Der Geiger Johann Georg Pisendel (1685 bis 1755) gehörte zu einer Gruppe von Musikern, die Kur- prinz Friedrich August, den Sohn Augusts des Starken, auf seiner Kavalierstour begleiteten. Sie spielten für den Kurprinzen - und hatten zugleich die Gelegenheit zur persönlichen Weiterbildung. So holte sich Pisendel in Venedig bei Antonio Vivaldi nicht nur Ideen für sein Violinspiel, er nahm bei dem renommierten Kollegen offenbar auch Unterricht im Fach Komposition. Davon berichtet uns der Entwurf eines Violinkonzertes mit schwungvollen Korrekturen durch Vivaldi, der sich im Bestand der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek Dresden be- findet.
Unter den Schätzen aus Pisendels Musikaliensammlung, die im legen- dären "Schrank II" überliefert worden sind, befinden sich auch sechs Concerti für Violine, Streicher und Basso Continuo sowie fünf Sona- ten für Violine und Basso continuo, fatto per Maeostro Pisendel Del Viualdi. Die Handschriften der Sonaten, wie sie die Bibliothek 1982 in einer Faksimile-Ausgabe veröffentlicht hat, bildeten die Grundlage für die vorliegende CD. Wer freilich meint, man müsse nur dem No- tentext getreu musizieren, dann würde auch der korrekte Vivaldi erklingen, der irrt. Annette Unger, Professorin für Violine an der Dresdner Musikhochschule, wagt sich an den Violinpart, den sie durch individuelle virtuose Auszierung - wie zu Pisendels Zeiten üb- lich - ganz schön in Schwung bringt. Ihr sekundieren Michael Pfaen- der am Violoncello und Ludger Rémy am Cembalo, beides ausge- wiesene Spezialisten für "Alte" Musik. Man staunt, was die beiden aus dem Continuo-Part machen. Eine sehr hörenswerte Aufnahme, die zudem eine Lücke im Repertoire schließt.
Samstag, 30. Juni 2012
Montag, 25. Juni 2012
Great Britain Triumphant! (Centaur)
Nicht nur mit Karikaturen, son- dern auch mit patriotischen Poemen und mit viel Musik kommentierten die Briten einst politische Ereignisse. Diese CD stellt Werke vor, die als Reaktion auf die Französische Revolution und den nachfolgenden Krieg zwischen England und Frankreich entstanden sind.
Vom Fall der Bastille über die Flucht und die Gefangenname der königlichen Familie bis hin zur Seeschlacht am Glorious First of June 1794, in der die britische Kanalflotte unter Admiral Richard Howe die französische Flotte vernichtend schlug, reichen die musi- kalischen Anmerkungen zur Geschichte.
Sie erweisen sich trotz der martialischen Thematik als zumeist charmant und mit Witz umgesetzt, gern auch in Form einer kleinen Kantate - wie Great Britain Triumphant, das Werk, das der CD den Namen gab. Es stammt von einem Komponisten namens James Hook. Auch die anderen Autoren werden dem Publikum vermutlich nicht bekannt sein.
Das ist nicht schlimm, denn amüsant ist diese frühe Agitprop-Musik trotzdem. Und die Solisten - Caroline Schiller, Stefanie True und Mária Zádori, Sopran, Zoltán Megyesi, Tenor und Reid Spencer, Bariton, singen überwiegend sehr schön. Zu hören ist zudem die Capella Savaria unter Mary Térey-Smith, ein exzellentes Orchester. Eine kuriose Idee für ein Konzeptalbum, doch die CD überzeugt. Bravi!
Vom Fall der Bastille über die Flucht und die Gefangenname der königlichen Familie bis hin zur Seeschlacht am Glorious First of June 1794, in der die britische Kanalflotte unter Admiral Richard Howe die französische Flotte vernichtend schlug, reichen die musi- kalischen Anmerkungen zur Geschichte.
Sie erweisen sich trotz der martialischen Thematik als zumeist charmant und mit Witz umgesetzt, gern auch in Form einer kleinen Kantate - wie Great Britain Triumphant, das Werk, das der CD den Namen gab. Es stammt von einem Komponisten namens James Hook. Auch die anderen Autoren werden dem Publikum vermutlich nicht bekannt sein.
Das ist nicht schlimm, denn amüsant ist diese frühe Agitprop-Musik trotzdem. Und die Solisten - Caroline Schiller, Stefanie True und Mária Zádori, Sopran, Zoltán Megyesi, Tenor und Reid Spencer, Bariton, singen überwiegend sehr schön. Zu hören ist zudem die Capella Savaria unter Mary Térey-Smith, ein exzellentes Orchester. Eine kuriose Idee für ein Konzeptalbum, doch die CD überzeugt. Bravi!
Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser (Musikmuseum)
Wenn es um Repräsentation ging, orientierten sich Klöster gern am höfischen Vorbild. Das galt nicht zuletzt für die dort gespielte Musik; und so hielt im 17. Jahrhundert die Figuralmusik auch hinter Kloster- mauern Einzug. Unter den Fratres und Patres waren stets einige ex- zellente Musiker, und nicht nur in großen Klöstern gab es üblicher- weise komponierende Mönche, die teilweise erstaunliche Werke schufen. Nur selten fand diese Musik den Weg aus dem Konvent. Das zu ändern, und damit zugleich interessante Werke dem Vergessen zu entreißen, war das Ziel eines Konzertprogrammes, das auf Initia- tive der Tiroler Landesmuseen entstand und 2010 aufgezeichnet wurde.
Es galt in erster Linie Leopold von Plawenn und Ingenuin Molitor. "Der eine stammte aus Tirol und wirkte in Schwaben, der andere war ein gebürtiger Schwabe und in Tirol tätig", merkt das Beiheft launig an. Von Plawenn war Benediktiner, Molitor Franziskaner. Letzterer schrieb wundervolle Orgelmusik, und - den Ordensstatuten zum Trotz, die eigentlich nur das Choralsingen erlaubten - geistliche Musik für Solostimmen mit Instrumentalbegleitung im Stile der Zeit. Kom- plettiert wurden die Motetten und Canzonen der beiden Ordensmän- ner durch einige Werke von Johann Stadlmayr, Kapellmeister der damals weithin gerühmten Innsbrucker Hofkapelle.
Was die Tiroler Landesmuseen hier in der Reihe Musikmuseum vor- stellen, das ist durchweg sehr hörenswert. Und das gilt nicht nur für die Stücke selber, sondern auch für die Interpretation für die Peter Waldner, Spiritus Rector der Innsbrucker Konzertreihe für Alte Musik sowie des Tiroler Ensembles für Alte Musik vita & anima. Die Schar seiner versierten Mitmusiker hat Waldner, der selbst am Orgelpositiv zu hören ist, für diese CD um drei exzellente Sänger verstärkt: Sabine Neumann, Mezzosopran, Satoshi Mizukoshi, Tenor, und Peter Kooij, Bass.
Es galt in erster Linie Leopold von Plawenn und Ingenuin Molitor. "Der eine stammte aus Tirol und wirkte in Schwaben, der andere war ein gebürtiger Schwabe und in Tirol tätig", merkt das Beiheft launig an. Von Plawenn war Benediktiner, Molitor Franziskaner. Letzterer schrieb wundervolle Orgelmusik, und - den Ordensstatuten zum Trotz, die eigentlich nur das Choralsingen erlaubten - geistliche Musik für Solostimmen mit Instrumentalbegleitung im Stile der Zeit. Kom- plettiert wurden die Motetten und Canzonen der beiden Ordensmän- ner durch einige Werke von Johann Stadlmayr, Kapellmeister der damals weithin gerühmten Innsbrucker Hofkapelle.
Was die Tiroler Landesmuseen hier in der Reihe Musikmuseum vor- stellen, das ist durchweg sehr hörenswert. Und das gilt nicht nur für die Stücke selber, sondern auch für die Interpretation für die Peter Waldner, Spiritus Rector der Innsbrucker Konzertreihe für Alte Musik sowie des Tiroler Ensembles für Alte Musik vita & anima. Die Schar seiner versierten Mitmusiker hat Waldner, der selbst am Orgelpositiv zu hören ist, für diese CD um drei exzellente Sänger verstärkt: Sabine Neumann, Mezzosopran, Satoshi Mizukoshi, Tenor, und Peter Kooij, Bass.
Striggio: Mass for 40 and 60 voices (Glossa)
Die Fotos im Beiheft verraten es: Dirigent Hervé Niquet steht nicht nur im übertragenen Sinne im Mittelpunkt der vorliegenden Aufnahme. Das hat seinen Grund: Diese Messe, von Alessandro Striggio (um 1536 bis 1592) für den Großherzog von Florenz kompo- niert, sprengt alle herkömmlichen Dimensionen.
Die Medici feierten gern und prachtvoll; besonderen Glanz er- hielten aber traditionell die Fest- lichkeiten am Johannistag, dem 24. Juni, da sie dem Schutzpatron der Stadt Florenz galten. Dazu gehörte auch eine feierliche Messe in der Kathedrale Santa Maria del Fiore, die nach einem großen Feuerwerk den Schlusspunkt setzte. Und deshalb sollte sie auch besonders spektakulär ausfallen. Es erklang beispielswiese diese Messe Striggios für fünf achtstimmige Chöre, im Agnus Dei sind sogar 60 Stimmen vorgesehen; Aufwand und Effekt müssen gigantisch gewesen sein.
Das lässt sich noch immer nachvollziehen, wie diese CD beweist. Die Version des Messpropriums, die hier gesungen wird, stammt von Francesco Corteccia (1502 bis 1571), der zur Zeit Striggios Kapell- meister an der Kathedrale war. Introitus, Alleluia und Communio aus seiner Feder erklingen hier in Weltersteinspielung. Striggios Missa sopra Ecco sì beato giorno und seiner Motette Ecce beatam lucem wurde zudem Musik von Orazio Benevolio (1605 bis 1672) zur Seite gestellt. Er hat den barocken Monumentalstil mit besonderer Hingabe perfektioniert. So schrieb er 1628 für die Einweihung des Salzburger Münsters eine 48stimmige Messe für zwölf Chöre, die aber leider nicht überliefert ist.
Das lässt sich noch immer nachvollziehen, wie diese CD beweist. Die Version des Messpropriums, die hier gesungen wird, stammt von Francesco Corteccia (1502 bis 1571), der zur Zeit Striggios Kapell- meister an der Kathedrale war. Introitus, Alleluia und Communio aus seiner Feder erklingen hier in Weltersteinspielung. Striggios Missa sopra Ecco sì beato giorno und seiner Motette Ecce beatam lucem wurde zudem Musik von Orazio Benevolio (1605 bis 1672) zur Seite gestellt. Er hat den barocken Monumentalstil mit besonderer Hingabe perfektioniert. So schrieb er 1628 für die Einweihung des Salzburger Münsters eine 48stimmige Messe für zwölf Chöre, die aber leider nicht überliefert ist.
Wer schon immer einmal hören wollte, wie es klingt, wenn 60 Sänger zugleich - und jeder eine separate Stimme - singen, der sollte diese CD unbedingt anhören. Es lohnt sich. Das Label Glossa konnte für diese Aufnahme Manuel Mohino verpflichten, der sich als exzellenter Ton- ingenieur erweist und die SACD-Aufnahmetechnik brillant einsetzt, um nicht zuletzt die räumlichen Effekte dieser Musik nachvollziehbar zu machen. Denn die Sänger wurden bei der Aufnahme in der Pariser Kirche Notre-Dame du Liban gemeinsam mit den Instrumentalisten von Le Concert Spirituel im Kreis um den Dirigenten herum platziert. Die Mikrophone befanden sich im Zentrum – wer also schon immer einmal im Wohlklang baden wollte, der darf sich hier auf eine be- sonders faszinierende SACD-Surround-Klangerfahrung freuen. Wer ein solches Musikerlebnis live genießen kann, der ist wahrlich zu be- neiden.
Sonntag, 24. Juni 2012
Piccinini: Works for Archlute (Carpe Diem)
Die Familie Piccinini aus dem ita- lienischen Bologna hat im 16. und 17. Jahrhundert eine ganze Reihe große Lautenisten hervorgebracht. Sowohl Vater Leonardo Maria Piccinini als auch mindestens drei seiner Söhne - Alessandro, Girola- mo und Filippo - spielten dieses Instrument. Auch Alessandros Sohn, der wie der Großvater Leo- nardo Maria hieß, sah darin seine Berufung.
Rosario Conte, ohne Zweifel einer der führenden Lautenisten der Gegenwart, zeigt sich sehr fasziniert von ihren Werken. Der Hörer kann dies bald nachvollziehen, denn diese Musik zeichnet sich einerseits durch spannende harmonische Wendungen und schöne Melodien aus. Andererseits sind auch die einzelnen Stimmen mit größter Sorgfalt ausgearbeitet. Conte spielt virtuos, und vollzieht so die musikalischen Dialoge nach, die die Piccinini einst entworfen haben. Bezaubernde Musik, die gelegentlich noch Formen aus der Renaissance zitiert, ausdrucksstark und unver- wechselbar. Wer gern Lautenmusik hört, der sollte sich diese CD un- bedingt zulegen - es lohnt sich!
Rosario Conte, ohne Zweifel einer der führenden Lautenisten der Gegenwart, zeigt sich sehr fasziniert von ihren Werken. Der Hörer kann dies bald nachvollziehen, denn diese Musik zeichnet sich einerseits durch spannende harmonische Wendungen und schöne Melodien aus. Andererseits sind auch die einzelnen Stimmen mit größter Sorgfalt ausgearbeitet. Conte spielt virtuos, und vollzieht so die musikalischen Dialoge nach, die die Piccinini einst entworfen haben. Bezaubernde Musik, die gelegentlich noch Formen aus der Renaissance zitiert, ausdrucksstark und unver- wechselbar. Wer gern Lautenmusik hört, der sollte sich diese CD un- bedingt zulegen - es lohnt sich!
Entre ciel et terre - Johann Georg Albrechtsberger (Laborie Records)
Johann Georg Albrechtsberger (1736 bis 1809) war als Organist, Kapellmeister, Musiktheoretiker und Experte für den Kontrapunkt weithin berühmt. Er galt als der beste Lehrer für Komposition in Wien, und prägte dort zwei Musikergenerationen. Zu seinen Schülern gehörten unter anderem Carl Czerny, Johann Nepomuk Hummel, Ignaz Moscheles, Franz Xaver Mozart und Ferdinand Ries. Auch Beethoven lernte bei ihm; Albrechtsberger war aber der Meinung, dieser Schüler werde "nie was Ordentliches machen". Was zeigt, dass auch große Geister gele- gentlich irren.
Albrechtsberger stammte aus Klosterneuburg, und im Alter von sieben Jahren begann er seine musikalische Ausbildung dort als Sängerknabe im Augustiner-Chorherrenstift. Sechs Jahre später lernte er am Gymnasium des Stiftes Melk, wo er vier Jahre lang Sängerknabe war, und am Wiener Jesuitenkonvikt. Seine erste Stelle als Organist erhielt Albrechtsberger in Raab; zwei Jahre später wech- selte er nach Maria Taferl. 1759 wurde er Organist im Benediktiner- stift Melk. Das war eine attraktive Position, denn dort machte der kaiserliche Hof gern auf Reisen Station. Und es dauerte auch nicht lange, bis Josef II. auf den Musiker aufmerksam wurde.
1765 ging Albrechtsberger nach Wien, wo er als Organist und Clavier-Meister wirkte. 1772 bewarb er sich erfolgreich um das Amt des Zweiten Hoforganisten; 1792 wurde er Erster Hoforganist. Ein Jahr später erhielt er die Stelle des Domkapellmeisters am Wiener Stephansdom. Mozart und den Brüdern Haydn, die er seit seiner Jugend kannte, war Albrechtsberger in Freundschaft verbunden.
Sein Werk ist umfangreich; es umfasst mehr als 400 Kirchenkompo- sitionen, gut 200 Werke der Kammermusik, 300 Werke für Tasten- instrumente sowie eine Vielzahl von Orchesterwerken. Diese CD zeigt einerseits seine Meisterschaft im Bereich der Kirchensonaten, die in Wien traditionell aus einem langsameren Satz in modernem Stil und einer Fuge im stile antico und in flottem Tempo bestanden.
Albrechtsberger stammte aus Klosterneuburg, und im Alter von sieben Jahren begann er seine musikalische Ausbildung dort als Sängerknabe im Augustiner-Chorherrenstift. Sechs Jahre später lernte er am Gymnasium des Stiftes Melk, wo er vier Jahre lang Sängerknabe war, und am Wiener Jesuitenkonvikt. Seine erste Stelle als Organist erhielt Albrechtsberger in Raab; zwei Jahre später wech- selte er nach Maria Taferl. 1759 wurde er Organist im Benediktiner- stift Melk. Das war eine attraktive Position, denn dort machte der kaiserliche Hof gern auf Reisen Station. Und es dauerte auch nicht lange, bis Josef II. auf den Musiker aufmerksam wurde.
1765 ging Albrechtsberger nach Wien, wo er als Organist und Clavier-Meister wirkte. 1772 bewarb er sich erfolgreich um das Amt des Zweiten Hoforganisten; 1792 wurde er Erster Hoforganist. Ein Jahr später erhielt er die Stelle des Domkapellmeisters am Wiener Stephansdom. Mozart und den Brüdern Haydn, die er seit seiner Jugend kannte, war Albrechtsberger in Freundschaft verbunden.
Sein Werk ist umfangreich; es umfasst mehr als 400 Kirchenkompo- sitionen, gut 200 Werke der Kammermusik, 300 Werke für Tasten- instrumente sowie eine Vielzahl von Orchesterwerken. Diese CD zeigt einerseits seine Meisterschaft im Bereich der Kirchensonaten, die in Wien traditionell aus einem langsameren Satz in modernem Stil und einer Fuge im stile antico und in flottem Tempo bestanden.
Albrechtsberger war der letzte, der solche Werke schrieb. Und weil die Raumverhältnisse auf der Musikempore der Hofburg damals dazu regelrecht einluden, schuf er solche Werke auch für das doppelchöri- ge Musizieren.
Auch sonst stellte sich Albrechtsberger auf spezielle Anforderungen, beispielsweise durch das vorhandene Instrumentarium, erstaunlich flexibel ein. Dies dokumentiert auf dieser CD eines seiner Konzerte für Maultrommel, das er wohl für den Benediktiner P. Bruno Glatzl geschrieben hat, der die Maultrommel virtuos gespielt haben muss. Dieses Solo übernimmt hier Albin Paulus vom Ensemble Baroque de Limoges. Auch für Harfe, Mandora und - als einziger "Klassiker" - für Viola d'amore, Violone und Violino piccolo komponierte Albrechts- berger, ganz so, als wollte er diese veraltenden Instrumente und ihren Klang vor dem Verschwinden bewahren.
Auch sonst stellte sich Albrechtsberger auf spezielle Anforderungen, beispielsweise durch das vorhandene Instrumentarium, erstaunlich flexibel ein. Dies dokumentiert auf dieser CD eines seiner Konzerte für Maultrommel, das er wohl für den Benediktiner P. Bruno Glatzl geschrieben hat, der die Maultrommel virtuos gespielt haben muss. Dieses Solo übernimmt hier Albin Paulus vom Ensemble Baroque de Limoges. Auch für Harfe, Mandora und - als einziger "Klassiker" - für Viola d'amore, Violone und Violino piccolo komponierte Albrechts- berger, ganz so, als wollte er diese veraltenden Instrumente und ihren Klang vor dem Verschwinden bewahren.
So finden sich auf dieser CD ein Divertimento a tre con violino piccolo o primo, violino secondo e viola und eine schöne Partita per viola d'amore, flauto e violone. Selbst für ungewöhnliche Besetzungen hatte dieser Komponist passende Ideen, wie auch das Divertimento a tre con viola, violoncello e violone zeigt. Besten Dank an das Quatuor Mosaiques und das Ensemble Baroque de Limoges, das mit viel Enga- gement und Unterstützung durch zahlreiche Experten diese Musik aus dem Archivschlaf erweckt hat.
Albrecht Mayer - Schilflieder (Decca)
Einmal mehr sind Albrecht Mayer, Solo-Oboist der Berliner Philhar- moniker, in seiner Leidenschaft für die Kammermusik Entdeckungen gelungen. Auf der vorliegenden CD stellt er gemeinsam mit Tabea Zimmermann, Viola, Marie-Luise Neunecker, Horn, und Markus Becker, Klavier, Werke vor, die man im Konzert überwiegend selten oder gar nicht hören kann. Das liegt daran, dass Komponisten, die nicht zu den wenigen ganz bekannten zählen, vom Publikum wie von der Musikwissenschaft üblicherweise vergessen werden - einige von ihnen sogar schon vor ihrem Tode. Sie werden oft abfällig als "Kleinmeister" bezeichnet - und wenn man diese CD angehört hat, dann wird man verstehen, warum Mayer dieses Wort gar nicht leiden kann.
Denn sie enthält Werke in einer Qualität, über die man nur staunen kann. Das gilt für das Trio für Oboe, Horn und Klavier op. 61 von Heinrich von Herzogenberg ebenso wie für die Drei Romanzen für Oboe und Klavier op. 94, dem einzigen Werk für Solo-Oboe von Robert Schumann und dem einzigen Stück eines "Großmeisters" auf dieser CD. Wunderschön sind aber auch die Schilflieder - Fünf Fantasiestücke nach Gedichten von Nikolaus Lenau für Oboe, Viola und Klavier op. 28 von August Klughardt.
"Wenn auf irgendein Stück der Begriff Romantik zutrifft, dann gilt das für Klughardts Schilflieder, die zum Besten gehören, was je für Oboe komponiert wurde", meint Mayer. Und da hat er wirklich recht. Doch nicht nur das Rascheln des Schilfs, das leise Murmeln der Wellen und das Emporsteigen des Mondes meint man zu hören. Diese Musik zitiert Natur, aber sie weist weit darüber hinaus - und darin ist sie in der Tat ausgesprochen romantisch. Die Schilflieder beschwören nicht nur den Schmerz einer verlorenen Liebe; sie zeigen zugleich, dass Musik immer auch Abstraktion ist, viel mehr noch als das poetische Wort, und dass der Ausdruck von Gefühl zugleich an sehr viel hand- werkliches Können, Überlegung und damit Distanz gebunden ist. Wie der Oboenvirtuose gemeinsam mit Zimmermann und Becker Klang- welten entstehen lässt, das ist ein Erlebnis.
Man höre aber auch Hornistin Neunecker, wie sie ihr Instrument zügelt, um im Trio ein Zwiegespräch mit der Oboe überhaupt erst möglich zu machen. Mayer selbst musiziert mit butterweichem, schmeichelndem, singendem Ton; das Wort "schwierig" scheint es für den Musiker nicht zu geben. Was er vorträgt, das wirkt perfekt. Und weil er Romantik nicht an ein Jahrhundert gebunden sieht, sondern an eine Geisteshaltung, ergänzt er seine Sammlung noch um den Liebesruf eines Faun für Englischhorn und Klavier von Hans Stein- metz, die Variationen für Oboe und Klavier op. 39 von Julius Weismann und Prelude-Improvisationen seines Pianisten Markus Becker.
Denn sie enthält Werke in einer Qualität, über die man nur staunen kann. Das gilt für das Trio für Oboe, Horn und Klavier op. 61 von Heinrich von Herzogenberg ebenso wie für die Drei Romanzen für Oboe und Klavier op. 94, dem einzigen Werk für Solo-Oboe von Robert Schumann und dem einzigen Stück eines "Großmeisters" auf dieser CD. Wunderschön sind aber auch die Schilflieder - Fünf Fantasiestücke nach Gedichten von Nikolaus Lenau für Oboe, Viola und Klavier op. 28 von August Klughardt.
"Wenn auf irgendein Stück der Begriff Romantik zutrifft, dann gilt das für Klughardts Schilflieder, die zum Besten gehören, was je für Oboe komponiert wurde", meint Mayer. Und da hat er wirklich recht. Doch nicht nur das Rascheln des Schilfs, das leise Murmeln der Wellen und das Emporsteigen des Mondes meint man zu hören. Diese Musik zitiert Natur, aber sie weist weit darüber hinaus - und darin ist sie in der Tat ausgesprochen romantisch. Die Schilflieder beschwören nicht nur den Schmerz einer verlorenen Liebe; sie zeigen zugleich, dass Musik immer auch Abstraktion ist, viel mehr noch als das poetische Wort, und dass der Ausdruck von Gefühl zugleich an sehr viel hand- werkliches Können, Überlegung und damit Distanz gebunden ist. Wie der Oboenvirtuose gemeinsam mit Zimmermann und Becker Klang- welten entstehen lässt, das ist ein Erlebnis.
Man höre aber auch Hornistin Neunecker, wie sie ihr Instrument zügelt, um im Trio ein Zwiegespräch mit der Oboe überhaupt erst möglich zu machen. Mayer selbst musiziert mit butterweichem, schmeichelndem, singendem Ton; das Wort "schwierig" scheint es für den Musiker nicht zu geben. Was er vorträgt, das wirkt perfekt. Und weil er Romantik nicht an ein Jahrhundert gebunden sieht, sondern an eine Geisteshaltung, ergänzt er seine Sammlung noch um den Liebesruf eines Faun für Englischhorn und Klavier von Hans Stein- metz, die Variationen für Oboe und Klavier op. 39 von Julius Weismann und Prelude-Improvisationen seines Pianisten Markus Becker.
Donnerstag, 21. Juni 2012
Beethoven: Triple Concerto, Piano Concerto No. 3 (Berlin Classics)
Wie integriert man ein Streichtrio in eine Sinfonia concertante? Der junge Ludwig van Beethoven (1770 bis 1824) hat es ausprobiert - und stellte 1808 sein sogenanntes Tripelkonzert vor. Den Klavierpart passte der Komponist dabei den Möglichkeiten seines Schülers Erzherzog Rudolf von Österreich an. Und nicht nur das Solistentrio als solches tritt dem Orchester ge- genüber - auch das Klavier erhält mitunter eine eigenständige Rolle gegenüber den beiden Streichern.
Kolja Blacher und Johannes Moser musizieren auf Violine und Violoncello sehr elegant, und mit schlankem, singendem Ton. Mari Kodama nimmt sich am Klavier eher zurück. Dafür greift die Pianistin dann bei Beethovens Klavierkonzert Nr. 3 in c-Moll op. 37 umso nachdrücklicher in die Tasten, sie spielt kraftvoll und behauptet sich ganz entschieden gegen das Orchester, das von Kent Nagano - man möchte fast sagen in die Schlacht - geführt wird.
Über dieses Werk berichtet Ignaz Xaver Ritter von Seyfried, weiland Kapellmeister des Theaters an der Wien und ein enger Freund Beet- hovens, er sei gebeten worden, dem Komponisten, der den Klavier- part spielte, die Noten umzublättern. Doch bei der Uraufführung erlitt er einen Schock: "Ich erblickte fast lauter leere Blätter, höchstens auf einer oder der anderen Seite ein paar mir recht unverständliche ägyptische Hieroglyphen hingekritzelt." Ob es sich dabei um einen der berüchigten Scherze Beethovens handelte, werden wir nicht mehr klären können. Auch Mozart räumt ja gelegentlich ein, dass er es nicht geschafft habe, seinen Part rechtzeitig zu Papier zu bringen.
Beethoven orientierte sich hörbar an Mozarts c-Moll-Konzert KV 491. Der Komponist zeigt den Solisten als einen Solitär in der Masse, hier verkörpert durch das Orchester. Sein Part ist nicht mehr spielerisch, sondern heroisch, ja herrisch und erhaben. Diese Inszenierung gelingt Mari Kodama und dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin unter Kent Nagano grandios; obwohl das Werk nicht eben selten zu hören ist, erlebt man eher selten eine solche Klarheit und Entschiedenheit in der Interpretation.
Kolja Blacher und Johannes Moser musizieren auf Violine und Violoncello sehr elegant, und mit schlankem, singendem Ton. Mari Kodama nimmt sich am Klavier eher zurück. Dafür greift die Pianistin dann bei Beethovens Klavierkonzert Nr. 3 in c-Moll op. 37 umso nachdrücklicher in die Tasten, sie spielt kraftvoll und behauptet sich ganz entschieden gegen das Orchester, das von Kent Nagano - man möchte fast sagen in die Schlacht - geführt wird.
Über dieses Werk berichtet Ignaz Xaver Ritter von Seyfried, weiland Kapellmeister des Theaters an der Wien und ein enger Freund Beet- hovens, er sei gebeten worden, dem Komponisten, der den Klavier- part spielte, die Noten umzublättern. Doch bei der Uraufführung erlitt er einen Schock: "Ich erblickte fast lauter leere Blätter, höchstens auf einer oder der anderen Seite ein paar mir recht unverständliche ägyptische Hieroglyphen hingekritzelt." Ob es sich dabei um einen der berüchigten Scherze Beethovens handelte, werden wir nicht mehr klären können. Auch Mozart räumt ja gelegentlich ein, dass er es nicht geschafft habe, seinen Part rechtzeitig zu Papier zu bringen.
Beethoven orientierte sich hörbar an Mozarts c-Moll-Konzert KV 491. Der Komponist zeigt den Solisten als einen Solitär in der Masse, hier verkörpert durch das Orchester. Sein Part ist nicht mehr spielerisch, sondern heroisch, ja herrisch und erhaben. Diese Inszenierung gelingt Mari Kodama und dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin unter Kent Nagano grandios; obwohl das Werk nicht eben selten zu hören ist, erlebt man eher selten eine solche Klarheit und Entschiedenheit in der Interpretation.
Cherubini: Arias and Ouvertures from Florence to Paris (Hyperion)
Luigi Cherubini (1760 bis 1842) stammte aus Florenz, feierte seine größten Erfolge jedoch in Paris, wo er seit 1788 lebte. Auf diese Tat- sache spielt auch der Titel dieser CD an. Seine Ouvertüren sind von sinfonischem Format; sie sind bei den Auser Musici unter Carlo Ipata in guten Händen, wie man das von Hyperion nicht anders erwartet hätte.
Die Arien erweisen sich als außer- ordentlich anspruchsvolle Stücke, wenn sie auch nicht an die vokalen Feuerwerke heranreichen, die Zeitgenosse Rossini auf die Bühne brachte. Sie sind zumeist reich an Koloraturen, doch zeigen die aus- gewählten Beispiele auch Cherubinis zunehmende Abkehr vom Ideal der Opera seria. Sopranistin Maria Grazia Schiavo wird dennoch bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gefordert. Nicht alles, was da zu hören ist, klingt erfreulich. Schade.
Die Arien erweisen sich als außer- ordentlich anspruchsvolle Stücke, wenn sie auch nicht an die vokalen Feuerwerke heranreichen, die Zeitgenosse Rossini auf die Bühne brachte. Sie sind zumeist reich an Koloraturen, doch zeigen die aus- gewählten Beispiele auch Cherubinis zunehmende Abkehr vom Ideal der Opera seria. Sopranistin Maria Grazia Schiavo wird dennoch bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gefordert. Nicht alles, was da zu hören ist, klingt erfreulich. Schade.
Mittwoch, 20. Juni 2012
Grandi: Motets venitiens (Arion)
Über Kindheit und Jugend des Komponisten Alessandro Grandi ist faktisch nichts bekannt. Es wird vermutet, dass er aus Venetien oder aus Ferrara stammt, wo sein Name zum ersten Male genannt wird, denn dort wirkte er zunächst als Kapellknabe und dann als Ka- pellmeister an der Academia della Morte. Seine Berufung erfolgte 1597; wie alt er zu diesem Zeit- punkt war, das lässt sich wohl nicht sicher klären.
1604 wurde Grandi Chorsänger am Markusdom in Venedig, 1610 Kapellmeister der Academia della Santo Spirito in Ferrara, und 1615 maestro di capella der Kathedrale der Stadt. 1617 finden wir seine Spuren wieder in Venedig, als Sänger in der Kapelle des Dogen; ein Jahr später wurde er dort zum maestro di canto gewählt, und 1620 wurde er neben Monteverdi Vizekapell- meister am Markusdom, und dessen engster Mitarbeiter. Dennoch ging er 1627 als Kapellmeister nach Bergamo, wo er drei Jahre später an der Pest starb.
Grandi entwickelte aus dem madrigale concertato eine neue Form, die er cantata nannte. Auch seine Motetten folgten diesem neuen, konzertierenden Stil, was sie für den Sänger zu einer Herausforderung werden lässt. Die französische Sopranistin Dominique Moaty hat sich auf dieser CD an venezianische Motetten von Grandi gewagt - und scheitert daran grandios, da ihre Technik den extremen Anforderun- gen, die insbesondere die Auszierung an die Geläufigkeit und Präzi- sion des Sängers stellt, eben doch nicht gewachsen ist. Schade.
1604 wurde Grandi Chorsänger am Markusdom in Venedig, 1610 Kapellmeister der Academia della Santo Spirito in Ferrara, und 1615 maestro di capella der Kathedrale der Stadt. 1617 finden wir seine Spuren wieder in Venedig, als Sänger in der Kapelle des Dogen; ein Jahr später wurde er dort zum maestro di canto gewählt, und 1620 wurde er neben Monteverdi Vizekapell- meister am Markusdom, und dessen engster Mitarbeiter. Dennoch ging er 1627 als Kapellmeister nach Bergamo, wo er drei Jahre später an der Pest starb.
Grandi entwickelte aus dem madrigale concertato eine neue Form, die er cantata nannte. Auch seine Motetten folgten diesem neuen, konzertierenden Stil, was sie für den Sänger zu einer Herausforderung werden lässt. Die französische Sopranistin Dominique Moaty hat sich auf dieser CD an venezianische Motetten von Grandi gewagt - und scheitert daran grandios, da ihre Technik den extremen Anforderun- gen, die insbesondere die Auszierung an die Geläufigkeit und Präzi- sion des Sängers stellt, eben doch nicht gewachsen ist. Schade.
de Victoria: Officium Hebdomadae Sanctae (Dies)
Das tausendste Notat in diesem Blog gilt einem der großen Werke der abendländischen Musik, das aber verblüffenderweise nur wenig bekannt ist. "Es como un impulso, una chispa que se imflama en el primer compás y perdura con el mismo destello, con el mismo fuego, como si de una corriente eléctrica se tratara, hasta el acor- de final", schrieb der Augustiner Samuel Rubio über die Einheit von Ausdruck und Technik in des Ge- sängen des Officium Hebdomadae Sanctae von Tomás Luis de Victoria (1548 bis 1611). Das ist Römische Schule pur, ganz im Sinne des Konzils von Trient.
Der Priester, Musiker und Musikwissenschaftler Rubio hat auch die kritische Edition der 37 Kompositionen erarbeitet, aus denen de Vic- torias Werk besteht, das 1685 in Rom erstmals veröffentlicht worden war. Dorthin hatte König Philipp II. den Komponisten geschickt, zum Studium am Collegium Germanicum, einem Priesterseminar der Je- suiten. Nach Spanien zurückgekehrt, wurde de Victoria persönlicher Kaplan der verwitweten Kaiserin Maria, der Schwester Philipps II., und Leiter der Kapelle des Klosters Monasterio de las Descalzas Reales in Madrid. Dort wirkte er auch nach dem Tode Marias als Konventorganist bis an sein Lebensende.
Philipp II. hatte in den Jahren 1563 bis 1584 in San Lorenzo de El Escorial, 45 Kilometer vor Madrid, eine Kombination aus Palast und Klosteranlage errichten lassen. Dort befindet sich nicht nur die Grablege der spanischen Könige, sondern auch eine Klosterschule, die durch Philipp II. gegründet worden ist - und in der noch heute Kapellknaben ausgebildet werden. Dieser Knabenchor, bestehend aus 45 Kindern, singt unter der Leitung von Javier M. Carmena und oft- mals gemeinsam mit der Real Capilla Escurialense, einem Ensemble, dem ehemalige Kapellknaben angehören, noch immer die liturgische Musik zu den Messen des Klosters.
Könnte es also eine Interpretation des Officiums geben, die näher an den Quellen ist, als diese, die in der Aula Magna des Klosters während der Karwoche der Jahre 2008, 2009 und 2010 aufgezeichnet wurde? Die insgesamt vier CD enthalten de Victorias Kompositionen für Palmsonntag, Gründonnerstag, Karfreitag und Ostersamstag - und zwar komplett, das heißt mit allen Lesungen. So wird die Balance zwischen den traditionellen gregorianischen Gesängen und den polyphonen Werken des großen spanischen Komponisten deutlich. Diese Aufnahme transportiert aber viel mehr als nur Musik. Sie vermittelt vielmehr den Geist der Karwoche, und atmet tiefe Frömmigkeit. Das mag manchem altmodisch erscheinen - aber es ist der Kern dieser Werke aus der Zeit der Gegenreformation. Und es macht diese Aufnahme grandios.
Der Priester, Musiker und Musikwissenschaftler Rubio hat auch die kritische Edition der 37 Kompositionen erarbeitet, aus denen de Vic- torias Werk besteht, das 1685 in Rom erstmals veröffentlicht worden war. Dorthin hatte König Philipp II. den Komponisten geschickt, zum Studium am Collegium Germanicum, einem Priesterseminar der Je- suiten. Nach Spanien zurückgekehrt, wurde de Victoria persönlicher Kaplan der verwitweten Kaiserin Maria, der Schwester Philipps II., und Leiter der Kapelle des Klosters Monasterio de las Descalzas Reales in Madrid. Dort wirkte er auch nach dem Tode Marias als Konventorganist bis an sein Lebensende.
Philipp II. hatte in den Jahren 1563 bis 1584 in San Lorenzo de El Escorial, 45 Kilometer vor Madrid, eine Kombination aus Palast und Klosteranlage errichten lassen. Dort befindet sich nicht nur die Grablege der spanischen Könige, sondern auch eine Klosterschule, die durch Philipp II. gegründet worden ist - und in der noch heute Kapellknaben ausgebildet werden. Dieser Knabenchor, bestehend aus 45 Kindern, singt unter der Leitung von Javier M. Carmena und oft- mals gemeinsam mit der Real Capilla Escurialense, einem Ensemble, dem ehemalige Kapellknaben angehören, noch immer die liturgische Musik zu den Messen des Klosters.
Könnte es also eine Interpretation des Officiums geben, die näher an den Quellen ist, als diese, die in der Aula Magna des Klosters während der Karwoche der Jahre 2008, 2009 und 2010 aufgezeichnet wurde? Die insgesamt vier CD enthalten de Victorias Kompositionen für Palmsonntag, Gründonnerstag, Karfreitag und Ostersamstag - und zwar komplett, das heißt mit allen Lesungen. So wird die Balance zwischen den traditionellen gregorianischen Gesängen und den polyphonen Werken des großen spanischen Komponisten deutlich. Diese Aufnahme transportiert aber viel mehr als nur Musik. Sie vermittelt vielmehr den Geist der Karwoche, und atmet tiefe Frömmigkeit. Das mag manchem altmodisch erscheinen - aber es ist der Kern dieser Werke aus der Zeit der Gegenreformation. Und es macht diese Aufnahme grandios.
Dienstag, 19. Juni 2012
From Russia with Song (Melodija)
Russische Volkslieder in reicher Zahl werden hier gesungen von einst hochdekorierten Ensembles und Solisten. Da findet sich das Alexandrow-Ensemble der frühe- ren Sowjetarmee neben dem Staatlichen Akademischen Russischen Chor oder Staatlichen Volkschören aus Woronesch oder dem Ural.
Die Aufnahmen stammen aus den Jahren 1958 bis 1996; die Arrange- ments sind zumeist populär, ganz im Stile der guten alten Estrada. Wer so etwas schätzt, und Sinn für Nostalgie hat, der wird diese CD mögen.
Die Aufnahmen stammen aus den Jahren 1958 bis 1996; die Arrange- ments sind zumeist populär, ganz im Stile der guten alten Estrada. Wer so etwas schätzt, und Sinn für Nostalgie hat, der wird diese CD mögen.
Lamentarium (Destino Classics)
"Quod non fecerunt barbari, fece- runt Barberini", ätzte ein Spottvers über das Adelsgeschlecht, das - zu Geld und damit auch zu Macht gelangt - sogar einen Papst stellte. Urban VIII., auf dem Stuhl Petri von 1623 bis 1644, prägte Rom aber nicht nur durch seine Bauwut, der Teile des Kolosseums sowie die Bronzeplatten auf dem Dach des Pantheons zum Opfer fielen (was die Römer mit dem obigen Spruch kommentierten). Die Barberini waren auch große Kunstmäzene, und der Musik sehr zugetan. So bereicherten sie Buchbestand und Musikaliensammlung des Vatikans; insbesondere Kardinal Francesco Barberini, ein Neffe des Papstes, trug eine umfangreiche Bibliothek zusammen, die später Bestandteil der vatikanischen Bibliothek wurde.
Aus diesem Corpus stammt ein großer Teil der Werke, die auf der vorliegenden CD zu hören sind. Sie stammen von Luigi Rossi (1597 bis 1653), Marco Marazzoli (1602 bis 1662), Marc'Antonio Pasqualini (1614 bis 1691) und Domenico Mazzocchi (1592 bis 1665) - und sind zumeist Lamenti, eindrucksvolle Klagegesänge, die zu jener Zeit groß in Mode waren. Nadine Balbeisi, Sopran, und Theodora Baka, Mezzo- sopran, singen diese wundervollen Werke ausdrucksstark und mit schlank geführter, vibratoarmer Stimme. Das passt hier großartig. Und die drei Instrumentalstücke geben den Musikern von Atalante um Erin Headley Gelegenheit, zu zeigen, dass ein Gambenconsort, fallweise ergänzt um Lirone, Cembalo, Arpa Doppia und Chitarrone, weitaus mehr ist als "nur" ein Continuo-Ensemble.
Aus diesem Corpus stammt ein großer Teil der Werke, die auf der vorliegenden CD zu hören sind. Sie stammen von Luigi Rossi (1597 bis 1653), Marco Marazzoli (1602 bis 1662), Marc'Antonio Pasqualini (1614 bis 1691) und Domenico Mazzocchi (1592 bis 1665) - und sind zumeist Lamenti, eindrucksvolle Klagegesänge, die zu jener Zeit groß in Mode waren. Nadine Balbeisi, Sopran, und Theodora Baka, Mezzo- sopran, singen diese wundervollen Werke ausdrucksstark und mit schlank geführter, vibratoarmer Stimme. Das passt hier großartig. Und die drei Instrumentalstücke geben den Musikern von Atalante um Erin Headley Gelegenheit, zu zeigen, dass ein Gambenconsort, fallweise ergänzt um Lirone, Cembalo, Arpa Doppia und Chitarrone, weitaus mehr ist als "nur" ein Continuo-Ensemble.
Trio Artemis (Gallo)
Drei junge Musikerinnen stellen sich vor: Katja Hess, Violine, Bettina Macher, Violoncello, und Myriam Ruesch am Klavier bilden das Trio Artemis. Gelegentlich übernimmt auch Felicitas Strack den Klavierpart - auf dieser CD ist sie als Pianistin zu hören.
Berührungsängste kennt das Trio Artemis offenbar nicht; auf dieser CD erklingen mehr oder minder interessante Arrangements von Bach bis Morricone und von Haydn bis Piazzolla. Musiziert wird zupackend bis schmissig.
Diese CD schreit: Engagiert uns! wir wollen auf die Bühne!! Doch die Argumente, die die jungen Damen hier liefern, überzeugen nur bedingt. Es gibt sehr viele Streichtrios, und darunter finden sich auch etliche sehr gute. Ob Artemis dazu gehört, das wird sich zeigen, wenn die Damen statt Crossover eines Tages tatsächlich klassisches Reper- toire einspielen.
Berührungsängste kennt das Trio Artemis offenbar nicht; auf dieser CD erklingen mehr oder minder interessante Arrangements von Bach bis Morricone und von Haydn bis Piazzolla. Musiziert wird zupackend bis schmissig.
Diese CD schreit: Engagiert uns! wir wollen auf die Bühne!! Doch die Argumente, die die jungen Damen hier liefern, überzeugen nur bedingt. Es gibt sehr viele Streichtrios, und darunter finden sich auch etliche sehr gute. Ob Artemis dazu gehört, das wird sich zeigen, wenn die Damen statt Crossover eines Tages tatsächlich klassisches Reper- toire einspielen.
Mozart: Divertimenti (Naxos)
Die Geschichte des Kölner Kam- merorchesters ist geprägt durch seinen langjährigen Leiter Helmut Müller-Brühl. Eigentlich wollte der Dirigent ja Priester werden. Doch dann musste er, noch als Novize, eine Tuberkulose auskurieren, und wurde in dazu in die Schweiz geschickt. Dort frönte Müller-Brühl seiner zweiten Leidenschaft: Er nahm Unterricht am Luzerner Konservatorium, unter anderem bei dem großen Geiger Wolfgang Schneiderhan, und interessierte sich auch für die Arbeit des von dem Virtuosen geleiteten Kammer- orchesters Festival Strings Lucerne.
Zurück in Bonn, begann der junge Mann, ein eigenes Ensemble auf- zubauen - das Junge Kölner Streicherensemble, das 1958 im Brühler Schloss Augustusburg sein erstes Konzert gab. 1963 erhielt sein junges Orchester die Erlaubnis, den traditionsreichen Namen Kölner Kammerorchester zu führen.
Schon bald waren die Brühler Schlosskonzerte des Ensembles weithin bekannt. Nach einem Intermezzo auf historischen Instrumenten etablierte Müller-Brühl ab 1988 die Konzertreihe Das Meisterwerk. Sie konzentriert sich auf Musik vom Barock bis zur Klassik, und musiziert wird erneut vom Kölner Kammerorchester - auf modernen Instrumenten, aber historisch informiert.
Schrittweise übergab der Musiker seine Aktivitäten an jüngere Kollegen; ab 2008 verwirklichte er nur noch einzelne Projekte mit dem Kölner Kammerorchester, wie die Gestaltung der Pfingstmesse 2009 im Petersdom mit Haydns Harmoniemesse. Im Januar 2012 starb Helmut Müller-Brühl. Sein musikalisches Vermächtnis ist umfangreich; den Schlusspunkt setzt diese schöne, altersweise Einspielung der Mozart-Divertimenti KV 251 und 334, die er im September 2011 mit "seinen" Musikern aufgenommen hat.
Zurück in Bonn, begann der junge Mann, ein eigenes Ensemble auf- zubauen - das Junge Kölner Streicherensemble, das 1958 im Brühler Schloss Augustusburg sein erstes Konzert gab. 1963 erhielt sein junges Orchester die Erlaubnis, den traditionsreichen Namen Kölner Kammerorchester zu führen.
Schon bald waren die Brühler Schlosskonzerte des Ensembles weithin bekannt. Nach einem Intermezzo auf historischen Instrumenten etablierte Müller-Brühl ab 1988 die Konzertreihe Das Meisterwerk. Sie konzentriert sich auf Musik vom Barock bis zur Klassik, und musiziert wird erneut vom Kölner Kammerorchester - auf modernen Instrumenten, aber historisch informiert.
Schrittweise übergab der Musiker seine Aktivitäten an jüngere Kollegen; ab 2008 verwirklichte er nur noch einzelne Projekte mit dem Kölner Kammerorchester, wie die Gestaltung der Pfingstmesse 2009 im Petersdom mit Haydns Harmoniemesse. Im Januar 2012 starb Helmut Müller-Brühl. Sein musikalisches Vermächtnis ist umfangreich; den Schlusspunkt setzt diese schöne, altersweise Einspielung der Mozart-Divertimenti KV 251 und 334, die er im September 2011 mit "seinen" Musikern aufgenommen hat.
Albéniz: Serenata (MDG)
Kann ein Gitarrist ein ganzes Or- chester ersetzen? Mühelos, wird man sagen, wenn man das Spiel von Stephen Marchionda gehört hat.
Er hat Werke von Isaac Manuel Francisco Albéniz (1860 bis 1909) für Gitarre bearbeitet. Der Kompo- nist hatte einst spanische Volks- musik - und damit sehr oft auch Gitarrenklänge - in seine Werke für das Klavier integriert. Dabei zitierte er aber nicht einfach bekannte Melodien, sondern er ließ sich von den Klängen inspirieren - und schuf dann Musik, die klingt, als wäre sie seit Jahrhunderten in Spanien präsent.
Wer Marchiondas Versionen des Prélude (Asturias-Leyenda), der Suites espanolas Granada und Sevilla oder von Espana. Seis hojas de album gehört hat, der wird zudem nicht länger der Meinung sein, es handele sich dabei um gefällige Salonmusik. Diese Werke sind kraft- voll, und ihre Interpretation durch Marchionda ist brillant.
Er hat Werke von Isaac Manuel Francisco Albéniz (1860 bis 1909) für Gitarre bearbeitet. Der Kompo- nist hatte einst spanische Volks- musik - und damit sehr oft auch Gitarrenklänge - in seine Werke für das Klavier integriert. Dabei zitierte er aber nicht einfach bekannte Melodien, sondern er ließ sich von den Klängen inspirieren - und schuf dann Musik, die klingt, als wäre sie seit Jahrhunderten in Spanien präsent.
Wer Marchiondas Versionen des Prélude (Asturias-Leyenda), der Suites espanolas Granada und Sevilla oder von Espana. Seis hojas de album gehört hat, der wird zudem nicht länger der Meinung sein, es handele sich dabei um gefällige Salonmusik. Diese Werke sind kraft- voll, und ihre Interpretation durch Marchionda ist brillant.
Montag, 18. Juni 2012
Galuppi: 25 Harpsichord Sonatas (Newton)
"Vaghezza, chiarezza e buona mo- dulazione", antwortete Baldassare Galuppi (1706 bis 1785) einst auf die Frage nach dem Wesen guter Musik. Der Sohn eines Barbiers aus Burano bei Venedig komponierte mit 16 Jahren seine erste Oper; sie fiel beim Publikum durch. Bene- detto Marcello soll dem jungen Mann geraten haben, Unterricht im Kontrapunkt zu nehmen, und die Oper besser sein zu lassen. Galuppi studierte daraufhin in der Tat Kontrapunkt bei Antonio Lotti, dem Ersten Organisten von St. Markus.
Doch er schrieb auch weiter Opern; zunächst freilich war er damit befasst, die Werke anderer Komponisten für die Aufführung an den Theatern Venedigs einzurichten, wozu auch das Komponieren von Einlagearien gehörte, und das Cembalo zu spielen. Nachdem ihm erster Erfolg mit eigenen Kompositionen beschieden war, wurde er 1740 zum maestro di coro am Ospedale dei Mendicandi ernannt.
Durch die Bearbeitung fremder Werke wurde Galuppi nicht nur mit den Konventionen der Opera seria bestens vertraut, er lernte darüber hinaus auch Werke der Opera buffa kennen, die beispielsweise in Neapel sehr beliebt war. 1749 begann seine Zusammenarbeit mit dem Dichter Carlo Goldoni; innerhalb von acht Jahren entstanden so
15 komische Opern, die sowohl den Librettisten als auch den Musi- ker berühmt machten.
Weniger bekannt ist, dass der Komponist auch geistliche Werke und Instrumentalmusik geschaffen hat. Newton legt nun auf vier CD
25 Cembalosonaten Galuppis vor, eingespielt von Ilario Gregoletto in den Jahren 1190, 1996, 1998 und 2000. Er verwendete dabei ein zweimanualiges Cembalo, wie es von dem französischen Klavierbauer Pierre Donzelague 1711 angefertigt worden ist, in einem Nachbau aus der Werkstatt von Malcolm Rose in Mayfield/Sussex, Großbritannien. Vergleicht man Galuppis Werke mit denen Vivaldis oder Scarlattis, so fällt einerseits ihre schon fast klassische Klarheit auf; der Komponist interessierte sich aber wesentlich mehr für das Spiel mit Klangfarben und melodischen Einfällen als für die disziplinierte Arbeit an der Sonatenhauptsatzform. Das macht seine Sonaten zu regelrechten Miniatur-Opern - und wer genau hinhört, der wird mitunter sogar Charaktere erkennen.
Doch er schrieb auch weiter Opern; zunächst freilich war er damit befasst, die Werke anderer Komponisten für die Aufführung an den Theatern Venedigs einzurichten, wozu auch das Komponieren von Einlagearien gehörte, und das Cembalo zu spielen. Nachdem ihm erster Erfolg mit eigenen Kompositionen beschieden war, wurde er 1740 zum maestro di coro am Ospedale dei Mendicandi ernannt.
Durch die Bearbeitung fremder Werke wurde Galuppi nicht nur mit den Konventionen der Opera seria bestens vertraut, er lernte darüber hinaus auch Werke der Opera buffa kennen, die beispielsweise in Neapel sehr beliebt war. 1749 begann seine Zusammenarbeit mit dem Dichter Carlo Goldoni; innerhalb von acht Jahren entstanden so
15 komische Opern, die sowohl den Librettisten als auch den Musi- ker berühmt machten.
Weniger bekannt ist, dass der Komponist auch geistliche Werke und Instrumentalmusik geschaffen hat. Newton legt nun auf vier CD
25 Cembalosonaten Galuppis vor, eingespielt von Ilario Gregoletto in den Jahren 1190, 1996, 1998 und 2000. Er verwendete dabei ein zweimanualiges Cembalo, wie es von dem französischen Klavierbauer Pierre Donzelague 1711 angefertigt worden ist, in einem Nachbau aus der Werkstatt von Malcolm Rose in Mayfield/Sussex, Großbritannien. Vergleicht man Galuppis Werke mit denen Vivaldis oder Scarlattis, so fällt einerseits ihre schon fast klassische Klarheit auf; der Komponist interessierte sich aber wesentlich mehr für das Spiel mit Klangfarben und melodischen Einfällen als für die disziplinierte Arbeit an der Sonatenhauptsatzform. Das macht seine Sonaten zu regelrechten Miniatur-Opern - und wer genau hinhört, der wird mitunter sogar Charaktere erkennen.
Samstag, 16. Juni 2012
Handel: Music for the Royal Fireworks (Tafelmusik)
Kanadas vielfach ausgezeichnetes Originalklang-Ensemble Tafelmusik spielt die Feuerwerksmusik von Georg Friedrich Händel, ergänzt um drei Concerti a due cori.
Mit dem Feuerwerk, für das Händel diese Musik geschaffen hat, feierte 1749 ganz London den Aachener Friedensvertrag. Er beendete eine Phase der Unsicherheit, die schließlich im Österreichischen Erfolgekrieg auf dem Kontinent sowie dem Aufstand der Jakobiten in Großbritannien gipfelte. Nach diesen kriegerischen Auseinander- setzungen gab es damals offenbar Militärmusiker in großer Zahl, so dass genug Bläser verfügbar waren für eine üppige Besetzung - Hän- dels Autograph der Feuerwerksmusik verzeichnet neun Trompeter, drei Pauker, neun Hornisten, 24 Oboen und zwölf Fagotte, dazu ein Kontrafagott und ein Serpent.
Dieses Aufgebot scheint dem König gefallen zu haben; es ist über- liefert, dass dieser wenig begeistert reagierte, als Händel die Be- setzung um Streicher erweitern wollte. Das Werk war bereits zu seiner Uraufführung ein Publikumsrenner - kein anderes Konzert Händels hatte jemals derart viele Zuhörer. Und schon bei einer Voraufführung in Vauxhall Gardens war der Andrang so groß, dass auf der London Bridge ein Verkehrsstau entstand.
Nach dem legendären Feuerwerk wurde die Musik in einer "Konzert- saal-Version" - diesmal also mit Streichern, und mit Bläsern in or- chesterüblicher Anzahl - weiter aufgeführt. Und sie ist bis heute ein Garant für volle Häuser und ein erfreutes Publikum. Das gilt erst recht, wenn das Werk so stilsicher aufgeführt wird, wie im Falle von Tafelmusik. Und die historischen Bauformen der Blasinstrumente bringen hier zudem außerordentlich interessante Klangfarben ins Spiel. Diese CD ist sehr gelungen, unbedingt anhören!
Mit dem Feuerwerk, für das Händel diese Musik geschaffen hat, feierte 1749 ganz London den Aachener Friedensvertrag. Er beendete eine Phase der Unsicherheit, die schließlich im Österreichischen Erfolgekrieg auf dem Kontinent sowie dem Aufstand der Jakobiten in Großbritannien gipfelte. Nach diesen kriegerischen Auseinander- setzungen gab es damals offenbar Militärmusiker in großer Zahl, so dass genug Bläser verfügbar waren für eine üppige Besetzung - Hän- dels Autograph der Feuerwerksmusik verzeichnet neun Trompeter, drei Pauker, neun Hornisten, 24 Oboen und zwölf Fagotte, dazu ein Kontrafagott und ein Serpent.
Dieses Aufgebot scheint dem König gefallen zu haben; es ist über- liefert, dass dieser wenig begeistert reagierte, als Händel die Be- setzung um Streicher erweitern wollte. Das Werk war bereits zu seiner Uraufführung ein Publikumsrenner - kein anderes Konzert Händels hatte jemals derart viele Zuhörer. Und schon bei einer Voraufführung in Vauxhall Gardens war der Andrang so groß, dass auf der London Bridge ein Verkehrsstau entstand.
Nach dem legendären Feuerwerk wurde die Musik in einer "Konzert- saal-Version" - diesmal also mit Streichern, und mit Bläsern in or- chesterüblicher Anzahl - weiter aufgeführt. Und sie ist bis heute ein Garant für volle Häuser und ein erfreutes Publikum. Das gilt erst recht, wenn das Werk so stilsicher aufgeführt wird, wie im Falle von Tafelmusik. Und die historischen Bauformen der Blasinstrumente bringen hier zudem außerordentlich interessante Klangfarben ins Spiel. Diese CD ist sehr gelungen, unbedingt anhören!
Sonntag, 10. Juni 2012
Bach: Sonates & Partitas BWV 1001 - 1006; Beyer (Zig-Zag Territoires)
Aufnahmen von Bachs Sonaten und Partiten - er selbst nannte diese Stücke allerdings Partia - sind mittlerweile in großer Zahl verfügbar. Etliche davon sind leider nur für den Geiger span- nend, der sie eingespielt hat. Das ist bei dieser Version, vorgetragen von der französischen Solistin Amandine Beyer, glücklicherweise nicht der Fall. Sie musiziert auf einer wundervollen Barockvioline von Pierre Jaquier aus dem Jahre 1996, mit einem zwölf Jahre alten Bogen von Eduardo Gorr, Cremona. Was für ein Klang! allein dieses Instrument wäre die CD wert.
Beyer spielt Bachs Werke beherzt, aber nicht ruppig; sie musiziert tänzerisch akzentuiert, aber sie strebt keine Geschwindigkeitsrekorde an. Dabei spielt sie stets mit klarem, schönen Ton - und auch die schwierigsten Passagen gelingen ihr blitzsauber. Dort, wo sie zügige Tempi wählt, wird sie nicht flüchtig. Und die latente Polyphonie dieser Werke macht sie hörbar. Das macht die Aufnahme spannend, zumal im Kontrast danach eine Sonata a Violino solo senza Basso von Bachs Zeitgenossen Johann Georg Pisendel erklingt. Der war ein berühmter Geiger, Konzertmeister der Dresdner Hofkapelle - seine Musik ist ganz sicher virtuos, aber gegen Bachs furiose Schöpfung wirkt sie seltsam blass und fad.
Dieses Stück an den Schluss zu stellen, erscheint aus diesem Grunde nicht ganz fair. Und warum Beyer die Sonata BWV 1001 nicht an den Anfang, sondern zwischen BWV 1005 und 1006 gesetzt hat, das würde uns auch interessieren. Im Beiheft ist dazu nichts zu erfahren; es ist auch sonst leider nicht besonders aussagekräftig. Das ist sehr schade, denn ansonsten ist dieses CD-Doppel gut gelungen. Meine Empfehlung!
Beyer spielt Bachs Werke beherzt, aber nicht ruppig; sie musiziert tänzerisch akzentuiert, aber sie strebt keine Geschwindigkeitsrekorde an. Dabei spielt sie stets mit klarem, schönen Ton - und auch die schwierigsten Passagen gelingen ihr blitzsauber. Dort, wo sie zügige Tempi wählt, wird sie nicht flüchtig. Und die latente Polyphonie dieser Werke macht sie hörbar. Das macht die Aufnahme spannend, zumal im Kontrast danach eine Sonata a Violino solo senza Basso von Bachs Zeitgenossen Johann Georg Pisendel erklingt. Der war ein berühmter Geiger, Konzertmeister der Dresdner Hofkapelle - seine Musik ist ganz sicher virtuos, aber gegen Bachs furiose Schöpfung wirkt sie seltsam blass und fad.
Dieses Stück an den Schluss zu stellen, erscheint aus diesem Grunde nicht ganz fair. Und warum Beyer die Sonata BWV 1001 nicht an den Anfang, sondern zwischen BWV 1005 und 1006 gesetzt hat, das würde uns auch interessieren. Im Beiheft ist dazu nichts zu erfahren; es ist auch sonst leider nicht besonders aussagekräftig. Das ist sehr schade, denn ansonsten ist dieses CD-Doppel gut gelungen. Meine Empfehlung!
Pergolesi: Stabat Mater - Salve Regina - Orfeo (Capriccio)
Einigermaßen erstaunt lauscht man dem, was diese CD aus den Lautsprechern quellen lässt. Nein, das ist keine Aufnahme aus den 50er Jahren, sondern sie stammt aus 1993 bzw. 1995! Das Bamber- ger Streichquartett, verstärkt durch Stefan Adelmann, Kontra- bass und Berthold Höps, Cembalo und Orgel, spielt Pergolesi - und das ganz so, als hätte es all die Debatten um historische Auffüh- rungspraxis nie gegeben. Nichts gegen Klaus Burmeister, Rüdiger Rehn, Roland Waschneck und Karlheinz Busch; man hört, dass dies durchaus ein versiertes Ensemble ist. Aber musste es gerade dieses Repertoire sein, und mussten es ausgerechnet diese Sängerinnen sein, mit einem Vibrato, so breit wie der Ozean? Regina Klepper mag eine entzückende Lisa sein, und auch eine temperamentvolle Marie - doch selbst beim Orfeo mag man sie nicht hören, denn es fehlt ihrer Stimme an Leichtigkeit und Geläufigkeit. Martina Borst kann man sich als Zerlina sehr gut vorstellen; das Salve Regina aber ist für ihre Stimme zu tief. Finger weg von dieser CD, wer sich nicht ärgern will, der lässt sie im Regal stehen.
Beethoven: Klarinettentrios (Musicaphon)
Persönliche Beziehungen haben Musiker immer wieder zu span- nenden Werken inspiriert. Ver- danken wir die Kegelstatt-Trios der Freundschaft zwischen Wolf- gang Amadeus Mozart und dem Klarinettisten Anton Stadler, so wird vermutet, dass Ludwig van Beethoven seine Klarinettentrios für Joseph Beer schuf, Klarinettist der Fürstlich Liechtensteinischen Hofkapelle.
Das Trio B-Dur op. 11 hat der Kom- ponist für Klarinette, Violoncello und Klavier geschrieben. Später hat er das Werk bearbeitet, so dass es auch von einem herkömmlichen Klaviertrio aufgeführt werden konnte. Seinen Verleger wird dies gewiss erfreut haben. Das Werk ist auch als Gassenhauer-Trio bekannt, weil bereits Zeitgenossen im letzten Satz eine Melodie aus der damals sehr populären Oper Der Corsar oder Die Liebe unter den Seeleuten von Joseph Weigl erkannt haben. Beethoven soll darüber übrigens sehr erstaunt gewesen sein - aber denselben Ohrwurm haben auch andere Komponisten damals verarbeitet, wie beispielsweise Paganini.
Das Trio Es-Dur op. 38 hingegen ist eine Bearbeitung, und zwar des gemischten Septetts op. 20. Die Klarinette behält darin sehr weit- gehend ihre Stimme; das Cello übernimmt mitunter Melodien von Fagott und Horn, und was dann übrig blieb, das hat Beethoven dem Klavier überantwortet. Dennoch ist das Ergebnis zauberhaft; die Variationen klingen, als wären sie eigens für Trio erdacht. Und das Trio Ecco spielt diesen Beethoven so elegant, dass es eine Freude ist. Wie Karl Leister, langjähriger Soloklarinettist der Berliner Philhar- moniker, der renommierte Cellist Matthias Moosdorf und die Pianistin Olga Gollej hier gemeinsam musizieren, das ist große Kunst, auch wenn es eigentlich um eher kleine Werke geht. Wundervoll!
Das Trio B-Dur op. 11 hat der Kom- ponist für Klarinette, Violoncello und Klavier geschrieben. Später hat er das Werk bearbeitet, so dass es auch von einem herkömmlichen Klaviertrio aufgeführt werden konnte. Seinen Verleger wird dies gewiss erfreut haben. Das Werk ist auch als Gassenhauer-Trio bekannt, weil bereits Zeitgenossen im letzten Satz eine Melodie aus der damals sehr populären Oper Der Corsar oder Die Liebe unter den Seeleuten von Joseph Weigl erkannt haben. Beethoven soll darüber übrigens sehr erstaunt gewesen sein - aber denselben Ohrwurm haben auch andere Komponisten damals verarbeitet, wie beispielsweise Paganini.
Das Trio Es-Dur op. 38 hingegen ist eine Bearbeitung, und zwar des gemischten Septetts op. 20. Die Klarinette behält darin sehr weit- gehend ihre Stimme; das Cello übernimmt mitunter Melodien von Fagott und Horn, und was dann übrig blieb, das hat Beethoven dem Klavier überantwortet. Dennoch ist das Ergebnis zauberhaft; die Variationen klingen, als wären sie eigens für Trio erdacht. Und das Trio Ecco spielt diesen Beethoven so elegant, dass es eine Freude ist. Wie Karl Leister, langjähriger Soloklarinettist der Berliner Philhar- moniker, der renommierte Cellist Matthias Moosdorf und die Pianistin Olga Gollej hier gemeinsam musizieren, das ist große Kunst, auch wenn es eigentlich um eher kleine Werke geht. Wundervoll!
Freitag, 8. Juni 2012
Bach: Flute Sonatas (Quartz)
Aufnahmen von Bachs Flötensona- ten gibt es in großer Zahl. Diese hier ist klangschön, aber ansonsten unspektakulär. Elizabeth Walker spielt eine Holzflöte - aber dieses Instrument von Harry Seeley für die Flute Makers Guild aus den 60er Jahren ist ansonsten mit einer modernen Mechanik und einer Mundlochplatte nebst Kamin aus Metall ausgestattet. Insofern ist dies eine moderne Querflöte, deren Klang ein bisschen weicher ausfällt, als man das von einer "normalen" Böhmflöte gewohnt ist.
Michael Overbury am Cembalo und Christopher Poffley am Violon- cello übernehmen den Basso continuo. Sie sind beide ausgewiesene Experten für "Alte" Musik, und Poffleys Amati-Cello klingt auch wirklich sehr schön. Ob das ausreicht, sich diese CD zuzulegen, das mag jeder nach Geschmack und Sympathie entscheiden.
Michael Overbury am Cembalo und Christopher Poffley am Violon- cello übernehmen den Basso continuo. Sie sind beide ausgewiesene Experten für "Alte" Musik, und Poffleys Amati-Cello klingt auch wirklich sehr schön. Ob das ausreicht, sich diese CD zuzulegen, das mag jeder nach Geschmack und Sympathie entscheiden.
Handel: Esther (Linn)
Das Oratorium Esther gilt als das erste englische Werk dieser Gattung. Für die vorliegende Einspielung ist die Fassung rekonstruiert worden, die wohl 1720 in Cannons aufgeführt worden ist, wo Georg Friedrich Händel zwei Jahre lang als composer-in-residence bei Henry James Brydges, Duke of Chandos, lebte und wirkte.
Auch darüber, wer der Autor des Textes war, gibt es mehr Vermu- tungen als Erkenntnisse. Fakt ist aber, dass er auf einer Übersetzung der gleichnamigen Tragödie von Jean Racine durch Thomas Brereton basiert. Händel jedenfalls hatte als Oratorienkomponist bereits Erfahrung, denn in Italien hatte er zwei Oratorien geschrieben; sie dienten als Ersatz für Opern, die in Rom nicht aufgeführt werden durften.
Die Oratorien, die Händel in England schuf, unterscheiden sich von diesen Werken in erster Linie durch eine Vielzahl ausdrucksstarker Chöre. Seine späteren Werke wirken einerseits noch opernhafter - und andererseits haben sie von den deutschen Passionen gelernt, dass nicht allein die biblische Handlung, sondern vor allem auch die An- dacht des Publikums im Mittelpunkt stehen sollte.
Diese Aufnahme mit dem Dunedin Consort unter John Butt basiert auf der Forschung von John H. Roberts, der 2010 im Händel Jahrbuch Erkenntnisse publizierte, die er durch die Auswertung der heute noch auffindbaren Quellen gewonnen hat. Dazu gehören Händels Manu- skript, diverse Abschriften und andere Aufzeichnungen aus der Entstehungszeit des Oratoriums sowie etliche zeitgenössische Werke, die Roberts zum Vergleich herangezogen hat. Dadurch gelingt ihm sogar überzeugend die Datierung. Auch zur Struktur und zur Bese- tzung konnte er viele interessante Details beitragen.
Das macht die Einspielung spannend. Lediglich bei den Sängern - die Liste der Mitwirkenden in Cannons 1720 weist unter anderem vier Chorknaben aus, aber keine Soprane - erschien eine originalgetreue Besetzung nicht unbedingt erstrebenswert. Butt lässt die Esther durch Susan Hamilton singen, und den jüdischen Jungen durch Electra Lochhead. Den Priester der Israeliten singt der Countertenor Robin Blaze, den König Ahasver James Gilchrist, den Haman Matthew Brook und seinen Gegenspieler Mordecai Nicholas Mulroy. Als Israelisten sind auch Ashley Turnell und Thomas Hobbs zu hören - und auch die Ripienisten sind exzellent. Es lohnt sich also, diese Aufnahme anzuhören, zumal diese Version auch sonst einige Überraschungen bereithält.
Auch darüber, wer der Autor des Textes war, gibt es mehr Vermu- tungen als Erkenntnisse. Fakt ist aber, dass er auf einer Übersetzung der gleichnamigen Tragödie von Jean Racine durch Thomas Brereton basiert. Händel jedenfalls hatte als Oratorienkomponist bereits Erfahrung, denn in Italien hatte er zwei Oratorien geschrieben; sie dienten als Ersatz für Opern, die in Rom nicht aufgeführt werden durften.
Die Oratorien, die Händel in England schuf, unterscheiden sich von diesen Werken in erster Linie durch eine Vielzahl ausdrucksstarker Chöre. Seine späteren Werke wirken einerseits noch opernhafter - und andererseits haben sie von den deutschen Passionen gelernt, dass nicht allein die biblische Handlung, sondern vor allem auch die An- dacht des Publikums im Mittelpunkt stehen sollte.
Diese Aufnahme mit dem Dunedin Consort unter John Butt basiert auf der Forschung von John H. Roberts, der 2010 im Händel Jahrbuch Erkenntnisse publizierte, die er durch die Auswertung der heute noch auffindbaren Quellen gewonnen hat. Dazu gehören Händels Manu- skript, diverse Abschriften und andere Aufzeichnungen aus der Entstehungszeit des Oratoriums sowie etliche zeitgenössische Werke, die Roberts zum Vergleich herangezogen hat. Dadurch gelingt ihm sogar überzeugend die Datierung. Auch zur Struktur und zur Bese- tzung konnte er viele interessante Details beitragen.
Das macht die Einspielung spannend. Lediglich bei den Sängern - die Liste der Mitwirkenden in Cannons 1720 weist unter anderem vier Chorknaben aus, aber keine Soprane - erschien eine originalgetreue Besetzung nicht unbedingt erstrebenswert. Butt lässt die Esther durch Susan Hamilton singen, und den jüdischen Jungen durch Electra Lochhead. Den Priester der Israeliten singt der Countertenor Robin Blaze, den König Ahasver James Gilchrist, den Haman Matthew Brook und seinen Gegenspieler Mordecai Nicholas Mulroy. Als Israelisten sind auch Ashley Turnell und Thomas Hobbs zu hören - und auch die Ripienisten sind exzellent. Es lohnt sich also, diese Aufnahme anzuhören, zumal diese Version auch sonst einige Überraschungen bereithält.
Donnerstag, 7. Juni 2012
Slavonic Dances (Genuin)
Originalwerke für Klavier zu vier Händen von tschechischen Kom- ponisten finden sich auf dieser CD. Ihre Biographie hat zudem durch- weg einen Bezug zur Stadt Prag, so dass die Stücke auch aufzeigen, wie sie sich Musikwelt in der Goldenen Stadt innerhalb von etwa hundert Jahren verändert hat.
Die Slawischen Tänze op. 46 von Antonín Dvorák entstanden 1878. Der Berliner Verleger Fritz Sim- rock war durch Johannes Brahms auf den jungen Tschechen hinge- wiesen worden, und beauftragte ihn, Klaviermusik zu vier Händen zu komponieren, analog Brahms' Ungarischen Tänzen. Seine Kalkulation ging auf: Auch Dvoráks sieben Tänze waren ein großer Erfolg.
Zdenek Fibich war ein Schüler Bedrich Smetanas. Er war Kapellmei- ster, Chorleiter und schließlich Operndramaturg an Nationaltheater in Prag. Seine Sonate in B-Dur op. 28 für Klavier zu vier Händen widmete er "seinem lieben Freund Antonín Dvorák".
Erwin Schulhoff stammte aus Prag. Das hochbegabte Kind verdankte es einer Empfehlung Dvoráks, dass er bereits mit sieben Jahren Klavierunterricht bei Jindrich Kahn erhielt, und wenig später ins Konservatorium aufgenommen wurde. Schulhoff studierte in Wien, Leipzig, Köln und Berlin, unter anderem bei Max Reger. Er gehörte zu den ersten europäischen Komponisten, die den Jazz als Inspirations- quelle nutzten. Auch sonst engagierte sich Schulhoff im Sinne der musikalischen Avantgarde; in den 30er Jahren wandte er sich aller- dings dem "sozialistischen Realismus" zu, begann, Propaganda-Musik zu schreiben, und wollte in die Sowjetunion übersiedeln. Das ist ihm dann leider nicht mehr geglückt. 1941 wurde er verhaftet und auf der Wülzburg bei Weißenburg in Bayern interniert. Dort starb er im August 1942 - halb verhungert, krank, erschöpft und entkräftet. In seinem Werk Ironien op. 34 parodiert er die Musik der versunkenen Donaumonarchie - und die musikalischen Moden der Nachkriegszeit.
Abschließend erklingen auf dieser CD die Variationen über ein Thema von Pergolesi von Ilja Hurník. Dieses Werk aus dem Jahre 1985, das mit dem Grand Prix des Kompositionswettbewerbes für Klavierduo der Piano Assoziation of Japan ausgezeichnet würde, ist hier in Welt- ersteinspielung zu hören.
Auch Pianistin Romana Danhel-Kolb stammt aus Prag. Beim Studium in der Klavierklasse von Professor Grigory Gruzman lernte sie Oliver Kolb kennen. Das Paar musiziert seit 2005 gemeinsam, und hat sich auf das vierhändige Klavierspiel spezialisiert. Diese CD belegt, dass eine eheliche Harmonie sich auch auf das Konzertieren positiv aus- wirkt; das Klavierduo Danhel-Kolb spielt präzise abgestimmt, mit Sinn für Klangfarben und einer gehörigen Portion Temperament.
Die Slawischen Tänze op. 46 von Antonín Dvorák entstanden 1878. Der Berliner Verleger Fritz Sim- rock war durch Johannes Brahms auf den jungen Tschechen hinge- wiesen worden, und beauftragte ihn, Klaviermusik zu vier Händen zu komponieren, analog Brahms' Ungarischen Tänzen. Seine Kalkulation ging auf: Auch Dvoráks sieben Tänze waren ein großer Erfolg.
Zdenek Fibich war ein Schüler Bedrich Smetanas. Er war Kapellmei- ster, Chorleiter und schließlich Operndramaturg an Nationaltheater in Prag. Seine Sonate in B-Dur op. 28 für Klavier zu vier Händen widmete er "seinem lieben Freund Antonín Dvorák".
Erwin Schulhoff stammte aus Prag. Das hochbegabte Kind verdankte es einer Empfehlung Dvoráks, dass er bereits mit sieben Jahren Klavierunterricht bei Jindrich Kahn erhielt, und wenig später ins Konservatorium aufgenommen wurde. Schulhoff studierte in Wien, Leipzig, Köln und Berlin, unter anderem bei Max Reger. Er gehörte zu den ersten europäischen Komponisten, die den Jazz als Inspirations- quelle nutzten. Auch sonst engagierte sich Schulhoff im Sinne der musikalischen Avantgarde; in den 30er Jahren wandte er sich aller- dings dem "sozialistischen Realismus" zu, begann, Propaganda-Musik zu schreiben, und wollte in die Sowjetunion übersiedeln. Das ist ihm dann leider nicht mehr geglückt. 1941 wurde er verhaftet und auf der Wülzburg bei Weißenburg in Bayern interniert. Dort starb er im August 1942 - halb verhungert, krank, erschöpft und entkräftet. In seinem Werk Ironien op. 34 parodiert er die Musik der versunkenen Donaumonarchie - und die musikalischen Moden der Nachkriegszeit.
Abschließend erklingen auf dieser CD die Variationen über ein Thema von Pergolesi von Ilja Hurník. Dieses Werk aus dem Jahre 1985, das mit dem Grand Prix des Kompositionswettbewerbes für Klavierduo der Piano Assoziation of Japan ausgezeichnet würde, ist hier in Welt- ersteinspielung zu hören.
Auch Pianistin Romana Danhel-Kolb stammt aus Prag. Beim Studium in der Klavierklasse von Professor Grigory Gruzman lernte sie Oliver Kolb kennen. Das Paar musiziert seit 2005 gemeinsam, und hat sich auf das vierhändige Klavierspiel spezialisiert. Diese CD belegt, dass eine eheliche Harmonie sich auch auf das Konzertieren positiv aus- wirkt; das Klavierduo Danhel-Kolb spielt präzise abgestimmt, mit Sinn für Klangfarben und einer gehörigen Portion Temperament.
Mayr: Samuele (Naxos)
Für die Feierlichkeiten zur Einset- zung eines neuen Bischofs 1821 in Bergamo schuf Giovanni Simone Mayr (1763 bis 1845) sein Orato- rium Samuele. Das Libretto stammt von Bartolomeo Merelli; die Handlung schildert die Beru- fung Samuels zum Propheten - ein nettes Thema für ein Huldigungs- oratorium.
Auch wenn der Komponist aus Niederbayern stammt und seine Ausbildung am Jesuitenkolleg in Ingolstadt startete, so trägt diese Musik doch unverkennbar italienischen Charakter. Nach etlichen Jahren, die Mayr überwiegend damit beschäftigt war, Opern zu komponieren, entschied er sich 1802, die Nachfolge seines einstigen Lehrers Carlo Lenzi als maestro di capella an der Kathedrale von Bergamo anzutreten. Drei Jahre später wurde er Direktor der Chor- schule an dieser Kathedrale, und in dieser Position verblieb er bis an sein Lebensende.
Mayr hat 70 Opern und gut 600 Werke geschaffen, die der geistlichen Musik zuzurechnen sind. Es ist sehr erfreulich, dass der lang vergesse- ne Komponist nun zunehmend wieder entdeckt wird. Dazu trägt auch diese CD bei. Franz Hauk hat Samuele mit dem von ihm 2003 gegrün- deten Simon Mayr Chor und dem georgischen Kammerorchester Ingolstadt eingespielt. Zu hören sind zudem als Solisten Andrea Lauren Brown und Susanne Bernhard, Sopran, Rainer Trost, Tenor und Jens Hamann, Bass. Die Aufnahme ist gelungen, die Soli singen sehr ordentlich, und der Chor agiert kraftvoll. Eine Entdeckung!
Auch wenn der Komponist aus Niederbayern stammt und seine Ausbildung am Jesuitenkolleg in Ingolstadt startete, so trägt diese Musik doch unverkennbar italienischen Charakter. Nach etlichen Jahren, die Mayr überwiegend damit beschäftigt war, Opern zu komponieren, entschied er sich 1802, die Nachfolge seines einstigen Lehrers Carlo Lenzi als maestro di capella an der Kathedrale von Bergamo anzutreten. Drei Jahre später wurde er Direktor der Chor- schule an dieser Kathedrale, und in dieser Position verblieb er bis an sein Lebensende.
Mayr hat 70 Opern und gut 600 Werke geschaffen, die der geistlichen Musik zuzurechnen sind. Es ist sehr erfreulich, dass der lang vergesse- ne Komponist nun zunehmend wieder entdeckt wird. Dazu trägt auch diese CD bei. Franz Hauk hat Samuele mit dem von ihm 2003 gegrün- deten Simon Mayr Chor und dem georgischen Kammerorchester Ingolstadt eingespielt. Zu hören sind zudem als Solisten Andrea Lauren Brown und Susanne Bernhard, Sopran, Rainer Trost, Tenor und Jens Hamann, Bass. Die Aufnahme ist gelungen, die Soli singen sehr ordentlich, und der Chor agiert kraftvoll. Eine Entdeckung!
Mittwoch, 6. Juni 2012
Sacred Music by Johann Kuhnau (Helios)
"Ich weiß nicht, ob er dem Orden der Tonkünstler oder den anderen Gelehrten mehr Ehre gebracht", schrieb Johann Christoph Ade- lung, Bibliothekar des Kurfürsten Friedrich August III., über Johann Kuhnau. "Er war gelehrt in der Gottesgelahrtheit, in den Rechten, Beredsamkeit, Dichtkunst, Mathe- matik, fremden Sprachen und Musik."
Johann Kuhnau (1660 bis 1722) war der Sohn eines Tischlers aus Geising im Erzgebirge. Er begann seine musikalische Laufbahn als Chorknabe, was ihm zugleich den Besuch der Dresdner Kreuzschule ermöglichte. Als in der Landes- hauptstadt die Pest ausbrach, schickten ihn die Eltern nach Zittau, wo er am Johanneum seine Ausbildung fortsetzte, und bald auch Aufga- ben eines Kantors und Organisten übernahm. Als dort 1682 Johann Krieger ins Amt eingeführt wurde und dies seine Dienstpflichten wurden, ging Kuhnau nach Leipzig.
Dort studierte er Jura, und erwarb sich nebenher einen exzellenten Ruf als Musiker. So komponierte er 1683 ein aufwendiges dramma per musica, das zur Begrüßung des von der Türkenschlacht in Wien heimgekehrten Kurfürsten unter freiem Himmel aufgeführt wurde. 1684 erhielt Kuhnau eine Anstellung als Organist an der Thomas- kirche. 1701 wurde er schließlich als Nachfolger von Johann Schelle Thomaskantor.
Bekannt ist er in erster Linie als Vorgänger Bachs - und für seine Klaviermusik, beispielsweise die Clavier-Übung, zweimal sieben Partitas, komponiert für den geübten Musiker, um "auch den von anderen Studien ermüdeten Geist" zu "erfrischen" - ganz ähnlich, wie Bach es später formulieren sollte. In seinem Amt als Thomaskantor hatte Kuhnau so manchen Strauß mit dem Studenten Georg Philipp Telemann auszufechten, der sich in das Leipziger Musikleben nicht nur mit Lust und Leidenschaft, sondern offenbar auch mit einem gewissen Geltungsbedürfnis einbrachte. Leider prägte dies das Bild Kuhnaus, wie der Musiker das eigentlich nicht verdient hat.
Denn gerade die geistlichen Vokalwerke, die The King's Consort unter Robert King auf dieser CD vorstellt, verweisen uns auf seine enorme Bedeutung als Komponist einer Übergangszeit. Musik galt damals noch als mathematische Kunst; sie spiegelte Affekte, und zwar auf einer eher abstrakten Ebene, und nicht Befindlichkeiten. Und weil Kirchenmusik die Gläubigen erquicken und erbauen, aber auch unterweisen sollte, wurde zu Kuhnaus Zeiten höchster Wert auf den Text, auf seine Auswahl und Auslegung mit den Mitteln der Musik, gelegt.
Das zeigt sich, bei aller musikalischen Brillanz, auch bei dieser CD, der man zudem begeistert lauscht, weil die Aufnahmen mit The King's Consort außerordentlich gelungen und ausdrucksstark sind. Die Sänger und Musiker machen deutlich, wie stark Kuhnaus geistliche Werke rhetorisch geprägt sind - ganz im Sinne jener großen Traditio- nen, die der Thomaskantor in seinen Jugendjahren in Dresden ken- nengelernt haben wird.
Kuhnau ist das Bindeglied zwischen Heinrich Schütz und Johann Sebastian Bach. Zu seinen Schülern gehören zudem Johann Friedrich Fasch, Christoph Graupner und Johann David Heinichen. Händel und Mattheson kannten und schätzten seine Klavierwerke. Und selbst Telemann bekannte später, dass er den Kontrapunkt durch das Stu- dium von Kompositionen Kuhnaus gelernt habe.
Johann Kuhnau (1660 bis 1722) war der Sohn eines Tischlers aus Geising im Erzgebirge. Er begann seine musikalische Laufbahn als Chorknabe, was ihm zugleich den Besuch der Dresdner Kreuzschule ermöglichte. Als in der Landes- hauptstadt die Pest ausbrach, schickten ihn die Eltern nach Zittau, wo er am Johanneum seine Ausbildung fortsetzte, und bald auch Aufga- ben eines Kantors und Organisten übernahm. Als dort 1682 Johann Krieger ins Amt eingeführt wurde und dies seine Dienstpflichten wurden, ging Kuhnau nach Leipzig.
Dort studierte er Jura, und erwarb sich nebenher einen exzellenten Ruf als Musiker. So komponierte er 1683 ein aufwendiges dramma per musica, das zur Begrüßung des von der Türkenschlacht in Wien heimgekehrten Kurfürsten unter freiem Himmel aufgeführt wurde. 1684 erhielt Kuhnau eine Anstellung als Organist an der Thomas- kirche. 1701 wurde er schließlich als Nachfolger von Johann Schelle Thomaskantor.
Bekannt ist er in erster Linie als Vorgänger Bachs - und für seine Klaviermusik, beispielsweise die Clavier-Übung, zweimal sieben Partitas, komponiert für den geübten Musiker, um "auch den von anderen Studien ermüdeten Geist" zu "erfrischen" - ganz ähnlich, wie Bach es später formulieren sollte. In seinem Amt als Thomaskantor hatte Kuhnau so manchen Strauß mit dem Studenten Georg Philipp Telemann auszufechten, der sich in das Leipziger Musikleben nicht nur mit Lust und Leidenschaft, sondern offenbar auch mit einem gewissen Geltungsbedürfnis einbrachte. Leider prägte dies das Bild Kuhnaus, wie der Musiker das eigentlich nicht verdient hat.
Denn gerade die geistlichen Vokalwerke, die The King's Consort unter Robert King auf dieser CD vorstellt, verweisen uns auf seine enorme Bedeutung als Komponist einer Übergangszeit. Musik galt damals noch als mathematische Kunst; sie spiegelte Affekte, und zwar auf einer eher abstrakten Ebene, und nicht Befindlichkeiten. Und weil Kirchenmusik die Gläubigen erquicken und erbauen, aber auch unterweisen sollte, wurde zu Kuhnaus Zeiten höchster Wert auf den Text, auf seine Auswahl und Auslegung mit den Mitteln der Musik, gelegt.
Das zeigt sich, bei aller musikalischen Brillanz, auch bei dieser CD, der man zudem begeistert lauscht, weil die Aufnahmen mit The King's Consort außerordentlich gelungen und ausdrucksstark sind. Die Sänger und Musiker machen deutlich, wie stark Kuhnaus geistliche Werke rhetorisch geprägt sind - ganz im Sinne jener großen Traditio- nen, die der Thomaskantor in seinen Jugendjahren in Dresden ken- nengelernt haben wird.
Kuhnau ist das Bindeglied zwischen Heinrich Schütz und Johann Sebastian Bach. Zu seinen Schülern gehören zudem Johann Friedrich Fasch, Christoph Graupner und Johann David Heinichen. Händel und Mattheson kannten und schätzten seine Klavierwerke. Und selbst Telemann bekannte später, dass er den Kontrapunkt durch das Stu- dium von Kompositionen Kuhnaus gelernt habe.
Wagner: Der fliegende Holländer (Pentatone)
Einen konzertanten Wagner-Zyklus haben das Rundfunk-Sinfonie- orchester Berlin und Marek Ja- nowski vor zwei Jahren mit der Oper Der fliegende Holländer be- gonnen. Der Mitschnitt der konzer- tanten Aufführung vom 13. No- vember 2010 ist mittlerweile bei Pentatone Classics erschienen.
Der Dirigent hat bereits einen Ring mit der Staatskapelle Dresden eingespielt, der viel Lob erhielt - und auch viel Bedauern, weil hier und da ein Sänger nicht ganz so perfekt passte. Für den Berliner Wagner-Zyklus hingegen steht Janowski die internationale Wagner-Sängerelite zur Verfügung. Und weil auf eine szenische Deutung verzichtet wird, konzentriert sich diese Aufführung allein auf die Musik.
Das hat Vorteile. So wird die Kontemplation des Zuhörers nicht durch schnöde Bühnengeräusche gestört. Und der Dirigent ist ganz Herr der Interpretation; er muss sich nicht mit beispielsweise einem Regisseur abstimmen, der möglicherweise Figuren und Situationen ganz anders anlegen möchte. Hier zählt die Partitur - und nur die Partitur. Nie zuvor hat man beispielsweise eine Senta und einen Holländer gehört, die im großen Duett, im zweiten Akt, derart aneinander vorbeisingen. Das hat Format. Und musiziert wird durchweg großartig, das Orche- ster folgt Janowski mit einer Hingabe, die sich auszahlt.
Die Sänger sind ganz überwiegend exzellent, allen voran Matti Salmi- nen, der seinen Daland als braven Familienvater singt, durch und durch bieder, und auf Sicherheit und Wohlstand bedacht. Während er die Schätze des Holländers betrachtet und ihm von seiner Tochter schwärmt, kommt ihm gar nicht in den Sinn, dass er sie soeben ver- schachtert wie eine Ware.
Albert Dohmen als Holländer hat die notwendige Tiefe und Leiden- schaft; Überdruss und Verzweiflung nimmt man ihm ab. Das gilt übrigens auch für den Jäger Erik, der hier von dem Tenor Robert Dean Smith kraftvoll männlich gezeigt wird und nicht als softer Jammerlappen, wie auf der Bühne nur zu oft zu erleben. Gegen das Traumbild aber kommt der Freund aus Kindertagen nicht an, und so scheitert sein Versuch, um seine Liebe zu kämpfen.
Ricarda Merbeth singt die Senta; in der Spinnstube kann sie überzeu- gen, aber in den großen Ensembles hat die Stimme ihre Grenzen hörbar erreicht - und der Text, bei Wagner stets im Zentrum der Interpretation, wird vollkommen unverständlich. Schade. Gern lauscht man hingegen Silvia Hablowetz als Amme Mary und Steve Davislim als Steuermann. Diese beiden "kleinen" Partien sind absolut stimmig besetzt.
Der eigentliche Star dieser Aufführung aber ist der Rundfunkchor Berlin, geleitet von Eberhard Friedrich. Die Chöre sind eine Wucht - und das ist eine Stärke dieser Aufnahme, denn einen derart großen Chor dieser Qualität können selbst bedeutende Opernhäuser übli- cherweise nicht bieten.
Die Schwächen der Aufnahme? Nun, Wagners Holländer ist für die Bühne geschrieben. Seine Musik ist durch und durch szenisch. Und es ist doch zu spüren, dass aufgrund der konzertanten Aufführungs- situation die Intensität nicht das Niveau erreicht, das man von einem Opernabend erhofft. Das aber macht den eigentlichen Zauber einer solchen Aufnahme aus. Insofern kann ich die grenzenlose Begeiste- rung einiger Kritikerkollegen nicht wirklich teilen.
Der Dirigent hat bereits einen Ring mit der Staatskapelle Dresden eingespielt, der viel Lob erhielt - und auch viel Bedauern, weil hier und da ein Sänger nicht ganz so perfekt passte. Für den Berliner Wagner-Zyklus hingegen steht Janowski die internationale Wagner-Sängerelite zur Verfügung. Und weil auf eine szenische Deutung verzichtet wird, konzentriert sich diese Aufführung allein auf die Musik.
Das hat Vorteile. So wird die Kontemplation des Zuhörers nicht durch schnöde Bühnengeräusche gestört. Und der Dirigent ist ganz Herr der Interpretation; er muss sich nicht mit beispielsweise einem Regisseur abstimmen, der möglicherweise Figuren und Situationen ganz anders anlegen möchte. Hier zählt die Partitur - und nur die Partitur. Nie zuvor hat man beispielsweise eine Senta und einen Holländer gehört, die im großen Duett, im zweiten Akt, derart aneinander vorbeisingen. Das hat Format. Und musiziert wird durchweg großartig, das Orche- ster folgt Janowski mit einer Hingabe, die sich auszahlt.
Die Sänger sind ganz überwiegend exzellent, allen voran Matti Salmi- nen, der seinen Daland als braven Familienvater singt, durch und durch bieder, und auf Sicherheit und Wohlstand bedacht. Während er die Schätze des Holländers betrachtet und ihm von seiner Tochter schwärmt, kommt ihm gar nicht in den Sinn, dass er sie soeben ver- schachtert wie eine Ware.
Albert Dohmen als Holländer hat die notwendige Tiefe und Leiden- schaft; Überdruss und Verzweiflung nimmt man ihm ab. Das gilt übrigens auch für den Jäger Erik, der hier von dem Tenor Robert Dean Smith kraftvoll männlich gezeigt wird und nicht als softer Jammerlappen, wie auf der Bühne nur zu oft zu erleben. Gegen das Traumbild aber kommt der Freund aus Kindertagen nicht an, und so scheitert sein Versuch, um seine Liebe zu kämpfen.
Ricarda Merbeth singt die Senta; in der Spinnstube kann sie überzeu- gen, aber in den großen Ensembles hat die Stimme ihre Grenzen hörbar erreicht - und der Text, bei Wagner stets im Zentrum der Interpretation, wird vollkommen unverständlich. Schade. Gern lauscht man hingegen Silvia Hablowetz als Amme Mary und Steve Davislim als Steuermann. Diese beiden "kleinen" Partien sind absolut stimmig besetzt.
Der eigentliche Star dieser Aufführung aber ist der Rundfunkchor Berlin, geleitet von Eberhard Friedrich. Die Chöre sind eine Wucht - und das ist eine Stärke dieser Aufnahme, denn einen derart großen Chor dieser Qualität können selbst bedeutende Opernhäuser übli- cherweise nicht bieten.
Die Schwächen der Aufnahme? Nun, Wagners Holländer ist für die Bühne geschrieben. Seine Musik ist durch und durch szenisch. Und es ist doch zu spüren, dass aufgrund der konzertanten Aufführungs- situation die Intensität nicht das Niveau erreicht, das man von einem Opernabend erhofft. Das aber macht den eigentlichen Zauber einer solchen Aufnahme aus. Insofern kann ich die grenzenlose Begeiste- rung einiger Kritikerkollegen nicht wirklich teilen.
Dienstag, 5. Juni 2012
Gershwin: Rhapsody in Blue (Decca)
"Io sento Gershwin vicino al genio di Stravinskij, per cultura timbri- ca, nell'orchestrazione, e per la continua ricerca di un mondo ritmico diverso", sagt Riccardo Chailly. "Con Stefano Bollani abbiamo cercato di recuperare questo rigore della forma, molto più di quanto non avvenga nelle consuetudini della tradizione esecutiva."
Der Gewandhauskapellmeister wagt ein Experiment: Er lässt "sein" Orchester, normalerweise beschäf- tigt mit Brahms, Mahler oder Mendelssohn, gemeinsam mit den renommierten Jazzpianisten Stefano Bollani spielen. Auf dem Pro- gramm dieses Konzertes im Januar 2010 standen ausschließlich Werke von George Gershwin (1898 bis 1937). Chailly wählte dafür die Rhapsody in Blue, und zwar in der Jazzband-Version, orchestriert durch Ferde Grofé, Catfish Row, eine sinfonische Suite in fünf Teilen nach Gershwins Oper Porgy and Bess, das Klavierkonzert in F-Dur sowie den Ragtime Rialto Ripples, eines der frühen Werke des Kom- ponisten.
Dabei balancieren die Musiker zwischen der strikten Orientierung an der Form und dem Überschwang der Freiheit, dem Pulsschlag des Blues und der Jazz-Improvisation. Das Orchester folgt dem Pianisten und dem Dirigenten hochprofessionell, mit Sinn für Nuancen, Klang- farben und obendrein mit einer gehörigen Portion Schwung und Spielfreude. Man glaubt es kaum, doch dieses Konzert hat in Leipzig stattgefunden. Der Mitschnitt ist zudem technisch hervorragend gelungen - und so wird auch mancher Scherz am Rande hörbar. Diese CD ist grandios; mir fehlen die passenden Superlative. Unbedingt anhören! es lohnt sich.
Der Gewandhauskapellmeister wagt ein Experiment: Er lässt "sein" Orchester, normalerweise beschäf- tigt mit Brahms, Mahler oder Mendelssohn, gemeinsam mit den renommierten Jazzpianisten Stefano Bollani spielen. Auf dem Pro- gramm dieses Konzertes im Januar 2010 standen ausschließlich Werke von George Gershwin (1898 bis 1937). Chailly wählte dafür die Rhapsody in Blue, und zwar in der Jazzband-Version, orchestriert durch Ferde Grofé, Catfish Row, eine sinfonische Suite in fünf Teilen nach Gershwins Oper Porgy and Bess, das Klavierkonzert in F-Dur sowie den Ragtime Rialto Ripples, eines der frühen Werke des Kom- ponisten.
Dabei balancieren die Musiker zwischen der strikten Orientierung an der Form und dem Überschwang der Freiheit, dem Pulsschlag des Blues und der Jazz-Improvisation. Das Orchester folgt dem Pianisten und dem Dirigenten hochprofessionell, mit Sinn für Nuancen, Klang- farben und obendrein mit einer gehörigen Portion Schwung und Spielfreude. Man glaubt es kaum, doch dieses Konzert hat in Leipzig stattgefunden. Der Mitschnitt ist zudem technisch hervorragend gelungen - und so wird auch mancher Scherz am Rande hörbar. Diese CD ist grandios; mir fehlen die passenden Superlative. Unbedingt anhören! es lohnt sich.
Alois. Um Mitternacht (Preiser Records)
Alois Mühlbacher, gehandelt als "Stimmwunder", seit 2005 bei den St. Florianer Sängerknaben, ist von Knabensopran zu einem Jugendli- chen gereift. Seine hohe Stimme hatte er noch, zumindest im ver- gangenen Jahr, als diese Aufnah- men entstanden sind - doch irgend- wann wird auch ihn der Stimm- bruch ereilen.
Auch in dem Repertoire, das er ge- meinsam mit seinem Chorleiter und Pianisten Franz Farnberger für diese CD ausgesucht hat, zeigt sich sein Abschied von der Kindheit. Ob man einen 16jährigen allerdings wirklich die Lieder eines fahrenden Gesellen von Gustav Mahler singen lassen muss, und die Vier letzten Lieder von Richard Strauss, diese Frage sei gestattet.
Mahlers Werke nach Texten aus Des Knaben Wunderhorn sind für mich jedenfalls der musikalische Höhepunkt dieser CD. Wie sensibel Mühlbacher hier Stimmungen erfasst und mit seiner Stimme gestaltet, das grenzt schon an Magie. Auch technisch hat der junge Sänger sich erheblich weiterentwickelt; das lässt darauf hoffen, dass er möglicher- weise seine Karriere auch nach dem Stimmbruch fortsetzen kann. Man wünscht es ihm - und eine große Portion Geduld, denn die wird er in Zukunft brauchen.
Auch in dem Repertoire, das er ge- meinsam mit seinem Chorleiter und Pianisten Franz Farnberger für diese CD ausgesucht hat, zeigt sich sein Abschied von der Kindheit. Ob man einen 16jährigen allerdings wirklich die Lieder eines fahrenden Gesellen von Gustav Mahler singen lassen muss, und die Vier letzten Lieder von Richard Strauss, diese Frage sei gestattet.
Mahlers Werke nach Texten aus Des Knaben Wunderhorn sind für mich jedenfalls der musikalische Höhepunkt dieser CD. Wie sensibel Mühlbacher hier Stimmungen erfasst und mit seiner Stimme gestaltet, das grenzt schon an Magie. Auch technisch hat der junge Sänger sich erheblich weiterentwickelt; das lässt darauf hoffen, dass er möglicher- weise seine Karriere auch nach dem Stimmbruch fortsetzen kann. Man wünscht es ihm - und eine große Portion Geduld, denn die wird er in Zukunft brauchen.
Blue Hour - Blaue Stunde (MDG)
Das Motto dieser charmanten CD darf man gleich in doppelter Hin- sicht beim Wort nehmen. Denn es erklingen virtuose und romanti- sche Evergreens für Flöte und Klavier.
Das unterhaltsame Programm beginnt mit einem Stück, dessen Titel Tico Tico wohl kaum jeman- dem etwas sagt. Auch der Name des Komponisten, Zequinha de Abreu, wird wohl nur Insider auf- merken lassen. So ist das oftmals mit den "Ohrwürmern" - viele Musiker sind nur mit einem "Hit" in die Musikgeschichte eingegangen. Viele dieser Melodien sind so populär, dass sie jeder mitpfeifen kann. Aber wer sie sich ausgedacht hat, daran kann sich schon nach kurzer Zeit niemand mehr erinnern. Sind diese Stücke alt genug, dann wer- den sie zum Volkstanz oder Volkslied; auch dafür gibt es auf dieser CD einige Beispiele.
Zusammengestellt hat das kurzweilige Programm Andreas Blau, lang- jähriger Soloflötist der Berliner Philharmoniker. Er musiziert gemein- sam mit dem Pianisten Hendrik Heilmann, der sich als ausgesprochen versierter Klavierpartner erweist. So macht es nicht nur Vergnügen, Blaus virtuosem Flötenspiel zu lauschen, das wirklich bezaubert und vom zwitschernden Piccolo bis hin zur dunkel timbrierten Alt-Flöte ein großes Spektrum an Klangfarben vorstellt. Auch der Mann am Flügel setzt hier Akzente, ob beim Concierto de Aranjuez von Joaquín Rodrigo, wo Heilmann den Steinway fast wie eine Gitarre klingen lässt, bei der Ball-Scene von Josef Hellmesberger oder bei einem der schmissigen Tangos. Diese CD mit Evergreens und Raritäten wird man, nicht zuletzt auch aufgrund der geschickten Auswahl zueinander passender Werke, immer wieder gern anhören.
Das unterhaltsame Programm beginnt mit einem Stück, dessen Titel Tico Tico wohl kaum jeman- dem etwas sagt. Auch der Name des Komponisten, Zequinha de Abreu, wird wohl nur Insider auf- merken lassen. So ist das oftmals mit den "Ohrwürmern" - viele Musiker sind nur mit einem "Hit" in die Musikgeschichte eingegangen. Viele dieser Melodien sind so populär, dass sie jeder mitpfeifen kann. Aber wer sie sich ausgedacht hat, daran kann sich schon nach kurzer Zeit niemand mehr erinnern. Sind diese Stücke alt genug, dann wer- den sie zum Volkstanz oder Volkslied; auch dafür gibt es auf dieser CD einige Beispiele.
Zusammengestellt hat das kurzweilige Programm Andreas Blau, lang- jähriger Soloflötist der Berliner Philharmoniker. Er musiziert gemein- sam mit dem Pianisten Hendrik Heilmann, der sich als ausgesprochen versierter Klavierpartner erweist. So macht es nicht nur Vergnügen, Blaus virtuosem Flötenspiel zu lauschen, das wirklich bezaubert und vom zwitschernden Piccolo bis hin zur dunkel timbrierten Alt-Flöte ein großes Spektrum an Klangfarben vorstellt. Auch der Mann am Flügel setzt hier Akzente, ob beim Concierto de Aranjuez von Joaquín Rodrigo, wo Heilmann den Steinway fast wie eine Gitarre klingen lässt, bei der Ball-Scene von Josef Hellmesberger oder bei einem der schmissigen Tangos. Diese CD mit Evergreens und Raritäten wird man, nicht zuletzt auch aufgrund der geschickten Auswahl zueinander passender Werke, immer wieder gern anhören.
Montag, 4. Juni 2012
Les haulz et les bas - ad modum tubae (Talanton)
Dies ist der Mitschnitt eine Live-Konzertes vom Festival Montal- bane. Die internationalen Tage der mittelalterlichen Musik finden alljährlich an einem Juni-Wochen- ende in Freyburg an der Unstrut statt.
Ein Ensemble, wie es auf dieser CD zu hören ist, das ist uns aus der bildenden Kunst des 14., 15. und 16. Jahrhunderts bekannt - auf vielen Bildern sieht man Musiker mit einem Paar langer, gerader Blechblasinstrumente, man er- kennt zudem Pommer, Schalmeien, Dudelsack und Pauken, mitunter auch noch weitere Schlag- und Rhythmusinstrumente. Diese Beset- zung also hat einst den Reichen und Mächtigen aufgespielt. Doch wie hat diese Musik geklungen?
Das Ensemble Les haulz et les bas, 1993 gegründet, hat sich auf die Rekonstruktion von Blasmusik aus Mittelalter und Renaissance spezialisiert. Gesine Bänfer, Jan Harrison, David Yakus, Christian Braun, Michael Metzler und Andrea Piccioni erarbeiten sich mit Hilfe von musikhistorischen Recherchen, wie jene Werke aufzuführen sind, die damals von den Stadtpfeifern und Hofmusikern auf Schalmei, Pommer und Zugtrompete gespielt worden sind. Das Resultat ist hinreißend.
Und dass die Alta Capella wirklich laut war, versteht sich von selbst. Es war ja ihre Aufgabe, die Ankunft eines Herrschers klangvoll zu verkünden, bei Festessen und anderen Feierlichkeiten zu musizieren, Fürsten und Könige auf Reisen zu geleiten, und zum Tanz aufzuspielen - und bei all diesen Gelegenheiten dürfte es nicht gerade leise zuge- gangen sein.
Die vorliegende CD präsentiert eine Auswahl von Werken, die auf geraden Naturtrompeten, den Businen, sowie mit Schalmei, Pommer und Dudelsack vorgestellt werden. Mit einigen Stücken erinnern die Musiker zudem daran, dass diese Art der Musik ihre Wurzeln im Orient hat. Dort heißt das entsprechende Ensemble Naubat.
Ein Ensemble, wie es auf dieser CD zu hören ist, das ist uns aus der bildenden Kunst des 14., 15. und 16. Jahrhunderts bekannt - auf vielen Bildern sieht man Musiker mit einem Paar langer, gerader Blechblasinstrumente, man er- kennt zudem Pommer, Schalmeien, Dudelsack und Pauken, mitunter auch noch weitere Schlag- und Rhythmusinstrumente. Diese Beset- zung also hat einst den Reichen und Mächtigen aufgespielt. Doch wie hat diese Musik geklungen?
Das Ensemble Les haulz et les bas, 1993 gegründet, hat sich auf die Rekonstruktion von Blasmusik aus Mittelalter und Renaissance spezialisiert. Gesine Bänfer, Jan Harrison, David Yakus, Christian Braun, Michael Metzler und Andrea Piccioni erarbeiten sich mit Hilfe von musikhistorischen Recherchen, wie jene Werke aufzuführen sind, die damals von den Stadtpfeifern und Hofmusikern auf Schalmei, Pommer und Zugtrompete gespielt worden sind. Das Resultat ist hinreißend.
Und dass die Alta Capella wirklich laut war, versteht sich von selbst. Es war ja ihre Aufgabe, die Ankunft eines Herrschers klangvoll zu verkünden, bei Festessen und anderen Feierlichkeiten zu musizieren, Fürsten und Könige auf Reisen zu geleiten, und zum Tanz aufzuspielen - und bei all diesen Gelegenheiten dürfte es nicht gerade leise zuge- gangen sein.
Die vorliegende CD präsentiert eine Auswahl von Werken, die auf geraden Naturtrompeten, den Businen, sowie mit Schalmei, Pommer und Dudelsack vorgestellt werden. Mit einigen Stücken erinnern die Musiker zudem daran, dass diese Art der Musik ihre Wurzeln im Orient hat. Dort heißt das entsprechende Ensemble Naubat.
Sonntag, 3. Juni 2012
Brahms on Brass (Opening day)
Brahms für Bläser? Wie geht denn das? Hervorragend - wenn es sich um eine Aufnahme mit Canadian Brass handelt. Um die Ballade in
d-Moll op. 10 Nr. 1 haben die Musi- ker zwei ziemlich gegensätzliche Werke in Arrangements für Bläser- quintett gruppiert.
Die Sechzehn Walzer op. 39, arran- giert von Brandon Ridenour und Chris Coletti, sind so perfekt auf den Bläsersatz hin gebürstet, dass sie mitunter eher nach Blaskapelle klingen als nach Hochkunst. Das hätte Brahms mit Sicherheit gefallen, zumal der Bläsersatz nicht nur perfekt den Möglichkeiten eines solchen Ensembles angepasst ist, sondern obendrein auch erstaunlich modern klingt. Brahms also im Canadian-Brass-Sound, und wer das mag, der wird diese CD lieben.
Zu Ende geht sie mit den Elf Choralvorspielen für Orgel op. 122, "Brahms' musikalischem Testament", so Ralph Sauer. Der Posaunist hat sie für Bläserquintett bearbeitet. Das ist durchaus legitim; der Einsatz von Bläsern hat in der Kirchenmusik eine lange Tradition. Hier ermöglichen sie das Spiel mit Klangfarben, und auch zu den komplexen polyphonen Strukturen passen die Blechbläser bestens, weil sie jede einzelne Stimme gleichermaßen hörbar werden lassen. Warum die Musiker allerdings derart schnelle Tempi wählen, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Doch abgesehen davon ist die CD wunder- voll. Meine unbedingte Empfehlung!
d-Moll op. 10 Nr. 1 haben die Musi- ker zwei ziemlich gegensätzliche Werke in Arrangements für Bläser- quintett gruppiert.
Die Sechzehn Walzer op. 39, arran- giert von Brandon Ridenour und Chris Coletti, sind so perfekt auf den Bläsersatz hin gebürstet, dass sie mitunter eher nach Blaskapelle klingen als nach Hochkunst. Das hätte Brahms mit Sicherheit gefallen, zumal der Bläsersatz nicht nur perfekt den Möglichkeiten eines solchen Ensembles angepasst ist, sondern obendrein auch erstaunlich modern klingt. Brahms also im Canadian-Brass-Sound, und wer das mag, der wird diese CD lieben.
Zu Ende geht sie mit den Elf Choralvorspielen für Orgel op. 122, "Brahms' musikalischem Testament", so Ralph Sauer. Der Posaunist hat sie für Bläserquintett bearbeitet. Das ist durchaus legitim; der Einsatz von Bläsern hat in der Kirchenmusik eine lange Tradition. Hier ermöglichen sie das Spiel mit Klangfarben, und auch zu den komplexen polyphonen Strukturen passen die Blechbläser bestens, weil sie jede einzelne Stimme gleichermaßen hörbar werden lassen. Warum die Musiker allerdings derart schnelle Tempi wählen, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Doch abgesehen davon ist die CD wunder- voll. Meine unbedingte Empfehlung!
Schubert: Lieder; Gruberova (Nightingale)
Edita Gruberova singt Lieder von Franz Schubert, am Steinway begleitet von Alexander Schmalcz. Diese Aufnahme wirkt wie ein Echo aus einer längst versunkenen Zeit, als Sänger noch Stars waren, und keine Wegwerfware mit Verfalls- datum.
Wer diese Sängerin hört, der will es nicht glauben, dass sie dem Jahr- gang 1946 angehört, und 1968 ihr Debüt gegeben hat. Ihre Stimme klingt noch immer erstaunlich frisch, klar und ohne Altersvibra- to; auch in der Höhe ist sie frei von Schärfe. Selbst schwierigste Verzierungen singt die Gruberova wie nebenbei, Koloraturen perlen sauber und präzise. Ihr piano ist perfekt und atemberaubend. Einzig beim Forcieren in der Höhe hört man, dass dies Kraft kostet.
Den Liedgesang pflegt die Sängerin von jeher, gleichberechtigt neben ihren Opernpartien, die von der Königin der Nacht bis zur Norma und von Zerbinetta bis zu Lucia di Lammermoor reich(t)en. Doch trotz der stimmlichen Virtuosität gibt diese Schubert-CD nicht nur Anlass zum Beifall. Die Stärke von Edita Gruberova sind zweifellos jene Lieder, die szenisch angelegt sind, die erzählen. Alexander Schmalcz ist dort am besten, wo die Aufgaben auch technisch anspruchsvoll sind. Das führt zu einem ersten Höhepunkt dieser CD, dem berühmten Gretchen am Spinnrade.
Hier lässt der Pianist das Rädchen schnurren, während die Sängerin das Grübeln des Mädchens zum Anlass nimmt, den Konflikt, in dem sich Gretchen befindet, hörbar zu machen. Das ist große Kunst. Die drei Lieder zuvor hingegen berühren nicht. Das Klavier begleitet die Sängerin, statt in einen Dialog mit ihr zu treten. Gestaltung und Struktur vermisst man hier schmerzlich. Wer die Stücke nicht kennt, hat Pech - der Text bleibt leider völlig unverständlich. Die italieni- schen Stücke gelingen besser. Grandios singt die Gruberova schließ- lich die beiden Lieder der Mignon, und einige von Schuberts großarti- gen Balladen.
Wer diese Sängerin hört, der will es nicht glauben, dass sie dem Jahr- gang 1946 angehört, und 1968 ihr Debüt gegeben hat. Ihre Stimme klingt noch immer erstaunlich frisch, klar und ohne Altersvibra- to; auch in der Höhe ist sie frei von Schärfe. Selbst schwierigste Verzierungen singt die Gruberova wie nebenbei, Koloraturen perlen sauber und präzise. Ihr piano ist perfekt und atemberaubend. Einzig beim Forcieren in der Höhe hört man, dass dies Kraft kostet.
Den Liedgesang pflegt die Sängerin von jeher, gleichberechtigt neben ihren Opernpartien, die von der Königin der Nacht bis zur Norma und von Zerbinetta bis zu Lucia di Lammermoor reich(t)en. Doch trotz der stimmlichen Virtuosität gibt diese Schubert-CD nicht nur Anlass zum Beifall. Die Stärke von Edita Gruberova sind zweifellos jene Lieder, die szenisch angelegt sind, die erzählen. Alexander Schmalcz ist dort am besten, wo die Aufgaben auch technisch anspruchsvoll sind. Das führt zu einem ersten Höhepunkt dieser CD, dem berühmten Gretchen am Spinnrade.
Hier lässt der Pianist das Rädchen schnurren, während die Sängerin das Grübeln des Mädchens zum Anlass nimmt, den Konflikt, in dem sich Gretchen befindet, hörbar zu machen. Das ist große Kunst. Die drei Lieder zuvor hingegen berühren nicht. Das Klavier begleitet die Sängerin, statt in einen Dialog mit ihr zu treten. Gestaltung und Struktur vermisst man hier schmerzlich. Wer die Stücke nicht kennt, hat Pech - der Text bleibt leider völlig unverständlich. Die italieni- schen Stücke gelingen besser. Grandios singt die Gruberova schließ- lich die beiden Lieder der Mignon, und einige von Schuberts großarti- gen Balladen.
Mendelssohn: Die großen Chorwerke (EMI Classics)
Diese Box versammelt auf sechs CD die großen Chorwerke von Felix Mendelssohn Bartholdy. Dabei erinnert sie zugleich an die enge Beziehung des Komponisten zu der Stadt Düsseldorf, dessen Musik- direktor er von 1833 bis 1835 war. Und auch wenn Mendelssohn dann dem Ruf an das Leipziger Gewand- haus folgte, kam er doch immer wieder zurück an den Rhein, um dort Aufführungen seiner Werke zu leiten.
Das Oratorium Paulus, gewidmet dem Städtischen Musikverein zu Düsseldorf, wurde auch bei dieser Aufnahme aus dem Jahr 1976/77 von den Düsseldorfern interpre- tiert: Zu hören sind Helen Donath, Sopran, Hanna Schwarz, Alt, Werner Hollweg, Tenor und Dietrich Fischer-Dieskau, Bass, der Knabenchor Wuppertaler Kurrende und der Chor des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf sowie die Düsseldorfer Symphoniker unter Rafael Frühbeck de Burgos.
Beim Elias ist ebenfalls der Chor des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf zu hören, diesmal allerdings gemeinsam mit dem Gürze- nich-Orchester Köln unter James Conlon. Die Aufnahme stammt aus dem Jahre 1996. Die Sinfonie Nr. 2 B-Dur Lobgesang erklingt in einer Aufnahme aus dem Jahre 1987. Hier musiziert der Düsseldorfer Chor gemeinsam mit den Berliner Philharmonikern, dirigiert von Wolfgang Sawallisch.
Komplettiert wird die Box durch eine Einspielung der Vier geistlichen Kantaten aus dem Jahre 1980 mit dem Kammerchor Stuttgart und dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn unter Frieder Bernius, und durch Psalm 42 op. 42, gesungen von Dame Janet Baker und dem London Symphony Chorus, mit den Musikern der City of London Sinfonia unter Leitung von Richard Hickox, aufgezeichnet 1989.
Das Oratorium Paulus, gewidmet dem Städtischen Musikverein zu Düsseldorf, wurde auch bei dieser Aufnahme aus dem Jahr 1976/77 von den Düsseldorfern interpre- tiert: Zu hören sind Helen Donath, Sopran, Hanna Schwarz, Alt, Werner Hollweg, Tenor und Dietrich Fischer-Dieskau, Bass, der Knabenchor Wuppertaler Kurrende und der Chor des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf sowie die Düsseldorfer Symphoniker unter Rafael Frühbeck de Burgos.
Beim Elias ist ebenfalls der Chor des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf zu hören, diesmal allerdings gemeinsam mit dem Gürze- nich-Orchester Köln unter James Conlon. Die Aufnahme stammt aus dem Jahre 1996. Die Sinfonie Nr. 2 B-Dur Lobgesang erklingt in einer Aufnahme aus dem Jahre 1987. Hier musiziert der Düsseldorfer Chor gemeinsam mit den Berliner Philharmonikern, dirigiert von Wolfgang Sawallisch.
Komplettiert wird die Box durch eine Einspielung der Vier geistlichen Kantaten aus dem Jahre 1980 mit dem Kammerchor Stuttgart und dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn unter Frieder Bernius, und durch Psalm 42 op. 42, gesungen von Dame Janet Baker und dem London Symphony Chorus, mit den Musikern der City of London Sinfonia unter Leitung von Richard Hickox, aufgezeichnet 1989.
Samstag, 2. Juni 2012
Mayr: Medea in Corinto (Oehms Classics)
"Ich lebe nicht für den Gewinn, sondern für den Ruhm", schrieb Gaetano Donizetti 1828 an seinen Lehrer Giovanni Simone Mayr, "und seien Sie versichert: Wenn es mir gelänge, eine Medea zu schaf- fen, wäre ich glücklich, danach zu sterben."
Was aber begeisterte die Zeitge- nossen einst an Medea in Corinto? Diese Oper wurde von Johann Simon Mayr nach einem Libretto von Felice Romani und im Auftrage des Teatro San Carlo in Neapel komponiert. Dort wurde das Werk 1813 auch erstmals aufgeführt. Es war damals sehr erfolgreich, und war einige Jahre lang auch auf an- deren europäischen Bühnen durchaus präsent.
Das Theater St. Gallen hat sich 2009 erstmals wieder an Mayrs Oper gewagt. Als Grundlage für die Inszenierung stand eine quellenkriti- sche Neuausgabe des Verlages Ricordi zur Verfügung. Die Handlung ist gleich in mehrfacher Hinsicht so unmoralisch, das man sich fragt, wie so etwas im 19. Jahrhundert überhaupt vor Publikum gelangen konnte. Es geht um die Hochzeit des Helden Jason mit der Tochter des Königs Kreon, Kreusa. Die Sache ist deshalb pikant, weil das Brautpaar eigentlich nicht mehr frei ist: Kreusa ist Ägeus verspro- chen, dem König von Athen. Und Jason ist mit Medea verheiratet, die ihm seinerzeit half, das Goldene Vlies aus ihrer Heimat Kolchis zu rauben. Er hat zwei Kinder mit ihr. Doch angeblich liebt er sie nicht mehr; und warum er nun Kreusa heiraten will, das äußert er ziemlich offen: Sie kann ihm etwas geben, das Medea nicht zur Verfügung steht - ein Königreich.
Also wird Medea in die Verbannung geschickt; Jason gibt vor, damit ihr Leben zu retten. Doch statt Korinth zu verlassen, stört Medea gemeinsam mit Ägeus, der mittlerweile eingetroffen ist, die Hoch- zeitsfeierlichkeiten. Ägeus versucht, seine Braut zu entführen. Dies scheitert, und die beiden Aufrührer werden gefangen gesetzt. Nun soll das Brautpaar endlich vermählt werden. Doch die Rache der Medea ist grausam. Sie schenkt Kreusa ein vergiftetes Kleid, das die junge Frau zu Asche verbrennt, und tötet dann ihre Söhne. Diese honette Geschichte wird mit einer Musik serviert, die Mozart noch näher ist als Verdi. Bei dieser Aufnahme hört man allerdings, bei allem Enga- gement, dass die Möglichkeiten eines Stadttheaters limitiert sind.
Was aber begeisterte die Zeitge- nossen einst an Medea in Corinto? Diese Oper wurde von Johann Simon Mayr nach einem Libretto von Felice Romani und im Auftrage des Teatro San Carlo in Neapel komponiert. Dort wurde das Werk 1813 auch erstmals aufgeführt. Es war damals sehr erfolgreich, und war einige Jahre lang auch auf an- deren europäischen Bühnen durchaus präsent.
Das Theater St. Gallen hat sich 2009 erstmals wieder an Mayrs Oper gewagt. Als Grundlage für die Inszenierung stand eine quellenkriti- sche Neuausgabe des Verlages Ricordi zur Verfügung. Die Handlung ist gleich in mehrfacher Hinsicht so unmoralisch, das man sich fragt, wie so etwas im 19. Jahrhundert überhaupt vor Publikum gelangen konnte. Es geht um die Hochzeit des Helden Jason mit der Tochter des Königs Kreon, Kreusa. Die Sache ist deshalb pikant, weil das Brautpaar eigentlich nicht mehr frei ist: Kreusa ist Ägeus verspro- chen, dem König von Athen. Und Jason ist mit Medea verheiratet, die ihm seinerzeit half, das Goldene Vlies aus ihrer Heimat Kolchis zu rauben. Er hat zwei Kinder mit ihr. Doch angeblich liebt er sie nicht mehr; und warum er nun Kreusa heiraten will, das äußert er ziemlich offen: Sie kann ihm etwas geben, das Medea nicht zur Verfügung steht - ein Königreich.
Also wird Medea in die Verbannung geschickt; Jason gibt vor, damit ihr Leben zu retten. Doch statt Korinth zu verlassen, stört Medea gemeinsam mit Ägeus, der mittlerweile eingetroffen ist, die Hoch- zeitsfeierlichkeiten. Ägeus versucht, seine Braut zu entführen. Dies scheitert, und die beiden Aufrührer werden gefangen gesetzt. Nun soll das Brautpaar endlich vermählt werden. Doch die Rache der Medea ist grausam. Sie schenkt Kreusa ein vergiftetes Kleid, das die junge Frau zu Asche verbrennt, und tötet dann ihre Söhne. Diese honette Geschichte wird mit einer Musik serviert, die Mozart noch näher ist als Verdi. Bei dieser Aufnahme hört man allerdings, bei allem Enga- gement, dass die Möglichkeiten eines Stadttheaters limitiert sind.
Freitag, 1. Juni 2012
The Art of Luigi Alberto Bianchi - Violin and Viola (Dynamic)
Luigi Alberto Bianchi, 1945 gebo- ren in Rimini und aufgewachsen in einer Musikerfamilie, begann schon als Kind mit dem Geigenspiel. Dennoch wurde die Bratsche sein Hauptinstrument. Als 19jähriger spielte er zu seinem Examen in Rom Bartóks berühmtes Konzert.
1970 gewann Bianchi den renom- mierten Carl-Flesch-Wettbewerb. Er wurde Erster Bratschist im Sinfonieorchester der RAI, und unterrichtete am Mailänder Kon- servatorium. 1980 wurde ihm sein Instrument gestohlen, eine Amati-Bratsche mit dem Beinamen del crocifisso aus dem Jahre 1595 mit einem sehr individuellen, unver- kennbaren Klang. Dieser Verlust traf den Musiker schwer. So ist es vielleicht auch zu erklären, dass er zur Violine wechselte.
Bianchi kaufte eine Stradivari von 1692, und konzertierte mit nam- haften Dirigenten und Orchestern. 1987 hatte Bianchi bei einer Versteigerung in London eine weitere Geige erworben, die von Antonio Stradivari 1716 angefertigt worden war, und aufgrund ihrer außergewöhnlichen Größe auch Colossus genannt wurde. Sie wurde ihm 1998 gestohlen; im Gegensatz zu Bianchis Amati, die 2006 von den Carabinieri aufgespürt wurde, blieb sie verschwunden.
Die vorliegende Box mit zehn CD enthält viele der Aufnahmen, die der Musiker bei seinem Hauslabel Dynamic eingespielt hat. Da gibt es viele interessante Werke zu entdecken, beispielsweise die Stücke von Antonio Bazzini (1818 bis 1897) für Violine und Klavier. Dieser war ebenfalls ein großer Geiger, und hatte einst als allererster Solist das
e-Moll-Konzert von Felix Mendelssohn-Bartholdy aufgeführt, vom Komponisten selbst auf dem Klavier begleitet. Bianchi stellt zudem gemeinsam mit dem Gitarristen Maurizio Preda die Sonate di Lucca von Niccolo Paganini vor, die in den 80er Jahren wieder aufgefunden worden waren. Auch die effektvolle Sonata per la Grand' Viola von Paganini hat Bianchi 1973 mit dem Rias-Orchester Berlin eingespielt - und zwar so, wie dies der Virtuose einst vorgegeben hatte, ohne seine Stimme zu vereinfachen oder eine fünfte Saite zu Hilfe zu nehmen. Darauf ist Bianchi zu recht stolz, denn das war zuvor noch bei keiner Aufnahme gelungen. Die vierte CD präsentiert die Amati darüber hinaus noch in einigen typischen Encores. Auf der fünften CD sind Werke für Geige und Bratsche solo von Max Reger zu hören - hier spielt Bianchi die beiden kostbaren Instrumente, die ihm später ent- wendet worden sind.
Die Duetti Concertanti op. 15 von Alessandro Rolla (17757 bis 1814), Paganinis Lehrer, musiziert Bianchi gemeinsam mit Salvatore Accar- do - ohne Zweifel einer der Höhepunkte der Box. CD 7 ist Zoltán Kodály und Maurice Ravel gewidmet. CD 8 bringt etliche "Hits" von Fritz Kreisler, ebenfalls wundervoll vorgetragen. CD 9 enthält Stücke von Edouard Lalo, CD 10 Werke Carl Maria von Webers.
1970 gewann Bianchi den renom- mierten Carl-Flesch-Wettbewerb. Er wurde Erster Bratschist im Sinfonieorchester der RAI, und unterrichtete am Mailänder Kon- servatorium. 1980 wurde ihm sein Instrument gestohlen, eine Amati-Bratsche mit dem Beinamen del crocifisso aus dem Jahre 1595 mit einem sehr individuellen, unver- kennbaren Klang. Dieser Verlust traf den Musiker schwer. So ist es vielleicht auch zu erklären, dass er zur Violine wechselte.
Bianchi kaufte eine Stradivari von 1692, und konzertierte mit nam- haften Dirigenten und Orchestern. 1987 hatte Bianchi bei einer Versteigerung in London eine weitere Geige erworben, die von Antonio Stradivari 1716 angefertigt worden war, und aufgrund ihrer außergewöhnlichen Größe auch Colossus genannt wurde. Sie wurde ihm 1998 gestohlen; im Gegensatz zu Bianchis Amati, die 2006 von den Carabinieri aufgespürt wurde, blieb sie verschwunden.
Die vorliegende Box mit zehn CD enthält viele der Aufnahmen, die der Musiker bei seinem Hauslabel Dynamic eingespielt hat. Da gibt es viele interessante Werke zu entdecken, beispielsweise die Stücke von Antonio Bazzini (1818 bis 1897) für Violine und Klavier. Dieser war ebenfalls ein großer Geiger, und hatte einst als allererster Solist das
e-Moll-Konzert von Felix Mendelssohn-Bartholdy aufgeführt, vom Komponisten selbst auf dem Klavier begleitet. Bianchi stellt zudem gemeinsam mit dem Gitarristen Maurizio Preda die Sonate di Lucca von Niccolo Paganini vor, die in den 80er Jahren wieder aufgefunden worden waren. Auch die effektvolle Sonata per la Grand' Viola von Paganini hat Bianchi 1973 mit dem Rias-Orchester Berlin eingespielt - und zwar so, wie dies der Virtuose einst vorgegeben hatte, ohne seine Stimme zu vereinfachen oder eine fünfte Saite zu Hilfe zu nehmen. Darauf ist Bianchi zu recht stolz, denn das war zuvor noch bei keiner Aufnahme gelungen. Die vierte CD präsentiert die Amati darüber hinaus noch in einigen typischen Encores. Auf der fünften CD sind Werke für Geige und Bratsche solo von Max Reger zu hören - hier spielt Bianchi die beiden kostbaren Instrumente, die ihm später ent- wendet worden sind.
Die Duetti Concertanti op. 15 von Alessandro Rolla (17757 bis 1814), Paganinis Lehrer, musiziert Bianchi gemeinsam mit Salvatore Accar- do - ohne Zweifel einer der Höhepunkte der Box. CD 7 ist Zoltán Kodály und Maurice Ravel gewidmet. CD 8 bringt etliche "Hits" von Fritz Kreisler, ebenfalls wundervoll vorgetragen. CD 9 enthält Stücke von Edouard Lalo, CD 10 Werke Carl Maria von Webers.