Wiederentdeckung einer älteren Aufnahme, die ich persönlich hoch schätze: Capriccio hat eine Interpretation von Brahms Ein deutsches Requiem wieder veröffentlicht, die Herbert Kegel 1985 mit dem damaligen Rundfunkchor und Rundfunk-Sinfonieorchester Leipzig eingespielt hat. Solisten waren Mari Anne Häggander und Siegfried Lorenz.
Es ist dies eine kantige, schwermütige, mitunter auch schroffe Interpretation; zu Brahms' Werk aber passt diese Lesart in ihrer Konsequenz ausgezeichnet. Die beiden Leipziger Ensembles haben unter der Leitung ihres langjährigen Chefdirigenten eine grandiose Einspielung erarbeitet, die wohl für alle Zeit Maßstäbe setzt. Für den Kapellmeister freilich, der hier im Zenit seines Schaffens zu erleben ist, war es eine bittere Zeit: 1985 wurde Herbert Kegel in Dresden, gegen seinen Willen und seine Ambitionen, in Rente geschickt. Fünf Jahre später schied er aus dem Leben.
Sonntag, 30. Juni 2019
Prologue (Pentatone)
Ein ganz besonderes Konzept hat sich Francesca Aspromonte für ihr Debütalbum bei dem Label Pentatone überlegt: Die junge italienische Sopranistin konzentriert sich auf Prologe, die einst, in der frühen Barockoper, wie ein Vorwort der eigentlichen Handlung vorangestellt waren.
In diesen Eröffnungszenen betritt eine allegorische Figur die Bühne und bereitet das Publikum auf das kommende musikalische Drama vor. Mitunter verweist sie auch auf den Anlass, dem das Werk gewidmet ist – beispielsweise eine Hochzeit, die Geburt eines Thronfolgers oder der Geburtstag eines Fürsten. Und natürlich berichtet sie über sich selbst, sie singt von Gott und der Welt, und verblüffend oft auch über die Szenerie und über das Wetter.
„Auf dieser CD beginnt eine Oper niemals richtig, denn mit jedem neuen Track stellen wir eine neue Begrüßung und einen neuen Anfang vor“, schreibt Francesca Aspromonte im Beiheft, das übrigens mit viel Sorgfalt zusammengestellt ist. „Doch dann steigen diese allegorischen Figuren von ihrem Sockel hinab, verlassen die Bühne, reichen ihre Hand dem Hörer, der auf dem Sofa liegt, und flüstern ihm ins Ohr, woher sie kommen ... welche Farbe das Haar der Königin hat … wie schön und sternenklar der Himmel der Mitsommernacht ist … in Venedig.“
In Claudio Monteverdis L'Orfeo, einer der ersten Opern überhaupt, betritt zum Prolog La Musica höchstpersönlich die Bühne. Auch Amor, Venus, die Harmonie, die Stadt Rom oder La Gloria Austriaca, der Ruhm Österreichs, gehören zum ziemlich bunten Reigen jener Figuren, die Textdichter und Komponisten einst aufboten, um das Publikum auf ihre Oper einzustimmen.
Gemeinsam mit Enrico Onofri, dem Leiter des Ensembles Il pomo d’oro, hat Francesca Aspromonte für dieses Album Prologe von Claudio Monteverdi, Giulio Caccini, Francesco Cavalli, Stefano Landi, Luigi Rossi, Pietro Antonio Cesti, Alessandro Stradella und Alessandro Scarlatti ausgewählt. Mit ihren Prologen haben diese Komponisten Miniaturen geschaffen, auf die die Musiker nun zu Recht verweisen. Denn sie sind eine Welt für sich, deren Entdeckung sich lohnt – kleine Opern vor der Oper, und oftmals auch Opern über Oper. Sehr beachtlich, und von Francesca Aspromonte gemeinsam mit Il pomo d’oro auch sehr ansprechend präsentiert. Musikgeschichte kann so unterhaltsam sein!
In diesen Eröffnungszenen betritt eine allegorische Figur die Bühne und bereitet das Publikum auf das kommende musikalische Drama vor. Mitunter verweist sie auch auf den Anlass, dem das Werk gewidmet ist – beispielsweise eine Hochzeit, die Geburt eines Thronfolgers oder der Geburtstag eines Fürsten. Und natürlich berichtet sie über sich selbst, sie singt von Gott und der Welt, und verblüffend oft auch über die Szenerie und über das Wetter.
„Auf dieser CD beginnt eine Oper niemals richtig, denn mit jedem neuen Track stellen wir eine neue Begrüßung und einen neuen Anfang vor“, schreibt Francesca Aspromonte im Beiheft, das übrigens mit viel Sorgfalt zusammengestellt ist. „Doch dann steigen diese allegorischen Figuren von ihrem Sockel hinab, verlassen die Bühne, reichen ihre Hand dem Hörer, der auf dem Sofa liegt, und flüstern ihm ins Ohr, woher sie kommen ... welche Farbe das Haar der Königin hat … wie schön und sternenklar der Himmel der Mitsommernacht ist … in Venedig.“
In Claudio Monteverdis L'Orfeo, einer der ersten Opern überhaupt, betritt zum Prolog La Musica höchstpersönlich die Bühne. Auch Amor, Venus, die Harmonie, die Stadt Rom oder La Gloria Austriaca, der Ruhm Österreichs, gehören zum ziemlich bunten Reigen jener Figuren, die Textdichter und Komponisten einst aufboten, um das Publikum auf ihre Oper einzustimmen.
Gemeinsam mit Enrico Onofri, dem Leiter des Ensembles Il pomo d’oro, hat Francesca Aspromonte für dieses Album Prologe von Claudio Monteverdi, Giulio Caccini, Francesco Cavalli, Stefano Landi, Luigi Rossi, Pietro Antonio Cesti, Alessandro Stradella und Alessandro Scarlatti ausgewählt. Mit ihren Prologen haben diese Komponisten Miniaturen geschaffen, auf die die Musiker nun zu Recht verweisen. Denn sie sind eine Welt für sich, deren Entdeckung sich lohnt – kleine Opern vor der Oper, und oftmals auch Opern über Oper. Sehr beachtlich, und von Francesca Aspromonte gemeinsam mit Il pomo d’oro auch sehr ansprechend präsentiert. Musikgeschichte kann so unterhaltsam sein!
Mozart: Horn Concertos 1 - 4 (Berlin Classics)
Und noch einmal Mozarts Hornkonzerte: Er könne sich noch gut an seine erste Begegnung mit diesen Werken erinnern, sagt Felix Klieser: „Als Neunjähriger bekam ich von meinem ersten Hornlehrer eine CD der vier Konzerte geschenkt. Es war eine Aufnahme des großen Hornisten Hermann Baumann mit dem St. Paul Chamber Orchestra unter der Leitung von Pinchas Zukerman.
Keinen dieser Namen hatte ich je zuvor gehört und es war wohl auch das erste Mal, dass ich überhaupt erlebte, wie ein Horn mit Orchester klingt.“ Zutiefst beeindruckt, bat Klieser seinen Lehrer, eines dieser Stücke erlernen zu dürfen.
Seitdem begleiten Mozarts Konzerte den jungen Hornisten durch sein Leben – und nun, 18 Jahre später, hat er diese Werke, die zum Kernrepertoire eines jeden Hornisten zählen, selbst auf CD eingespielt.
Dabei verzichtete Klieser auf vordergründige Effekte; er interpretiert Mozarts Musik zwar mit Temperament, aber auch stets elegant und ausgewogen. Man spürt, dass er sich intensiv und sehr respektvoll mit diesen Kompositionen beschäftigt hat. Und die renommierte Camerata Salzburg, mit Konzertmeister Gregory Ahss, ist dem Hornisten ein exquisiter Partner.
Keinen dieser Namen hatte ich je zuvor gehört und es war wohl auch das erste Mal, dass ich überhaupt erlebte, wie ein Horn mit Orchester klingt.“ Zutiefst beeindruckt, bat Klieser seinen Lehrer, eines dieser Stücke erlernen zu dürfen.
Seitdem begleiten Mozarts Konzerte den jungen Hornisten durch sein Leben – und nun, 18 Jahre später, hat er diese Werke, die zum Kernrepertoire eines jeden Hornisten zählen, selbst auf CD eingespielt.
Dabei verzichtete Klieser auf vordergründige Effekte; er interpretiert Mozarts Musik zwar mit Temperament, aber auch stets elegant und ausgewogen. Man spürt, dass er sich intensiv und sehr respektvoll mit diesen Kompositionen beschäftigt hat. Und die renommierte Camerata Salzburg, mit Konzertmeister Gregory Ahss, ist dem Hornisten ein exquisiter Partner.
Freitag, 28. Juni 2019
25. Festliche Operngala für die Deutsche Aids-Stiftung (Naxos)
Aus aller Welt stammen die Sängerinnen und Sänger, die alljährlich im Berlin zu einer ganz besonderen Veranstaltung auftreten: Spenden sammeln und Gutes tun, lautet das Motto der Festlichen Operngala für die Deutsche Aids-Stiftung, die nunmehr zum 25. Male in der Deutschen Oper Berlin stattgefunden hat.
Auch in diesem Jahr wieder hat das Label Naxos einen Mitschnitt veröffentlicht, um dieses Anliegen zu unterstützen. Die Liste der Mitwirkenden ist lang, die Stimmen sind imposant, und das Programm wurde auch diesmal wieder mit Liebe zusammengestellt: Vom Blütenduett aus Léo Delibes Oper Lakme über das berühmte Casta diva aus Vincenco Bellinis Norma bis zum ebenso populären Dein ist mein ganzes Herz aus Franz Lehárs Operette Das Land des Lächelns bietet die Operngala viel Abwechslung. Man staunt immer wieder, aber es wird auch im 25. Jahr nicht langweilig, die beiden CD anzuhören.
Das liegt natürlich auch mit an Moderator Max Raabe, der mit lakonisch-launigen Anmerkungen durch das Geschehen führt. Einen gewichtigen Part haben zudem einmal mehr Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin unter der Leitung von Enrique Mazzola. Das Orchester eröffnet das Programm mit der Ouvertüre aus Leichte Kavallerie von Franz von Suppé, und es setzt mit dem Radetzky-Marsch von Johann Strauss auch schwungvoll den Schlusspunkt. Und der Chor der Deutschen Oper hat ebenfalls Gelegenheit, sich stimmstark zu präsentieren. Wer die Doppel-CD erwirbt, der kann nicht nur einen exzellenten Opernabend genießen, er unterstützt damit auch die Arbeit der Deutschen Aids-Stiftung.
Auch in diesem Jahr wieder hat das Label Naxos einen Mitschnitt veröffentlicht, um dieses Anliegen zu unterstützen. Die Liste der Mitwirkenden ist lang, die Stimmen sind imposant, und das Programm wurde auch diesmal wieder mit Liebe zusammengestellt: Vom Blütenduett aus Léo Delibes Oper Lakme über das berühmte Casta diva aus Vincenco Bellinis Norma bis zum ebenso populären Dein ist mein ganzes Herz aus Franz Lehárs Operette Das Land des Lächelns bietet die Operngala viel Abwechslung. Man staunt immer wieder, aber es wird auch im 25. Jahr nicht langweilig, die beiden CD anzuhören.
Das liegt natürlich auch mit an Moderator Max Raabe, der mit lakonisch-launigen Anmerkungen durch das Geschehen führt. Einen gewichtigen Part haben zudem einmal mehr Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin unter der Leitung von Enrique Mazzola. Das Orchester eröffnet das Programm mit der Ouvertüre aus Leichte Kavallerie von Franz von Suppé, und es setzt mit dem Radetzky-Marsch von Johann Strauss auch schwungvoll den Schlusspunkt. Und der Chor der Deutschen Oper hat ebenfalls Gelegenheit, sich stimmstark zu präsentieren. Wer die Doppel-CD erwirbt, der kann nicht nur einen exzellenten Opernabend genießen, er unterstützt damit auch die Arbeit der Deutschen Aids-Stiftung.
Donnerstag, 27. Juni 2019
Bach: Sonatas & Partitas - Nathan Milstein (Deutsche Grammophon)
Diese Aufnahme ist eine Legende: 1973 spielte Nathan Milstein Johann Sebastian Bachs Sonaten und Partiten für Violine solo für die Deutsche Grammophon ein. Das war ein Ereignis; die Einspielung wurde 1975 mit einem Grammy ausgezeichnet, und sie hat bis heute Referenzstatus.
Nathan Milstein (1904 bis 1992) gilt als einer der besten Geiger seines Jahrhunderts. Er wuchs in Odessa auf, und erhielt schon als Vierjähriger Violinunterricht. Sein erster und wohl wichtigster Lehrer war Pjotr Stoljarski; dieser unterrichtete übrigens auch Leonid Kogan und David Oistrach. 1916 wurde Milstein dann Schüler von Leopold Auer am St. Petersburger Konservatorium.
1921 begegnete Milstein bei einem Konzert in Kiew Vladimir Horowitz und seiner Schwester Regina. Sie luden ihn zu sich nach Hause ein – der Beginn einer lebenslangen Freundschaft: „I came for tea and stayed three years“, meinte Milstein dazu später. Gemeinsam mit Horowitz ging Milstein auf Konzertreisen, zunächst durch die Sowjetunion, bald auch durch Westeuropa. Zum engsten Freundeskreis gehörte auch der Cellist Gregor Piatigorsky.
1929 gab der Geiger sein Debüt in den USA, mit Leopold Stokowski und dem Philadelphia Orchestra. Er ließ sich in New York nieder, und wurde amerikanischer Staatsbürger. In späteren Jahren lebte Milstein in London. Dort starb der Musiker dann auch, wenige Tage vor seinem 89. Geburtstag erlag er einem Herzinfarkt. Er hatte bis ins hohe Alter Konzerte gegeben und Studierende unterrichtet, und war für sein Wirken mit einer Vielzahl von Auszeichnungen geehrt worden.
Sein letztes Recital spielte Nathan Milstein im Juli 1986 in Stockholm. Kurz darauf brach er sich bei einem Sturz die linke Hand, was seiner Karriere ein Ende setzte. Aber auf Youtube kann man dieses Konzert anschauen, und man wird fasziniert feststellen, dass Milstein mit 82 Jahren noch immer eine brillante Technik hatte, und eine enorme künstlerische Ausstrahlung. Der Geiger legte größten Wert auf einen klaren, kraftvollen Ton und auf ein absolut präzises, konzentriertes, klanglich fein austariertes Spiel.
Das gilt auch für Bachs Sonaten und Partiten, die Milstein mit einem schönen sonoren Ton und höchst differenziert vorträgt. Wer die Aufnahme noch nicht kennt, der hat jetzt sogar die Chance, ein Exemplar zu erwerben. Denn die Deutsche Grammophon hat jüngst eine (limitierte) Drei-LP-Ausgabe im Design der Originalveröffentlichung vorgestellt. Die Box enthält nicht nur die drei Schallplatten sowie einen Download-Code, sondern auch ein umfangreiches Beiheft und Faksimiles der Aufnahmeprotokolle. Durch audiophiles Half-speed-Remastering, exzellent ausgeführt von den Emil Berliner Studios, und 180g Vinyl Pressing bietet diese Edition zudem eine herausragende Klangqualität.
Nathan Milstein (1904 bis 1992) gilt als einer der besten Geiger seines Jahrhunderts. Er wuchs in Odessa auf, und erhielt schon als Vierjähriger Violinunterricht. Sein erster und wohl wichtigster Lehrer war Pjotr Stoljarski; dieser unterrichtete übrigens auch Leonid Kogan und David Oistrach. 1916 wurde Milstein dann Schüler von Leopold Auer am St. Petersburger Konservatorium.
1921 begegnete Milstein bei einem Konzert in Kiew Vladimir Horowitz und seiner Schwester Regina. Sie luden ihn zu sich nach Hause ein – der Beginn einer lebenslangen Freundschaft: „I came for tea and stayed three years“, meinte Milstein dazu später. Gemeinsam mit Horowitz ging Milstein auf Konzertreisen, zunächst durch die Sowjetunion, bald auch durch Westeuropa. Zum engsten Freundeskreis gehörte auch der Cellist Gregor Piatigorsky.
1929 gab der Geiger sein Debüt in den USA, mit Leopold Stokowski und dem Philadelphia Orchestra. Er ließ sich in New York nieder, und wurde amerikanischer Staatsbürger. In späteren Jahren lebte Milstein in London. Dort starb der Musiker dann auch, wenige Tage vor seinem 89. Geburtstag erlag er einem Herzinfarkt. Er hatte bis ins hohe Alter Konzerte gegeben und Studierende unterrichtet, und war für sein Wirken mit einer Vielzahl von Auszeichnungen geehrt worden.
Sein letztes Recital spielte Nathan Milstein im Juli 1986 in Stockholm. Kurz darauf brach er sich bei einem Sturz die linke Hand, was seiner Karriere ein Ende setzte. Aber auf Youtube kann man dieses Konzert anschauen, und man wird fasziniert feststellen, dass Milstein mit 82 Jahren noch immer eine brillante Technik hatte, und eine enorme künstlerische Ausstrahlung. Der Geiger legte größten Wert auf einen klaren, kraftvollen Ton und auf ein absolut präzises, konzentriertes, klanglich fein austariertes Spiel.
Das gilt auch für Bachs Sonaten und Partiten, die Milstein mit einem schönen sonoren Ton und höchst differenziert vorträgt. Wer die Aufnahme noch nicht kennt, der hat jetzt sogar die Chance, ein Exemplar zu erwerben. Denn die Deutsche Grammophon hat jüngst eine (limitierte) Drei-LP-Ausgabe im Design der Originalveröffentlichung vorgestellt. Die Box enthält nicht nur die drei Schallplatten sowie einen Download-Code, sondern auch ein umfangreiches Beiheft und Faksimiles der Aufnahmeprotokolle. Durch audiophiles Half-speed-Remastering, exzellent ausgeführt von den Emil Berliner Studios, und 180g Vinyl Pressing bietet diese Edition zudem eine herausragende Klangqualität.
Montag, 24. Juni 2019
Voices of Armenia - Geghard Ensemble (KuK)
Fremd und doch vertraut klingen die Gesänge auf dieser CD, kraftvoll und konzentriert. Das Geghard Vokalensemble besteht aus acht Sängerinnen, und es gestaltet sonntags die Heilige Liturgie im Felsenkloster Geghard im Osten Armeniens.
Gegründet wurde das Ensemble 2001 von der Sängerin und Dirigentin Anahit Papayan. Künstlerischer Leiter ist Dr. Mher Navoyan, Experte für Musik des Mittelalters und Professor am Konservatorium von Eriwan. Das Repertoire des Geghard Vokalensembles umfasst aber nicht nur Melodien aus der Zeit vom vierten bis zum 15. Jahrhundert. Die Sängerinnen überzeugen ebenso mit Chor-Arrangements armenischer Volks- oder geistlicher Lieder, modernen armenischen Kompositionen sowie Musik europäischer Komponisten. Sie sind allesamt Profis, mit faszinierenden Stimmen.
Um geistliche und Volksmusik aus Armenien einem Publikum außerhalb der Heimat vorzustellen, geht der Chor auf Tourneen und gibt auch im Ausland Konzerte. Mit einem beeindruckenden Programm waren die acht stimmgewaltigen Damen im Juni 2018 zu Gast im Kloster Maulbronn.
Das war ein musikalisches Ereignis, wie der Mitschnitt deutlich macht, der glücklicherweise von Josef-Stefan Kindler und Andreas Otto Grimminger aufgezeichnet und bei ihrem Label K&K veröffentlicht wurde. Es ist übrigens zugleich der Gruß einer bedeutenden Kulturregion an eine andere: Wie das Kloster in Maulbronn, so gehört auch das Felsenkloster Geghard zum Unesco-Welterbe.
Gegründet wurde das Ensemble 2001 von der Sängerin und Dirigentin Anahit Papayan. Künstlerischer Leiter ist Dr. Mher Navoyan, Experte für Musik des Mittelalters und Professor am Konservatorium von Eriwan. Das Repertoire des Geghard Vokalensembles umfasst aber nicht nur Melodien aus der Zeit vom vierten bis zum 15. Jahrhundert. Die Sängerinnen überzeugen ebenso mit Chor-Arrangements armenischer Volks- oder geistlicher Lieder, modernen armenischen Kompositionen sowie Musik europäischer Komponisten. Sie sind allesamt Profis, mit faszinierenden Stimmen.
Um geistliche und Volksmusik aus Armenien einem Publikum außerhalb der Heimat vorzustellen, geht der Chor auf Tourneen und gibt auch im Ausland Konzerte. Mit einem beeindruckenden Programm waren die acht stimmgewaltigen Damen im Juni 2018 zu Gast im Kloster Maulbronn.
Das war ein musikalisches Ereignis, wie der Mitschnitt deutlich macht, der glücklicherweise von Josef-Stefan Kindler und Andreas Otto Grimminger aufgezeichnet und bei ihrem Label K&K veröffentlicht wurde. Es ist übrigens zugleich der Gruß einer bedeutenden Kulturregion an eine andere: Wie das Kloster in Maulbronn, so gehört auch das Felsenkloster Geghard zum Unesco-Welterbe.
Freitag, 21. Juni 2019
Baroque Journey - Lucie Horsch (Decca)
Lucie Horsch gehört ohne Zweifel zu den Stars im Blockflötenuniversum. Die Niederländerin, gerade einmal 19 Jahre alt, beeindruckt nicht nur durch unglaublich flinke Finger und ihre brillante Technik. Auch ihr musikalisches Gestaltungsvermögen ist erstklassig, wie die vorliegende CD beweist.
Das Album lädt die Zuhörer ein zu einer Rundreise durch Europa im Zeitalter des Barock. Die Flötistin startet diese virtuelle Tour in Utrecht, mit einer Melodie aus Jacob van Eycks berühmter Sammlung Der Fluyten Lust-hof. Die Reise führt dann über Deutschland – wo die Musikerin auch Georg Friedrich Händel verortet –, über Italien und Frankreich bis nach England, und von dort wieder zurück in die Niederlande.
Begleitet wird die junge Solistin auf ihrem virtuosen Ausflug in die Musikgeschichte höchst souverän von der Academy of Ancient Music, der Flötistin Charlotte Barbour-Condini sowie dem Lautenisten Thomas Dunford. Zu hören sind neben bekannten Melodien wie Dido's Lament von Henry Purcell, Händels berühmtem Arrival of the Queen of Sheba, der Erbarme-dich-Arie aus der Matthäuspassion, dem Konzert BWV 1059R und der Badinerie von Johann Sebastian Bach oder van Eycks Engels Nachtegaeltje auch Entdeckungen, wie die Welterstaufnahme eines Konzertes von Jaques-Christoph Naudot.
Das Album lädt die Zuhörer ein zu einer Rundreise durch Europa im Zeitalter des Barock. Die Flötistin startet diese virtuelle Tour in Utrecht, mit einer Melodie aus Jacob van Eycks berühmter Sammlung Der Fluyten Lust-hof. Die Reise führt dann über Deutschland – wo die Musikerin auch Georg Friedrich Händel verortet –, über Italien und Frankreich bis nach England, und von dort wieder zurück in die Niederlande.
Begleitet wird die junge Solistin auf ihrem virtuosen Ausflug in die Musikgeschichte höchst souverän von der Academy of Ancient Music, der Flötistin Charlotte Barbour-Condini sowie dem Lautenisten Thomas Dunford. Zu hören sind neben bekannten Melodien wie Dido's Lament von Henry Purcell, Händels berühmtem Arrival of the Queen of Sheba, der Erbarme-dich-Arie aus der Matthäuspassion, dem Konzert BWV 1059R und der Badinerie von Johann Sebastian Bach oder van Eycks Engels Nachtegaeltje auch Entdeckungen, wie die Welterstaufnahme eines Konzertes von Jaques-Christoph Naudot.
Donnerstag, 20. Juni 2019
Rossini: Péchés de Vieillesse (MDG)
Halb Europa feierte die Musik Richard Wagners – und Gioacchino Rossini scherte sich überhaupt nicht darum. Der Komponist hatte sich schon nach der Uraufführung seiner Oper Guillaume Tell im Jahre 1829 in das Privatleben zurückgezogen. Da war er gerade einmal 37 Jahre alt, hatte bereits 39 Opern komponiert, und damit triumphale Erfolge erlebt. Das Publikum bedauerte dies durch- aus: „Die Schwäne singen am Ende ihres Lebens“, so schrieb Heinrich Heine 1836, „Rossini aber hat in der Mitte zu singen aufgehört.“
Die neuen Entwicklungen am Musiktheater interessierten den Kompo- nisten offenbar wenig; er hatte genug mit seiner angegriffenen Gesundheit zu kämpfen, und schrieb nie wieder eine Oper. In seinen letzten Lebensjahren, nach seiner Genesung, schuf er kaum noch Musik für die Öffentlichkeit. Doch er komponierte eine Vielzahl kleiner Stücke zum rein privaten Gebrauch, die er Péchés de vieillesse nannte, Sünden des Alters.
Ab 1855 wohnte Rossini gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau Olympe Pélissier in Paris – und das Paar führte einen gefragten Salon. Tout-Paris traf sich dort zum musikalischen Samedi Soir, und bei dieser Gelegenheit erklangen auch die „Alterssünden“. Und davon gibt es nicht gerade wenige: Es sind immerhin 13 Notenbände mit Vokal-, Chor- und Kammermusik sowie über einhundert Klavierstücken, die der „pianiste de 4ème classe (sans rivauxs)“, so Rossini über Rossini, zu Papier brachte und auch den „Pianisten der vierten Klasse“ widmete.
Stefan Irmer hat sich diesem Repertoire zugewandt und die Klaviermusik aus den Péchés de vieillesse im Verlaufe mehrerer Jahre komplett auf acht CD eingespielt. Der Pianist präsentiert die „Morceaux Semicomique“ ebenso sorgsam wie hintergründig, mit Sinn für Ironie und Doppel- bödigkeiten sowie mit viel Humor und Elan.
Das Label Dabringhaus und Grimm hat nun sämtliche Aufnahmen dieser nur scheinbar leichtgewichtigen Werke in einer liebevoll gestalteten Box noch einmal zusammengefasst. Der Zuhörer erhält damit die Chance, einen gewichtigen Teil des Schaffens Rossinis kennenzulernen. Man erlebt den Komponisten als einen witzigen, engagierten, scharfsinnigen und auch hochpolitischen Kommentator jener Zeit. Grandios!
Die neuen Entwicklungen am Musiktheater interessierten den Kompo- nisten offenbar wenig; er hatte genug mit seiner angegriffenen Gesundheit zu kämpfen, und schrieb nie wieder eine Oper. In seinen letzten Lebensjahren, nach seiner Genesung, schuf er kaum noch Musik für die Öffentlichkeit. Doch er komponierte eine Vielzahl kleiner Stücke zum rein privaten Gebrauch, die er Péchés de vieillesse nannte, Sünden des Alters.
Ab 1855 wohnte Rossini gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau Olympe Pélissier in Paris – und das Paar führte einen gefragten Salon. Tout-Paris traf sich dort zum musikalischen Samedi Soir, und bei dieser Gelegenheit erklangen auch die „Alterssünden“. Und davon gibt es nicht gerade wenige: Es sind immerhin 13 Notenbände mit Vokal-, Chor- und Kammermusik sowie über einhundert Klavierstücken, die der „pianiste de 4ème classe (sans rivauxs)“, so Rossini über Rossini, zu Papier brachte und auch den „Pianisten der vierten Klasse“ widmete.
Stefan Irmer hat sich diesem Repertoire zugewandt und die Klaviermusik aus den Péchés de vieillesse im Verlaufe mehrerer Jahre komplett auf acht CD eingespielt. Der Pianist präsentiert die „Morceaux Semicomique“ ebenso sorgsam wie hintergründig, mit Sinn für Ironie und Doppel- bödigkeiten sowie mit viel Humor und Elan.
Das Label Dabringhaus und Grimm hat nun sämtliche Aufnahmen dieser nur scheinbar leichtgewichtigen Werke in einer liebevoll gestalteten Box noch einmal zusammengefasst. Der Zuhörer erhält damit die Chance, einen gewichtigen Teil des Schaffens Rossinis kennenzulernen. Man erlebt den Komponisten als einen witzigen, engagierten, scharfsinnigen und auch hochpolitischen Kommentator jener Zeit. Grandios!
Mittwoch, 19. Juni 2019
Neukomm: Missa Solemnis (Accent)
Sigismund Ritter von Neukomm (1778 bis 1858) hat eine beein- druckende Lebensgeschichte, die in diesem Blog bereits an anderer Stelle ausführlich nachzulesen ist. In seinen 80 Lebensjahren hat Neukomm nicht nur über 1300 Kompositionen geschaffen. Er war zudem in vielen Ländern tätig; seine Reisen führten ihn durch ganz Europa, bis nach St. Petersburg, dazu nach Afrika, und von 1816 bis 1821 wirkte er sogar in Rio de Janeiro, Brasilien.
Dort wurde 1818 wurde der Prinzregent João VI. zum König von Portugal, Brasilien und der Algarve ausgerufen – und Neukomm schrieb eine Missa Solemnis für diese Zeremonie. Der Kronprinz war 1807, auf dem Höhepunkt der Napoleonischen Kriege, aus Lissabon nach Rio de Janeiro geflohen. 1821 aber musste er aufgrund von Unruhen aus Brasilien zurück nach Portugal flüchten; sie führten wenig später zur Unabhängigkeit den südamerikanischen Landes. Neukomm hatte dies ebenfalls erkannt und Brasilien bereits zehn Tage vor dem König verlassen.
Musikalisch war die Zeit in Südamerika für Neukomm sehr spannend. So sammelte er Volkslieder, sogenannte Modinhas, und integrierte brasilianische Motive in seine Kompositionen. Davon freilich ist in der Messe noch nichts zu spüren; sie klingt nach Wien. Und auch wenn Neukomm ein Schüler Haydns war und Mozart sehr verehrte, so findet er doch zu einer sehr eigenen Klangsprache.
Das Werk wird von einem erstklassigen Solistenquartett, vom Chœur de Chambre de Namur sowie dem phantastischen Kammerorchester La Grande Écurie et la Chambre du Roy unter Leitung von Jean-Claude Malgoire großartig vorgestellt. Malgoire setzt mit dieser Einspielung sein Engagement für die Wiederentdeckung des Komponisten Neukomm fort. Und das lohnt sich absolut, wie auch das zweite Werk auf der zweiten CD zeigt.
Die Missa pro Defunctis tribus similibus vocibus, erstmals veröffentlicht 1838, besteht aus vier Teilen. Neukomm hat ziemlich ausführlich beschrieben, wie das Werk aufgeführt werden soll. Requiem und De profundis waren für den Gottesdienst bestimmt; Miserere und Trauermarsch sollten bei der Prozession erklingen, mit der der Leichnam anschließend aus der Kirche zum Friedhof gebracht wird.
Die Musik ist würdevoll, und ausgesprochen beeindruckend. Für die Aufführung ist ein stark besetzer Männerchor erforderlich, Malgoire hat in Cantaréunion, Ensemble vocal de l'Océan Indien, die perfekte Besetzung gefunden.
Dort wurde 1818 wurde der Prinzregent João VI. zum König von Portugal, Brasilien und der Algarve ausgerufen – und Neukomm schrieb eine Missa Solemnis für diese Zeremonie. Der Kronprinz war 1807, auf dem Höhepunkt der Napoleonischen Kriege, aus Lissabon nach Rio de Janeiro geflohen. 1821 aber musste er aufgrund von Unruhen aus Brasilien zurück nach Portugal flüchten; sie führten wenig später zur Unabhängigkeit den südamerikanischen Landes. Neukomm hatte dies ebenfalls erkannt und Brasilien bereits zehn Tage vor dem König verlassen.
Musikalisch war die Zeit in Südamerika für Neukomm sehr spannend. So sammelte er Volkslieder, sogenannte Modinhas, und integrierte brasilianische Motive in seine Kompositionen. Davon freilich ist in der Messe noch nichts zu spüren; sie klingt nach Wien. Und auch wenn Neukomm ein Schüler Haydns war und Mozart sehr verehrte, so findet er doch zu einer sehr eigenen Klangsprache.
Das Werk wird von einem erstklassigen Solistenquartett, vom Chœur de Chambre de Namur sowie dem phantastischen Kammerorchester La Grande Écurie et la Chambre du Roy unter Leitung von Jean-Claude Malgoire großartig vorgestellt. Malgoire setzt mit dieser Einspielung sein Engagement für die Wiederentdeckung des Komponisten Neukomm fort. Und das lohnt sich absolut, wie auch das zweite Werk auf der zweiten CD zeigt.
Die Missa pro Defunctis tribus similibus vocibus, erstmals veröffentlicht 1838, besteht aus vier Teilen. Neukomm hat ziemlich ausführlich beschrieben, wie das Werk aufgeführt werden soll. Requiem und De profundis waren für den Gottesdienst bestimmt; Miserere und Trauermarsch sollten bei der Prozession erklingen, mit der der Leichnam anschließend aus der Kirche zum Friedhof gebracht wird.
Die Musik ist würdevoll, und ausgesprochen beeindruckend. Für die Aufführung ist ein stark besetzer Männerchor erforderlich, Malgoire hat in Cantaréunion, Ensemble vocal de l'Océan Indien, die perfekte Besetzung gefunden.
Dienstag, 18. Juni 2019
Rossini: Ricciardo e Zoraide (Naxos)
Seit mehr als 25 Jahren gibt es in Bad Wildbad ein Musikfestival, das enorme Mengen an Musikfreunden in das beschauliche Schwarzwald-Städtchen lockt: „Rossini in Wildbad“ ist ein Ereignis – und diese CD macht deutlich, warum eine derart kleine Stadt zu einem Pilgerort für alle Opernfans werden kann.
Im Jahre 2013 stand Ricciardo e Zoraide auf dem Programm, eine Oper von Gioachino Rossini (1792 bis 1868), die 1818 am Teatro San Carlo in Neapel uraufgeführt worden ist, und vom Publikum damals gefeiert wurde. Warum sie heute eher unbekannt ist, das gehört zu den Rätseln der Musikgeschichte. Denn diese Oper, die auf dem Epos Ricciardetto von Niccolò Forteguerri (1674 bis 1735) beruht, hat eigentlich alles, was das Genre so attraktiv macht – große Gefühle, großes Drama, und auch großartige Musik. Das zeigt sich schon bei der Ouvertüre, mit der José Miguel Pérez-Sierra mit den Virtuosi Brunensis wahre Klang-Panoramen entstehen lässt.
Die Handlung der Oper ist eine Rittergeschichte, mit einer gehörigen Portion Turbulenzen, Liebe und Verrat – und natürlich einem guten Ende. Doch vorher gibt es jede Menge Rossini vom Allerfeinsten, serviert von einem sehr soliden Sängerensemble sowie dem Chor Camerata Bach aus dem polnischen Poznań. Ricciardo e Zoraide erweist sich als eine der originellsten Opern Rossinis; und vielleicht findet sie ja tatsächlich den Weg zurück in das Repertoire. Es würde sich lohnen.
Im Jahre 2013 stand Ricciardo e Zoraide auf dem Programm, eine Oper von Gioachino Rossini (1792 bis 1868), die 1818 am Teatro San Carlo in Neapel uraufgeführt worden ist, und vom Publikum damals gefeiert wurde. Warum sie heute eher unbekannt ist, das gehört zu den Rätseln der Musikgeschichte. Denn diese Oper, die auf dem Epos Ricciardetto von Niccolò Forteguerri (1674 bis 1735) beruht, hat eigentlich alles, was das Genre so attraktiv macht – große Gefühle, großes Drama, und auch großartige Musik. Das zeigt sich schon bei der Ouvertüre, mit der José Miguel Pérez-Sierra mit den Virtuosi Brunensis wahre Klang-Panoramen entstehen lässt.
Die Handlung der Oper ist eine Rittergeschichte, mit einer gehörigen Portion Turbulenzen, Liebe und Verrat – und natürlich einem guten Ende. Doch vorher gibt es jede Menge Rossini vom Allerfeinsten, serviert von einem sehr soliden Sängerensemble sowie dem Chor Camerata Bach aus dem polnischen Poznań. Ricciardo e Zoraide erweist sich als eine der originellsten Opern Rossinis; und vielleicht findet sie ja tatsächlich den Weg zurück in das Repertoire. Es würde sich lohnen.
Bach - Benjamin Appl (Sony)
Eine schöne Stimme, kernig, aber zugleich wandelbar, und dazu allerbeste Textverständlichkeit – Benjamin Appl ist ein ein junger Sänger, der aufhorchen lässt. Appl singen zu hören, das ist eine Freude. Auf dieser CD präsentiert der Bariton gemeinsam mit dem renommierten Concerto Köln ein Programm mit Bach-Arien.
Die Werke des Thomaskantors schätzt Appl schon seit vielen Jahren; denn seine Sängerlaufbahn begann er einst als Chorknabe bei den Regensburger Domspatzen. „Zur Vorbereitung auf dieses Album (..) war es mir wichtig, zurückzudenken, zu ergründen, zurück zu fühlen, was diese Musik für mich persönlich verkörpert“, schreibt Appl im Begleitheft. Denn Bachs Kompositionen sind eine Herausforderung: „Wenn es nur immer so einfach wäre, wie Bach selbst einräumte: ,Alles was man tun muss, ist die richtige Taste zum richtigen Zeitpunkt zu treffen.'“
Für einen Sänger ist das noch ein wenig komplexer. Doch Appl trifft nicht nur im Wortsinne stets den richtigen Ton. Der junge Bariton gestaltet ausgesprochen souverän – was nicht nur für das jeweilige Stück gilt, sondern auch für das komplette Programm. Auf dieser CD kombiniert er bekannte Arien, wie Mache dich, mein Herze, rein oder Gebt mir meinen Jesum wieder aus der Matthäuspassion, mit weniger populären, wobei er auch die weltlichen Kantaten stets mit im Blick hat. Und Concerto Köln ist dem Sänger nicht nur ein erstklassiger Begleiter. Mit einer geschickten Auswahl verschiedener Sinfonien aus verschiedenen Kantaten zeigt das Ensemble, wie abwechslungsreich Bach diese Eingangssätze einst angelegt hat. Und natürlich bietet dies auch den Instrumentalisten Gelegenheit, zu glänzen. Rundum gelungen!
Die Werke des Thomaskantors schätzt Appl schon seit vielen Jahren; denn seine Sängerlaufbahn begann er einst als Chorknabe bei den Regensburger Domspatzen. „Zur Vorbereitung auf dieses Album (..) war es mir wichtig, zurückzudenken, zu ergründen, zurück zu fühlen, was diese Musik für mich persönlich verkörpert“, schreibt Appl im Begleitheft. Denn Bachs Kompositionen sind eine Herausforderung: „Wenn es nur immer so einfach wäre, wie Bach selbst einräumte: ,Alles was man tun muss, ist die richtige Taste zum richtigen Zeitpunkt zu treffen.'“
Für einen Sänger ist das noch ein wenig komplexer. Doch Appl trifft nicht nur im Wortsinne stets den richtigen Ton. Der junge Bariton gestaltet ausgesprochen souverän – was nicht nur für das jeweilige Stück gilt, sondern auch für das komplette Programm. Auf dieser CD kombiniert er bekannte Arien, wie Mache dich, mein Herze, rein oder Gebt mir meinen Jesum wieder aus der Matthäuspassion, mit weniger populären, wobei er auch die weltlichen Kantaten stets mit im Blick hat. Und Concerto Köln ist dem Sänger nicht nur ein erstklassiger Begleiter. Mit einer geschickten Auswahl verschiedener Sinfonien aus verschiedenen Kantaten zeigt das Ensemble, wie abwechslungsreich Bach diese Eingangssätze einst angelegt hat. Und natürlich bietet dies auch den Instrumentalisten Gelegenheit, zu glänzen. Rundum gelungen!
Sonntag, 16. Juni 2019
Castello: Sonate concertate in stil moderno (AAM)
Viel ist nicht bekannt über Dario Castello. Er lebte und wirkte in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Venedig, und er hat so wenig Spuren hinterlassen, dass er von einigen Musikwissenschaftlern für ein Phantom gehalten wird: Vielleicht ist sein Name ja ein Pseudonym seines Kollegen Claudio Monteverdi? Die Musik von Dario Castello jedenfalls war beliebt und wurde sogar im fernen Amsterdam nachgedruckt.
Der Organist und Cembalist Richard Egarr beschäftigt sich mit diesen Klängen seit vielen Jahren. „Castello's work still remains some of my favourite music to play, so I was determined eventually to find an opportunity to record all of these sonatas“, schreibt Egarr im Beiheft. Denn nun ist es ihm gelungen, sie mit der Academy of Ancient Music auf CD einzuspielen. Die Sonate concertate in stil moderno, Libro Primo, 1621 erstmals erschienen, bilden den ersten Teil.
„We used high Venetian pitch (A'=466), which has great implications for all the instruments involved, both technically and sonically“, berichtet der Musiker. „we opted for a pure ¼-comma meantone tuning, a system of pitches commonly used in Castello's time. This adds incredible spice and shocking colour to Castello's often pungent melodic and harmonic turns.“
Auch bei der Besetzung folgte die Academy of Ancient Music den Vorgaben des Komponisten: „no recorders here“ - so Egarr - „just violins, cornetto, dulcian, trombone and violetta (a curios edgy-toned small cello-gamba hybrid, tuned an fifth higher than the 'normal' cello). The continuo was simply keyboard (organ or harpsichord) and theorbo.“
Das Ergebnis ist überwältigend. Unbedingt anhören, diese CD lohnt sich nämlich nicht nur für Freunde der „Alten“ Musik. Castellos Musik ist so erfrischend, ideenreich und unkonventionell – und musiziert wird ebenfalls hinreißend.
Der Organist und Cembalist Richard Egarr beschäftigt sich mit diesen Klängen seit vielen Jahren. „Castello's work still remains some of my favourite music to play, so I was determined eventually to find an opportunity to record all of these sonatas“, schreibt Egarr im Beiheft. Denn nun ist es ihm gelungen, sie mit der Academy of Ancient Music auf CD einzuspielen. Die Sonate concertate in stil moderno, Libro Primo, 1621 erstmals erschienen, bilden den ersten Teil.
„We used high Venetian pitch (A'=466), which has great implications for all the instruments involved, both technically and sonically“, berichtet der Musiker. „we opted for a pure ¼-comma meantone tuning, a system of pitches commonly used in Castello's time. This adds incredible spice and shocking colour to Castello's often pungent melodic and harmonic turns.“
Auch bei der Besetzung folgte die Academy of Ancient Music den Vorgaben des Komponisten: „no recorders here“ - so Egarr - „just violins, cornetto, dulcian, trombone and violetta (a curios edgy-toned small cello-gamba hybrid, tuned an fifth higher than the 'normal' cello). The continuo was simply keyboard (organ or harpsichord) and theorbo.“
Das Ergebnis ist überwältigend. Unbedingt anhören, diese CD lohnt sich nämlich nicht nur für Freunde der „Alten“ Musik. Castellos Musik ist so erfrischend, ideenreich und unkonventionell – und musiziert wird ebenfalls hinreißend.
Samstag, 15. Juni 2019
Czerny: Piano Concerto in D minor (Naxos)
Auch mit dieser CD setzt sich Rosemary Tuck für die Wiederentdeckung des Schaffens von Carl Czerny (1791 bis 1857) ein. In Wien, wo Czerny zur Welt kam, gab es seinerzeit – so berichtet die australische Pianistin im Geleitwort zu dieser Aufnahme – dreimal mehr Klavierlehrer als Ärzte.
In dieser musikalischen Atmosphäre wuchs Carl Czerny auf, und schon als Zehnjähriger beeindruckte er Ludwig van Beethoven mit seinem Klavierspiel derart, dass ihn dieser als Schüler annahm. Die beiden Musiker blieben lebenslang befreundet. Czerny wirkte als Solist bei den Uraufführungen von zwei Klavierkonzerten seines Lehrers, und er fertigte auch die Klavierfassungen zu Orchesterwerken Beethovens an.
In späteren Jahren zog Czerny das Komponieren und Unterrichten der Virtuosenlaufbahn vor. Zu seinen Schülern gehören unter anderem Beethovens Neffe, sowie der junge Franz Liszt und Sigismund Thalberg. Bekannt ist Czerny heute in erster Linie als Autor von Unterrichtswerken und gefälligen Stücken für die Hausmusik.
Im Fun-Zeitalter freilich hat kaum noch ein Klavierschüler Lust, sich durch die Schule der Geläufigkeit hindurchzuackern. Dabei waren die Lehrwerke Czernys einst hoch geschätzt, wie uns ein Brief verrät, den Johannes Brahms 1878 an Clara Schumann schrieb: „Die große Pianoforteschule von Czerny ist wohl der Mühe wert, durchgelesen zu werden. (..) Der Fingersatz bei Czerny ist höchst sehr zu beachten, überhaupt meine ich, man dürfe heute mehr Respekt vor dem tüchtigen Mann haben.“
Czerny schrieb aber nicht nur unkomplizierte Musik, die gut klingt und gut in der Hand liegt. Er hat auch eine ganze Reihe von „seriösen“ Werken komponiert – die aber technisch ziemlich hohe Anforderungen an den Pianisten stellen. Und deshalb sind Czernys Klavierkonzerte musikalische Raritäten, die man live fast nie zu hören bekommt.
Rosemary Tuck hat für Naxos schon etliche dieser Werke eingespielt. Auf dieser CD erklingen Czernys Erstes Klavierkonzert in d-moll und das stimmungsvolle Introduktion, Variationen und Finale über den Jägerchor aus Webers Oper Euryanthe op. 60 – beides in Weltersteinspielung – und das temperamentvolle Introduzione e Rondo Brillant op. 233, ein geistreiches Bravourstück.
Die Pianistin musiziert gemeinsam mit dem English Chamber Orchestra unter Leitung von Richard Bonynge; sie spielt virtuos, mit einer atemberaubenden Technik. Ihr Anschlag ist unglaublich differenziert. Eine beeindruckende Aufnahme, die unser Bild von der Wiener Klassik höchst schätzenswert ergänzt.
In dieser musikalischen Atmosphäre wuchs Carl Czerny auf, und schon als Zehnjähriger beeindruckte er Ludwig van Beethoven mit seinem Klavierspiel derart, dass ihn dieser als Schüler annahm. Die beiden Musiker blieben lebenslang befreundet. Czerny wirkte als Solist bei den Uraufführungen von zwei Klavierkonzerten seines Lehrers, und er fertigte auch die Klavierfassungen zu Orchesterwerken Beethovens an.
In späteren Jahren zog Czerny das Komponieren und Unterrichten der Virtuosenlaufbahn vor. Zu seinen Schülern gehören unter anderem Beethovens Neffe, sowie der junge Franz Liszt und Sigismund Thalberg. Bekannt ist Czerny heute in erster Linie als Autor von Unterrichtswerken und gefälligen Stücken für die Hausmusik.
Im Fun-Zeitalter freilich hat kaum noch ein Klavierschüler Lust, sich durch die Schule der Geläufigkeit hindurchzuackern. Dabei waren die Lehrwerke Czernys einst hoch geschätzt, wie uns ein Brief verrät, den Johannes Brahms 1878 an Clara Schumann schrieb: „Die große Pianoforteschule von Czerny ist wohl der Mühe wert, durchgelesen zu werden. (..) Der Fingersatz bei Czerny ist höchst sehr zu beachten, überhaupt meine ich, man dürfe heute mehr Respekt vor dem tüchtigen Mann haben.“
Czerny schrieb aber nicht nur unkomplizierte Musik, die gut klingt und gut in der Hand liegt. Er hat auch eine ganze Reihe von „seriösen“ Werken komponiert – die aber technisch ziemlich hohe Anforderungen an den Pianisten stellen. Und deshalb sind Czernys Klavierkonzerte musikalische Raritäten, die man live fast nie zu hören bekommt.
Rosemary Tuck hat für Naxos schon etliche dieser Werke eingespielt. Auf dieser CD erklingen Czernys Erstes Klavierkonzert in d-moll und das stimmungsvolle Introduktion, Variationen und Finale über den Jägerchor aus Webers Oper Euryanthe op. 60 – beides in Weltersteinspielung – und das temperamentvolle Introduzione e Rondo Brillant op. 233, ein geistreiches Bravourstück.
Die Pianistin musiziert gemeinsam mit dem English Chamber Orchestra unter Leitung von Richard Bonynge; sie spielt virtuos, mit einer atemberaubenden Technik. Ihr Anschlag ist unglaublich differenziert. Eine beeindruckende Aufnahme, die unser Bild von der Wiener Klassik höchst schätzenswert ergänzt.
Montag, 10. Juni 2019
Bach: Oboe Concertos & Cantatas (Accent)
Einen Blick in die Komponisten- werkstatt Johann Sebastian Bachs wagen die Musiker auf dieser CD. Xenia Löffler hat gemeinsam mit Václav Luks und dem Collegium 1704 die Cembalokonzerte des Thomas- kantors aufmerksam studiert – und dabei festgestellt, dass sich nicht nur das Concerto A-Dur BWV 1055 hervorragend auf der Oboe d'amore spielen lässt. Auch für das Concerto C-Dur BWV 1061 ist eine Besetzung avec plusiers instruments möglich. In diesem Falle wurde der originale Solopart der zwei Cembali auf ein klanglich sehr ansprechendes Concertino aus Oboe und Viola da gamba sowie Violine und Fagott übertragen. Diese Besetzung bietet sich auch deshalb an, fand die Oboistin, weil alle Stimmen in Lage und Umfang zu diesen Instrumenten passen. „Es ist eine große Freude, unseren Beitrag zur Erweiterung des Repertoires (..) hier erstmals präsentieren zu können“, schreibt Xenia Löffler im Beiheft. „Ein besonderer Dank gilt Tim Willis, der mir bei der Umsetzung meiner Idee maßgeblich geholfen hat.“
Eingespielt haben die Musiker zudem das Concerto in g-Moll BWV 1056R in der rekonstruierten Version für Oboe, Streicher und Basso continuo, und zwei Solo-Kantaten, in denen der Sopran und die Instrumentalisten gleichermaßen glänzen können. Anna Prohaska singt die Solo-Partie, und auch das Collegium Vocale 1704 ist zu hören – allerdings hat Bach bei diesen Kantaten für den Chor nur schlichte Schlusschoräle geschrieben. Doch wer sich über eine Arie freuen kann, bei der die Sängerin von einem Violinduo oder aber gleich von drei Oboen begleitet wird, der wird hier erfreut lauschen. Ich bin vergnügt mit meinem Glücke BWV 84 und Falsche Welt, dir trau ich nicht! BWV 52 sind musikalische Edelsteine, und dieses Gemeinschaftprojekt der Barockoboistin Xenia Löffler mit dem Collegium 1704 unter Václav Luks bringt sie famos zum Funkeln.
Eingespielt haben die Musiker zudem das Concerto in g-Moll BWV 1056R in der rekonstruierten Version für Oboe, Streicher und Basso continuo, und zwei Solo-Kantaten, in denen der Sopran und die Instrumentalisten gleichermaßen glänzen können. Anna Prohaska singt die Solo-Partie, und auch das Collegium Vocale 1704 ist zu hören – allerdings hat Bach bei diesen Kantaten für den Chor nur schlichte Schlusschoräle geschrieben. Doch wer sich über eine Arie freuen kann, bei der die Sängerin von einem Violinduo oder aber gleich von drei Oboen begleitet wird, der wird hier erfreut lauschen. Ich bin vergnügt mit meinem Glücke BWV 84 und Falsche Welt, dir trau ich nicht! BWV 52 sind musikalische Edelsteine, und dieses Gemeinschaftprojekt der Barockoboistin Xenia Löffler mit dem Collegium 1704 unter Václav Luks bringt sie famos zum Funkeln.
Sonntag, 9. Juni 2019
Bach: Sonatas & Partitas (Deutsche Grammophon)
Von der Kritik wurde Giuliano Carmignola für seine Interpretation von Bachs Violinkonzerten sehr gelobt. Nun ist seine Einspielung der Sonaten und Partiten BWV 1001–1006 erschienen, vorgetragen auf einer Violine, die Pietro Guarneri 1753 in Venedig geschaffen hat. Der Geiger benutzt zudem einen Bogen, den Emilio Slaviero 2007 nach einem Original des renommierten Bogenbauers Nicolas Léonard Tourte aus dem 18. Jahrhundert angefertigt hat. Es handelt sich übrigens um die erste Aufnahme im umfangreichen Katalog des Labels Deutsche Grammophon, bei der dieser Zyklus auf einem historischen Barockinstrument eingespielt wurde.
Giuliano Carmignola hat seinen ganz eigenen Zugang zu Bachs berühmten Werken für Violine solo gefunden. Er setzt auf intensive Klangfarben und eine sehr strikte rhythmische Gestaltung, und schafft so eine einzigartige, sehr individuelle Interpretation.
Giuliano Carmignola hat seinen ganz eigenen Zugang zu Bachs berühmten Werken für Violine solo gefunden. Er setzt auf intensive Klangfarben und eine sehr strikte rhythmische Gestaltung, und schafft so eine einzigartige, sehr individuelle Interpretation.
Donnerstag, 6. Juni 2019
Mozart: The Horn Concertos (Genuin)
Frisch und dennoch innig erklingen auf dieser CD aus dem Hause Genuin die vier Hornkonzerte von Wolfgang Amadeus Mozart. Christoph Eß, der Solohornist der Bamberger Sinfoniker, musiziert gemeinsam mit dem bestens aufgelegten Folkwang Kammerorchester Essen unter Leitung seines Chefdirigenten Johannes Klumpp.
Die Leistung des Hornisten erscheint umso beeindruckender, weil es sich durchweg um Live-Mitschnitte handelt. Mit zumeist kernig-metallischem Ton spielt Eß durchweg brillant und in allen Lagen stets makellos.
Der Hornist hat sich mit den Noteneditionen kritisch auseinandergesetzt, und spielt in allen Konzerten – auch in KV 417 – Kadenzen seines Mentors und Freundes Michael Höltzel, dem auch die CD gewidmet ist. Bei dem Hornkonzert KV 412 ist nicht nur die übliche Süßmayr-Fassung des Rondos zu hören, sondern zusätzlich auch Mozart revidierte Version in einer Edition von Robert Levin.
Und als Zugabe gibt es, mit einem Augenzwinkern, die Invitation to a Journey with Mozart and Four Horn Players, eine witzige Hommage des norwegischen Komponisten Trygve Madsen für German Hornsound. Das mittlerweile legendäre Ensemble, dessen Initiator Eß seinerzeit war, jongliert in diesem Werk lustvoll mit den Themen der Hornkonzerte Mozarts, die Madsen mit Humor, aber zugleich durchaus respektvoll verarbeitet hat. Dabei erhält jeder der vier Hornisten auch Gelegenheit, solistisch zu glänzen.
Die Leistung des Hornisten erscheint umso beeindruckender, weil es sich durchweg um Live-Mitschnitte handelt. Mit zumeist kernig-metallischem Ton spielt Eß durchweg brillant und in allen Lagen stets makellos.
Der Hornist hat sich mit den Noteneditionen kritisch auseinandergesetzt, und spielt in allen Konzerten – auch in KV 417 – Kadenzen seines Mentors und Freundes Michael Höltzel, dem auch die CD gewidmet ist. Bei dem Hornkonzert KV 412 ist nicht nur die übliche Süßmayr-Fassung des Rondos zu hören, sondern zusätzlich auch Mozart revidierte Version in einer Edition von Robert Levin.
Und als Zugabe gibt es, mit einem Augenzwinkern, die Invitation to a Journey with Mozart and Four Horn Players, eine witzige Hommage des norwegischen Komponisten Trygve Madsen für German Hornsound. Das mittlerweile legendäre Ensemble, dessen Initiator Eß seinerzeit war, jongliert in diesem Werk lustvoll mit den Themen der Hornkonzerte Mozarts, die Madsen mit Humor, aber zugleich durchaus respektvoll verarbeitet hat. Dabei erhält jeder der vier Hornisten auch Gelegenheit, solistisch zu glänzen.
Dienstag, 4. Juni 2019
Graupner: Concertos & Ouvertures (Accent)
„Ich bin also mit Geschäfften dermaassen überhäuffet, daß ich fast gar nichts anders verrichten kann, und nur immer sorgen muß, mit meiner Composition fertig zu werden, indem ein Sonn- und Fest-Tag dem andern die Hand bietet“, schrieb Christoph Graupner 1740 an seinen einstigen Hamburger Kollegen Johann Mattheson. Zwar hatte der hessische Landgraf Ernst Ludwig – der übrigens sehr gut Cembalo und Laute spielte, und auch selbst komponierte – mittlerweile eingesehen, dass er sich eine Hofoper nicht leisten kann.
Dennoch blieb für seinen Hofkapellmeister Graupner genug zu tun; in seinem Nachlass, der heute zum Bestand der Hessischen Landes- und Hochschulbibliothek Darmstadt gehört, befinden sich mehr als 1.400 Kirchenkantaten, und dazu eine enorme Menge an Instrumental- kompositionen, beispielsweise 85 Ouvertürensuiten, mehr als 110 Sinfonien und 44 Konzerte.
Mit dieser Einspielung beteiligt sich nun auch das Ensemble L'arpa festante an der Wiederentdeckung der musikalischen Schätze, die bislang nur zu einem sehr geringen Teil durch Editionen erschlossen sind. Die Musikerinnen und Musiker um den Cembalisten Rien Voskuilen haben für diese Aufnahme zwei Ouvertürensuiten und zwei Concertos des Komponisten ausgewählt. Sie zeigen sehr schön, wie souverän und kreativ Graupner seinerzeit mit den barocken Formen umgegangen ist – und wie modern manche seiner Werke wirken. L'arpa festante musiziert mit Engagement und Finesse, und bringt die Klangeffekte Graupners bestens zur Geltung.
Dennoch blieb für seinen Hofkapellmeister Graupner genug zu tun; in seinem Nachlass, der heute zum Bestand der Hessischen Landes- und Hochschulbibliothek Darmstadt gehört, befinden sich mehr als 1.400 Kirchenkantaten, und dazu eine enorme Menge an Instrumental- kompositionen, beispielsweise 85 Ouvertürensuiten, mehr als 110 Sinfonien und 44 Konzerte.
Mit dieser Einspielung beteiligt sich nun auch das Ensemble L'arpa festante an der Wiederentdeckung der musikalischen Schätze, die bislang nur zu einem sehr geringen Teil durch Editionen erschlossen sind. Die Musikerinnen und Musiker um den Cembalisten Rien Voskuilen haben für diese Aufnahme zwei Ouvertürensuiten und zwei Concertos des Komponisten ausgewählt. Sie zeigen sehr schön, wie souverän und kreativ Graupner seinerzeit mit den barocken Formen umgegangen ist – und wie modern manche seiner Werke wirken. L'arpa festante musiziert mit Engagement und Finesse, und bringt die Klangeffekte Graupners bestens zur Geltung.
Montag, 3. Juni 2019
Pleyel: Piano compositions for two and four hands (Hänssler Profil)
Ignaz Joseph Pleyel (1757 bis 1831) war vielseitig interessiert und auch sehr geschäftstüchtig. Über den Lebensweg des erfolgreichen Pianisten, Kapellmeisters, Komponisten, Musikverlegers und Begründers einer Klaviermanufaktur haben wir in diesem Blog bereits an anderer Stelle ausführlich berichtet.
Von seiner Musik hingegen gibt es zumeist wenig zu berichten, weil sie heutzutage wenig gespielt wird. Ich bin zu der Meinung gelangt, dass Pleyel unterschätzt wird. Und darin bestätigt mich auch diese neue Einspielung aus der Edition Günter Hänssler: Leonore von Stauss und ihr Lehrer Wolfgang Brunner stellen Klaviermusik des Komponisten vor. Dabei scheuen sie, ebenso wie einst Pleyel, das Populäre nicht – und so erklingen neben dem Konzert für zwei Klaviere und Ausschnitten aus dem Receuil de trois pieces pour le Clavecin solo ou Harpe auch drei Sonaten à Quatre Mains, geschickt arrangiert von Pleyel nach drei seiner Violinduos, und eine Folge von Ecossaisen, also Tänzen, die Wolfgang Brunner behutsam für zwei Hammerflügel arrangiert hat. Musiziert wird auf Nachbauten historischer Instrumente, und klanglich sind die beiden Fortepianos wirklich sehr reizvoll. Die Einspielung hat generell Witz und Charme; in den Kadenzen lugt gelegentlich auch die Moderne um die Ecke. Hinreißend!
Von seiner Musik hingegen gibt es zumeist wenig zu berichten, weil sie heutzutage wenig gespielt wird. Ich bin zu der Meinung gelangt, dass Pleyel unterschätzt wird. Und darin bestätigt mich auch diese neue Einspielung aus der Edition Günter Hänssler: Leonore von Stauss und ihr Lehrer Wolfgang Brunner stellen Klaviermusik des Komponisten vor. Dabei scheuen sie, ebenso wie einst Pleyel, das Populäre nicht – und so erklingen neben dem Konzert für zwei Klaviere und Ausschnitten aus dem Receuil de trois pieces pour le Clavecin solo ou Harpe auch drei Sonaten à Quatre Mains, geschickt arrangiert von Pleyel nach drei seiner Violinduos, und eine Folge von Ecossaisen, also Tänzen, die Wolfgang Brunner behutsam für zwei Hammerflügel arrangiert hat. Musiziert wird auf Nachbauten historischer Instrumente, und klanglich sind die beiden Fortepianos wirklich sehr reizvoll. Die Einspielung hat generell Witz und Charme; in den Kadenzen lugt gelegentlich auch die Moderne um die Ecke. Hinreißend!
Sonntag, 2. Juni 2019
Reinecke: Complete Works for Cello and Piano (Naxos)
Carl Heinrich Carsten Reinecke (1824 bis 1910) gehört zu den bedeutenden Pianisten, Dirigenten und Kompo- nisten der Romantik. Er war befreundet mit zahlreichen Musikerkollegen, wie Robert Schumann, Felix Mendelssohn Bartholdy oder Franz Liszt.
Seine Ausbildung begann Reinecke bei seinem Vater, einem Musiklehrer; er übte sich im Klavierspiel, komponierte und musizierte zudem auf der Violine. Bereits 1835 gab der Junge in seiner Heimatstadt Altona sein Debüt als Pianist, und ging dann auf Konzertreisen durch ganz Europa. Ein Stipendium des dänischen Königs ermöglichte es Reinecke, in Leipzig zu studieren.
1847 wurde Carl Reinecke dänischer Hofpianist; allerdings zwang ihn der Krieg 1848, auf diese Stelle zu verzichten. Nach Stationen in Leipzig und Bremen reiste der Musiker mit einer Empfehlung von Franz Liszt an Hector Berlioz nach Paris, wo er konzertierte, und Liszts Töchter Blandine und Cosima unterrichtete. Außerdem traf er Ferdinand Hiller wieder, den er aus Leipzig kannte.
Dieser war mittlerweile Direktor des Konservatoriums in Köln geworden, und er konnte Reinecke dafür gewinnen, dort Klavierspiel und Komposition zu lehren. Anschließend wirkte Reinecke fünf Jahre lang als städtischer Musikdirektor in Barmen, bis er dann 1859 nach Breslau ging. Doch noch im gleichen Jahr wurde er dann Gewandhauskapellmeister in Leipzig. Dieses Amt hatte er bis 1895 inne; außerdem lehrte er am Leipziger Konservatorium. Dieses leitete er von 1897 bis 1902.
Die Liste der Schüler Carl Reineckes ist lang und illuster. Er unterrichtete beispielsweise Max Bruch, Edvard Grieg, Isaac Albéniz, Leoš Janáček und Sigfrid Karg-Elert. Mir war er bislang vor allem als Liederkomponist bekannt. Diese CD bietet die Gelegenheit, Reinecke auch als Urheber exquisiter Kammermusik kennenzulernen. Und das lohnt sich.
Martin Rummel zeigt gemeinsam mit seinem Klavierpartner Roland Krüger, dass die drei Violoncello-Sonaten sowie die Drei Stücke für Violoncello und Klavier op. 146 durchaus einen Platz im Repertoire verdienen. Sie sind über einen Zeitraum von gut 40 Jahren entstanden, und zeichnen sich durch einen Reichtum an herrlichen Melodien ebenso aus wie durch einen anspruchsvollen Klavierpart, der weit mehr ist als eine Begleitung.
Rummel zelebriert die gesanglichen Passagen mit sattem Ton und großen Bögen, und die virtuosen Teile spielt er mit Eleganz und mit Leichtigkeit, immer im Dialog mit Roland Krüger am Klavier. Den beiden Musizier- partnern, die schon des öfteren auf zu Unrecht wenig gespielte Werke aufmerksam gemacht haben, ist mit dieser Einspielung wieder einmal eine Entdeckung gelungen.
Seine Ausbildung begann Reinecke bei seinem Vater, einem Musiklehrer; er übte sich im Klavierspiel, komponierte und musizierte zudem auf der Violine. Bereits 1835 gab der Junge in seiner Heimatstadt Altona sein Debüt als Pianist, und ging dann auf Konzertreisen durch ganz Europa. Ein Stipendium des dänischen Königs ermöglichte es Reinecke, in Leipzig zu studieren.
1847 wurde Carl Reinecke dänischer Hofpianist; allerdings zwang ihn der Krieg 1848, auf diese Stelle zu verzichten. Nach Stationen in Leipzig und Bremen reiste der Musiker mit einer Empfehlung von Franz Liszt an Hector Berlioz nach Paris, wo er konzertierte, und Liszts Töchter Blandine und Cosima unterrichtete. Außerdem traf er Ferdinand Hiller wieder, den er aus Leipzig kannte.
Dieser war mittlerweile Direktor des Konservatoriums in Köln geworden, und er konnte Reinecke dafür gewinnen, dort Klavierspiel und Komposition zu lehren. Anschließend wirkte Reinecke fünf Jahre lang als städtischer Musikdirektor in Barmen, bis er dann 1859 nach Breslau ging. Doch noch im gleichen Jahr wurde er dann Gewandhauskapellmeister in Leipzig. Dieses Amt hatte er bis 1895 inne; außerdem lehrte er am Leipziger Konservatorium. Dieses leitete er von 1897 bis 1902.
Die Liste der Schüler Carl Reineckes ist lang und illuster. Er unterrichtete beispielsweise Max Bruch, Edvard Grieg, Isaac Albéniz, Leoš Janáček und Sigfrid Karg-Elert. Mir war er bislang vor allem als Liederkomponist bekannt. Diese CD bietet die Gelegenheit, Reinecke auch als Urheber exquisiter Kammermusik kennenzulernen. Und das lohnt sich.
Martin Rummel zeigt gemeinsam mit seinem Klavierpartner Roland Krüger, dass die drei Violoncello-Sonaten sowie die Drei Stücke für Violoncello und Klavier op. 146 durchaus einen Platz im Repertoire verdienen. Sie sind über einen Zeitraum von gut 40 Jahren entstanden, und zeichnen sich durch einen Reichtum an herrlichen Melodien ebenso aus wie durch einen anspruchsvollen Klavierpart, der weit mehr ist als eine Begleitung.
Rummel zelebriert die gesanglichen Passagen mit sattem Ton und großen Bögen, und die virtuosen Teile spielt er mit Eleganz und mit Leichtigkeit, immer im Dialog mit Roland Krüger am Klavier. Den beiden Musizier- partnern, die schon des öfteren auf zu Unrecht wenig gespielte Werke aufmerksam gemacht haben, ist mit dieser Einspielung wieder einmal eine Entdeckung gelungen.