiste der junge Musiker nach Dresden weiter, wo er Johann Adolph Hasse begegnete, und den modernen italienischen Stil kennenlernte. Aufenthalte bei Carl Philipp Emanuel Bach in Potsdam und bei Georg Philipp Telemann in Hamburg folgten, bevor Müthel schließlich – die Jahresfrist war längst weit über- schritten – zu seinem Dienstherrn zurückkehrte.
Doch schon 1753 nahm der Musiker seine Abschied, und folgte einer Einladung seines Bruders nach Riga. Dort leitete er zunächst die Kapelle des Geheimrates Otto Hermann von Vietinghoff, der auch ein bedeutender Kunstmäzen war. 1767 erhielt Müthel schließlich die Stelle des Organisten der Petri-Kirche, wo er dann bis an sein Lebensende verblieb.
Leider sind von ihm nur wenige Orgelmusiken erhalten. Auf dieser CD präsentiert Léon Berben nahezu vollständig das zwar schmale, aber beeindruckende Werk. Die Aufnahme zeigt, dass Müthel ohne Zweifel zu den wichtigsten Komponisten jener Zeit zwischen Barock und Klassik gehört, die von der Musikgeschichtsschreibung gern als „Sturm und Drang“ beschrieben wird.
Das Instrument, an dem Müthel einst in Riga musizierte, ist nicht erhal- ten. Allerdings wird eine Rekonstruktion der dreimanualigen Orgel, die von Gottfried Kloosen 1734 fertiggestellt wurde, durch die Dresdner Firma Wegscheider derzeit vorbereitet.
Für diese Einspielung hat Léon Berben die Orgel der Lukaskirche im thüringischen Mühlberg ausgewählt. Es handelt sich dabei um ein zweimanualiges Instrument mit Pedal, das 1729 von dem Erfurter Orgelbauer Frantz Volckland errichtet und 1823 durch Ernst Friedrich Hesse sowie 1934 durch die Firma Walcker rigoros umgebaut. In den Jahren 1995-97 wurde das Instrument durch den Orgelbau Waltershausen restauriert, wobei weitgehend der Zustand von 1823 wiederhergestellt worden ist. Zu Müthels Musik passt der Klang dieser Orgel, und Berben spielt obendrein exzellent. Kurz und gut: Unbedingte Empfehlung – die Wiederentdeckung dieses Orgelmeisters lohnt sich.
Johann Gottfried Müthel (1728 bis 1788) war der Sohn eines Organisten, und er kam in der Kleinstadt Mölln zur Welt. Seine musikalische Laufbahn begann er beim Vater, der ihn anschließend zur weiteren Ausbildung nach Lübeck zum Marienorganisten Johann Paul Kuntzen gab. Nach dessen Tode 1747 wurde Müthel Kammermusiker und Organist am Hof von Mecklenburg-Schwerin. Sein Dienstherr, Herzog Christian Ludwig II., schätzte den jungen Musiker sehr, und finanzierte ihm bald einen einjährigen Studienurlaub.
So reiste Müthel im Frühjahr 1750 nach Leipzig zu Johann Sebastian Bach, wo er dem erblindeten Meister auch als Notenkopist zur Hand ging, und in dessen Haushalt lebte – allerdings starb Bach drei Monate nach Ankunft dieses seines letzten Schülers. Müthel blieb dann einige Zeit bei Bachs Schwiegersohn Johann Christoph Altnikol in Naumburg. Mit Abschriften zahlreicher Werke Bachs wohl versehen, reiste der junge Musiker nach Dresden weiter, wo er Johann Adolph Hasse begegnete, und den modernen italienischen Stil kennenlernte. Aufenthalte bei Carl Philipp Emanuel Bach in Potsdam und bei Georg Philipp Telemann in Hamburg folgten, bevor Müthel schließlich – die Jahresfrist war längst weit über- schritten – zu seinem Dienstherrn zurückkehrte.
Doch schon 1753 nahm der Musiker seine Abschied, und folgte einer Einladung seines Bruders nach Riga. Dort leitete er zunächst die Kapelle des Geheimrates Otto Hermann von Vietinghoff, der auch ein bedeutender Kunstmäzen war. 1767 erhielt Müthel schließlich die Stelle des Organisten der Petri-Kirche, wo er dann bis an sein Lebensende verblieb.
Leider sind von ihm nur wenige Orgelmusiken erhalten. Auf dieser CD präsentiert Léon Berben nahezu vollständig das zwar schmale, aber beeindruckende Werk. Die Aufnahme zeigt, dass Müthel ohne Zweifel zu den wichtigsten Komponisten jener Zeit zwischen Barock und Klassik gehört, die von der Musikgeschichtsschreibung gern als „Sturm und Drang“ beschrieben wird.
Das Instrument, an dem Müthel einst in Riga musizierte, ist nicht erhal- ten. Allerdings wird eine Rekonstruktion der dreimanualigen Orgel, die von Gottfried Kloosen 1734 fertiggestellt wurde, durch die Dresdner Firma Wegscheider derzeit vorbereitet.
Für diese Einspielung hat Léon Berben die Orgel der Lukaskirche im thüringischen Mühlberg ausgewählt. Es handelt sich dabei um ein zweimanualiges Instrument mit Pedal, das 1729 von dem Erfurter Orgelbauer Frantz Volckland errichtet und 1823 durch Ernst Friedrich Hesse sowie 1934 durch die Firma Walcker rigoros umgebaut. In den Jahren 1995-97 wurde das Instrument durch den Orgelbau Waltershausen restauriert, wobei weitgehend der Zustand von 1823 wiederhergestellt worden ist. Zu Müthels Musik passt der Klang dieser Orgel, und Berben spielt obendrein exzellent. Kurz und gut: Unbedingte Empfehlung – die Wiederentdeckung dieses Orgelmeisters lohnt sich.
Donnerstag, 15. November 2018
Händel: Messiah (Naxos)
Bald nun ist Weihnachtszeit – und die langen, dunklen Abende animie- ren offenbar so manchen Musik- freund, die CD-Bestände aufzu- stocken. Die Plattenfirmen jedenfalls starten zum Jahresende noch einmal ein wahres Feuerwerk an Neuver- öffentlichungen. Das Klassikblog „ouverture“ wird in den kommenden Wochen zudem etliche Aufnahmen vorstellen, die zum Weihnachtsfest für Stimmung sorgen sollen.
Den Reigen beginnt diese Einspie- lung von Händels Oratorium Messiah, mit den Concert Artists of Baltimore Symphonic Chorale, verstärkt durch etliche Instrumentalisten des Baltimore Symphony Orchestra. Kapellmeister Edward Polochick, der das Ensemble vom Cembalo aus leitet, hat sich für die Version des Werkes aus dem Jahre 1741 entschieden und lässt alle Sätze aufeinander folgen.
Damit verbindet er Chorsätze, Rezitative und Arien zu einem Gesamt- geschehen, das man beinahe dramatisch nennen könnte. Wenn Polochick nicht auch eine Leidenschaft für rasante Tempi hätte, jeweils gefolgt von breeeeiitem Ritardando am Satzende – was ziemlich manieriert wirkt, und irgendwann nur noch nervt.
Der Hörer staunt über die gut trainierten Sänger, die offenbar keinerlei Probleme mit den ultraschnellen Passagen haben. Doch der flotte Fluss des Geschehens stoppt dann am Satzende; es ist, als würde Polochnick seinen Rennwagen stets genüsslich abbremsen, bevor er in die nächste Runde startet.
Die sportliche Geschwindigkeit hat zudem noch eine weitere, weit unange- nehmere Nebenwirkung: Der Text bleibt weitgehend unverständlich. Wenn der Zuhörer aber inhaltlich gar nicht versteht, worum es geht – was soll dann all die Dramatik?
Den Reigen beginnt diese Einspie- lung von Händels Oratorium Messiah, mit den Concert Artists of Baltimore Symphonic Chorale, verstärkt durch etliche Instrumentalisten des Baltimore Symphony Orchestra. Kapellmeister Edward Polochick, der das Ensemble vom Cembalo aus leitet, hat sich für die Version des Werkes aus dem Jahre 1741 entschieden und lässt alle Sätze aufeinander folgen.
Damit verbindet er Chorsätze, Rezitative und Arien zu einem Gesamt- geschehen, das man beinahe dramatisch nennen könnte. Wenn Polochick nicht auch eine Leidenschaft für rasante Tempi hätte, jeweils gefolgt von breeeeiitem Ritardando am Satzende – was ziemlich manieriert wirkt, und irgendwann nur noch nervt.
Der Hörer staunt über die gut trainierten Sänger, die offenbar keinerlei Probleme mit den ultraschnellen Passagen haben. Doch der flotte Fluss des Geschehens stoppt dann am Satzende; es ist, als würde Polochnick seinen Rennwagen stets genüsslich abbremsen, bevor er in die nächste Runde startet.
Die sportliche Geschwindigkeit hat zudem noch eine weitere, weit unange- nehmere Nebenwirkung: Der Text bleibt weitgehend unverständlich. Wenn der Zuhörer aber inhaltlich gar nicht versteht, worum es geht – was soll dann all die Dramatik?
Herz-Tod (Decca)
Die Liebe und der Tod – das sind die Themen, denen sich der Bassist Günther Groissböck gemeinsam mit seinem Klavierbegleiter Gerold Huber mit dieser Einspielung zuwendet. Ausgewählt hat der Sänger dafür die Vier ernsten Gesänge von Johannes Brahms, die Michelangelo-Lieder von Hugo Wolf, die Rückert-Lieder von Gustav Mahler – und die Wesendonck-Lieder von Richard Wagner.
Sie sind hier zum ersten Male auf CD mit einer Männerstimme zu hören. „Mich hat die Klangsprache der Wesendonck-Lieder schon immer fasziniert, da sie eben dem Tristan an vielen Stelle so nahesteht“, erläutert Günther Groissböck in einem Interview, das im Beiheft nachzulesen ist: „Außerdem habe ich im Text keine verbindliche Geschlechtszugehörigkeit entdeckt, sodass ich mir einfach gedacht habe: Warum denn nicht mal diese ,gender-neutralen' Lieder als Mann singen, weil es ja auch Titel wie ,Schmerzen' oder ,Stehe still' gibt, zu denen etwas draufgängerisches Testosteron sehr gut passt, wie ich finde.“
Der Österreicher ist ein gefragter Wagner-Sänger. Sein Bass ist prachtvoll, aber der Liedgesang wirkt mitunter etwas kühl und zurückhaltend; in der Textausdeutung erscheint mir beispielsweise Hans Hotter viel stärker. Gerold Huber allerdings erweist sich einmal mehr als kongenialer Klavierpartner. Es ist beeindruckend, mit welchem Feingefühl er mit dem Sänger in einen Dialog tritt, wie sensibel er auf jede Nuance im Ausdruck reagiert. So wird aus dem Klavierpart weit mehr als eine Begleitung. Huber zeigt immer wieder, wieviel der Pianist zum Gesamtkunstwerk Lied beitragen kann.
Sie sind hier zum ersten Male auf CD mit einer Männerstimme zu hören. „Mich hat die Klangsprache der Wesendonck-Lieder schon immer fasziniert, da sie eben dem Tristan an vielen Stelle so nahesteht“, erläutert Günther Groissböck in einem Interview, das im Beiheft nachzulesen ist: „Außerdem habe ich im Text keine verbindliche Geschlechtszugehörigkeit entdeckt, sodass ich mir einfach gedacht habe: Warum denn nicht mal diese ,gender-neutralen' Lieder als Mann singen, weil es ja auch Titel wie ,Schmerzen' oder ,Stehe still' gibt, zu denen etwas draufgängerisches Testosteron sehr gut passt, wie ich finde.“
Der Österreicher ist ein gefragter Wagner-Sänger. Sein Bass ist prachtvoll, aber der Liedgesang wirkt mitunter etwas kühl und zurückhaltend; in der Textausdeutung erscheint mir beispielsweise Hans Hotter viel stärker. Gerold Huber allerdings erweist sich einmal mehr als kongenialer Klavierpartner. Es ist beeindruckend, mit welchem Feingefühl er mit dem Sänger in einen Dialog tritt, wie sensibel er auf jede Nuance im Ausdruck reagiert. So wird aus dem Klavierpart weit mehr als eine Begleitung. Huber zeigt immer wieder, wieviel der Pianist zum Gesamtkunstwerk Lied beitragen kann.
Mittwoch, 14. November 2018
"Habet Acht!" Songs for Male Voices by Robert Schumann & Albert Lortzing (MDG)
Nicht nur der Gesang, sondern auch politische Debatten prägten einst die Zusammenkünfte von Männer- chören. Kein Wunder, dass solche Gesangsvereine im 19. Jahrhundert, im Gefolge der 1848er Revolution, in ganz Deutschland eine Blütezeit erlebten. Politische Diskussionen führen die Herren der Neuen Detmolder Liedertafel wohl nicht mehr – aber ansonsten pflegen sie die Traditionen der singenden Bürger mit großer Sorgfalt.
Das lohnt sich, wie diese beiden CD zeigen. Denn die gern belächelten Männergesangsvereine hatten durchaus auch einen hohen musikalischen Anspruch. Namhafte Komponisten schufen Lieder speziell für Männer- stimmen – und die Chorsätze sind oftmals alles andere als einfach, wie man rasch feststellen wird, wenn man versucht, sie heute nachzusingen.
Die Sänger der Neuen Detmolder Liedertafel, durchweg Profis, präsentieren auf zwei CD gekonnt eine Auswahl aus dem ganz enormen Liederschatz, der da seiner Wiederentdeckung harrt. So erklingen auf CD1 Werke von Albert Lortzing, und auf CD2 Kompositionen von Robert Schumann, wobei einige der Gesänge sogar gemeinsam mit den Detmolder Hornisten vorgetragen werden. Sehr hörenswert!
Das lohnt sich, wie diese beiden CD zeigen. Denn die gern belächelten Männergesangsvereine hatten durchaus auch einen hohen musikalischen Anspruch. Namhafte Komponisten schufen Lieder speziell für Männer- stimmen – und die Chorsätze sind oftmals alles andere als einfach, wie man rasch feststellen wird, wenn man versucht, sie heute nachzusingen.
Die Sänger der Neuen Detmolder Liedertafel, durchweg Profis, präsentieren auf zwei CD gekonnt eine Auswahl aus dem ganz enormen Liederschatz, der da seiner Wiederentdeckung harrt. So erklingen auf CD1 Werke von Albert Lortzing, und auf CD2 Kompositionen von Robert Schumann, wobei einige der Gesänge sogar gemeinsam mit den Detmolder Hornisten vorgetragen werden. Sehr hörenswert!
Sonntag, 11. November 2018
Forgotten chamber works with oboe from the Court of Prussia (Deutsche Harmonia Mundi)
Bei der Suche in Archiven hat das Ensemble Notturna unter Leitung von Oboist Christopher Palameta einen kleinen Schatz gehoben: Auf dieser CD präsentieren die Musiker in Weltersteinspielungen Kammer- musik aus der Zeit Friedrichs des Großen, bei der nicht in erster Linie die Flöte, sondern die Oboe Solo- instrument ist.
Richtet man den Blick einmal nicht auf den König und auf seinen Flötenlehrer Quantz, so wird man feststellen, dass auch andere Virtuosen am preußischen Hof brilliert haben. Die Oboe wurde in Preußen durchaus geschätzt. So waren an der Hofoper vier Oboisten engagiert. Und der Oboist Johann Christian Fischer, weiland eine Berühmtheit, gastierte 1763 in Berlin. Wie Charles Burney berichtet, wurde diesem „die Ehre zuteil (..), einen Monat lang seine Majestät (..) jeden Tag vier Stunden allein zu akkompagnieren.“
Was damals gespielt wurde, ist heute nicht mehr zu erfahren. Aber Musik der drei Komponisten, die auf dieser CD vertreten sind, könnte vielleicht dabei gewesen sein. So schrieb Johann Gottlieb Graun (1703 bis 1771), ab 1741 Konzertmeister der königlichen Hofkapelle, ein Quintetto à Cembalo Concertato, Flauto Traverso, Violino, Viola da Braccio e Violoncello in a-Moll, das jede Menge Überraschungen bereithält. Und den Violinpart kann, so steht es auf der Stimme vermerkt, auch die Oboe übernehmen.
Christian Gottfried Krause (1717 bis 1770) war eigentlich Rechtsanwalt; dass er aber die Musik sowohl mit Leidenschaft als auch mit Sachverstand betrieb, zeigt seine Triosonate für Oboe, Violine und Basso continuo, die Notturna ebenfalls auf dieser CD vorstellt.
Gleich mit drei Sonaten vertreten ist zudem Johann Gottlieb Janitsch (1708 bis 1763). Er hatte wie Krause in Frankfurt/Oder Jura studiert, sich dann aber für den Musikerberuf entschieden: 1736 wurde er Contravioli- nist der Hofkapelle Friedrichs des Großen. In seiner Wohnung versam- melte sich die sogenannte Freitagsakademie, bei der Hofmusiker gemeinsam mit Liebhabern aus dem Berliner Bürgertum musizierten.
Für diese Veranstaltungen entstanden die beiden Trios und die Quartett- sonate für Traversflöte, Oboe, Viola und Bass, die auf dieser CD erklingen. Das Ensemble Notturna begeistert mit diesem Programm, und macht sehr neugierig auf weitere Entdeckungen – die Archive geben bestimmt noch mehr her!
Richtet man den Blick einmal nicht auf den König und auf seinen Flötenlehrer Quantz, so wird man feststellen, dass auch andere Virtuosen am preußischen Hof brilliert haben. Die Oboe wurde in Preußen durchaus geschätzt. So waren an der Hofoper vier Oboisten engagiert. Und der Oboist Johann Christian Fischer, weiland eine Berühmtheit, gastierte 1763 in Berlin. Wie Charles Burney berichtet, wurde diesem „die Ehre zuteil (..), einen Monat lang seine Majestät (..) jeden Tag vier Stunden allein zu akkompagnieren.“
Was damals gespielt wurde, ist heute nicht mehr zu erfahren. Aber Musik der drei Komponisten, die auf dieser CD vertreten sind, könnte vielleicht dabei gewesen sein. So schrieb Johann Gottlieb Graun (1703 bis 1771), ab 1741 Konzertmeister der königlichen Hofkapelle, ein Quintetto à Cembalo Concertato, Flauto Traverso, Violino, Viola da Braccio e Violoncello in a-Moll, das jede Menge Überraschungen bereithält. Und den Violinpart kann, so steht es auf der Stimme vermerkt, auch die Oboe übernehmen.
Christian Gottfried Krause (1717 bis 1770) war eigentlich Rechtsanwalt; dass er aber die Musik sowohl mit Leidenschaft als auch mit Sachverstand betrieb, zeigt seine Triosonate für Oboe, Violine und Basso continuo, die Notturna ebenfalls auf dieser CD vorstellt.
Gleich mit drei Sonaten vertreten ist zudem Johann Gottlieb Janitsch (1708 bis 1763). Er hatte wie Krause in Frankfurt/Oder Jura studiert, sich dann aber für den Musikerberuf entschieden: 1736 wurde er Contravioli- nist der Hofkapelle Friedrichs des Großen. In seiner Wohnung versam- melte sich die sogenannte Freitagsakademie, bei der Hofmusiker gemeinsam mit Liebhabern aus dem Berliner Bürgertum musizierten.
Für diese Veranstaltungen entstanden die beiden Trios und die Quartett- sonate für Traversflöte, Oboe, Viola und Bass, die auf dieser CD erklingen. Das Ensemble Notturna begeistert mit diesem Programm, und macht sehr neugierig auf weitere Entdeckungen – die Archive geben bestimmt noch mehr her!
Montag, 5. November 2018
Bach: Goldberg Variations (Brilliant Classics)
Dieses musikalische Projekt nahm seinen Anfang im Sommer 2015, als das Blockflötenquintett Seldom Sele- ne zum Internationalen Kammermu- sikfestival in Utrecht eingeladen war. Die künstlerische Leiterin, die Geigerin Janine Jansen, hatte die Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach in den Mittelpunkt des Festivalprogrammes gestellt. Jedes Ensemble sollte sich mit dieser Musik auseinandersetzen – und die fünf Musikerinnen von Seldom Selene arrangierten einige der Variationen speziell für Blockflöten.
„The process and the result motivated us to carry on and prepare an arrangement of the entire work“, schreibt María Martínez Ayerza im Beiheft zur CD. „It may seem surprising that aan ensemble of five musicians chooses to arrange and perform a work which is mostly written in two or three parts, four at most. (..) However, in most tracks you will hear us all: due to the relatively small range of the recorder, five players are needed to play the complete Goldberg Variations comfortably without making any modifications, which, for us, is an essential condi- tion.“
Die fünf Flötistinnen musizieren subtil und routiniert; Registerwechsel erfolgen so dezent, dass sie kaum wahrzunehmen sind. Auch ihre Instru- mente harmonieren klanglich ausgezeichnet, obwohl sie von einem Dutzend (!) unterschiedlichen Flötenbauern auf drei Kontinenten ange- fertigt worden sind. So bietet diese exquisite Version von Bachs Clavier Übung, auch wenn sie diesmal nicht auf einem Clavicimbal ausgeführt wird, Wohlklang pur. Hinreißend schön!
„The process and the result motivated us to carry on and prepare an arrangement of the entire work“, schreibt María Martínez Ayerza im Beiheft zur CD. „It may seem surprising that aan ensemble of five musicians chooses to arrange and perform a work which is mostly written in two or three parts, four at most. (..) However, in most tracks you will hear us all: due to the relatively small range of the recorder, five players are needed to play the complete Goldberg Variations comfortably without making any modifications, which, for us, is an essential condi- tion.“
Die fünf Flötistinnen musizieren subtil und routiniert; Registerwechsel erfolgen so dezent, dass sie kaum wahrzunehmen sind. Auch ihre Instru- mente harmonieren klanglich ausgezeichnet, obwohl sie von einem Dutzend (!) unterschiedlichen Flötenbauern auf drei Kontinenten ange- fertigt worden sind. So bietet diese exquisite Version von Bachs Clavier Übung, auch wenn sie diesmal nicht auf einem Clavicimbal ausgeführt wird, Wohlklang pur. Hinreißend schön!
Sonntag, 4. November 2018
Österreich: Psalms, Cantatas (cpo)
Das Ensemble Weser-Renaissance Bremen unter Manfred Cordes wendet sich auf dieser CD den Psalmkompositionen und Kantaten von Georg Österreich (1664 bis 1753) zu. Der musikhistorisch interessierte Hörer wird erstaunt sein – denn bekannt ist Österreich, als Kapellmeister der Herzöge von Schleswig-Holstein-Gottorf, vor allem für seine ebenso exquisite wie umfangreiche Musiksammlung. Insbesondere für Werke der „Vor-Bach-Zeit“ erweist sie sich als ein äußerst wertvoller Bestand, der seinesgleichen sucht.
Österreich stammte aus Magdeburg, und wie auch sein älterer Bruder lernte er an der Leipziger Thomasschule. Dort wurde er bald zum Alt-Solisten. Als Altist und nach dem Stimmbruch dann als Tenor sang er anschließend auch in der Hamburger Ratskapelle. Ab 1686 war Österreich am Hof von Wolfenbüttel als Sänger engagiert; er muss dort von Kapellmeister Johann Theile sehr viel gelernt haben, denn drei Jahre später holte ihn Herzog Christian Albrecht als Hofkapellmeister nach Gottorf.
Dass Georg Österreich sich auch als Komponist auszeichnete, beweist diese CD. Zu hören ist eine Psalmvertonung in venezianischer Tradition, dazu lateinische Psalmmusik protestantischer Prägung sowie eine Sonntagskantate, die Bezug auf einen Evangelientext nimmt, diesen aber ungemein dramatisch ausgestaltet. Auch zwei weitere Beispiele, Trauerkantaten, machen deutlich, dass es Österreich weniger um vor allem raffinierte Strukturen als vielmehr um den musikalischen Ausdruck, um Klangwirkung ging. Die exzellenten Vokalisten und Instrumentalisten des Ensembles Weser-Renaissance machen daraus ein Erlebnis. Sehr gelungen!
Österreich stammte aus Magdeburg, und wie auch sein älterer Bruder lernte er an der Leipziger Thomasschule. Dort wurde er bald zum Alt-Solisten. Als Altist und nach dem Stimmbruch dann als Tenor sang er anschließend auch in der Hamburger Ratskapelle. Ab 1686 war Österreich am Hof von Wolfenbüttel als Sänger engagiert; er muss dort von Kapellmeister Johann Theile sehr viel gelernt haben, denn drei Jahre später holte ihn Herzog Christian Albrecht als Hofkapellmeister nach Gottorf.
Dass Georg Österreich sich auch als Komponist auszeichnete, beweist diese CD. Zu hören ist eine Psalmvertonung in venezianischer Tradition, dazu lateinische Psalmmusik protestantischer Prägung sowie eine Sonntagskantate, die Bezug auf einen Evangelientext nimmt, diesen aber ungemein dramatisch ausgestaltet. Auch zwei weitere Beispiele, Trauerkantaten, machen deutlich, dass es Österreich weniger um vor allem raffinierte Strukturen als vielmehr um den musikalischen Ausdruck, um Klangwirkung ging. Die exzellenten Vokalisten und Instrumentalisten des Ensembles Weser-Renaissance machen daraus ein Erlebnis. Sehr gelungen!
Freitag, 2. November 2018
The Italian Recital (Genuin)
Fünf Komponisten, drei Jahrhun- derte – auf seiner Debüt-CD zeigt Gitarrist Daniel Marx höchst unterschiedliche Facetten der italienischen Musik. Er beginnt sein Programm mit Musik der Renais- sance, mit den Fantasias von Simone Molinaro (um 1565 bis 1615). Dann spielt er ein Werk des Lautenisten Giovanni Zamboni. „Als ich seine Sonate IX im Konzert meines Lehrers Roberto Aussel hörte, hatte sie eine einzigartige, magnetische Wirkung auf mich“, berichtet der Gitarrist. „Sie schwingt so schön organisch auf der Gitarre und hat noch dazu eine ,nostalgische Ästhetik', die ihre Schönheit aus dem Vergänglichen zieht. Gerade dieses Subtile, Intime, aber auch diese Direktheit sind es, was ich gleichermaßen an seiner Komposition und an der Gitarre liebe. Die schier unbegreifliche Schönheit des Klanges, die manchmal entstehen kann und mich bis heute tief berührt, spiegelt eben dieses Gefühl wider.“
Auch Sonaten von Domenico Scarlatti sind auf der CD zu hören, dazu die Grande Sonata von Niccolò Paganini – der bekanntlich nicht nur ein Geigenvirtuose war, sondern auch exzellent Gitarre spielte – sowie die Rêverie-Nocturne op. 19 von Giulio Regondi.
Daniel Marx beeindruckt durch seine überragende technische Brillanz, verbunden mit faszinierender Gestaltungsfähigkeit. So zeichnen sich seine Interpretationen durch Transparenz ebenso aus wie durch klangliche Schönheit. Man höre nur, wie durchdacht er in Molinaros Fantasias jede Stimme zur Geltung bringt – wenn dieser junge Gitarrist auch weiter so arbeitet, dann hat er eine große Zukunft vor sich.
Auch Sonaten von Domenico Scarlatti sind auf der CD zu hören, dazu die Grande Sonata von Niccolò Paganini – der bekanntlich nicht nur ein Geigenvirtuose war, sondern auch exzellent Gitarre spielte – sowie die Rêverie-Nocturne op. 19 von Giulio Regondi.
Daniel Marx beeindruckt durch seine überragende technische Brillanz, verbunden mit faszinierender Gestaltungsfähigkeit. So zeichnen sich seine Interpretationen durch Transparenz ebenso aus wie durch klangliche Schönheit. Man höre nur, wie durchdacht er in Molinaros Fantasias jede Stimme zur Geltung bringt – wenn dieser junge Gitarrist auch weiter so arbeitet, dann hat er eine große Zukunft vor sich.