Und weil es so schön ist, soll an dieser Stelle gleich noch eine weitere Aufnahme von Arrangements von Johann Nepomuk Hummel nach Werken seines Lehrers Wolfgang Amadeus Mozart vorgestellt werden – diesmal sind es Sinfonien, die Hummel elegant für ein kleines Ensemble bearbeitet hat. Uwe Grodd, Flöte, Friedemann Eichhorn, Violine, Martin Rummel, Violoncello, und Roland Krüger, Klavier, haben bei Naxos mittlerweile auf zwei CD die Sinfonien mit den Nummern 38 bis 40 sowie die Nummern 36, bekannt als Linzer Sinfonie, 35, Haffner-Sinfonie, und 41, Jupiter-Sinfonie, veröffentlicht.
Diese Bearbeitungen Hummels sind sehr gelungen. Dank der gekonnten Instrumentierung bewahren sie erstaunlich viel von den Klangfarben des jeweiligen Originals, und sie vermitteln trotz der kleinen Besetzung nicht den Eindruck, dass es sich um eine Notlösung oder ein Arrangement für den Hausgebrauch handelt. Die vier Musiker tragen mit einer exzellenten Interpretation das Ihre dazu bei, wieder ein Publikum für diese attraktiven Werke zu begeistern. Unbedingt anhören, es lohnt sich!
Dienstag, 29. März 2016
Mozart after Mozart (Dynamic)
Mozarts Klavierkonzerte waren sehr beliebt – aber nicht jeder, der sie spielen oder anhören wollte, konnte sich ein Orchester leisten. Daher entstanden schon zu Lebzeiten des Komponisten Arrangements, die dem Solisten am Klavier ein kleineres Ensemble zur Seite stellten. Zwei solche Bearbeitungen von Mozarts Schüler Johann Nepomuk Hummel (1778 bis 1873) sind nun bei Dyna- mic erschienen – die Klavierkonzerte in B-Dur KV 456 und in d-Moll
KV 466. Diese Veröffentlichung scheint zugleich Nebenergebnis eines Forschungsprojektes an der Hochschule der Künste Bern (HKB) zu sein, das die damalige Aufführungspraxis untersucht. Es musizieren Leonardo Miucci, Fortepiano, Martin Skamletz, Traversflöte, Johannes Gebauer, Violine, sowie Bruno Hurtado Gosalvez, Violoncello.
KV 466. Diese Veröffentlichung scheint zugleich Nebenergebnis eines Forschungsprojektes an der Hochschule der Künste Bern (HKB) zu sein, das die damalige Aufführungspraxis untersucht. Es musizieren Leonardo Miucci, Fortepiano, Martin Skamletz, Traversflöte, Johannes Gebauer, Violine, sowie Bruno Hurtado Gosalvez, Violoncello.
Vivaldi: L'Estro Armonico (Channel Classics)
1711 veröffentlichte Antonio Vivaldi bei Estienne Roger in Amsterdam zwölf Violinkonzerte unter dem Titel L'Estro Armonico. Dieses Opus 3 machte den Musiker endgültig berühmt – und inspirierte viele seiner Kollegen. So arrangierte Johann Sebastian Bach etliche dieser Konzer- te für Tasteninstrumente. Auch heute noch spielen Musiker die Werke gern: „Vivaldi hat mich vor allem stets als wunderbare Unterhaltung berührt“, schreibt Rachel Podger im Beiheft zu dieser CD. „Seine musikalischen Formen und Figurationen scheinen dazu geschaffen, sowohl zu gefallen als auch zu überraschen.“
Die Geigerin musiziert hier gemeinsam mit dem Ensemble Brecon Baroque, das sie 2007 für das Brecon Baroque Festival gegründet hat. Zu den Mit- wirkenden gehören bei dieser Aufnahme zwei ihrer Schüler, die mittler- weile selbst sehr erfolgreich ihre Projekte verfolgen – die Geiger Johannes Pramsohler und Bojan Čičić. Sabine Stoffer komplettiert die Riege der Instrumentalisten, die insbesondere mit den Konzerten für vier Violinen beeindruckt. Das sind noch immer Raritäten, die leider nur selten zu hören sind. Und man freut sich über den Schwung und die Intensität, mit der das Ensemble Vivaldis Musik vorträgt. Sehr gelungen!
Die Geigerin musiziert hier gemeinsam mit dem Ensemble Brecon Baroque, das sie 2007 für das Brecon Baroque Festival gegründet hat. Zu den Mit- wirkenden gehören bei dieser Aufnahme zwei ihrer Schüler, die mittler- weile selbst sehr erfolgreich ihre Projekte verfolgen – die Geiger Johannes Pramsohler und Bojan Čičić. Sabine Stoffer komplettiert die Riege der Instrumentalisten, die insbesondere mit den Konzerten für vier Violinen beeindruckt. Das sind noch immer Raritäten, die leider nur selten zu hören sind. Und man freut sich über den Schwung und die Intensität, mit der das Ensemble Vivaldis Musik vorträgt. Sehr gelungen!
Montag, 28. März 2016
Peter Kofler: Transkriptionen (Querstand)
Peter Kofler, Jahrgang 1979, ist ein Musiker mit einem weiten künstle- rischen Horizont. Er ist Gründungs- mitglied und Cembalist des Barock- orchesters L'Academie giocosa, er musziert aber auch gemeinsam mit dem Symphonieorchester des Bayeri- schen Rundfunks, und konzertiert bei renommierten Musikfestivals. Von 2003 bis 2014 war Kofler Korrepetitor und Assistent von Hansjörg Albrecht beim Münchener Bach-Chor. Er spielt Orgelkonzerte, er ist ein geschätzter Kammermusik-Partner, und er ist zudem Lehrbeauftragter im Fach Chorleitung an der Münchner Musik- hochschule.
Seit 2008 ist Kofler Organist an der Jesuitenkirche St. Michael in München; dort hat er ein Orgelfestival, den Münchner Orgelherbst, initiiert, das er zudem als künstlerischer Leiter verantwortet. Und auch seine CD-Einspielungen zeugen von breitem musikalischen Interesse; sie reichen von Bachs Kunst der Fuge bis hin zu Rheinberger und Reger. Die neueste Veröffentlichung bei dem Altenburger Label Querstand setzt nun einen weiteren Akzent: Peter Kofler hat Orgeltranskriptionen bekannter Werke aus einer Zeit dafür ausgewählt, die schier süchtig war nach Klangfarben und Tonleiterkaskaden: Daphnis et Cloé, Suite Nr. 2 von Maurice Ravel (1875 bis 1937), die Suite Pelléas et Mélisande von Gabriel Fauré (1845 bis 1924), Saint François de Paule marchant sur les flots sowie die Symphonische Dichtung Prometheus von Franz Liszt (1811 bis 1886) – und zwischen diesen beiden Großwerken hat Kofler noch, mit einem Augenzwinkern, eine eigene Transkription der Klavierminiatur Clair de Lune von Claude Debussy (1862 bis 1918) untergebracht.
Der Organist musiziert an „seinem“ Instrument, der Michaelsorgel, 2011 unter Einbeziehung von altem Pfeifenmaterial der vorherigen Sandtner-Orgel durch die Firma Orgelbau Rieger aus dem österreichischen Vorarl- berg neu errichtet. Vergleicht man die Transkriptionen, die Kofler für diese Aufnahme ausgesucht hat, mit den Orchester-Originalen, so kann sich die Orgelversion dabei durchaus hören lassen. Man lausche nur, wie Franz Liszt den Heiligen Franziskus von Paola auf den Wassern schreitend die Meerenge von Messina überqueren lässt – das unruhige Rollen der Wel- len passt zur Orgel ebenso trefflich wie die große Fuge im Prometheus, oder der grandiose Sonnenaufgang in Ravels Daphnis et Chloé. Scheinbar mühelos erzielt Kofler mit der Michaelsorgel ähnliche Klangeffekte, wie sie die Komponisten seinerzeit mit einem großen romantischen Orchester erprobt haben. Und auf einer Orgel klingt das noch immer ziemlich kühn.
Seit 2008 ist Kofler Organist an der Jesuitenkirche St. Michael in München; dort hat er ein Orgelfestival, den Münchner Orgelherbst, initiiert, das er zudem als künstlerischer Leiter verantwortet. Und auch seine CD-Einspielungen zeugen von breitem musikalischen Interesse; sie reichen von Bachs Kunst der Fuge bis hin zu Rheinberger und Reger. Die neueste Veröffentlichung bei dem Altenburger Label Querstand setzt nun einen weiteren Akzent: Peter Kofler hat Orgeltranskriptionen bekannter Werke aus einer Zeit dafür ausgewählt, die schier süchtig war nach Klangfarben und Tonleiterkaskaden: Daphnis et Cloé, Suite Nr. 2 von Maurice Ravel (1875 bis 1937), die Suite Pelléas et Mélisande von Gabriel Fauré (1845 bis 1924), Saint François de Paule marchant sur les flots sowie die Symphonische Dichtung Prometheus von Franz Liszt (1811 bis 1886) – und zwischen diesen beiden Großwerken hat Kofler noch, mit einem Augenzwinkern, eine eigene Transkription der Klavierminiatur Clair de Lune von Claude Debussy (1862 bis 1918) untergebracht.
Der Organist musiziert an „seinem“ Instrument, der Michaelsorgel, 2011 unter Einbeziehung von altem Pfeifenmaterial der vorherigen Sandtner-Orgel durch die Firma Orgelbau Rieger aus dem österreichischen Vorarl- berg neu errichtet. Vergleicht man die Transkriptionen, die Kofler für diese Aufnahme ausgesucht hat, mit den Orchester-Originalen, so kann sich die Orgelversion dabei durchaus hören lassen. Man lausche nur, wie Franz Liszt den Heiligen Franziskus von Paola auf den Wassern schreitend die Meerenge von Messina überqueren lässt – das unruhige Rollen der Wel- len passt zur Orgel ebenso trefflich wie die große Fuge im Prometheus, oder der grandiose Sonnenaufgang in Ravels Daphnis et Chloé. Scheinbar mühelos erzielt Kofler mit der Michaelsorgel ähnliche Klangeffekte, wie sie die Komponisten seinerzeit mit einem großen romantischen Orchester erprobt haben. Und auf einer Orgel klingt das noch immer ziemlich kühn.
Sonntag, 27. März 2016
Ciaconna (Deutsche Harmonia Mundi)
Gute Musik ist keine Frage des Jahr- hunderts – das beweist die Capella de la Torre mit dieser CD. „Seit 2005 widmet sich unser Ensemble der Wiederbelebung der Musik für histo- rische Holz- und Blechblasinstru- mente, insbesondere in der Kombi- nation aus Schalmei, Pommer, Posaune und Dulcian“, schreibt Leiterin Katharina Bäuml im Beiheft. „In Kooperation mit weiteren Ensemblemitgliedern an Laute, Orgel und Percussion und oft zusammen mit Sängern gehen wir immer wieder neu auf Entdeckungsreisen.“
Zum zehnjährigen Bestehen hat die Capella de la Torre Klänge aus Vergangenheit und Gegenwart zusammengefügt: Improvisation, von der Renaissance bis zum Jazz – und selbst die ganz alten Werke haben, wenn die Musiker um Bäuml sie spielen, durchaus Drive. Die Reise beginnt mit Ostinato vo' seguire von Bartolomeo Trombocino (um 1470 bis nach 1535), einer Frottola, die schließlich einem Formprinzip den Namen gab, dem sogenannten Ostinato, der beharrlichen Wiederholung musikalischer Strukturen. Und sie endet mit modernen Ostinato-Werken von Michel Godard und Johannes Vogt-Ansorg, die die alten Formen reizvoll neu interpretieren. Tuba, Akkordeon und E-Bass erklingen in trauter Eintracht mit den „alten“ Instrumenten, und die Ensemblemitglieder der Capella de la Torre improvisieren gekonnt gemeinsam mit den befreundeten Jazz-Musi- kern Michel Godard, Tuba, Serpent und E-Bass, und Luciano Biondini, Akkordeon. Magisch!
Zum zehnjährigen Bestehen hat die Capella de la Torre Klänge aus Vergangenheit und Gegenwart zusammengefügt: Improvisation, von der Renaissance bis zum Jazz – und selbst die ganz alten Werke haben, wenn die Musiker um Bäuml sie spielen, durchaus Drive. Die Reise beginnt mit Ostinato vo' seguire von Bartolomeo Trombocino (um 1470 bis nach 1535), einer Frottola, die schließlich einem Formprinzip den Namen gab, dem sogenannten Ostinato, der beharrlichen Wiederholung musikalischer Strukturen. Und sie endet mit modernen Ostinato-Werken von Michel Godard und Johannes Vogt-Ansorg, die die alten Formen reizvoll neu interpretieren. Tuba, Akkordeon und E-Bass erklingen in trauter Eintracht mit den „alten“ Instrumenten, und die Ensemblemitglieder der Capella de la Torre improvisieren gekonnt gemeinsam mit den befreundeten Jazz-Musi- kern Michel Godard, Tuba, Serpent und E-Bass, und Luciano Biondini, Akkordeon. Magisch!
Samstag, 26. März 2016
Pasquini: La sete di Christo (Christophorus)
„Warum führt man La Sete di Christo heute wieder auf?“, fragt Alessandro Quarta im Beiheft zu dieser CD, und gibt auch gleich selbst die Antwort: „Um eine unbekannte Seite Bernardo Pasquinis zu entdecken. Wegen der über alle Zweifel erhabenen Qualität dieser Partitur und ihrer absolut originellen musikdramatischen Lösungen, die der junge Händel sich später in Rom zu eigen machen wird. Aber vor allem wegen des pulsierenden Rhythmus' dieser musikalischen Erzählung, die weit über die konventionelle Gelehrsamkeit des Textes hinausgehend in ein schier atemberaubend intensives Finale endet.“
Bernardo Pasquini (1637 bis 1710) war ein berühmter Cembalist und Organist. Auch als Musikpädagoge war er sehr gefragt. Er gilt zudem als der bedeutendste italienische Komponist von Musik für Tasteninstrumente zwischen Girolamo Frescobaldi und Domenico Scarlatti. Pasquini hat allerdings für den römischen Hochadel auch etliche Opern, Kantaten und weitere Vokalwerke geschaffen.
Das Passionsoratorium, das Quarta mit seinem Ensemble Concerto Romano und den Solisten Francesca Aspromonte, Sopran, Francisco Fernández-Rueda und Luca Cervoni, Tenor, sowie Mauro Borgioni, Bariton, aus dem Archivschlaf erweckt hat, erweist sich in der Tat als eine Trouvaille. Es entstand 1689 nach einem Libretto von Nicolò Minato, und führt unter das Kreuz Jesu, wo der Zuhörer Maria begegnet, Jesu Mutter, an ihrer Seite Johannes, und dazu Joseph aus Arimathia und Nikodemus. Jede dieser vier Personen hat ein ganz eigenes Temperament, und reagiert auf das Passionsgeschehen dementsprechend individuell.
Jesus selbst spricht nur ein einziges Wort: „Sitio!“, lässt Pasquini die tiefe Stimme singen, „Mich dürstet!“, und das gänzlich ohne Instrumentalbe- gleitung, und auf Latein; ansonsten ist der Text durchweg in italienischer Sprache geschrieben. Was für ein brillanter Einfall, und was für ein perfektes Handwerk! „Da Pasquinis Vokalwerke nicht so bekannt sind, neigt man beim Hören dazu, im Charakter dieser Musik und in ihrer Kompositionsweise hier und da dramatische Akzente Alessandro Stradellas weiderzuerkennen, die thematische Rundheit des jungen Alessandro Scarlatti, ein wenig Corelliʻsche Violintechnik und sogar etwas Händel-Stil“, meint Quarta. „Aber Bernardo Pasquini wurde vor all diesen Komponisten geboren, und sein ganz und gar persönliches Genie diente seinen Zeitgenossen – und nicht nur ihnen – ganz sicher zur Anleitung und als Vorbild.“
Bernardo Pasquini (1637 bis 1710) war ein berühmter Cembalist und Organist. Auch als Musikpädagoge war er sehr gefragt. Er gilt zudem als der bedeutendste italienische Komponist von Musik für Tasteninstrumente zwischen Girolamo Frescobaldi und Domenico Scarlatti. Pasquini hat allerdings für den römischen Hochadel auch etliche Opern, Kantaten und weitere Vokalwerke geschaffen.
Das Passionsoratorium, das Quarta mit seinem Ensemble Concerto Romano und den Solisten Francesca Aspromonte, Sopran, Francisco Fernández-Rueda und Luca Cervoni, Tenor, sowie Mauro Borgioni, Bariton, aus dem Archivschlaf erweckt hat, erweist sich in der Tat als eine Trouvaille. Es entstand 1689 nach einem Libretto von Nicolò Minato, und führt unter das Kreuz Jesu, wo der Zuhörer Maria begegnet, Jesu Mutter, an ihrer Seite Johannes, und dazu Joseph aus Arimathia und Nikodemus. Jede dieser vier Personen hat ein ganz eigenes Temperament, und reagiert auf das Passionsgeschehen dementsprechend individuell.
Jesus selbst spricht nur ein einziges Wort: „Sitio!“, lässt Pasquini die tiefe Stimme singen, „Mich dürstet!“, und das gänzlich ohne Instrumentalbe- gleitung, und auf Latein; ansonsten ist der Text durchweg in italienischer Sprache geschrieben. Was für ein brillanter Einfall, und was für ein perfektes Handwerk! „Da Pasquinis Vokalwerke nicht so bekannt sind, neigt man beim Hören dazu, im Charakter dieser Musik und in ihrer Kompositionsweise hier und da dramatische Akzente Alessandro Stradellas weiderzuerkennen, die thematische Rundheit des jungen Alessandro Scarlatti, ein wenig Corelliʻsche Violintechnik und sogar etwas Händel-Stil“, meint Quarta. „Aber Bernardo Pasquini wurde vor all diesen Komponisten geboren, und sein ganz und gar persönliches Genie diente seinen Zeitgenossen – und nicht nur ihnen – ganz sicher zur Anleitung und als Vorbild.“
Freitag, 25. März 2016
Bach: Matthäus-Passion (Carus)
Bachs Matthäus-Passion hat Frieder Bernius mit seinen beiden Ensembles, dem Kammerchor Stuttgart und dem Barockorchester Stuttgart, für Carus neu eingespielt. Diese Edition gibt es in zwei Varianten – als normale CD im Jewel-Case, und als limitierte Deluxe-Ausgabe im SACD-Format. Die Notenedition, die die Grundlage dieser Aufnahme bildet, ist ebenfalls bei Carus erschienen.
Die Matthäus-Passion gehört zu jenen Werken, die alle Jahre wieder von neuen Formationen mit mehr oder minder neuen Konzepten vorgestellt werden. Vergleicht man die Einspielung, die Bernius nun präsentiert, mit prägnanten Aufnahmen aus früheren Jahren, so wird man ziemlich enttäuscht sein: Glattpolierte Orchesterklänge, lieblos dahingeschluderte Da-capo-Arien, die gähnende Langeweile bereiten – so öde habe ich beispielsweise Ich will dir mein Herze schenken wirklich noch nie gehört – Chöre, die einfach nur laut sind statt eindrücklich, und, als Zugabe, satte Schlussritardandi bei fast jedem Stück. Einziger Lichtpunkt ist Tilman Lichdi in der Partie des Evangelisten. Schade drum! ich hatte mir von dieser exzellenten Besetzung wesentlich mehr erhofft.
Die Matthäus-Passion gehört zu jenen Werken, die alle Jahre wieder von neuen Formationen mit mehr oder minder neuen Konzepten vorgestellt werden. Vergleicht man die Einspielung, die Bernius nun präsentiert, mit prägnanten Aufnahmen aus früheren Jahren, so wird man ziemlich enttäuscht sein: Glattpolierte Orchesterklänge, lieblos dahingeschluderte Da-capo-Arien, die gähnende Langeweile bereiten – so öde habe ich beispielsweise Ich will dir mein Herze schenken wirklich noch nie gehört – Chöre, die einfach nur laut sind statt eindrücklich, und, als Zugabe, satte Schlussritardandi bei fast jedem Stück. Einziger Lichtpunkt ist Tilman Lichdi in der Partie des Evangelisten. Schade drum! ich hatte mir von dieser exzellenten Besetzung wesentlich mehr erhofft.
Donnerstag, 24. März 2016
Bruhns: Complete Organ Music (Brilliant Classics)
Nicolaus Bruhns (1665 bis 1697) entstammte einer schleswig-hol- steinischen Musikerdynastie. Sein Großvater war Lautenist und Musik- direktor am Hofe des Gottorper Herzogs, ein Onkel war Direktor der Hamburger Ratsmusik, und sein Vater war Organist; es wird vermutet, dass er ein Schüler von Franz Tunder gewesen sein könnte.
Beim Vater erhielt Nicolaus den ersten Unterricht. Als er 16 Jahre alt war, übernahm dann ein Onkel, der Ratsmusiker in Lübeck war, seine weitere Ausbildung insbesondere an Geige und Gambe. Bruhns soll zudem der Lieblingsschüler Dieterich Buxtehudes gewesen sein, der ihn im Orgelspiel und in Komposition unterrichtete.
Der Musiker wirkte einige Jahre in Kopenhagen, und erhielt dann eine Stelle als Organist in Husum. Als die Stadt Kiel wenig später mit einem konkurrierenden Angebot an den Musiker herantrat, erhöhte der Stadtrat ihm erheblich die Bezüge – und Bruhns blieb. Schaut man sich seine wenigen überlieferten Werke an, so muss er sowohl auf der Geige als auch an der Orgel ein Virtuose gewesen sein. Leider starb er bereits mit 31 Jah- ren; erhalten sind ein knappes Dutzend Geistliche Konzerte und Kantaten sowie vier Orgelwerke – das Große Präludium in e-Moll, das Kleine Präludium in e-Moll, das Präludium in G-Dur, sowie die Choralfantasie über Nun komm, der Heiden Heiland. Zwei weitere Orgelwerke, ein Präludium im g-Moll sowie ein Adagio als Bruchstück aus einem Präludium in D-Dur sind ebenfalls überliefert, aber ihre Echtheit ist umstritten.
Für die vorliegende CD hat der italienische Organist Adriano Falcioni an der Orgel der Kirche San Giorgio in Ferrara Bruhns' komplettes Orgelwerk eingespielt. Vervollständigt wird das Album durch Stücke von Jan Pieterszoon Sweelinck, Heinrich Scheidemann, Samuel Scheidt und Dieterich Buxtehude. Das ist ein interessantes Konzept, denn es macht das musikalische Umfeld deutlich, in dem Bruhns' Musik entstanden ist.
Beim Vater erhielt Nicolaus den ersten Unterricht. Als er 16 Jahre alt war, übernahm dann ein Onkel, der Ratsmusiker in Lübeck war, seine weitere Ausbildung insbesondere an Geige und Gambe. Bruhns soll zudem der Lieblingsschüler Dieterich Buxtehudes gewesen sein, der ihn im Orgelspiel und in Komposition unterrichtete.
Der Musiker wirkte einige Jahre in Kopenhagen, und erhielt dann eine Stelle als Organist in Husum. Als die Stadt Kiel wenig später mit einem konkurrierenden Angebot an den Musiker herantrat, erhöhte der Stadtrat ihm erheblich die Bezüge – und Bruhns blieb. Schaut man sich seine wenigen überlieferten Werke an, so muss er sowohl auf der Geige als auch an der Orgel ein Virtuose gewesen sein. Leider starb er bereits mit 31 Jah- ren; erhalten sind ein knappes Dutzend Geistliche Konzerte und Kantaten sowie vier Orgelwerke – das Große Präludium in e-Moll, das Kleine Präludium in e-Moll, das Präludium in G-Dur, sowie die Choralfantasie über Nun komm, der Heiden Heiland. Zwei weitere Orgelwerke, ein Präludium im g-Moll sowie ein Adagio als Bruchstück aus einem Präludium in D-Dur sind ebenfalls überliefert, aber ihre Echtheit ist umstritten.
Für die vorliegende CD hat der italienische Organist Adriano Falcioni an der Orgel der Kirche San Giorgio in Ferrara Bruhns' komplettes Orgelwerk eingespielt. Vervollständigt wird das Album durch Stücke von Jan Pieterszoon Sweelinck, Heinrich Scheidemann, Samuel Scheidt und Dieterich Buxtehude. Das ist ein interessantes Konzept, denn es macht das musikalische Umfeld deutlich, in dem Bruhns' Musik entstanden ist.
Mittwoch, 23. März 2016
Rolle: Matthäuspassion (cpo)
Es ist sehr verdienstvoll, dass cpo mittlerweile bereits mit der dritten Veröffentlichung an Johann Heinrich Rolle (1716 bis 1785) erinnert. Der Kantor und Organist hat nicht nur attraktive Musik geschrieben. Als sich der preußische Hof während des Siebenjährigen Krieges nach Magdeburg zurückzog, inklusive der exzellenten Hofkapelle, etablierte Rolle öffentliche Konzerte, die sehr beliebt waren und denen die Bürgerschaft ebenso wie der Adel lauschte.
Rolle war der Sohn eines Kantors, und wuchs zunächst in Quedlinburg, später in Magdeburg auf. Sein Vater übernahm die musikalische Ausbildung des Knaben, der in jungen Jahren bereits als Komponist und ab 1734 auch als Organist an der Magdeburger Petrikirche wirkte. 1737 begann Rolle in Leipzig mit dem Studium der Jurisprudenz. Ob er während seiner Studienjahre an der Pleiße auch musiziert hat, im Collegium musicum oder beispielsweise bei Kantaten- aufführungen, und ob er Bach kennengelernt hat, darüber ist nichts bekannt.
Nach dem Studium ging Rolle nach Berlin, eigentlich als Justitiar. Doch schon 1740 wurde er als Violinist und Bratschist Kammermusikus in der Hofkapelle Friedrichs II. 1746 erhielt der Musiker einen Ruf als Organist an die Hauptkirche St. Johannis in Magdeburg. Dort befand sich damals eine große dreimanualige Orgel von Arp Schnitger mit 62 Registern. Als sein Vater 1751 starb, wurde Rolle als Kantor am Altstädtischen Gymna- sium sowie als städtischer Musikdirektor dessen Amtsnachfolger.
Rolle hat eine große Anzahl an Liedern, Motetten, Kantaten, Oratorien und Passionsmusiken sowie diverse Instrumentalwerke komponiert. Nach einer Auswahl an Motetten sowie seinem Weihnachtsoratorium ist nun bei cpo auch die Matthäuspassion aus dem Jahre 1748 in Ersteinspielung erschienen. Sie erzählt das Passionsgeschehen in größeren dramatischen Szenen, wobei die einzelne Abschnitte nahtlos ineinander übergehen, gereiht durch Choralstrophen. In Arien und Chören wird zudem, ganz im Sinne der Aufklärung, das Evangelium kommentiert und erklärt.
Die Musik, die Rolle dafür geschaffen hat, ist ausgesprochen reizvoll, originell und wirklich gelungen. Solisten sind Ana-Marija Brkic, Sopran, Sophie Harmsen, Alt, die Tenöre Georg Poplutz, Evangelist, und Joachim Streckfuß, Petrus, sowie die Bassisten Thilo Dahlmann, Jesus, und Raimonds Spogis, Pilatus/Hohepriester. Mit Ausnahme von Streckfuß singen sie auch im Chor der Kölner Akademie, der bei dieser Aufnahme als Doppelquartett agiert – schlank, beweglich, ausdrucksstark und zugleich mit ausreichender Klangfülle. Unter Leitung von Michael Alexander Willens musiziert zudem das Orchester der Kölner Akademie. Und selbst wenn die Arien und die Rahmenchöre mitunter nach Graun klingen und ihre Texte für heutige Ohren etwas schwächeln - sie sind so knapp bemessen, kurz und kompakt, dass man darüber ganz gut hinweghören kann. Auch bei Bach ist schließlich nicht jede Textzeile die reine Poesie. In jedem Falle ist diese Matthäuspassion tatsächlich eine Entdeckung; sie macht sehr neugierig auf die anderen Werke Rolles. Seine Musik würde man gern auch im Konzert wieder hören.
Rolle war der Sohn eines Kantors, und wuchs zunächst in Quedlinburg, später in Magdeburg auf. Sein Vater übernahm die musikalische Ausbildung des Knaben, der in jungen Jahren bereits als Komponist und ab 1734 auch als Organist an der Magdeburger Petrikirche wirkte. 1737 begann Rolle in Leipzig mit dem Studium der Jurisprudenz. Ob er während seiner Studienjahre an der Pleiße auch musiziert hat, im Collegium musicum oder beispielsweise bei Kantaten- aufführungen, und ob er Bach kennengelernt hat, darüber ist nichts bekannt.
Nach dem Studium ging Rolle nach Berlin, eigentlich als Justitiar. Doch schon 1740 wurde er als Violinist und Bratschist Kammermusikus in der Hofkapelle Friedrichs II. 1746 erhielt der Musiker einen Ruf als Organist an die Hauptkirche St. Johannis in Magdeburg. Dort befand sich damals eine große dreimanualige Orgel von Arp Schnitger mit 62 Registern. Als sein Vater 1751 starb, wurde Rolle als Kantor am Altstädtischen Gymna- sium sowie als städtischer Musikdirektor dessen Amtsnachfolger.
Rolle hat eine große Anzahl an Liedern, Motetten, Kantaten, Oratorien und Passionsmusiken sowie diverse Instrumentalwerke komponiert. Nach einer Auswahl an Motetten sowie seinem Weihnachtsoratorium ist nun bei cpo auch die Matthäuspassion aus dem Jahre 1748 in Ersteinspielung erschienen. Sie erzählt das Passionsgeschehen in größeren dramatischen Szenen, wobei die einzelne Abschnitte nahtlos ineinander übergehen, gereiht durch Choralstrophen. In Arien und Chören wird zudem, ganz im Sinne der Aufklärung, das Evangelium kommentiert und erklärt.
Die Musik, die Rolle dafür geschaffen hat, ist ausgesprochen reizvoll, originell und wirklich gelungen. Solisten sind Ana-Marija Brkic, Sopran, Sophie Harmsen, Alt, die Tenöre Georg Poplutz, Evangelist, und Joachim Streckfuß, Petrus, sowie die Bassisten Thilo Dahlmann, Jesus, und Raimonds Spogis, Pilatus/Hohepriester. Mit Ausnahme von Streckfuß singen sie auch im Chor der Kölner Akademie, der bei dieser Aufnahme als Doppelquartett agiert – schlank, beweglich, ausdrucksstark und zugleich mit ausreichender Klangfülle. Unter Leitung von Michael Alexander Willens musiziert zudem das Orchester der Kölner Akademie. Und selbst wenn die Arien und die Rahmenchöre mitunter nach Graun klingen und ihre Texte für heutige Ohren etwas schwächeln - sie sind so knapp bemessen, kurz und kompakt, dass man darüber ganz gut hinweghören kann. Auch bei Bach ist schließlich nicht jede Textzeile die reine Poesie. In jedem Falle ist diese Matthäuspassion tatsächlich eine Entdeckung; sie macht sehr neugierig auf die anderen Werke Rolles. Seine Musik würde man gern auch im Konzert wieder hören.
Dienstag, 22. März 2016
Bach: Magnificat; Händel: Dixit Dominus (BR Klassik)
Händel schrieb seine Psalmver- tonung Dixit Dominus im April 1707 in Rom, zum Auftakt seiner Reise nach Italien. Es wird vermutet, dass er in einem besonders feierlichen Vesper-Gottesdienst erklungen sein soll. Besetzt ist das Werk mit fünf Solisten sowie jeweils fünf Chor- und Streicherstimmen; es wirkt wie eine Art monumentales Concerto grosso. Der junge Händel hat dabei allerdings auch die Singstimmen über weite Strecken kaum anders behandelt als die Violinen. Dem Chor des Bayerischen Rundfunks bereitet das keine Probleme; die Sänger sind exzellent. Aber der Chorklang ist mir im Dixit Dominus mitunter beinahe etwas zu massiv, meinem Empfinden nach könnte er schlanker sein, beweglicher und bewegter.
Das Magnificat war einst das erste großformatige Werk, mit dem sich Johann Sebastian Bach nach seiner Bestellung zum Thomaskantor dem Leipziger Publikum präsentierte. Solisten und Chor ließ er dabei gemeinsam mit einem üppig besetzten Orchester musizieren, inklusive Oboen, Traversflöten, Pauken und Trompeten. Das Barockorchester Concerto Köln ist hier in seinem Element, und setzt Glanzpunkte.
Sonntag, 20. März 2016
Kuhnau: Complete Organ Music (Brilliant Classics)
Für seine Neueinspielung sämtlicher Orgelwerke Bachs erhielt Stefano Molardi viel Kritikerlob. Nun hat sich der Organist, Cembalist, Musik- wissenschaftler und Dirigent dem Schaffen von Bachs Vorgänger zugewandt: Johann Kuhnau (1660 bis 1722) verknüpfte in seinen Werken geschickt diverse Trends und musikalische Innovationen der Musik nördlich der Alpen, wobei er sich auch durch die Affetti der italieni- schen Meister inspirieren ließ.
Dass er einmal als das Muster eines Gelehrten gelten sollte, das war dem Musiker allerdings nicht an der Wiege gesungen worden. Kuhnau war der Sohn eines Tischlers. Er stammte aus Geising im Erzgebirge, und begann seine Ausbildung als Ratsdiskantist an der Dresdner Kreuzschule. 1680 wurde Kuhnau der Pest wegen nach Zittau geschickt, um dort, mit finan- zieller Unterstützung durch wohlhabende Bürger, am Gymnasium weiter- zulernen. Zur Ratswahl komponierte er eine Motette, die offenbar so gelungen war, dass die Stadtväter ihm daraufhin die Vertretung der vakanten Stelle des Kantors und Organisten antrugen.
1682 ging Kuhnau zum Studium nach Leipzig. 1684 wurde er Organist an der Thomaskirche, 1701 als Nachfolger Johann Schelles Thomaskantor und Musikdirektor der drei Leipziger Hauptkirchen. Leider ist von seinen Vokalwerken kaum etwas auf CD zu finden; bekannt sind vor allem seine Stücke für das Klavier, weil etliche davon im Druck erschienen sind und weit verbreitet waren.
An den Silbermann-Orgeln im Freiberger Dom und der Marienkirche Rötha hat Molardi große Teile des Orgelwerks Kuhnaus eingespielt. Die Klangpracht dieser berühmten Instrumente zu loben, das hieße Eulen nach Athen tragen – wer sich für historische Orgeln interesssiert, und sie tat- sächlich noch nicht gehört hat, der sollte bald nach Sachsen reisen.
Die bedeutendsten Musikstücke, die Kuhnau für Tasteninstrumente geschaffen hat, sind ohne Zweifel die Sonaten der Musikalischen Vor- stellung einiger biblischer Historien (1700), in denen er sechs Geschich- ten aus dem Alten Testament in Musik umgesetzt hat. So berichtet die erste Sonate von der Schlacht zwischen David und Goliath. Man hört beispiels- weise die Israeliten vor Angst schlottern, dann den Stein aus der Schleuder fliegen und Goliath zu Boden stürzen. Großes Kino! Die letzte Sonate schildert, wie Jakob, der Stammvater der zwölf Stämme Israels, nach seinem Tode von seiner Familie aus Ägypten nach Kanaan gebracht wird, wo er, wie gewünscht, an demselben Ort begraben wird wie sein Großvater Abraham.
Molardi spielt zudem die sieben Sonaten der Frischen Clavierfrüchte (1696), sowie einige ausgewählte Stücke aus der zweiteiligen Clavier-Uebung (1689/92), einer Kollektion von Suiten. Die zweite dieser Sammlungen enthält außerdem die Sonate in B–Dur. Sie gilt als erster Versuch, diese zuvor nur für Streichinstrumente übliche Form auf das Clavier zu übertragen; Kuhnau wird mithin als der Erfinder der Klavier- sonate betrachtet. Dieses gewichtige Oeuvre komplettiert Molardi noch um einige weitere bedeutende Werke, die nicht im Druck erschienen, aber handschriftlich überliefert worden sind. Ein Beispiel dafür ist die Toccata A-Dur - „a lovely example of how the style of Frescobaldi's Italian toccata could be creatively mixed with that of Froberger“, so der Organist im Beiheft, „along with fugue elements typical of Pachelbel and the compo- sers of central Germany.“
Dass er einmal als das Muster eines Gelehrten gelten sollte, das war dem Musiker allerdings nicht an der Wiege gesungen worden. Kuhnau war der Sohn eines Tischlers. Er stammte aus Geising im Erzgebirge, und begann seine Ausbildung als Ratsdiskantist an der Dresdner Kreuzschule. 1680 wurde Kuhnau der Pest wegen nach Zittau geschickt, um dort, mit finan- zieller Unterstützung durch wohlhabende Bürger, am Gymnasium weiter- zulernen. Zur Ratswahl komponierte er eine Motette, die offenbar so gelungen war, dass die Stadtväter ihm daraufhin die Vertretung der vakanten Stelle des Kantors und Organisten antrugen.
1682 ging Kuhnau zum Studium nach Leipzig. 1684 wurde er Organist an der Thomaskirche, 1701 als Nachfolger Johann Schelles Thomaskantor und Musikdirektor der drei Leipziger Hauptkirchen. Leider ist von seinen Vokalwerken kaum etwas auf CD zu finden; bekannt sind vor allem seine Stücke für das Klavier, weil etliche davon im Druck erschienen sind und weit verbreitet waren.
An den Silbermann-Orgeln im Freiberger Dom und der Marienkirche Rötha hat Molardi große Teile des Orgelwerks Kuhnaus eingespielt. Die Klangpracht dieser berühmten Instrumente zu loben, das hieße Eulen nach Athen tragen – wer sich für historische Orgeln interesssiert, und sie tat- sächlich noch nicht gehört hat, der sollte bald nach Sachsen reisen.
Die bedeutendsten Musikstücke, die Kuhnau für Tasteninstrumente geschaffen hat, sind ohne Zweifel die Sonaten der Musikalischen Vor- stellung einiger biblischer Historien (1700), in denen er sechs Geschich- ten aus dem Alten Testament in Musik umgesetzt hat. So berichtet die erste Sonate von der Schlacht zwischen David und Goliath. Man hört beispiels- weise die Israeliten vor Angst schlottern, dann den Stein aus der Schleuder fliegen und Goliath zu Boden stürzen. Großes Kino! Die letzte Sonate schildert, wie Jakob, der Stammvater der zwölf Stämme Israels, nach seinem Tode von seiner Familie aus Ägypten nach Kanaan gebracht wird, wo er, wie gewünscht, an demselben Ort begraben wird wie sein Großvater Abraham.
Molardi spielt zudem die sieben Sonaten der Frischen Clavierfrüchte (1696), sowie einige ausgewählte Stücke aus der zweiteiligen Clavier-Uebung (1689/92), einer Kollektion von Suiten. Die zweite dieser Sammlungen enthält außerdem die Sonate in B–Dur. Sie gilt als erster Versuch, diese zuvor nur für Streichinstrumente übliche Form auf das Clavier zu übertragen; Kuhnau wird mithin als der Erfinder der Klavier- sonate betrachtet. Dieses gewichtige Oeuvre komplettiert Molardi noch um einige weitere bedeutende Werke, die nicht im Druck erschienen, aber handschriftlich überliefert worden sind. Ein Beispiel dafür ist die Toccata A-Dur - „a lovely example of how the style of Frescobaldi's Italian toccata could be creatively mixed with that of Froberger“, so der Organist im Beiheft, „along with fugue elements typical of Pachelbel and the compo- sers of central Germany.“
Samstag, 19. März 2016
Rosenmüller: Marienvesper (Rondeau)
Venezianische Klangpracht in Hannover? Das ist gar nicht so abwegig: Im Jahre 1682 engagierte Herzog Anton Ulrich von Braun- schweig-Wolfenbüttel Johann Rosenmüller (1617 bis 1684) als Hofkapellmeister. Der Komponist, der aus Oelsnitz im Vogtland stammt und in Leipzig studiert hat, reiste um 1645 zum ersten Mal nach Italien. 1650 war er zurück in Leipzig, wo er zunächst als Baccalaureus funerum an der Thomasschule und dann ab 1651 auch als Organist an der Niko- laikirche tätig war. Als Thomaskan- tor Tobias Michael erkrankte, übernahm Rosenmüller zusätzlich dessen Dienstpflichten. Um den Musiker zu halten, den man auch andernorts gern angestellt hätte, erklärte der Leipziger Rat ihn 1653, noch zu Lebzeiten Michaels, zu dessen Nachfolger.
Doch im Mai 1655 wurde Rosenmüller beschuldigt, sexuelle Beziehungen zu Thomasschülern gepflegt zu haben. Der näheren Untersuchung entzog er sich durch die Flucht. Er ging nach Venedig, wo er ab 1658 als Posau- nist an San Marco wirkte. Außerdem war er maestro di coro am Ospedale della Pieta.
Da der deutsche Adel damals sehr gern nach Italien reiste – oftmals mit großem Gefolge, in dem sich auch Musiker befanden – wird Rosenmüller in Venedig in jenen Jahren viele Landsleute getroffen haben. Er hat junge Musiker unterrichtet, wie beispielsweise Johann Philipp Krieger, und Werke komponiert für deutsche Hofkapellen. So widmete Rosenmüller 1667 seine Sonate da camera Herzog Johann Friedrich von Braunschweig-Lüneburg. Der Herrscher war katholisch, und in seiner Hofkapelle in Hannover sangen italienische Sänger unter Leitung des Venezianers Antonio Sartori. Es wird vermutet, das etliche geistliche Werke Rosen- müllers mit lateinischen Texten für diesen Fürsten entstanden sind; einige davon sind in einer Notensammlung zu finden, die anlässlich der Krönung des Kurfürsten Georg Ludwig von Hannover zum englischen König George I. nach London gelangt ist.
Der Knabenchor Hannover unter Leitung von Jörg Breiding hat nun ge- meinsam mit dem Johann Rosenmüller Ensemble und dem Barockorche- ster L’Arco eine Marienvesper von Johann Rosenmüller eingespielt. Unterstützt werden die jungen Sänger dabei durch die Sopranistinnen Veronika Winter und Maria Skiba sowie die Altisten Henning Voss und Alex Potter.
Arno Paduch, der Gründer des Johann Rosenmüller Ensembles, weist in seinem sehr ausführlichen Begleittext im Beiheft darauf hin, dass es Indizien dafür gibt, die darauf hindeuten, dass zumindest Teile dieser Marienvesper für ein deutsches Publikum geschrieben worden sind. So
sei die Verwendung von Zinken und Posaunen in Italien am Ende des
17. Jahrhunderts nicht mehr üblich, in Deutschland aber sehr beliebt gewesen. Auch die Mehrchörigkeit sei zu diesem Zeitpunkt für italienische Musik „ungewöhnlich“. Insofern könnten zumindest einige der Werke, die hier zusammengestellt worden sind, möglicherweise in früheren Jahrhun- derten bereits in Hannover erklungen sein.
Der Knabenchor Hannover jedenfalls erweist sich als würdiger Nachfolger des italienischen Ensembles aus der Zeit Herzog Johann Friedrichs. Die Buben und Burschen singen prächtig, und sie interpretieren Rosenmüllers üppige Musik mit großem Engagement und mit beeindruckender Virtuosi- tät. Die Aufnahme macht einmal mehr deutlich, dass der Chor, der seit 2002 von Jörg Breiting geleitet wird, derzeit zu den besten Knabenchören Europas gehört. Bravi, großartig!
Doch im Mai 1655 wurde Rosenmüller beschuldigt, sexuelle Beziehungen zu Thomasschülern gepflegt zu haben. Der näheren Untersuchung entzog er sich durch die Flucht. Er ging nach Venedig, wo er ab 1658 als Posau- nist an San Marco wirkte. Außerdem war er maestro di coro am Ospedale della Pieta.
Da der deutsche Adel damals sehr gern nach Italien reiste – oftmals mit großem Gefolge, in dem sich auch Musiker befanden – wird Rosenmüller in Venedig in jenen Jahren viele Landsleute getroffen haben. Er hat junge Musiker unterrichtet, wie beispielsweise Johann Philipp Krieger, und Werke komponiert für deutsche Hofkapellen. So widmete Rosenmüller 1667 seine Sonate da camera Herzog Johann Friedrich von Braunschweig-Lüneburg. Der Herrscher war katholisch, und in seiner Hofkapelle in Hannover sangen italienische Sänger unter Leitung des Venezianers Antonio Sartori. Es wird vermutet, das etliche geistliche Werke Rosen- müllers mit lateinischen Texten für diesen Fürsten entstanden sind; einige davon sind in einer Notensammlung zu finden, die anlässlich der Krönung des Kurfürsten Georg Ludwig von Hannover zum englischen König George I. nach London gelangt ist.
Der Knabenchor Hannover unter Leitung von Jörg Breiding hat nun ge- meinsam mit dem Johann Rosenmüller Ensemble und dem Barockorche- ster L’Arco eine Marienvesper von Johann Rosenmüller eingespielt. Unterstützt werden die jungen Sänger dabei durch die Sopranistinnen Veronika Winter und Maria Skiba sowie die Altisten Henning Voss und Alex Potter.
Arno Paduch, der Gründer des Johann Rosenmüller Ensembles, weist in seinem sehr ausführlichen Begleittext im Beiheft darauf hin, dass es Indizien dafür gibt, die darauf hindeuten, dass zumindest Teile dieser Marienvesper für ein deutsches Publikum geschrieben worden sind. So
sei die Verwendung von Zinken und Posaunen in Italien am Ende des
17. Jahrhunderts nicht mehr üblich, in Deutschland aber sehr beliebt gewesen. Auch die Mehrchörigkeit sei zu diesem Zeitpunkt für italienische Musik „ungewöhnlich“. Insofern könnten zumindest einige der Werke, die hier zusammengestellt worden sind, möglicherweise in früheren Jahrhun- derten bereits in Hannover erklungen sein.
Der Knabenchor Hannover jedenfalls erweist sich als würdiger Nachfolger des italienischen Ensembles aus der Zeit Herzog Johann Friedrichs. Die Buben und Burschen singen prächtig, und sie interpretieren Rosenmüllers üppige Musik mit großem Engagement und mit beeindruckender Virtuosi- tät. Die Aufnahme macht einmal mehr deutlich, dass der Chor, der seit 2002 von Jörg Breiting geleitet wird, derzeit zu den besten Knabenchören Europas gehört. Bravi, großartig!
Freitag, 18. März 2016
Vivaldi: Flute Concertos op. 10 (Brilliant Classics)
Die Flötenkonzerte op. 10 von Anto- nio Vivaldi sind sehr populär. La tempesta di mare, La notte, Il gardellino und ihre drei namenlosen Geschwister hat der italienische Flötist Mario Folena nun gemeinsam mit den renommierten Ensemble L'Arte dell'Arco eingespielt. Dabei stand Federico Guglielmo am Kon- zertmeisterpult, Isabella Bison spielte die zweite Violine, Mario Paladin Viola, Cristiano Contadin Violotta, Ivano Zanenghi Theorbe und Barock- gitarre sowie Roberto Loreggian Cembalo und Kammerorgel.
Und selbstverständlich musiziert auch Folena auf einer Traversflöte nach historischem Vorbild. Das macht den Klang ein wenig rauher, als man das von Aufnahmen gewohnt ist, bei denen eine Böhmflöte zu hören ist. Die Musiker wählen zudem meistens rasche Tempi und knackige Akzente, was einen frischen Eindruck machen könnte – aber hier eher ruppig wirkt. Versöhnt wird man allerdings ein wenig durch die überaus elegante Auszierung; man höre nur, wie Folena seinen Distelfink zwitschern lässt. So ideenreich und detailverliebt wurde Vivaldis Musik selten vorgetragen.
Und selbstverständlich musiziert auch Folena auf einer Traversflöte nach historischem Vorbild. Das macht den Klang ein wenig rauher, als man das von Aufnahmen gewohnt ist, bei denen eine Böhmflöte zu hören ist. Die Musiker wählen zudem meistens rasche Tempi und knackige Akzente, was einen frischen Eindruck machen könnte – aber hier eher ruppig wirkt. Versöhnt wird man allerdings ein wenig durch die überaus elegante Auszierung; man höre nur, wie Folena seinen Distelfink zwitschern lässt. So ideenreich und detailverliebt wurde Vivaldis Musik selten vorgetragen.
Mittwoch, 16. März 2016
Haydn: Die sieben letzten Worte (Obsculta Music)
Ein hochklassiger Konzertmitschnitt aus der Abteikirche des Stifts Heiligenkreuz im Wienerwald ist beim hauseigenen Label Obsculta Music erschienen: Das Razumovsky-Quartett hat dort am Mittwoch der Karwoche 2013 Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze von Joseph Haydn vorgetragen. Die zugehörigen Bibeltexte sprach, angenehm dezent, Christian Reiner.
Dieses Konzert scheint im Stift Heiligenkreuz eine Tradition zu sein; für die Heilige Woche 2016 jedenfalls fand ich ebenfalls eine Ankündigung. Und wer die Chance hat, der sollte es sich nicht entgehen lassen, Haydns Passions- und Meditationsmusik in dieser einzigartigen Atmosphäre zu erleben.
Der Komponist hatte sie 1787 als Auftragswerk für einen Priester aus dem spanischen Cadiz geschrieben, zunächst für Orchester. Wohl auf Bitten seines Verlegers Artaria fertigte Haydn bald darauf eine Fassung für Streichquartett an. Sie entspricht dem innigen Charakter dieser Musik letztendlich am besten, und wurde auch sehr oft auf CD veröffentlicht. Das Razumovsky-Quartett reiht sich mit seinem intensiven, ausdrucksstarken Spiel würdig in die lange Reihe der Interpreten ein, die vom Cuarteto Casals über das Gewandhaus-Quartett bis hin zum Kuijken Quartet reicht. Unbe- dingt anhören, es lohnt sich!
Dieses Konzert scheint im Stift Heiligenkreuz eine Tradition zu sein; für die Heilige Woche 2016 jedenfalls fand ich ebenfalls eine Ankündigung. Und wer die Chance hat, der sollte es sich nicht entgehen lassen, Haydns Passions- und Meditationsmusik in dieser einzigartigen Atmosphäre zu erleben.
Der Komponist hatte sie 1787 als Auftragswerk für einen Priester aus dem spanischen Cadiz geschrieben, zunächst für Orchester. Wohl auf Bitten seines Verlegers Artaria fertigte Haydn bald darauf eine Fassung für Streichquartett an. Sie entspricht dem innigen Charakter dieser Musik letztendlich am besten, und wurde auch sehr oft auf CD veröffentlicht. Das Razumovsky-Quartett reiht sich mit seinem intensiven, ausdrucksstarken Spiel würdig in die lange Reihe der Interpreten ein, die vom Cuarteto Casals über das Gewandhaus-Quartett bis hin zum Kuijken Quartet reicht. Unbe- dingt anhören, es lohnt sich!
Liszt: Geistliche Chormusik (Carus)
Kann man einen Chor auf- und abregeln, ähnlich wie eine Orgel, bei der man die Crescendo-Walze betätigt? Hans-Joachim Lustig demonstriert auf dieser CD mit seinem Kammerchor I Vocalisti, dass sich mit einem gut trainierten und aufmerksamen Ensemble derartige Klangeffekte durchaus erzielen lassen. Nicht nur dynamisch, sondern auch aus harmonischer Sicht überraschen die geistlichen Chor- werke von Franz Liszt (1811 bis 1886) mitunter. Der Komponist, der nach einem langjährigen Dasein als reisender Virtuose und Liebling der Salons im Alter zum Abbé mutierte, gab den frommen Gesängen mitunter kühne Gestalt – und ansonsten Ausdruck, Ausdruck, Ausdruck. Für heutige Ohren kann dabei durchaus gelegentlich die Kitschgrenze überschritten werden.
I Vocalisti schwelgen in romantischen Klängen, begleitet von den Orga- nisten Sebastian Borleis und Nikolaj Budzyn, die sich in die Orgelpartien teilen. Zu hören ist die Furtwängler & Hammer-Orgel der Kirche St. Gor- gonius, Niederstöcken. Sie stammt aus dem Jahre 1912, und ist vollständig im Original erhalten. Das klangschöne Instrument wurde 2002 durch die Firma Orgelbau Bente restauriert, und für diese Einspielung passt es wirklich perfekt. Sehr hörenswert!
I Vocalisti schwelgen in romantischen Klängen, begleitet von den Orga- nisten Sebastian Borleis und Nikolaj Budzyn, die sich in die Orgelpartien teilen. Zu hören ist die Furtwängler & Hammer-Orgel der Kirche St. Gor- gonius, Niederstöcken. Sie stammt aus dem Jahre 1912, und ist vollständig im Original erhalten. Das klangschöne Instrument wurde 2002 durch die Firma Orgelbau Bente restauriert, und für diese Einspielung passt es wirklich perfekt. Sehr hörenswert!
Montag, 14. März 2016
Italian Sonatas (Passacaille)
Die Mandoline erlebte im 18. Jahr- hundert in Norditalien eine Blütezeit. Dabei stieg das Instrument vom Tanzboden in die „richtige“ Musik auf. Doch insbesondere in Neapel entstanden Kompositionen, in denen die Mandoline anspruchsvolle solistische Aufgaben erhielt.
Musik aus jener Zeit präsentieren auf dieser CD Duilio Galfetti, Mandoline, und Luca Pianca, Laute und Theorbe. Es erklingen Sonaten von Francesco Piccone (um 1685 bis um 1745), Ludovico Fontanelli (um 1682 bis 1748), Carlo Arrigoni (11697 bis 1744), Giovanni Battista Gervasio (um 1725 bis um 1785) und Domenico Scarlatti (1685 bis 1757). Als Zwischenspiele trägt Luca Pianca auf der Laute drei elegante Solostücke vor, die einem Manuskript des Bologneser Komponi- sten Filippo Della Casa aus dem Jahre 1759 entstammen. Sie setzen zwischen all den virtuosen Musikstücken, in denen typischerweise die Mandoline dominiert, kleine noble Ruhe-Inseln. Sehr gelungen.
Musik aus jener Zeit präsentieren auf dieser CD Duilio Galfetti, Mandoline, und Luca Pianca, Laute und Theorbe. Es erklingen Sonaten von Francesco Piccone (um 1685 bis um 1745), Ludovico Fontanelli (um 1682 bis 1748), Carlo Arrigoni (11697 bis 1744), Giovanni Battista Gervasio (um 1725 bis um 1785) und Domenico Scarlatti (1685 bis 1757). Als Zwischenspiele trägt Luca Pianca auf der Laute drei elegante Solostücke vor, die einem Manuskript des Bologneser Komponi- sten Filippo Della Casa aus dem Jahre 1759 entstammen. Sie setzen zwischen all den virtuosen Musikstücken, in denen typischerweise die Mandoline dominiert, kleine noble Ruhe-Inseln. Sehr gelungen.
Samstag, 12. März 2016
The Last Words of Christ (Challenge Classics)
Das Ebonit Saxophone Quartet wurde 2011 am Konservatorium Amsterdam gegründet. Die Mitglieder des Ensembles – Simone Müller, Sopransaxophon, Dineke Nauta, Altsaxophon, Johannes Pfeuffer, Tenorsaxophon, und Pauline Marta Kulesza, Baritonsaxophon – haben alle in der Klasse von Arno Bornkamp studiert. Mittlerweile sind die jungen Musiker erfolgreich in der künstle- rischen Praxis angekommen, und haben bereits etliche Preise gewonnen; in der Saison 2016/17 werden sie als Preisträger des Wettbewerbes „Dutch Classical Talent“ auf eine Konzertreise durch die Niederlande gehen.
Für ihre Debüt-CD bei Challenge Classics haben vier Bläser Abschnitte aus Joseph Haydns Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze mit Musik aus dem 20. Jahrhundert kombiniert. Es sind Einzelsätze aus Werken von Max Reger, Anton Webern, Jean Sibelius und Dmitri Schostakowitsch, die in Gestus und Gestaltung zu Haydns berühmten Quartettsätzen passen. Die Arrangements dafür haben sie überwiegend selbst geschaffen.
Im Original ist vorgesehen, dass der Priester vor jedem Musikstück eines der sieben letzten Worte Jesu spricht. Um den Charakter dieser Medita- tionsmusik zu unterstreichen, haben die Musiker beschlossen, diese Texte ebenfalls vortragen zu lassen – leider haben sie auch die Meditation dazu gleich mit ausformuliert. Und die Sopranistin Claron McFadden interpre- tiert diese nun nicht mehr so prägnanten Sprechtexte mit einer Theatralik und einem Pathos, das bei mir, ich gebe es ungern zu, eher einen Lach- anfall auslöst als Andacht.
Musiziert wird allerdings prächtig. Ob der Saxophon-Sound dieses Ensembles wirklich zu den Haydn-Quartettsätzen passt, das ist Geschmackssache – mir ist er zu hell und zu wenig dramatisch. Aber das Nachtlied op. 138 Nr. 3 von Max Reger klingt wunderbar, und auf die Idee, anstelle des Haydnschen Erdbebens das Allegro-Allegretto aus Schostakowitschs siebentem Streichquartett zu spielen, muss man erst einmal kommen.
Für ihre Debüt-CD bei Challenge Classics haben vier Bläser Abschnitte aus Joseph Haydns Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze mit Musik aus dem 20. Jahrhundert kombiniert. Es sind Einzelsätze aus Werken von Max Reger, Anton Webern, Jean Sibelius und Dmitri Schostakowitsch, die in Gestus und Gestaltung zu Haydns berühmten Quartettsätzen passen. Die Arrangements dafür haben sie überwiegend selbst geschaffen.
Im Original ist vorgesehen, dass der Priester vor jedem Musikstück eines der sieben letzten Worte Jesu spricht. Um den Charakter dieser Medita- tionsmusik zu unterstreichen, haben die Musiker beschlossen, diese Texte ebenfalls vortragen zu lassen – leider haben sie auch die Meditation dazu gleich mit ausformuliert. Und die Sopranistin Claron McFadden interpre- tiert diese nun nicht mehr so prägnanten Sprechtexte mit einer Theatralik und einem Pathos, das bei mir, ich gebe es ungern zu, eher einen Lach- anfall auslöst als Andacht.
Musiziert wird allerdings prächtig. Ob der Saxophon-Sound dieses Ensembles wirklich zu den Haydn-Quartettsätzen passt, das ist Geschmackssache – mir ist er zu hell und zu wenig dramatisch. Aber das Nachtlied op. 138 Nr. 3 von Max Reger klingt wunderbar, und auf die Idee, anstelle des Haydnschen Erdbebens das Allegro-Allegretto aus Schostakowitschs siebentem Streichquartett zu spielen, muss man erst einmal kommen.
Freitag, 11. März 2016
Classical Gems for oboe, clarinet, bassoon and harpsichord (Urania)
Kleine Schätze für Holzbläser hat das Ensemble Italian Classical Consort auf dieser CD gehoben – zauberhafte Musik, virtuos vorgetragen. Es erklingen die Sonate für Oboe und Cembalo KV 13 sowie drei Diverti- menti von Wolfgang Amadeus Mozart – KV 439 Nr. 2 in einer Bearbeitung für Oboe, Klarinette und Fagott, sowie KV 240 und 252, ursprünglich Bläsersextette, in Arrangements für Oboe, Fagott und Cembalo von Carl Ernst Naumann (1832 bis 1910). Naumann hat sehr viele solcher Bearbeitungen geschaffen. Er war mit Schumann und Brahms befreundet und wirkte als Organist und Kapellmeister in Jena.
Komplettiert wird das Programm durch das Trio Nr. 3 für Oboe, Klarinette, Fagott und Cembalo von Joseph Haydn. Eine echte Entdeckung ist zudem das hübsche Duo in G-Dur für Oboe und Fagott von Johann Christian Fischer (1733 bis 1800). Dieser Musiker gehörte zunächst zur Kapelle des polnischen Königs und sächsischen Kurfürsten August III. In späteren Jahren lebte er in London, wo er 1780 zum Kammervirtuosen der Königin ernannt wurde. Er gilt als einer der besten Oboisten jener Zeit.
Komplettiert wird das Programm durch das Trio Nr. 3 für Oboe, Klarinette, Fagott und Cembalo von Joseph Haydn. Eine echte Entdeckung ist zudem das hübsche Duo in G-Dur für Oboe und Fagott von Johann Christian Fischer (1733 bis 1800). Dieser Musiker gehörte zunächst zur Kapelle des polnischen Königs und sächsischen Kurfürsten August III. In späteren Jahren lebte er in London, wo er 1780 zum Kammervirtuosen der Königin ernannt wurde. Er gilt als einer der besten Oboisten jener Zeit.
Gluck: Orfeo ed Euridice (Deutsche Grammophon)
Eine Oper, die nur von drei hohen Stimmen, dem Chor, einigen Tänzern und dem Orchester gestaltet wird, müsste eigentlich der Traum eines jeden Intendanten sein. Dass Orfeo ed Euridice, das wohl berühmteste Werk von Christoph Willibald Gluck (1714 bis 1787) dennoch nur selten zu hören ist, das könnte mit daran liegen, dass die Gesangspartien einige Ansprüche stellen.
Bei der Uraufführung 1762 sang der Kastrat Gaetano Guadagni die Rolle des Orfeo; beim Blick in die Noten wird schnell deutlich, dass er über einen immensen Stimmumfang verfügt haben muss, und über eine exzellente Technik. Aus diesem Grunde ist die Besetzung dieser Partie nicht einfach; für diese Oper aber ist sie entscheidend.
Die Deutsche Grammophon hat im vergangenen Jahr Franco Fagioli als ersten Countertenor in der Geschichte des Labels exklusiv unter Vertrag genommen – und Glucks Oper mit diesem Sänger in der Hauptrolle neu aufgenommen. Orfeo ed Euridice erklingt dabei erstmalig in der italienischen Originalversion; auf einer zusätzlichen CD sind zudem die „Hits“ einer Konzertfassung zu hören, die das Wiener Original von 1762 um einige Höhepunkte jener Version ergänzt, die 1774 in Paris aufgeführt wurde.
Fagioli beeindruckt mit einer angenehm timbrierten und perfekt geführten Stimme – klar und rein in der Höhe, kernig in der Tiefe, rasant in den Koloraturen. Der Klagegesang um die verlorene Euridice, wahrscheinlich das bekannteste Stück aus Glucks Oper, gelingt ihm so ausdrucksstark, dass man sich über den glücklichen Ausgang der Geschichte danach gar nicht mehr wundert.
Die Euridice singt sehr hörenswert Malin Hartelius, den Amor Emmanuelle de Negri. Das Ensemble wird vervollständigt durch den Chor Accentus und das Insula Orchestra. Die Leitung hat Laurence Equilbey. „Avec Insula orchestra, je présente une version sur instruments d'èpoque, fidèle à l'instrumentarium souhaité par Gluck. Il a pensé son opéra pour ces instruments colorés que sont le traverso, le clavecin ou encore les cornets à bouquin, mais aussi pour des cordes en boyaux jouées avenc des archets classiques“, erläutert der Dirigent im Beiheft. „La plastique sonore est ainsi souple à sculpter, et les équilibres sont facilités.“
Bei der Uraufführung 1762 sang der Kastrat Gaetano Guadagni die Rolle des Orfeo; beim Blick in die Noten wird schnell deutlich, dass er über einen immensen Stimmumfang verfügt haben muss, und über eine exzellente Technik. Aus diesem Grunde ist die Besetzung dieser Partie nicht einfach; für diese Oper aber ist sie entscheidend.
Die Deutsche Grammophon hat im vergangenen Jahr Franco Fagioli als ersten Countertenor in der Geschichte des Labels exklusiv unter Vertrag genommen – und Glucks Oper mit diesem Sänger in der Hauptrolle neu aufgenommen. Orfeo ed Euridice erklingt dabei erstmalig in der italienischen Originalversion; auf einer zusätzlichen CD sind zudem die „Hits“ einer Konzertfassung zu hören, die das Wiener Original von 1762 um einige Höhepunkte jener Version ergänzt, die 1774 in Paris aufgeführt wurde.
Fagioli beeindruckt mit einer angenehm timbrierten und perfekt geführten Stimme – klar und rein in der Höhe, kernig in der Tiefe, rasant in den Koloraturen. Der Klagegesang um die verlorene Euridice, wahrscheinlich das bekannteste Stück aus Glucks Oper, gelingt ihm so ausdrucksstark, dass man sich über den glücklichen Ausgang der Geschichte danach gar nicht mehr wundert.
Die Euridice singt sehr hörenswert Malin Hartelius, den Amor Emmanuelle de Negri. Das Ensemble wird vervollständigt durch den Chor Accentus und das Insula Orchestra. Die Leitung hat Laurence Equilbey. „Avec Insula orchestra, je présente une version sur instruments d'èpoque, fidèle à l'instrumentarium souhaité par Gluck. Il a pensé son opéra pour ces instruments colorés que sont le traverso, le clavecin ou encore les cornets à bouquin, mais aussi pour des cordes en boyaux jouées avenc des archets classiques“, erläutert der Dirigent im Beiheft. „La plastique sonore est ainsi souple à sculpter, et les équilibres sont facilités.“
Donnerstag, 10. März 2016
Vivaldi in Dresden (Oehms Classics)
Antonio Vivaldi (1678 bis 1741) war nie in Dresden – als seine Musik in Venedig aus der Mode kam, reiste er 1740 nach Wien. Vergeblich hoffte er auf Unterstützung durch den Kaiser. In der sächsischen Landeshauptstadt hingegen wäre Vivaldi wahrschein- lich in Ehren empfangen worden. Denn seine Musik wurde dort sehr geschätzt und liebevoll gepflegt.
Zur Zeit Augusts des Starken und seines Sohnes August III. hatten sächsische Musiker beste Verbin- dungen zu ihren Kollegen in Italien. Der Violinvirtuose Johann Georg Pisendel beispielsweise, langjähriger Konzertmeister der Dresdner Hofkapelle, reiste zu Studienzwecken nach Venedig, wo er bei Vivaldi Unterricht nahm, und zudem fleißig Werke führender italienischer Komponisten kopierte. Die Sammlung Pisendels umfasst sagenhafte
1.800 Musikalien; sie wurde im legendären „Schranck No: II“ überliefert und befindet sich heute im Bestand der Sächsischen Landes- und Uni- versitätsbibliothek Dresden.
Hansjörg Albrecht, Dirigent, Organist und Cembalist, hat sich von der Dresdner Vivaldi-Tradition zu einer CD-Einspielung inspirieren lassen. An der Silbermann-Orgel der Hofkirche Dresden – es ist die größte Orgel, die Gottfried Silbermann je gebaut hat, und sie ist hörbar italienischen Vorbildern verpflichtet – spielt er Orgelbearbeitungen berühmter Konzerte des Komponisten. Die Arrangements des Konzertes in d-Moll RV 565 aus L'Estro Armonico und des Konzertes in C-Dur RV 208 Il grosso Mogul stammen von keinem geringeren als Johann Sebastian Bach; er hat Vivaldis Werke mit großer Aufmerksamkeit studiert und meisterhaft bearbeitet.
Ebenfalls in Geiste Bachs hat Heinrich E. Grimm Vivaldis berühmteste programmatische Konzerte, Die vier Jahreszeiten, für die Orgel transkri- biert. In dieser Version werden erstaunlich viele Details hörbar, die in dem vertrauten Streicherklang weit weniger auffallen. Man lausche nur dem Gesang der Vögel, der fröhlichen Jagd oder dem Brausen des Sturms – dank Orgelwind ziemlich authentisch!
Zur Zeit Augusts des Starken und seines Sohnes August III. hatten sächsische Musiker beste Verbin- dungen zu ihren Kollegen in Italien. Der Violinvirtuose Johann Georg Pisendel beispielsweise, langjähriger Konzertmeister der Dresdner Hofkapelle, reiste zu Studienzwecken nach Venedig, wo er bei Vivaldi Unterricht nahm, und zudem fleißig Werke führender italienischer Komponisten kopierte. Die Sammlung Pisendels umfasst sagenhafte
1.800 Musikalien; sie wurde im legendären „Schranck No: II“ überliefert und befindet sich heute im Bestand der Sächsischen Landes- und Uni- versitätsbibliothek Dresden.
Hansjörg Albrecht, Dirigent, Organist und Cembalist, hat sich von der Dresdner Vivaldi-Tradition zu einer CD-Einspielung inspirieren lassen. An der Silbermann-Orgel der Hofkirche Dresden – es ist die größte Orgel, die Gottfried Silbermann je gebaut hat, und sie ist hörbar italienischen Vorbildern verpflichtet – spielt er Orgelbearbeitungen berühmter Konzerte des Komponisten. Die Arrangements des Konzertes in d-Moll RV 565 aus L'Estro Armonico und des Konzertes in C-Dur RV 208 Il grosso Mogul stammen von keinem geringeren als Johann Sebastian Bach; er hat Vivaldis Werke mit großer Aufmerksamkeit studiert und meisterhaft bearbeitet.
Ebenfalls in Geiste Bachs hat Heinrich E. Grimm Vivaldis berühmteste programmatische Konzerte, Die vier Jahreszeiten, für die Orgel transkri- biert. In dieser Version werden erstaunlich viele Details hörbar, die in dem vertrauten Streicherklang weit weniger auffallen. Man lausche nur dem Gesang der Vögel, der fröhlichen Jagd oder dem Brausen des Sturms – dank Orgelwind ziemlich authentisch!
Mittwoch, 9. März 2016
Muffat: Missa in labore requies (Pan Classics)
Die Missa in Labore Requies ist, leider, das einzige erhaltene Kirchenmusik-Werk von Georg Muffat (1653 bis 1704). In Salzburg und Passau, wo Muffat viele Jahre wirkte, gab es offenbar exzellente Musiker; die Anforderungen jedenfalls sind hoch und die Partien schwierig. Das gilt für die Sänger ebenso wie für die Streicher und die üppig besetzten Bläser. Bei Gunar Letzbor und seinem Ensemble Ars Antiqua Austria, das schon mehrfach groß angelegte Festmessen aufgeführt hat, ist dieses prachtvolle Werk in besten Händen. Die St. Florianer Sängerknaben unter Leitung von Franz Farnberger singen erneut wunderbar; es ist faszinierend, zu erleben, wie souverän die Knaben und jungen Männer diese komplexe Musik solistisch oder in Kleingruppen gestalten. Beeindruckend, unbedingt anhören!
Montag, 7. März 2016
Dich Maria heut zu preisen (Tyxart)
Kompositionen zum Lobpreis der Gottesmutter Maria kombiniert diese CD mit Musik für Oboe und Orgel. Es musizieren Mechthild Kiendl, Sopran, Anne Dufresne, Oboe, und Norbert Düchtel, Orgel. Das Pro- gramm ist liebevoll zusammenge- stellt. Lobenswert ist sein starker Bezug auf die Region – im süddeut- schen Raum war die Marienvereh- rung im 17. und 18. Jahrhundert besonders ausgeprägt, was natürlich auch in der liturgisch-musikalischen Praxis dieser Zeit Spuren hinterlassen hat.
So stammt die Arie, die der CD den Titel gab, aus der Lytania rurales op. 19, einer Litanei für ländliche Pfarrkirchen, von Fr. Marianus Königs- perger OSB (1708 bis 1769). Der Benediktiner lebte im Kloster Prüfening bei Regensburg. Er ist auf der CD auch mit Orgelmusik vertreten. P. Benedikt Biechteler (1689 bis 1759) studierte in der Abteil St. Gallen und trat dann in die Benediktinerabtei Wiblingen ein. Auf der CD erklingen zwei Solokantaten des Komponisten für Sopran, Oboe und Orgel aus der Sammlung 24 Marianische Antiphonen op. 2. Ebenfalls für Sopran, Melodieinstrument und Orgel schrieb P. Valentin Rathgeber (1682 bis 1750) seine marianische Antiphon Regina Coeli. Er lebte und wirkte im Kloster Banz.
Die Kombination von Oboe und Orgel war sowohl in der Klassik als auch in der Romantik beliebt; aus dem Fundus der Originalkompositionen für diese Besetzung ausgewählt wurden für diese Einspielung die Partita I C-Dur für Oboe und obligate Orgel von Johann Wilhelm Hertel (1727 bis 1789) und das Andante Pastorale aus op. 98 von Josef Gabriel Rhein- berger (1839 bis 1901). Aus dem reichen kirchenmusikalischen Werk sind Rheinbergers sind zudem das Ave Maria op. 171, 1a sowie Orgelmusik zu hören.
Für die Aufnahme hat Norbert Düchtel die Kirche Mariä Himmelfahrt Oberndorf/Bayern ausgewählt, die früher zum Grundbesitz des Klosters Prüfening gehörte. Sie wurde vermutlich um 1220 erbaut, und erhielt 2010 eine neue Orgel der renommierten Firma Mathis Orgelbau, im süddeut- schen barocken Stil. Düchtel ist mit diesem Instrument bestens vertraut, denn er hat das Projekt betreut und die Disposition erstellt. Die klang- schöne kleine Orgel verfügt über 14 Register auf zwei Manualen und Pedal. Mit Oboe und Sopran harmoniert sie hervorragend.
So stammt die Arie, die der CD den Titel gab, aus der Lytania rurales op. 19, einer Litanei für ländliche Pfarrkirchen, von Fr. Marianus Königs- perger OSB (1708 bis 1769). Der Benediktiner lebte im Kloster Prüfening bei Regensburg. Er ist auf der CD auch mit Orgelmusik vertreten. P. Benedikt Biechteler (1689 bis 1759) studierte in der Abteil St. Gallen und trat dann in die Benediktinerabtei Wiblingen ein. Auf der CD erklingen zwei Solokantaten des Komponisten für Sopran, Oboe und Orgel aus der Sammlung 24 Marianische Antiphonen op. 2. Ebenfalls für Sopran, Melodieinstrument und Orgel schrieb P. Valentin Rathgeber (1682 bis 1750) seine marianische Antiphon Regina Coeli. Er lebte und wirkte im Kloster Banz.
Die Kombination von Oboe und Orgel war sowohl in der Klassik als auch in der Romantik beliebt; aus dem Fundus der Originalkompositionen für diese Besetzung ausgewählt wurden für diese Einspielung die Partita I C-Dur für Oboe und obligate Orgel von Johann Wilhelm Hertel (1727 bis 1789) und das Andante Pastorale aus op. 98 von Josef Gabriel Rhein- berger (1839 bis 1901). Aus dem reichen kirchenmusikalischen Werk sind Rheinbergers sind zudem das Ave Maria op. 171, 1a sowie Orgelmusik zu hören.
Für die Aufnahme hat Norbert Düchtel die Kirche Mariä Himmelfahrt Oberndorf/Bayern ausgewählt, die früher zum Grundbesitz des Klosters Prüfening gehörte. Sie wurde vermutlich um 1220 erbaut, und erhielt 2010 eine neue Orgel der renommierten Firma Mathis Orgelbau, im süddeut- schen barocken Stil. Düchtel ist mit diesem Instrument bestens vertraut, denn er hat das Projekt betreut und die Disposition erstellt. Die klang- schöne kleine Orgel verfügt über 14 Register auf zwei Manualen und Pedal. Mit Oboe und Sopran harmoniert sie hervorragend.
Samstag, 5. März 2016
Monteverdi: Il pianto della Madonna (Glossa)
Dass Komponisten wie Claudio Monteverdi nicht nur geistliche, sondern vor allem auch weltliche Sujets gestalteten, grämte einige feinsinnige Gläubige sehr. So meinte der Benediktinermönch Angelo Grillo, der im Kloster Montecassino lebte,und von Monteverdi die Stimmbücher des Sesto libro di madrigali als Geschenk erhalten hatte, die Musik des Komponisten sei „alla nostre orecchie parte della beatudine umana e similitudine della celeste“, Teil der menschlichen Glückseligkeit also und ähnlich der himmlischen Wonne.
Da die Zeitgenossen solche Werke auch in der Kirche aufführen und anhören wollten, griffen sie zur sogenannten Kontrafaktur: Die originalen Texte wurden durch lateinische ersetzt, die für die Kirchenmusik passten – und schon war aus einem weltlichen Stück, das Liebesschmerz beklagte, ein geistliches geworden, das Christi Tod und Wunden besang.
Ein Experte für solche Umarbeitungen war Aquilino Coppini, der Rhetorik an der Universität von Pavia lehrte und sich brillant darauf verstand, die Struktur der italienischen Verse sowie den rhetorischen Gestus der Musik aufzugreifen und sie mit neuem Inhalt zu versehen. Er veröffentlichte drei Sammlungen mit dem Titel Musica tolta da i madrigali di Claudio Monteverdi (..) fatta spirituale, wobei er insbesondere Werke aus dem vierten und fünften Madrigalbuch zu geistlichen Motetten umformte.
Einige Beispiele dafür hat die Compagnia del Madrigale auf dieser CD zusammengetragen, ergänzt durch originär geistliche Werke Monteverdis – und das berühmteste Beispiel für eine Kontrafaktur, der Pianto della Madonna, die Klage Marias über den Tod Christi, das letzte Werk aus Monteverdis Selva morale e spirituale, eine Variante des berühmten Lamento d'Arianna. Die famosen Sänger haben den Text, wie er in der Fassung für Solostimme zu finden ist, dem polyphonen Original unterlegt – mit überraschendem Effekt; das Werk schient an Eindrücklichkeit eher noch zu gewinnen.
Da die Zeitgenossen solche Werke auch in der Kirche aufführen und anhören wollten, griffen sie zur sogenannten Kontrafaktur: Die originalen Texte wurden durch lateinische ersetzt, die für die Kirchenmusik passten – und schon war aus einem weltlichen Stück, das Liebesschmerz beklagte, ein geistliches geworden, das Christi Tod und Wunden besang.
Ein Experte für solche Umarbeitungen war Aquilino Coppini, der Rhetorik an der Universität von Pavia lehrte und sich brillant darauf verstand, die Struktur der italienischen Verse sowie den rhetorischen Gestus der Musik aufzugreifen und sie mit neuem Inhalt zu versehen. Er veröffentlichte drei Sammlungen mit dem Titel Musica tolta da i madrigali di Claudio Monteverdi (..) fatta spirituale, wobei er insbesondere Werke aus dem vierten und fünften Madrigalbuch zu geistlichen Motetten umformte.
Einige Beispiele dafür hat die Compagnia del Madrigale auf dieser CD zusammengetragen, ergänzt durch originär geistliche Werke Monteverdis – und das berühmteste Beispiel für eine Kontrafaktur, der Pianto della Madonna, die Klage Marias über den Tod Christi, das letzte Werk aus Monteverdis Selva morale e spirituale, eine Variante des berühmten Lamento d'Arianna. Die famosen Sänger haben den Text, wie er in der Fassung für Solostimme zu finden ist, dem polyphonen Original unterlegt – mit überraschendem Effekt; das Werk schient an Eindrücklichkeit eher noch zu gewinnen.
Romantic Moments For Male Choir (Carus)
Wer den ganz besonderen Klang des Männerchores schätzt, der sollte sich diese CD unbedingt anhören: Der Taipei Male Choir (TMC) hat in Zusammenarbeit mit Frieder Bernius eine Kollektion geistlicher Musik aus der Gründer- und Blütezeit der deutschen Männerchor-Bewegung zum Anfang des 19. Jahrhunderts eingespielt.
Die Qualität dieser Aufnahme ist exquisit; der taiwanesische Männer- chor, der 1997 gegründet wurde und von Nieh Yen-Hsiang geleitet wird, gehört zu den besten Chören der Welt. Er wird zu vielen internationalen Chorfesten eingeladen, hat mit führenden Chorleitern zusammengearbeitet und ist mit zahlreichen bedeutenden Preisen ausgezeichnet worden.
Die Noten-Grundlage für die vorliegende CD lieferte das Paderborner Chor- buch aus dem Carus-Verlag. Selbst Kenner des Männerchor-Repertoires werden im Programm zahlreiche reizvolle Raritäten entdecken. Es beginnt mit Nun ist der laute Tag verhallt von Franz Abt, und enthält unter ande- rem Werke von Franz Liszt, Georg Joseph Abbé Vogler, Peter Cornelius, Carl Stein, Bernhard Klein, Gabriel Fauré und Conradin Kreutzer.
Die Qualität dieser Aufnahme ist exquisit; der taiwanesische Männer- chor, der 1997 gegründet wurde und von Nieh Yen-Hsiang geleitet wird, gehört zu den besten Chören der Welt. Er wird zu vielen internationalen Chorfesten eingeladen, hat mit führenden Chorleitern zusammengearbeitet und ist mit zahlreichen bedeutenden Preisen ausgezeichnet worden.
Die Noten-Grundlage für die vorliegende CD lieferte das Paderborner Chor- buch aus dem Carus-Verlag. Selbst Kenner des Männerchor-Repertoires werden im Programm zahlreiche reizvolle Raritäten entdecken. Es beginnt mit Nun ist der laute Tag verhallt von Franz Abt, und enthält unter ande- rem Werke von Franz Liszt, Georg Joseph Abbé Vogler, Peter Cornelius, Carl Stein, Bernhard Klein, Gabriel Fauré und Conradin Kreutzer.
Huberman Festival 1982 (Deutsche Grammophon)
Im Dezember 1982 versammelten sich einige der weltbesten Geiger in Tel Aviv, um eine Woche lang in Konzerten an das Leben und Schaffen von Bronislaw Huberman (1882 bis 1947) zu erinnern. Huberman war ein bedeutender Geiger; er stammte aus Polen, und hatte zunächst bei Isidor Lotto und dann auch ein wenig in Berlin bei Joseph Joachim studiert. Konzertreisen führten ihn schon in jungen Jahren quer durch Europa, in die USA und auch nach Russland.
Huberman trat ganz entschieden für ein friedliches, geeintes Europa ein. Hitlers Aufstieg war ihm ein Greuel. Und in den 30er Jahren gelang es Huberman tatsächlich, viele jüdische Musiker aus Nazideutschland herauszuholen. 1936 gründete er das Palestine Orchestra, das sich ab 1948 Israel Philharmonic nannte. Im Gedenken an seinen hundertsten Geburtstag organisierten die Musiker ein Geigenfestival, wie es bislang wohl kein zweites gegeben hat.
Zubin Mehta, dem Leiter des Israel Philharmonic Orchestra, war es gelungen, Ida Haendel, Isaac Stern, Itzhak Perlman, Ivry Gitlis, Henryk Szeryng, Pinchas Zukerman und Shlomo Mintz dafür zu gewinnen. Außerdem spielten zwei Mitglieder des Orchesters, Konzertmeister Chaim Taub und der Bratscher Daniel Benyamini, sowie zwei junge Talente, die 13jährige Shira Rabin und der 12jährige Roi Shiloah. Mehta brachte es fertig, diese Stars dazu zu bringen, nicht nur die Standard-Konzerte zu spielen, sondern auch Werke, die eher wenig bekannt sind. Auf zwei CD hat die Deutsche Grammophon einige Live-Mitschnitte veröffentlicht. Enthalten sind das Bach-Doppelkonzert mit Isaac Stern und Shlomo Mintz, Mozarts Sinfonia concertante in einer bezaubernden Aufnahme mit Itzhak Perlman und Pinchas Zukerman, der dabei die Viola spielte, und Vivaldis Vier Jahreszeiten, wobei jedes der vier Konzerte von einem anderen Solisten vorgetragen wurde. Den Reigen eröffnete Isaac Stern mit dem Frühling, darauf folgten Pinchas Zukerman mit dem Sommer, Shlomo Mintz mit dem Herbst und Itzhak Perman gestaltete das Finale mit dem Winter. Es sind wunderbare, entspannte, klassische Aufnahmen ohne überzogene individuelle Mätzchen, dafür aber mit zahlreichen witzigen Details, wie dem Hundebellen, das wohl Benyamini aus dem Orchester beisteuerte, und mit einer köstlichen Jagdszene.
Selten zu hören ist das Concerto grosso in b-Moll für vier Violinen, op. 3 Nr. 10 RV 580 von Antonio Vivaldi. Bei diesem Werk, das im abschließen- den Galakonzert gespielt wurde, konzertierten gemeinsam Isaac Stern, Ivry Gitlis, Ida Handel und Shlomo Mintz. Leider ist auf der Doppel-CD Henryk Szeryng nicht zu hören. Dennoch ist es erfreulich, dass nun diese bedeutenden Live-Mitschnitte wieder erhältlich sind. So viele exzellente Geiger, die miteinander musizieren, wird man so bald nicht wieder finden - das Huberman Festival war ohne Zweifel ein Jahrhundert-Ereignis!
Huberman trat ganz entschieden für ein friedliches, geeintes Europa ein. Hitlers Aufstieg war ihm ein Greuel. Und in den 30er Jahren gelang es Huberman tatsächlich, viele jüdische Musiker aus Nazideutschland herauszuholen. 1936 gründete er das Palestine Orchestra, das sich ab 1948 Israel Philharmonic nannte. Im Gedenken an seinen hundertsten Geburtstag organisierten die Musiker ein Geigenfestival, wie es bislang wohl kein zweites gegeben hat.
Zubin Mehta, dem Leiter des Israel Philharmonic Orchestra, war es gelungen, Ida Haendel, Isaac Stern, Itzhak Perlman, Ivry Gitlis, Henryk Szeryng, Pinchas Zukerman und Shlomo Mintz dafür zu gewinnen. Außerdem spielten zwei Mitglieder des Orchesters, Konzertmeister Chaim Taub und der Bratscher Daniel Benyamini, sowie zwei junge Talente, die 13jährige Shira Rabin und der 12jährige Roi Shiloah. Mehta brachte es fertig, diese Stars dazu zu bringen, nicht nur die Standard-Konzerte zu spielen, sondern auch Werke, die eher wenig bekannt sind. Auf zwei CD hat die Deutsche Grammophon einige Live-Mitschnitte veröffentlicht. Enthalten sind das Bach-Doppelkonzert mit Isaac Stern und Shlomo Mintz, Mozarts Sinfonia concertante in einer bezaubernden Aufnahme mit Itzhak Perlman und Pinchas Zukerman, der dabei die Viola spielte, und Vivaldis Vier Jahreszeiten, wobei jedes der vier Konzerte von einem anderen Solisten vorgetragen wurde. Den Reigen eröffnete Isaac Stern mit dem Frühling, darauf folgten Pinchas Zukerman mit dem Sommer, Shlomo Mintz mit dem Herbst und Itzhak Perman gestaltete das Finale mit dem Winter. Es sind wunderbare, entspannte, klassische Aufnahmen ohne überzogene individuelle Mätzchen, dafür aber mit zahlreichen witzigen Details, wie dem Hundebellen, das wohl Benyamini aus dem Orchester beisteuerte, und mit einer köstlichen Jagdszene.
Selten zu hören ist das Concerto grosso in b-Moll für vier Violinen, op. 3 Nr. 10 RV 580 von Antonio Vivaldi. Bei diesem Werk, das im abschließen- den Galakonzert gespielt wurde, konzertierten gemeinsam Isaac Stern, Ivry Gitlis, Ida Handel und Shlomo Mintz. Leider ist auf der Doppel-CD Henryk Szeryng nicht zu hören. Dennoch ist es erfreulich, dass nun diese bedeutenden Live-Mitschnitte wieder erhältlich sind. So viele exzellente Geiger, die miteinander musizieren, wird man so bald nicht wieder finden - das Huberman Festival war ohne Zweifel ein Jahrhundert-Ereignis!
Theremin Sonatas (Genuin)
„Als ich sieben Jahre alt war, schenkten mir meine Eltern mein erstes Theremin“, berichtet Carolina Eyck im Beiheft zu dieser CD. „Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits Klavier- und Geigenunterricht – Töne jedoch allein mit Handbewe- gungen in der Luft zu erschaffen, das kannte und konnte ich noch nicht. Das faszinierte mich, und diese Faszination hat mich seither nicht mehr losgelassen.“
Christopher Tarnow lernte die Theremin-Virtuosin 2011 an der Leipziger Musikhochschule kennen. Musik für dieses Instrument zu schaffen, diese Aufgabe wählte er für seine Abschlussprüfung im Fach Komposition. Reizvoll fand er, so schreibt er im Beiheft, nicht die Möglichkeit, mit dem Theremin Soundeffekte zu erzeugen, sondern, ganz im Gegenteil, es in einem tonalen Kontext zu verwenden – und daher beschloss Tarnow, ganz klassisch eine Sonate für Soloinstrument und Klavier zu schreiben.
Ein Vorbild dafür gab es nicht, denn ein solches Werk hatte noch niemand geschrieben. Auf der CD sind nun diese Sonate und auch die zweite Sonate des jungen Komponisten für Theremin und Klavier zu hören, nebst zwei Intermezzi für Theremin und Klavier. Die Aufnahme kombiniert die farbigen, suggestiven, eindringlichen Klänge des Theremins von Carolina Eyck mit dem kraftvollen Klavierspiel von Christopher Tarnow. Die beiden Musiker arbeiten seit 2013 als festes Duo zusammen – und haben bereits ihre nächste CD angekündigt.
Christopher Tarnow lernte die Theremin-Virtuosin 2011 an der Leipziger Musikhochschule kennen. Musik für dieses Instrument zu schaffen, diese Aufgabe wählte er für seine Abschlussprüfung im Fach Komposition. Reizvoll fand er, so schreibt er im Beiheft, nicht die Möglichkeit, mit dem Theremin Soundeffekte zu erzeugen, sondern, ganz im Gegenteil, es in einem tonalen Kontext zu verwenden – und daher beschloss Tarnow, ganz klassisch eine Sonate für Soloinstrument und Klavier zu schreiben.
Ein Vorbild dafür gab es nicht, denn ein solches Werk hatte noch niemand geschrieben. Auf der CD sind nun diese Sonate und auch die zweite Sonate des jungen Komponisten für Theremin und Klavier zu hören, nebst zwei Intermezzi für Theremin und Klavier. Die Aufnahme kombiniert die farbigen, suggestiven, eindringlichen Klänge des Theremins von Carolina Eyck mit dem kraftvollen Klavierspiel von Christopher Tarnow. Die beiden Musiker arbeiten seit 2013 als festes Duo zusammen – und haben bereits ihre nächste CD angekündigt.
Marais: Suites for Oboe (Audax)
Der Musiker- und Instrumenten- bauerfamilie Hottetterre verdanken wir die Erfindung der Oboe. Jean de Hottetterre entwickelte aus der Schalmei ein Instrument mit einem lieblichen, edlen, strahlenden Ton – und Jean-Baptiste Lully, Freund und Hofkomponist Ludwigs XIV., setzte es 1657 in L'amour malade erstmals ein. Der Klang gefiel, und so kam die Oboe umgehend in Mode – nicht nur unter freiem Himmel, auch in den königlichen Gemächern wurde sie fortan gespielt.
Doch woher kam eigentlich in den ersten Jahren das Repertoire für dieses neue Instrument? Christopher Palameta hat sich mit dieser Frage intensiv beschäftigt, und einige jener frühen Werke für die Oboe rekonstruiert. Das scheint nicht ganz einfach gewesen zu sein; die früheste Sonade pour le hautbois jedenfalls stammt von Antoine Dornels und aus dem Jahre 1723. Was aber spielten die Oboisten vorher?
Einig sind sich die Experten jedenfalls in dem Punkt, dass die Oboe aus- schließlich professionellen Musikern vorbehalten blieb: Sie wird mit einem Mundstück, einem Doppelrohrblatt, gespielt. Und dieses wird von den Musikern selbst angefertigt – was einerseits viel Zeit kostet, andererseits auch sehr viel Erfahrung und Geschicklichkeit erfordert.
Beim Repertoire werden diese Profis auf Musikstücke zurückgegriffen haben, die für andere Instrumente komponiert worden sind. Palameta zeigt auf dieser CD exemplarisch, wie sich Suiten von Marin Marais (1656 bis 1728) für die Barockoboe modifizieren lassen: Die Pièces de viole sind zwar für Gambe entstanden. Doch Marin selbst weist im Vorwort zum Troisième Livre (1711) darauf hin, dass die meisten dieser Werke „se peuvent jouer sur plusiers instruments comme l'orgue, le clavesin, le violon, le dessus de viole, le théorbe, la guitarre, la flutte traversière, la flutte à bec el le hautbois.“
Christopher Palameta präsentiert auf seiner ersten CD bei Audax sechs dieser Suiten, arrangiert für Oboe, in Ersteinspielungen. Er spielt eine Oboe von Marcel Ponseele nach einem Instrument von Colin Hottetterre, Paris um 1710. Mit ihrem hellen und weichen Klang passt sie sehr gut zu dieser eleganten Musik. Zu hören sind zudem Eric Tinkerhess, Bassgambe, Romain Falik, Barockgitarre und Theorbe, und Lisa Goode Crawford, Cembalo. Sehr gelungen!
Doch woher kam eigentlich in den ersten Jahren das Repertoire für dieses neue Instrument? Christopher Palameta hat sich mit dieser Frage intensiv beschäftigt, und einige jener frühen Werke für die Oboe rekonstruiert. Das scheint nicht ganz einfach gewesen zu sein; die früheste Sonade pour le hautbois jedenfalls stammt von Antoine Dornels und aus dem Jahre 1723. Was aber spielten die Oboisten vorher?
Einig sind sich die Experten jedenfalls in dem Punkt, dass die Oboe aus- schließlich professionellen Musikern vorbehalten blieb: Sie wird mit einem Mundstück, einem Doppelrohrblatt, gespielt. Und dieses wird von den Musikern selbst angefertigt – was einerseits viel Zeit kostet, andererseits auch sehr viel Erfahrung und Geschicklichkeit erfordert.
Beim Repertoire werden diese Profis auf Musikstücke zurückgegriffen haben, die für andere Instrumente komponiert worden sind. Palameta zeigt auf dieser CD exemplarisch, wie sich Suiten von Marin Marais (1656 bis 1728) für die Barockoboe modifizieren lassen: Die Pièces de viole sind zwar für Gambe entstanden. Doch Marin selbst weist im Vorwort zum Troisième Livre (1711) darauf hin, dass die meisten dieser Werke „se peuvent jouer sur plusiers instruments comme l'orgue, le clavesin, le violon, le dessus de viole, le théorbe, la guitarre, la flutte traversière, la flutte à bec el le hautbois.“
Christopher Palameta präsentiert auf seiner ersten CD bei Audax sechs dieser Suiten, arrangiert für Oboe, in Ersteinspielungen. Er spielt eine Oboe von Marcel Ponseele nach einem Instrument von Colin Hottetterre, Paris um 1710. Mit ihrem hellen und weichen Klang passt sie sehr gut zu dieser eleganten Musik. Zu hören sind zudem Eric Tinkerhess, Bassgambe, Romain Falik, Barockgitarre und Theorbe, und Lisa Goode Crawford, Cembalo. Sehr gelungen!
Mittwoch, 2. März 2016
Ernst: Fantaisie Brillante - The Virtuoso Violin (cpo)
Heinrich Wilhelm Ernst (1814 bis 1865) stammte aus Brünn. Seine Eltern erkannten sein Talent, und sorgten dafür, dass er am Wiener Konservatorium studieren konnte. Dort unterrichteten ihn Joseph Böhm im Violinspiel und Ignaz Xaver von Seyfried im Fach Komposition.
1828 erlebte Ernst in Wien ein Konzert von Niccolò Paganini. Diese Begegnung wurde für den jungen Musiker zum Schlüsselereignis. Er durfte dem Meister vorspielen, und dieser sagte ihm eine große Karriere voraus. Heinrich Wilhelm Ernst hat von Paganini viel gelernt. Er soll den berühmten Kollegen sogar beim Üben belauscht haben; die Legende berichtet, beide Musiker hätten im Jahre 1837 gleichzeitig Konzerte in Marseille gegeben – und Ernst hätte bei dieser Gelegenheit Paganinis Werke gespielt. Wenn das stimmt, muss Ernst ein phänomenales Gehör und ein noch beeindruckenderes Gedächt- nis gehabt haben.
Der junge Musiker begnügte sich aber nicht damit, Paganini zu kopieren. Brillanz allein genügte seinen Ansprüchen nicht. Virtuosität war für Ernst eher Voraussetzung als Endzweck des Musizierens. Sein Gesamtwerk ist klein, doch bedeutend; es umfasst 26 Musikstücke mit Opusnummern, und offenbar noch einige weitere ohne. „Ernst war Virtuose im vollsten Sinne des Wortes“, so das Urteil von Zeitgenossen. „Sein Spiel war voll Glanz und Leidenschaft; er schwelgte in Schwierigkeiten, die mitunter auch ans Bizarre streiften; dagegen wußte er in der Cantilene einen großen, vollsaftigen Ton und wirklichen Adel des Vortrags zu entwickeln; sein Adagio war tief ergreifend.“
Joseph Joachim, selbst einer der bedeutendsten Geiger seiner Zeit, schrieb 1864 über den Kollegen, mit dem er einst gemeinsam in London Beetho- vens Streichquartette gespielt hatte: „Ähnliches habe ich niemals wieder gehört; wie denn Ernst der Geiger war, der turmhoch über allen anderen stand, denen ich im Leben begegnet bin.“ Erstaunlicherweise sind heute die Werke von Heinrich Wilhelm Ernst aus den Konzertprogrammen nahezu vollständig verschwunden. Sein Violinkonzert beispielsweise ist rundum romantisch und absolut bezaubernd; es gilt aber als technisch derart schwierig, dass es derzeit kaum jemand spielen mag.
Thomas Christian präsentiert auf dieser Doppel-CD eine Auswahl aus dem Schaffen des großen Virtuosen. Zu hören sind Originalkompositionen für Violine und Klavier – vorgetragen gemeinsam mit dem Pianisten Evgeny Sinaiski – sowie das Streichquartett in B-Dur und einige kleinere Musikstücke in Arrangements für Streichquartett bzw. Streichquintett. Damit folgt das Thomas Christian Ensemble der zeitgenössischen Aufführungspraxis; allerdings stammen die Bearbeitungen nicht von Ernst selbst, sondern von Christian sowie von dem Kontrabassisten Hans Winking.
Berühmt ist die Fantaisie Brillante sur la Marche et la Romance de l'Opera Otello de Rossini op. 11. Auch die Elegie op. 10,3 ist ein bekanntes Stück. Werke hingegen für Solovioline allein, wie die Grande Caprice op. 26 über Schuberts Erlkönig sowie die 6 mehrstimmigen Etüden sind auf der CD nicht mit enthalten.
Es ist sehr verdienstvoll, dass Thomas Christian, der als Professor in Detmold lehrt, an Ernst und sein Werk erinnert. Beschlossen wird die Doppel-CD von Henri Wieniawskis Rêverie für Viola und Klavier, die dieser seinem Freund und Quartettkollegen Ernst in Andenken an das gemeinsame Musizieren gewidmet hat.
1828 erlebte Ernst in Wien ein Konzert von Niccolò Paganini. Diese Begegnung wurde für den jungen Musiker zum Schlüsselereignis. Er durfte dem Meister vorspielen, und dieser sagte ihm eine große Karriere voraus. Heinrich Wilhelm Ernst hat von Paganini viel gelernt. Er soll den berühmten Kollegen sogar beim Üben belauscht haben; die Legende berichtet, beide Musiker hätten im Jahre 1837 gleichzeitig Konzerte in Marseille gegeben – und Ernst hätte bei dieser Gelegenheit Paganinis Werke gespielt. Wenn das stimmt, muss Ernst ein phänomenales Gehör und ein noch beeindruckenderes Gedächt- nis gehabt haben.
Der junge Musiker begnügte sich aber nicht damit, Paganini zu kopieren. Brillanz allein genügte seinen Ansprüchen nicht. Virtuosität war für Ernst eher Voraussetzung als Endzweck des Musizierens. Sein Gesamtwerk ist klein, doch bedeutend; es umfasst 26 Musikstücke mit Opusnummern, und offenbar noch einige weitere ohne. „Ernst war Virtuose im vollsten Sinne des Wortes“, so das Urteil von Zeitgenossen. „Sein Spiel war voll Glanz und Leidenschaft; er schwelgte in Schwierigkeiten, die mitunter auch ans Bizarre streiften; dagegen wußte er in der Cantilene einen großen, vollsaftigen Ton und wirklichen Adel des Vortrags zu entwickeln; sein Adagio war tief ergreifend.“
Joseph Joachim, selbst einer der bedeutendsten Geiger seiner Zeit, schrieb 1864 über den Kollegen, mit dem er einst gemeinsam in London Beetho- vens Streichquartette gespielt hatte: „Ähnliches habe ich niemals wieder gehört; wie denn Ernst der Geiger war, der turmhoch über allen anderen stand, denen ich im Leben begegnet bin.“ Erstaunlicherweise sind heute die Werke von Heinrich Wilhelm Ernst aus den Konzertprogrammen nahezu vollständig verschwunden. Sein Violinkonzert beispielsweise ist rundum romantisch und absolut bezaubernd; es gilt aber als technisch derart schwierig, dass es derzeit kaum jemand spielen mag.
Thomas Christian präsentiert auf dieser Doppel-CD eine Auswahl aus dem Schaffen des großen Virtuosen. Zu hören sind Originalkompositionen für Violine und Klavier – vorgetragen gemeinsam mit dem Pianisten Evgeny Sinaiski – sowie das Streichquartett in B-Dur und einige kleinere Musikstücke in Arrangements für Streichquartett bzw. Streichquintett. Damit folgt das Thomas Christian Ensemble der zeitgenössischen Aufführungspraxis; allerdings stammen die Bearbeitungen nicht von Ernst selbst, sondern von Christian sowie von dem Kontrabassisten Hans Winking.
Berühmt ist die Fantaisie Brillante sur la Marche et la Romance de l'Opera Otello de Rossini op. 11. Auch die Elegie op. 10,3 ist ein bekanntes Stück. Werke hingegen für Solovioline allein, wie die Grande Caprice op. 26 über Schuberts Erlkönig sowie die 6 mehrstimmigen Etüden sind auf der CD nicht mit enthalten.
Es ist sehr verdienstvoll, dass Thomas Christian, der als Professor in Detmold lehrt, an Ernst und sein Werk erinnert. Beschlossen wird die Doppel-CD von Henri Wieniawskis Rêverie für Viola und Klavier, die dieser seinem Freund und Quartettkollegen Ernst in Andenken an das gemeinsame Musizieren gewidmet hat.
Dienstag, 1. März 2016
Ensemble Triologie - Vol. 1: soundscapes (Encora)
Kristina Lisner, Mandoline, Melanie Hunger, Mandoline und Mandola, und Markus Sich, Gitarre, haben sich beim Studium an der Hochschule für Musik und Tanz Köln/Wuppertal kennengelernt. Die drei Musiker sind Preisträger verschiedener nationaler und internationaler Wettbewerbe; sie wurden 2013 mit einem Stipendium der Yehudi Menuhin Stiftung ausgezeichnet.
Seit 2012 musizieren die Zupfinstru- mente-Spezialisten gemeinsam als Ensemble trioLogie. Auf dieser CD führen sie durch Klanglandschaften, die sehr viel Abwechslung bieten. Es erklingen „neben Kompositionen bedeu- tender Mandolinenmeister wie Silvio Ranieri oder Raffaele Calace vor allem selbst arrangierte und selten gehörte Werke der letzten Jahrhun- derte bis heute“, schreiben die Musiker im Beiheft. „Mit soundscapes erschließen wir uns eigene Wege fernab ausgetretener musikalischer Pfade.“
Und auf „vol.1“ folgt typischerweise „vol.2“; das erfolgreiche Trio plant also langfristig. Das ist erfreulich, denn diese Debüt-CD begeistert durch stilistische Vielfalt, viele klangliche Facetten und Farben, und exzellent musiziert wird natürlich auch. Bravi! und weiter so, die nächste CD wird schon mit Neugier erwartet.
Seit 2012 musizieren die Zupfinstru- mente-Spezialisten gemeinsam als Ensemble trioLogie. Auf dieser CD führen sie durch Klanglandschaften, die sehr viel Abwechslung bieten. Es erklingen „neben Kompositionen bedeu- tender Mandolinenmeister wie Silvio Ranieri oder Raffaele Calace vor allem selbst arrangierte und selten gehörte Werke der letzten Jahrhun- derte bis heute“, schreiben die Musiker im Beiheft. „Mit soundscapes erschließen wir uns eigene Wege fernab ausgetretener musikalischer Pfade.“
Und auf „vol.1“ folgt typischerweise „vol.2“; das erfolgreiche Trio plant also langfristig. Das ist erfreulich, denn diese Debüt-CD begeistert durch stilistische Vielfalt, viele klangliche Facetten und Farben, und exzellent musiziert wird natürlich auch. Bravi! und weiter so, die nächste CD wird schon mit Neugier erwartet.