„What does the bassoon have to be proud of? After all, isn't it the clown of the orchestra? It is too easy for caricatures like the goofy lumbering theme in Dukas' Sorcerer's Apprentice and the grandfather in Prokofiev's Peter and the Wolf to override the more serious aspects of the bassoon's musical persona“, so kommentiert das Beiheft diese Aufnahme. „These images colour our perception of the eighteenth-century bassoon, which had every right to claim the epithet ,proud'.“
Auf dieser CD beweist Fagottist Peter Whelan, tatkräftig und klangschön unterstützt vom Ensemble Marsyas, dass sein Instrument durchaus auch für sehr anspruchsvolle Solo-Partien geschaffen worden ist. Dazu hat er ein Programm zusammengestellt, das von Les Gentils Airs – ou Airs Connus, ajustée en duo, pour basson seul accompagné d'un clavecin, zusammengestellt in Paris von den Gebrüdern Leclerc, bis hin zu Eileen Aroon with variations set by Mr. (Matthew) Dubourg (1707 bis 1767), einem Geiger aus Dublin, reicht. Zu hören sind zudem ein Konzert von François Couperin (1668 bis 1733) und Sonaten für das Fagott von Joseph Bodin de Boismortier (1685 bis 1755), Johann Friedrich Fasch (1688 bis 1758) und Georg Philipp Telemann (1681 bis 1767).
Es sind sehr unterschiedliche Werke, entstanden für die Hofmusik, die Oper oder den häuslichen Gebrauch – doch sie geben Peter Whelan Gelegenheit, zu demonstrieren, wie virtuos man auf dem Barockfagott musizieren kann – das als eher schwierig gilt. Whelan spielt phänomenal, durch alle Register, und dabei zeigt er auch, welche tollen Klangfarben es zu bieten hat – das stolze Fagott.
Montag, 31. Oktober 2016
Lucie Horsch - Vivaldi (Decca)
Wenn ein großes Klassik-Label eine Blockflötistin unter Vertrag nimmt, dann ist dies ein Ereignis – zumal, wenn die Musikerin erst 17 Jahre alt ist. Doch mit Lucie Horsch ist Decca ohne Zweifel ein Glücksgriff gelun- gen. Ihr Debütalbum widmet die junge Niederländerin Antonio Vival- di: „Ich finde seine Musik wundervoll – sie ist rhythmisch, leicht, voller Energie. Und seine langsamen Sätze sind unheimlich schön“, zitiert das Beiheft die Solistin.
Die Aufnahme umfasst vier Konzerte des Italieners – das Concerto per flautino RV 443, das Concerto RV 441, die bekannten Konzerte mit den Beinamen La notte RV 439 und La tempesta di mare RV 433, und dazu das Andante aus dem Konzert für zwei Mandolinen RV 532 in einer reizvollen Version für Flöte, Violoncello und Chitarrone. Ergänzt wird das Programm durch Transkriptionen zweier Arien und den ersten Satz aus dem „Früh- ling“ der Vier Jahreszeiten, umgeschrieben für die Blockflöte im Jahr 1775 von Jean-Jacques Rousseau.
Wie Lucie Horsch diese Musik spielt, das aber ist in der Tat ein Ereignis. Ihre Technik ist brillant, und sie interpretiert Vivaldis Musik mit Schwung und Leidenschaft. Es ist hinreißend, mit welcher Sicherheit die junge Flötistin musikalische Formen gestaltet, phrasiert, verziert. Hier präsen- tiert sich eine große Virtuosin, von der wir, hoffentlich, noch sehr viel hören werden.
Die Aufnahme umfasst vier Konzerte des Italieners – das Concerto per flautino RV 443, das Concerto RV 441, die bekannten Konzerte mit den Beinamen La notte RV 439 und La tempesta di mare RV 433, und dazu das Andante aus dem Konzert für zwei Mandolinen RV 532 in einer reizvollen Version für Flöte, Violoncello und Chitarrone. Ergänzt wird das Programm durch Transkriptionen zweier Arien und den ersten Satz aus dem „Früh- ling“ der Vier Jahreszeiten, umgeschrieben für die Blockflöte im Jahr 1775 von Jean-Jacques Rousseau.
Wie Lucie Horsch diese Musik spielt, das aber ist in der Tat ein Ereignis. Ihre Technik ist brillant, und sie interpretiert Vivaldis Musik mit Schwung und Leidenschaft. Es ist hinreißend, mit welcher Sicherheit die junge Flötistin musikalische Formen gestaltet, phrasiert, verziert. Hier präsen- tiert sich eine große Virtuosin, von der wir, hoffentlich, noch sehr viel hören werden.
Sonntag, 30. Oktober 2016
Berteau: Sonatas & airs for violoncello (Glossa)
Sonaten und Airs für Violoncello von Martin Berteau (1708 bis 1771) präsentieren Christophe Coin, Petr Skalka und Felix Knecht, Violoncello, sowie Markus Hünninger, Cembalo, auf dieser CD. Dabei handelt es sich um eine Produktion der Schola Cantorum Basiliensis, der wohl renommiertesten Ausbildungsstätte für Musiker im Bereich der „Alten“ Musik.
Dass sich die drei Cellisten ausge- rechnet dem Werk von Martin Berteau zuwenden, hat einen guten Grund: Er gilt nicht nur als der Urvater des modernen Cellospiels; er hat auch eine Menge Schüler unterrichtet, so dass er zu einem entscheidenden Zeitpunkt eine ganze Generation französischer Cellisten geprägt hat – die wiederum die seinerzeit führende französische Cello-Schule begründet haben: Seit 1795 wird am Pariser Conservatoire unterrichtet; und so sind wahrscheinlich die meisten europäischen Cellisten heute Ururururenkelschüler Berteaus.
Bekannt ist über diesen Musiker allerdings verblüffend wenig. Es wird vermutet, dass er zunächst Viola da gamba spielte; in Böhmen soll er dann das Violoncello kennengelernt haben – und es mit neuen Spieltechniken, wie dem Lagenspiel mit Daumenaufsatz, aus dem Bass- bis ins Diskant- register geführt haben. Auch soll er die Doppelgrifftechnik erweitert und Flageolett sowie Pizzicato salonfähig gemacht haben. Damit wurde das Cello vom Continuo- zum konzertierenden Instrument, für das dann auch anspruchsvolle Werke entstanden.
Zu seinen Schülern gehören unter anderem Jean-Pierre (1741 bis 1818) und Jean-Louis Duport (1749 bis 1819), François Cupis (1732 bis 1808), die Gebrüder Janson und Joseph Bonaventure Tillière (vor 1745 bis nach 1790). Auch wenn Berteau selbst keine Lehrwerke geschrieben hat, haben diese Schüler dann ihrerseits seine Techniken und mitunter auch seine Musik zu Papier gebracht. So findet sich bei Duport eine Etüde seines Lehrers, in der Violoncello-Schule von Jean-Baptiste Breval (1753 bis 1823) eine Sonata in a-Moll, und Cupis hat gleich eine ganze Reihe von Airs veröffentlicht.
Im Druck erschienen sind zudem, im Jahre 1748, sechs Kammersonaten von Berteau. Davon wurden fünf auf dieser CD eingespielt. Hinzu kommen die oben genannten Stücke, wobei die Airs teilweise zu einer Suite zusammengefasst, mitunter aber auch den Sonaten als zusätzliche Sätze hinzugefügt wurden. Und man muss sagen: Es ist reizvolle Musik, die da erklingt – graziös, melodisch, auch klanglich abwechslungsreich, schwungvoll und immer elegant. Unbedingte Empfehlung – und das nicht nur für Freunde des Violoncello-Klanges!
Dass sich die drei Cellisten ausge- rechnet dem Werk von Martin Berteau zuwenden, hat einen guten Grund: Er gilt nicht nur als der Urvater des modernen Cellospiels; er hat auch eine Menge Schüler unterrichtet, so dass er zu einem entscheidenden Zeitpunkt eine ganze Generation französischer Cellisten geprägt hat – die wiederum die seinerzeit führende französische Cello-Schule begründet haben: Seit 1795 wird am Pariser Conservatoire unterrichtet; und so sind wahrscheinlich die meisten europäischen Cellisten heute Ururururenkelschüler Berteaus.
Bekannt ist über diesen Musiker allerdings verblüffend wenig. Es wird vermutet, dass er zunächst Viola da gamba spielte; in Böhmen soll er dann das Violoncello kennengelernt haben – und es mit neuen Spieltechniken, wie dem Lagenspiel mit Daumenaufsatz, aus dem Bass- bis ins Diskant- register geführt haben. Auch soll er die Doppelgrifftechnik erweitert und Flageolett sowie Pizzicato salonfähig gemacht haben. Damit wurde das Cello vom Continuo- zum konzertierenden Instrument, für das dann auch anspruchsvolle Werke entstanden.
Zu seinen Schülern gehören unter anderem Jean-Pierre (1741 bis 1818) und Jean-Louis Duport (1749 bis 1819), François Cupis (1732 bis 1808), die Gebrüder Janson und Joseph Bonaventure Tillière (vor 1745 bis nach 1790). Auch wenn Berteau selbst keine Lehrwerke geschrieben hat, haben diese Schüler dann ihrerseits seine Techniken und mitunter auch seine Musik zu Papier gebracht. So findet sich bei Duport eine Etüde seines Lehrers, in der Violoncello-Schule von Jean-Baptiste Breval (1753 bis 1823) eine Sonata in a-Moll, und Cupis hat gleich eine ganze Reihe von Airs veröffentlicht.
Im Druck erschienen sind zudem, im Jahre 1748, sechs Kammersonaten von Berteau. Davon wurden fünf auf dieser CD eingespielt. Hinzu kommen die oben genannten Stücke, wobei die Airs teilweise zu einer Suite zusammengefasst, mitunter aber auch den Sonaten als zusätzliche Sätze hinzugefügt wurden. Und man muss sagen: Es ist reizvolle Musik, die da erklingt – graziös, melodisch, auch klanglich abwechslungsreich, schwungvoll und immer elegant. Unbedingte Empfehlung – und das nicht nur für Freunde des Violoncello-Klanges!
Mitologia (Deutsche Harmonia Mundi)
Dies ist die letzte Händel-Aufnahme des Alte-Musik-Spezialisten, Cembalisten und Dirigenten Alan Curtis, der im Juli 2015 in Florenz verstorben ist. Georg Friedrich Händel nutzte die Mythen der Antike, in Fortführung einer noch jungen Tradition, als Grundlage für Kantaten, Serenaden und Opern. Librettisten, Komponisten und auch das Publikum schätzte die alten Geschichten, weil sie nicht nur diverse Tugenden, sonder vor allem auch menschliche Schwächen aufs Schönste ins Licht rücken.
Übermäßiger Ehrgeiz, Eitelkeit, Eifersucht und weibliche List, männliche Prahlerei und Aufschneiderei, mehr oder minder subtile Rache – all das findet sich in den alten Sagen um Götter und Helden. Und natürlich ließ sich auch so manche Huldigung an reale Herrscher, oder die gut zahlende Kundschaft, geschickt ins klassische Gewand kleiden.
Die renommierte Sopranistin Christiane Karg und die italienische Altistin Romina Basso haben gemeinsam mit Curtis' Ensemble Il Complesso Barocco ein hinreißendes Programm mit Instrumentalstücken, Arien und Szenen aus solchen Opern und Kantaten eingespielt. Man kann dem berückenden Gesang des Orfeo lauschen, oder der Wahnsinnsszene der Dejanira, die feststellen muss, dass der Zentaur Nessus sie betrogen hat. Denn das Gewand, mit dem sie die Liebe ihres Herkules zurückerobern wollte, hat diesem einen schrecklichen Tod beschert. Auch beispielsweise Semele oder Dafne, Partenope, Cupido sowie natürlich Minerva und Giove höchstpersönlich gehören zum singenden Personal – und gesungen wird hier vorzüglich. Unbedingt anhören!
Übermäßiger Ehrgeiz, Eitelkeit, Eifersucht und weibliche List, männliche Prahlerei und Aufschneiderei, mehr oder minder subtile Rache – all das findet sich in den alten Sagen um Götter und Helden. Und natürlich ließ sich auch so manche Huldigung an reale Herrscher, oder die gut zahlende Kundschaft, geschickt ins klassische Gewand kleiden.
Die renommierte Sopranistin Christiane Karg und die italienische Altistin Romina Basso haben gemeinsam mit Curtis' Ensemble Il Complesso Barocco ein hinreißendes Programm mit Instrumentalstücken, Arien und Szenen aus solchen Opern und Kantaten eingespielt. Man kann dem berückenden Gesang des Orfeo lauschen, oder der Wahnsinnsszene der Dejanira, die feststellen muss, dass der Zentaur Nessus sie betrogen hat. Denn das Gewand, mit dem sie die Liebe ihres Herkules zurückerobern wollte, hat diesem einen schrecklichen Tod beschert. Auch beispielsweise Semele oder Dafne, Partenope, Cupido sowie natürlich Minerva und Giove höchstpersönlich gehören zum singenden Personal – und gesungen wird hier vorzüglich. Unbedingt anhören!
Pro Contra! Works for Bassoon & Contrabassoon (Challenge Classics)
Das Fagott und sein tieferer Bruder, das Kontrafagott, sind die Leiden- schaft von Simon Van Holen. Das ist keineswegs selbstverständlich, denn diese Instrumente sind quasi die Kellerkinder der modernen Musik: Zwar werden sie im Orchester benö- tigt. Aber Musik wird schon seit der Wiener Klassik nur noch ausnahms- weise für sie komponiert. Im Barock war dies anders; damals schätze man Klangfarben, Abwechslung und war in der Gestaltung von Konzerten wie in der Kammermusik offenbar deutlich experimentierfreudiger.
Simon Van Holen hat trotzdem nicht Vivaldis Fagottkonzerte eingespielt, sondern nach Werken gesucht, die für das moderne Fagott geschrieben worden sind und seine Möglichkeiten konsequent nutzen. Dabei hat er, neben einer klangschönen Sonate für Fagott und Violoncello (?) KV 292 von Wolfgang Amadeus Mozart und dem aparten Quartett für Fagott, zwei Violen und Violoncello op. 46 Nr. 1 von Franz Krommer, auch drei zeit- genössische Werke ausgewählt.
Von Erwin Schulhoff (1894 bis 1942) stammt, so Van Holen, das erste Musikstück für Kontrafagott solo überhaupt. Es heißt Baßnachtigall, stammt aus dem Jahre 1922, und trieft nur so von Sarkasmus – was aber Schulhoff, Schüler von Max Reger, nicht daran hinderte, trotzdem grandiose Musik zu schreiben. Simon Van Holen spielt dieses virtuose Stück hinreißend, und er zeigt auf dieser CD exemplarisch, dass ein Fagott weit mehr ist als eine zusätzliche Bass-Stimme im Orchester.
Dazu nutzt er auch das zweite Stück für Kontrafagott, ein Concertino von Kees Olthuis (*1940), das das ultratiefe Blasinstrument kombiniert mit einem Streichquintett erklingen lässt. Jean Françaix (1912 bis 1997) scheint sich um musikalische Moden erfreulich wenig geschert zu haben. Sein Divertissement für Fagott und – in diesem Falle – Streichquintett ist in der Tat unterhaltsam – und ziemlich eigenwillig. Man staunt, wenn man dann liest, dass diese prickelnde Musik im Jahre 1942 entstanden ist.
Entstanden ist diese CD, weil Simon Van Holen 2013 den Prix de Salon, eine Auszeichnung des Business-Netzwerkes des Royal Concertgebouw Orchestra, erhalten hat, welche die Karriere junger Orchestermusiker voranbringen soll. Kollegen aus dem Orchester haben auch an der Ein- spielung mitgewirkt – zu hören sind Sylvia Huang und Mirelys Morgan Verdecia, Violine, Frederik Boits und Martina Forni, Viola, Honorine Schaeffer, Violoncello und Pierre-Emmanuel de Maistre, Kontrabass.
Simon Van Holen hat trotzdem nicht Vivaldis Fagottkonzerte eingespielt, sondern nach Werken gesucht, die für das moderne Fagott geschrieben worden sind und seine Möglichkeiten konsequent nutzen. Dabei hat er, neben einer klangschönen Sonate für Fagott und Violoncello (?) KV 292 von Wolfgang Amadeus Mozart und dem aparten Quartett für Fagott, zwei Violen und Violoncello op. 46 Nr. 1 von Franz Krommer, auch drei zeit- genössische Werke ausgewählt.
Von Erwin Schulhoff (1894 bis 1942) stammt, so Van Holen, das erste Musikstück für Kontrafagott solo überhaupt. Es heißt Baßnachtigall, stammt aus dem Jahre 1922, und trieft nur so von Sarkasmus – was aber Schulhoff, Schüler von Max Reger, nicht daran hinderte, trotzdem grandiose Musik zu schreiben. Simon Van Holen spielt dieses virtuose Stück hinreißend, und er zeigt auf dieser CD exemplarisch, dass ein Fagott weit mehr ist als eine zusätzliche Bass-Stimme im Orchester.
Dazu nutzt er auch das zweite Stück für Kontrafagott, ein Concertino von Kees Olthuis (*1940), das das ultratiefe Blasinstrument kombiniert mit einem Streichquintett erklingen lässt. Jean Françaix (1912 bis 1997) scheint sich um musikalische Moden erfreulich wenig geschert zu haben. Sein Divertissement für Fagott und – in diesem Falle – Streichquintett ist in der Tat unterhaltsam – und ziemlich eigenwillig. Man staunt, wenn man dann liest, dass diese prickelnde Musik im Jahre 1942 entstanden ist.
Entstanden ist diese CD, weil Simon Van Holen 2013 den Prix de Salon, eine Auszeichnung des Business-Netzwerkes des Royal Concertgebouw Orchestra, erhalten hat, welche die Karriere junger Orchestermusiker voranbringen soll. Kollegen aus dem Orchester haben auch an der Ein- spielung mitgewirkt – zu hören sind Sylvia Huang und Mirelys Morgan Verdecia, Violine, Frederik Boits und Martina Forni, Viola, Honorine Schaeffer, Violoncello und Pierre-Emmanuel de Maistre, Kontrabass.
Donnerstag, 27. Oktober 2016
Rolla: Viola Sonatas (Naxos)
Alessandro Rolla (1757 bis 1841) war ein exzellenter Geiger und einer der besten Bratscher seiner Zeit. Er hat das erste Bratschenkonzert der Musikgeschichte geschrieben und auch selbst gespielt – als 15jähriger, in der Basilika Ambrosiana, noch während seiner Ausbildung in Mai- land. Dort lernte er unter anderem Kontrapunkt bei Giovanni Andrea Fioroni, dem Domorganisten. 1782 wurde er Solobratscher, 1792 Konzertmeister der Hofkapelle in Parma.
Rolla galt zudem als ein hervorra- gender Musikpädagoge. Er sollte wohl auch den jungen Paganini unter- richten. Dieser hat später erzählt, als er zu seinem maestro gekommen sein, habe dieser krank zu Bett gelegen, und er sei in ein Nebenzimmer geführt worden. Dort habe er ein Violinkonzert Rollas vorgefunden – und es spontan vom Blatt gespielt. Rolla habe darüber gestaunt, und er habe gemeint, er könne Paganini nichts mehr beibringen.
Eine hübsche Anekdote, der man aber besser keinen Glauben schenken sollte. Zum einen haben Rolla und Paganini in späteren Jahren gemein- sam Konzerte gegeben. Zum anderen finden sich etliche Bravourstückchen, mit denen Paganini später sein Publikum verzückte, bereits in den Werken Rollas. Dieser erwarb sich übrigens auch als Dirigent einen ausgezeichne- ten Ruf; ab 1802 war er an der Mailänder Scala tätig. Später unterrichtete er zudem Violine und Viola am neu gegründeten Konservatorium.
Neben einer Vielzahl von Musikstücken für den Unterricht komponierte Rolla unter anderem Ballettmusiken, zwölf Sinfonien, diverse Konzerte und sehr viel Kammermusik. Jennifer Stumm, Gewinnerin zahlreicher renommierter Wettbewerbe, hat für ihre CD in der Laureate Serie von Naxos eine Auswahl von Rollas Musik für die Bratsche zusammengestellt. Zu hören sind drei seiner Viola-Sonaten, von der jungen Solistin mit der Pianistin Connie Shih eingespielt. Außerdem erklingen drei Etüden, die Rolla sicherlich für seine Schüler geschrieben hat, sowie das Duetto in A-Dur für Violine und Viola op. 18, Nr. 1, das Jennifer Stumm gemeinsam mit der Geigerin Liza Ferschtman vorstellt.
Dass Rollas Musik heute nahezu vergessen ist, kann man kaum glauben, wenn man diese CD anhört. Denn seine Werke sind keineswegs Virtuosen-Massenware; sie überzeugen durch schöne Melodien, Charme, Witz und Schwung. Jennifer Stumm setzt mit ihrem Engagement für diesen Kompo- nisten ein Zeichen – und man hofft, dass in Zukunft weitere Musikstücke von Alessandro Rolla den Weg zurück auf das Konzertpodium finden. Es lohnt sich.
Rolla galt zudem als ein hervorra- gender Musikpädagoge. Er sollte wohl auch den jungen Paganini unter- richten. Dieser hat später erzählt, als er zu seinem maestro gekommen sein, habe dieser krank zu Bett gelegen, und er sei in ein Nebenzimmer geführt worden. Dort habe er ein Violinkonzert Rollas vorgefunden – und es spontan vom Blatt gespielt. Rolla habe darüber gestaunt, und er habe gemeint, er könne Paganini nichts mehr beibringen.
Eine hübsche Anekdote, der man aber besser keinen Glauben schenken sollte. Zum einen haben Rolla und Paganini in späteren Jahren gemein- sam Konzerte gegeben. Zum anderen finden sich etliche Bravourstückchen, mit denen Paganini später sein Publikum verzückte, bereits in den Werken Rollas. Dieser erwarb sich übrigens auch als Dirigent einen ausgezeichne- ten Ruf; ab 1802 war er an der Mailänder Scala tätig. Später unterrichtete er zudem Violine und Viola am neu gegründeten Konservatorium.
Neben einer Vielzahl von Musikstücken für den Unterricht komponierte Rolla unter anderem Ballettmusiken, zwölf Sinfonien, diverse Konzerte und sehr viel Kammermusik. Jennifer Stumm, Gewinnerin zahlreicher renommierter Wettbewerbe, hat für ihre CD in der Laureate Serie von Naxos eine Auswahl von Rollas Musik für die Bratsche zusammengestellt. Zu hören sind drei seiner Viola-Sonaten, von der jungen Solistin mit der Pianistin Connie Shih eingespielt. Außerdem erklingen drei Etüden, die Rolla sicherlich für seine Schüler geschrieben hat, sowie das Duetto in A-Dur für Violine und Viola op. 18, Nr. 1, das Jennifer Stumm gemeinsam mit der Geigerin Liza Ferschtman vorstellt.
Dass Rollas Musik heute nahezu vergessen ist, kann man kaum glauben, wenn man diese CD anhört. Denn seine Werke sind keineswegs Virtuosen-Massenware; sie überzeugen durch schöne Melodien, Charme, Witz und Schwung. Jennifer Stumm setzt mit ihrem Engagement für diesen Kompo- nisten ein Zeichen – und man hofft, dass in Zukunft weitere Musikstücke von Alessandro Rolla den Weg zurück auf das Konzertpodium finden. Es lohnt sich.
Montag, 24. Oktober 2016
Vanhal: 3 late string quartets (MMB)
Johann Baptist Vanhal (1739 bis 1813) gehörte zum Freundeskreis um Haydn und Mozart. Er war in Böhmen zur Welt gekommen, als Sohn leibeigener Bauern. Schon als Jugendlicher wirkte er als Organist, außerdem spielt er Geige. Eine Gräfin würdigte seine Begabung und sorgte dafür, dass er seine Ausbildung in Wien fortsetzen konnte. Dort ver- diente er als Musiklehrer bald genug, um sich aus der Leibeigenschaft freizukaufen.
1769 reiste er für zwei Jahre nach Italien; auch in Kroatien und Ungarn soll Vanhal sich kurz aufgehalten haben. Im Jahre 1780 aber ließ er sich endgültig in Wien nieder, wo er sein Geld als Musiker, Komponist und als Musikpädagoge verdiente. Ignaz Pleyel war einer seiner Schüler.
Obwohl ihm sowohl durch Kaiser Joseph II. als auch am Dresdner Hof Anstellungen angeboten worden waren, lehnte er ab; Vanhal gilt somit als einer der ersten freischaffenden Musiker überhaupt. Er schuf eine immense Anzahl von Werken, darunter viele Sinfonien, Konzerte, Kammermusik für verschiedene Besetzungen und geistliche Musik.
Die drei Streichquartette, die das Camesina Quartett für diese CD ausge- wählt hat, sind Vanhals Antwort auf die berühmten Streichquartette "auf eine gantz neue besondere Art" op. 33, die Joseph Haydn im Jahre 1781 veröffentlicht hatte. Die Musiker kannten sich gut; aus zeitgenössischen Berichten wissen wir, dass sie gemeinsam musiziert haben – so soll bei einem Quartett-Abend 1784 Haydn die erste Violine gespielt haben, Carl Ditters von Dittersdorf die zweite, Mozart die Bratsche und Vanhal das Violoncello. Man darf davon ausgehen, dass sie bei solchen Gelegenheiten einem handverlesenen Publikum ihre eigenen Werke vorgestellt haben.
Dabei hat es möglicherweise auch kollegiale Scherze gegeben; das Camesina Quartett merkt an, in einigen Werken sei „der Part der ersten Violine sehr virtuos und erfordert teilweise wahnwitziges Lagenspiel bis zum Ende des Griffbrettes“ – was durchaus eine Art musikalischer Spaß gewesen sein könnte. Johannes Gebauer und Katja Grüttner, Violine, Irina Alexandrowna, Viola, und Martin Burkhardt, Violoncello, musizieren temperamentvoll und graziös – Vanhals Werke sind beim Camesina Quartett, das historische Aufführungspraxis sehr ernst nimmt, in besten Händen.
Zu hören sind auf dieser CD zwei der Streichquartette, die Vanhal eben- falls als op. 33 veröffentlichte – was ganz sicher kein Zufall war. Ergänzt wird das Programm durch eines von insgesamt sechs Quartetten, die als Subskription bei Hoffmeister in einer Art Zeitschrift erschienen sind „und denen wir, analog zu Mozarts ,Hoffmeister-Quartett' KV 499 (welches ebenfalls 1786 dort erschien), den Beinamen ,Hoffmeister-Quartette' gegeben haben, da sie keine Opus-Zahl besitzen“, schreibt das Camesina Quartett im Beiheft. „Wir hoffen sehr, mit unserer CD dem Komponisten Vanhal einen kleinen Dienst zu erweisen, indem wir einige wirklich hochwertige Werke zugänglich machen, die eine Wiederentdeckung unbedingt wert sind.“
1769 reiste er für zwei Jahre nach Italien; auch in Kroatien und Ungarn soll Vanhal sich kurz aufgehalten haben. Im Jahre 1780 aber ließ er sich endgültig in Wien nieder, wo er sein Geld als Musiker, Komponist und als Musikpädagoge verdiente. Ignaz Pleyel war einer seiner Schüler.
Obwohl ihm sowohl durch Kaiser Joseph II. als auch am Dresdner Hof Anstellungen angeboten worden waren, lehnte er ab; Vanhal gilt somit als einer der ersten freischaffenden Musiker überhaupt. Er schuf eine immense Anzahl von Werken, darunter viele Sinfonien, Konzerte, Kammermusik für verschiedene Besetzungen und geistliche Musik.
Die drei Streichquartette, die das Camesina Quartett für diese CD ausge- wählt hat, sind Vanhals Antwort auf die berühmten Streichquartette "auf eine gantz neue besondere Art" op. 33, die Joseph Haydn im Jahre 1781 veröffentlicht hatte. Die Musiker kannten sich gut; aus zeitgenössischen Berichten wissen wir, dass sie gemeinsam musiziert haben – so soll bei einem Quartett-Abend 1784 Haydn die erste Violine gespielt haben, Carl Ditters von Dittersdorf die zweite, Mozart die Bratsche und Vanhal das Violoncello. Man darf davon ausgehen, dass sie bei solchen Gelegenheiten einem handverlesenen Publikum ihre eigenen Werke vorgestellt haben.
Dabei hat es möglicherweise auch kollegiale Scherze gegeben; das Camesina Quartett merkt an, in einigen Werken sei „der Part der ersten Violine sehr virtuos und erfordert teilweise wahnwitziges Lagenspiel bis zum Ende des Griffbrettes“ – was durchaus eine Art musikalischer Spaß gewesen sein könnte. Johannes Gebauer und Katja Grüttner, Violine, Irina Alexandrowna, Viola, und Martin Burkhardt, Violoncello, musizieren temperamentvoll und graziös – Vanhals Werke sind beim Camesina Quartett, das historische Aufführungspraxis sehr ernst nimmt, in besten Händen.
Zu hören sind auf dieser CD zwei der Streichquartette, die Vanhal eben- falls als op. 33 veröffentlichte – was ganz sicher kein Zufall war. Ergänzt wird das Programm durch eines von insgesamt sechs Quartetten, die als Subskription bei Hoffmeister in einer Art Zeitschrift erschienen sind „und denen wir, analog zu Mozarts ,Hoffmeister-Quartett' KV 499 (welches ebenfalls 1786 dort erschien), den Beinamen ,Hoffmeister-Quartette' gegeben haben, da sie keine Opus-Zahl besitzen“, schreibt das Camesina Quartett im Beiheft. „Wir hoffen sehr, mit unserer CD dem Komponisten Vanhal einen kleinen Dienst zu erweisen, indem wir einige wirklich hochwertige Werke zugänglich machen, die eine Wiederentdeckung unbedingt wert sind.“
Reger: Complete works for clarinet and piano (MDG)
Die Klarinettensonaten von Max Reger (1873 bis 1916) sind mit einer Geschichte verknüpft, die viel über den Komponisten verrät – erzählt vom musikalischen Mentor seiner Jugendjahre: „In Weiden besaßen wir damals einen vorzüglichen Klarinettisten, den städtischen Kapellmeister Kürmeyer, mit dem ich manche Stunde musizierte“, berichtet Adalbert Lindner. „Mit Kürmeyer spielte ich nun eines Tages in meiner Behausung die Klarinettsonate op. 120 in f-Moll von Brahms, eines der allerletzten und reifsten Werke des Meisters. Während des Spiels trat Reger ins Zimmer, hörte uns zu uns sagte, nachdem wir geendet: Schön, werde ich auch zwei solche Dinger schreiben! Nach ungefähr drei Wochen schon hatte er sein Wort eingelöst: die beiden Sonaten für Klavier und Klarinette in As-Dur und fis-Moll, sein 1901 bei Aibl (Universal-Edition) erschienenes op. 40, lag druckfertig vor.“
Die beiden Werke, obgleich selten zu hören, sind ebenso keck wie poetisch. Auch sonst fällt auf, dass Reger nicht nur kühn, sondern auch ausge- sprochen humorvoll komponierte. Robert Oberaigner, seit 2013 Solo- klarinettist der Dresdner Staatskapelle, und ARD-Preisträger Michael Schöch haben diese beiden frühen Sonaten zusammen mit der Sonate op. 107 sowie Tarantella und Albumblatt bei Dabringhaus und Grimm munter und elegant eingespielt.
Die beiden Werke, obgleich selten zu hören, sind ebenso keck wie poetisch. Auch sonst fällt auf, dass Reger nicht nur kühn, sondern auch ausge- sprochen humorvoll komponierte. Robert Oberaigner, seit 2013 Solo- klarinettist der Dresdner Staatskapelle, und ARD-Preisträger Michael Schöch haben diese beiden frühen Sonaten zusammen mit der Sonate op. 107 sowie Tarantella und Albumblatt bei Dabringhaus und Grimm munter und elegant eingespielt.
Reger: Integrale Kammermusik für Klarinette (Oehms Classics)
Anlässlich des hundertsten Todes- tages rückt nicht nur das umfang- reiche Orgelwerk von Max Reger (1873 bis 1916), sondern auch sein sonstiges Schaffen in den Blickpunkt. Das lohnt sich durchaus, wie diese Einspielung aus dem Hause Oehms Classics beweist: Stephan Siegen- thaler, Klarinette, Kolja Lessing, Klavier, und das renommierte Leipziger Streichquartett präsentieren auf zwei CD sämtliche Werke des Komponisten für Klarinette. Zu hören sind die Klarinettensonaten op. 49 und op. 107, die Tarantella WoO II/12 für Klarinette und Klavier, das Albumblatt WoO II/13 für Klarinette und Klavier sowie das Klarinettenquintett in A-Dur op. 146.
Freitag, 21. Oktober 2016
Porpora: Aminta - Pastoral Cantatas (Pan Classics)
Wölkchen, Schäfchen, Blümchen und Bächlein sind die Kulisse dieser Kammerkantaten, Nymphen und Hirten die handelnden Personen, Liebe, vor allem verschmähte oder aber betrogene Liebe, das wichtigste Thema. Wer jetzt entsetzt die Augen aufreißt angesichts dieser vermeintli- chen Banalitäten, der sollte trotzdem weiterlesen. Denn Schäferspiele waren einst ein wichtiges Ritual des Adels. Von Versailles bis Moskau und von Neapel bis Dresden hüpften kostümierte Höflinge durch die Hecken, auf der Suche nach dem Goldenen Zeitalter und dem ach-so-idyllischen Leben der einfachen Leute.
Auch die Kammerkantaten jener Zeit spiegelten die Vorliebe für jene fiktive Landlust. Aus dem umfangreichen Schaffen von Nicola Antonio Porpora (1686 bis 1768) sind etwa 130 cantate da camera überliefert – zwölf davon, nach Texten von Pietro Metastasio, erschienen sogar gedruckt; sie waren zudem in Abschriften in Europa weit verbreitet. Das Ensemble Stile Galante, geleitet von Stefano Aresi, hat im Castello Albani im italienischen Urgnano fünf Kammerkantaten des Komponisten für Altstimme einge- spielt, die nicht in dieser Kollektion enthalten sind. Die Mezzosopranistin Marina De Liso hat sich an die teilweise technisch extrem anspruchsvollen Werke herangewagt. Sie zeigen exemplarisch Porporas enormes Können als Komponist; diese Kammerkantaten neigen, bei allem Landidyll, oftmals auch zu Drama. Sie sind musikalisch nicht weniger faszinierend und komplex als die Opern jener Tage.
Auch die Kammerkantaten jener Zeit spiegelten die Vorliebe für jene fiktive Landlust. Aus dem umfangreichen Schaffen von Nicola Antonio Porpora (1686 bis 1768) sind etwa 130 cantate da camera überliefert – zwölf davon, nach Texten von Pietro Metastasio, erschienen sogar gedruckt; sie waren zudem in Abschriften in Europa weit verbreitet. Das Ensemble Stile Galante, geleitet von Stefano Aresi, hat im Castello Albani im italienischen Urgnano fünf Kammerkantaten des Komponisten für Altstimme einge- spielt, die nicht in dieser Kollektion enthalten sind. Die Mezzosopranistin Marina De Liso hat sich an die teilweise technisch extrem anspruchsvollen Werke herangewagt. Sie zeigen exemplarisch Porporas enormes Können als Komponist; diese Kammerkantaten neigen, bei allem Landidyll, oftmals auch zu Drama. Sie sind musikalisch nicht weniger faszinierend und komplex als die Opern jener Tage.
Roman: The 12 Flute Sonatas - Nos 6 - 12 (BIS)
Johan Helmich Roman (1694 bis 1758) gilt als Vater der schwedischen Musik. Er kam in Stockholm als Sohn eines Hofmusikers zur Welt, und wurde schon als Knabe ebenfalls Mitglied der Hofkapelle. 1715 durfte er auf Weisung seines Dienstherrn, König Karl XII., zu einem Studien- aufenthalt ins Ausland reisen. Roman ging nach London, wo er zahlreiche bedeutende Musiker seiner Zeit kennenlernte – unter anderem Händel, Gemiani, Bononcini, Ariosti und Pepusch.
1721 kehrte er in die Heimat zurück, wo er dann 1727 Hofkapellmeister wurde. Nach dem Tod seiner Frau 1734 ging Roman noch einmal auf Reisen – über London und Frankreich nach Italien, wo er wohl auch zur Kur weilte, und dann über Wien, München, Augsburg, Dresden und Berlin zurück nach Stockholm. Weil Roman überall unterwegs Musikalien einkaufte, konnten Musikwissenschaftler seinen Reiseweg minutiös rekonstruieren. 1737 trat er wieder seinen Dienst an – hoch geehrt, 1739 wurde der Musiker sogar in die Königliche Wissen- schaftsakademie gewählt.
Nach dem Tod seiner zweiten Frau 1744 zog sich Roman aufs Land zurück. Nur noch zweimal leistete er Beiträge zum Musikleben – zur Geburt des Kronprinzen Gustav, und zum Ableben von König Fredrik I. sowie der Krönung von Adolf Fredrik und Lovisa Ulrika. Komponiert hat Johan Helmich Roman eine große Anzahl an Werken. Im Druck erschienen ist zu Lebzeiten des Musikers nur eines davon: Seine Zwölf Sonaten für Travers- flöte, die er Königin Ulrika Eleonora 1727, im Jahre seiner Ernennung zum Hofkapellmeister, als Geburtstagsgeschenk überreichte.
Dan Laurin hat sie nun mit dem Ensemble Paradiso Musicale eingespielt – auf der Blockflöte. Das passt sehr gut zu den Sonaten Romans, die sich weniger durch halsbrecherische Virtuosität als vielmehr durch Raffinesse und überraschende Wendungen auszeichnen. Seine Musik zeigt, bei aller Eigenständigkeit, zudem deutlich Romans Vorbilder; bei manchen Wendungen meint man, Händels Hallesche Sonaten hätten Pate gestanden. Temperamentvoll präsentiert Dan Laurin diese qualitätvollen Kompositionen, im Zusammenspiel mit Anna Paradiso, Cembalo, Mats Olofsson, Violoncello, und Jonas Nordberg, Barockgitarre und Theorbe.
1721 kehrte er in die Heimat zurück, wo er dann 1727 Hofkapellmeister wurde. Nach dem Tod seiner Frau 1734 ging Roman noch einmal auf Reisen – über London und Frankreich nach Italien, wo er wohl auch zur Kur weilte, und dann über Wien, München, Augsburg, Dresden und Berlin zurück nach Stockholm. Weil Roman überall unterwegs Musikalien einkaufte, konnten Musikwissenschaftler seinen Reiseweg minutiös rekonstruieren. 1737 trat er wieder seinen Dienst an – hoch geehrt, 1739 wurde der Musiker sogar in die Königliche Wissen- schaftsakademie gewählt.
Nach dem Tod seiner zweiten Frau 1744 zog sich Roman aufs Land zurück. Nur noch zweimal leistete er Beiträge zum Musikleben – zur Geburt des Kronprinzen Gustav, und zum Ableben von König Fredrik I. sowie der Krönung von Adolf Fredrik und Lovisa Ulrika. Komponiert hat Johan Helmich Roman eine große Anzahl an Werken. Im Druck erschienen ist zu Lebzeiten des Musikers nur eines davon: Seine Zwölf Sonaten für Travers- flöte, die er Königin Ulrika Eleonora 1727, im Jahre seiner Ernennung zum Hofkapellmeister, als Geburtstagsgeschenk überreichte.
Dan Laurin hat sie nun mit dem Ensemble Paradiso Musicale eingespielt – auf der Blockflöte. Das passt sehr gut zu den Sonaten Romans, die sich weniger durch halsbrecherische Virtuosität als vielmehr durch Raffinesse und überraschende Wendungen auszeichnen. Seine Musik zeigt, bei aller Eigenständigkeit, zudem deutlich Romans Vorbilder; bei manchen Wendungen meint man, Händels Hallesche Sonaten hätten Pate gestanden. Temperamentvoll präsentiert Dan Laurin diese qualitätvollen Kompositionen, im Zusammenspiel mit Anna Paradiso, Cembalo, Mats Olofsson, Violoncello, und Jonas Nordberg, Barockgitarre und Theorbe.
Donnerstag, 20. Oktober 2016
Abel: The Drexel Manuscript (Accent)
Die Sammlung des Mäzens Joseph William Drexel – sie befindet sich heute in der New York Public Library – enthält, neben vielen anderen Schätzen, neunundzwanzig Kompositionen von Carl Friedrich Abel für Solo-Gambe.
Carl Friedrich Abel (1723 bis 1787) war des Sohn des Gambenvirtuosen Christian Ferdinand Abel, der zu Bachs Zeiten in der Köthener Hofkapelle musizierte. Von 1739 bis 1743 soll er sich in Leipzig aufgehal- ten haben; ob er ein Schüler Bachs war, wie vermutet wird, das lässt sich nicht belegen. Ab 1745 jedenfalls musizierte er in der Dresdner Hofkapelle, wo er auch erste Kompositionen schuf. Zehn Jahre später verließ er die Residenz, und verbrachte einige Jahre auf Konzertreisen durch Europa. 1759 ging er schließlich nach London, wo er wohl, abgesehen von einem kurzen Aufenthalt 1782 am preußischen Hof in Berlin, die verbeibenden Jahre verbrachte. Mit Johann Christian Bach war Abel eng befreundet, die „Bach-Abel-Konzerte“ waren in London eine Institution.
Die Werke aus dem Drexel-Manuskript soll Abel während seiner Zeit in England geschrieben haben. Petr Wagner spielt sie in der Reihenfolge der Handschrift. Einige davon sind umfangreiche Kompositionen, andere ähneln eher Skizzen – Wagner hat sie Präludien und Kadenzen genannt. Es sind virtuose Stücke darunter und galante, kapriziöse und empfindsame; sogar eine Fuge findet sich. Mit seiner Einspielung macht Wagner deut- lich, warum Abel von seinen Zeitgenossen derart geschätzt wurde. Wer Gambenmusik liebt, der sollte diese CD unbedingt anhören.
Carl Friedrich Abel (1723 bis 1787) war des Sohn des Gambenvirtuosen Christian Ferdinand Abel, der zu Bachs Zeiten in der Köthener Hofkapelle musizierte. Von 1739 bis 1743 soll er sich in Leipzig aufgehal- ten haben; ob er ein Schüler Bachs war, wie vermutet wird, das lässt sich nicht belegen. Ab 1745 jedenfalls musizierte er in der Dresdner Hofkapelle, wo er auch erste Kompositionen schuf. Zehn Jahre später verließ er die Residenz, und verbrachte einige Jahre auf Konzertreisen durch Europa. 1759 ging er schließlich nach London, wo er wohl, abgesehen von einem kurzen Aufenthalt 1782 am preußischen Hof in Berlin, die verbeibenden Jahre verbrachte. Mit Johann Christian Bach war Abel eng befreundet, die „Bach-Abel-Konzerte“ waren in London eine Institution.
Die Werke aus dem Drexel-Manuskript soll Abel während seiner Zeit in England geschrieben haben. Petr Wagner spielt sie in der Reihenfolge der Handschrift. Einige davon sind umfangreiche Kompositionen, andere ähneln eher Skizzen – Wagner hat sie Präludien und Kadenzen genannt. Es sind virtuose Stücke darunter und galante, kapriziöse und empfindsame; sogar eine Fuge findet sich. Mit seiner Einspielung macht Wagner deut- lich, warum Abel von seinen Zeitgenossen derart geschätzt wurde. Wer Gambenmusik liebt, der sollte diese CD unbedingt anhören.
Bach: The Violin Sonatas; Seiler (Berlin Classics)
Als „Triumph des Geistes über die Materie“ bezeichnete Bach-Biograph Spitta einst die Partiten und Sonaten des Komponisten für Violine solo. „Das Superlativhafte und Originäre dieser Kompositionen kann nie zur Genüge hervorgehoben werden“, so Midori Seiler. „Verschwenderisch greift Johann Sebastian Bach mit Harmonik und Farbenreichtum in den Fundus seiner Klangsprache, um dabei seine große Meisterschaft zu offenbaren: Mithilfe festgezurrter Regeln dem kreativen Geist die größte Freiheit zu ermöglichen.“
Seit Jahren beschäftigt sich die Musikerin mit den Werken, die Bach für Solo-Violine geschrieben hat. Midori Seiler hat diese auch bereits eingespielt, doch die Arbeit daran geht immer weiter: „Bin ich Geigerin geworden, um Bachs Solowerke zu spielen, oder spiele ich Bachs Solowerke, um Geigerin zu sein? Ich weiß nur so viel: Der innere Antrieb, diese Stücke zu spielen, zu ,meistern' ist seit vielen Jahren mein Motor, der mich immer wieder an Grenzen führt und darüber hinaus.“
Wie schon die Partiten, hat Midori Seiler nunmehr auch die Sonaten am historischen Ort, im Johann-Sebastian-Bach-Saal des Köthener Schlosses, eingespielt. Die Geigerin spielt so natürlich, so tief empfunden, dass diese komplexe Musik beinahe wirkt, als wäre sie improvisiert. Nichts ist hier aufgesetzt, gekünstelt, erzwungen. Mit einer Violine von Andrea Guarneri, angefertigt um 1680, Darmsaiten und einem Barockbogen von Bastian Muthesius erkundet sie Klang und Melodik der einzelnen Stimmen, die Bach kompromisslos in einem polyphonen, mehrstimmigen Satz verflochten hat. Midori Seilers Interpretation erinnert mich sehr an das Lautenspiel von Toyohiko Satoh, das eher musikalische Meditation als virtuose Demonstration ist. Atemberaubend!
Seit Jahren beschäftigt sich die Musikerin mit den Werken, die Bach für Solo-Violine geschrieben hat. Midori Seiler hat diese auch bereits eingespielt, doch die Arbeit daran geht immer weiter: „Bin ich Geigerin geworden, um Bachs Solowerke zu spielen, oder spiele ich Bachs Solowerke, um Geigerin zu sein? Ich weiß nur so viel: Der innere Antrieb, diese Stücke zu spielen, zu ,meistern' ist seit vielen Jahren mein Motor, der mich immer wieder an Grenzen führt und darüber hinaus.“
Wie schon die Partiten, hat Midori Seiler nunmehr auch die Sonaten am historischen Ort, im Johann-Sebastian-Bach-Saal des Köthener Schlosses, eingespielt. Die Geigerin spielt so natürlich, so tief empfunden, dass diese komplexe Musik beinahe wirkt, als wäre sie improvisiert. Nichts ist hier aufgesetzt, gekünstelt, erzwungen. Mit einer Violine von Andrea Guarneri, angefertigt um 1680, Darmsaiten und einem Barockbogen von Bastian Muthesius erkundet sie Klang und Melodik der einzelnen Stimmen, die Bach kompromisslos in einem polyphonen, mehrstimmigen Satz verflochten hat. Midori Seilers Interpretation erinnert mich sehr an das Lautenspiel von Toyohiko Satoh, das eher musikalische Meditation als virtuose Demonstration ist. Atemberaubend!
Mittwoch, 19. Oktober 2016
Winds and Pipes (Genuin)
Der Klang von Pauken und Trompe- ten symbolisiert weltliche Macht, die Orgel steht für das geistliche Regi- ment. Auf dieser CD ist zu erleben, welch unglaubliche Klangpracht Bläser und Orgel zustande bringen, wenn man beides gekonnt kombi- niert. Dazu hat die Sächsische Bläserphilharmonie unter Thomas Clamor gemeinsam mit dem Leipziger Universitätsorganisten Daniel Beil- schmidt Werke von der Renaissance bis zur Moderne ausgewählt, die sämtlich ihre Wurzel in der Kirchen- musik haben.
In spannungsvollem Dialog eröffnen die Musiker mystische Klangräume. Ob Flor Peeters' (1903 bis 1986) Entrata Festiva op. 93 oder die Marche-Fantaisie op. 44 von Félix Alexandre Guilmant (1837 bis 1911) in einer groß besetzten Fassung für Orgel und Orchester – das klingt alles üppig, kraftvoll und staatstragend. In Weltersteinspielung zu hören ist das Concertino für Orgel und Blasorchester des Schweizer Komponisten Thomas Trachsel, Jahrgang 1972. Beim Grand Choeur Dialogué von Eugène Gigout (1844 bis 1925), komponiert für das Wechselspiel zweier Orgelwerke einer großen französischen romantischen Orgel, übernehmen die Bläser einen Orgelpart. Das funktioniert wunderbar; Orchester und Orgel harmonieren bestens. Nicht umsonst haben etliche Pfeifengruppen, sogenannte Register, Namen wie Trompete, Clarine, Kornett oder Posaune.
Zu hören ist auf dieser CD die Jehmlich-Orgel im Dom St. Marien zu Wurzen – ein Instrument aus dem Jahre 1932, dessen Disposition bereits durch die Orgelbewegung geprägt wurde. Sie wurde in den Jahren 1998 bis 2001 durch die Orgelwerkstatt Christian Reinhold, Bernsdorf, grundlegend saniert, und verfügt heute über 49 klingende Register auf drei Manualen und Pedal. Ihr Klang passt ebenso gut zu den Werken von Giovanni Gabrieli (1557 bis 1612), im venezianischen mehrchörigen Stil, und zur Musik Johann Sebastian Bachs. Seine Kunst der Fuge erklingt in einem Arrangement von Siegmund Goldhammer, das die fünf Kontrapunkte abwechselnd der Sächsischen Bläserphilharmonie und der Orgel zuweist. Das Programm endet gänzlich ohne Pathos, mit einem Schlusschoral – O Haupt voll Blut und Wunden aus Bachs Matthäuspassion. Phantastisch!
In spannungsvollem Dialog eröffnen die Musiker mystische Klangräume. Ob Flor Peeters' (1903 bis 1986) Entrata Festiva op. 93 oder die Marche-Fantaisie op. 44 von Félix Alexandre Guilmant (1837 bis 1911) in einer groß besetzten Fassung für Orgel und Orchester – das klingt alles üppig, kraftvoll und staatstragend. In Weltersteinspielung zu hören ist das Concertino für Orgel und Blasorchester des Schweizer Komponisten Thomas Trachsel, Jahrgang 1972. Beim Grand Choeur Dialogué von Eugène Gigout (1844 bis 1925), komponiert für das Wechselspiel zweier Orgelwerke einer großen französischen romantischen Orgel, übernehmen die Bläser einen Orgelpart. Das funktioniert wunderbar; Orchester und Orgel harmonieren bestens. Nicht umsonst haben etliche Pfeifengruppen, sogenannte Register, Namen wie Trompete, Clarine, Kornett oder Posaune.
Zu hören ist auf dieser CD die Jehmlich-Orgel im Dom St. Marien zu Wurzen – ein Instrument aus dem Jahre 1932, dessen Disposition bereits durch die Orgelbewegung geprägt wurde. Sie wurde in den Jahren 1998 bis 2001 durch die Orgelwerkstatt Christian Reinhold, Bernsdorf, grundlegend saniert, und verfügt heute über 49 klingende Register auf drei Manualen und Pedal. Ihr Klang passt ebenso gut zu den Werken von Giovanni Gabrieli (1557 bis 1612), im venezianischen mehrchörigen Stil, und zur Musik Johann Sebastian Bachs. Seine Kunst der Fuge erklingt in einem Arrangement von Siegmund Goldhammer, das die fünf Kontrapunkte abwechselnd der Sächsischen Bläserphilharmonie und der Orgel zuweist. Das Programm endet gänzlich ohne Pathos, mit einem Schlusschoral – O Haupt voll Blut und Wunden aus Bachs Matthäuspassion. Phantastisch!
Dienstag, 18. Oktober 2016
Beethoven: Hammerklaviersonate; Sokolov (Sony)
„Sie wird den Pianisten zu schaffen machen“, soll Ludwig van Beethoven einst über seine Große Sonate für das Hammerklavier op. 106 geäußert haben. Das Werk gilt noch immer als Gipfelpunkt pianistischer Kunst; umso erstaunlicher erscheint es, dass der junge Grigory Sokolov einst eine Interpretation in einer Studioaufnah- me eingespielt hat. Der Pianist hatte sich im November 1975, im Alter von 25 Jahren, an Beethovens Opus gewagt.
Die Aufzeichnung ist in München entstanden, als Co-Produktion von Ariola-Eurodisc und dem Bayerischen Rundfunk; wiederveröffentlicht wurde sie nun durch Sony. Sie zeigt, mit welcher Perfektion Sokolov schon damals sein Instrument beherrschte. Es steht jedoch zu vermuten, dass der Musiker mit diesem Tondokument heute nicht mehr vollends zufrieden sein könnte.
Zum einen ist Sokolov dafür bekannt, dass er Aufnahmen generell extrem kritisch gegenübersteht. Seine Konzerte sind wahre Wunder an sensibler, fein abgestimmter Artikulation und Phrasierung; Effekthascherei ist ihm zuwider. Zum anderen ist es eine Binsenweisheit, dass Fingerfertigkeit zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für pianistische Spitzenleistungen ist. Mindestens ebenso wichtig wie das rein technische Vermögen eines Musikers ist sein Musikverständnis – und in diesem Punkt dürfte auch Grigory Sokolov heute, selbstverständlich, so manches anders lesen als in seinen Jugendjahren.
Die Aufzeichnung ist in München entstanden, als Co-Produktion von Ariola-Eurodisc und dem Bayerischen Rundfunk; wiederveröffentlicht wurde sie nun durch Sony. Sie zeigt, mit welcher Perfektion Sokolov schon damals sein Instrument beherrschte. Es steht jedoch zu vermuten, dass der Musiker mit diesem Tondokument heute nicht mehr vollends zufrieden sein könnte.
Zum einen ist Sokolov dafür bekannt, dass er Aufnahmen generell extrem kritisch gegenübersteht. Seine Konzerte sind wahre Wunder an sensibler, fein abgestimmter Artikulation und Phrasierung; Effekthascherei ist ihm zuwider. Zum anderen ist es eine Binsenweisheit, dass Fingerfertigkeit zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für pianistische Spitzenleistungen ist. Mindestens ebenso wichtig wie das rein technische Vermögen eines Musikers ist sein Musikverständnis – und in diesem Punkt dürfte auch Grigory Sokolov heute, selbstverständlich, so manches anders lesen als in seinen Jugendjahren.
Haydn / Mozart: Oboe Quartets (MDG)
Oboenquartette von Joseph Haydn? Da staunt der Laie, und der Fach- mann wundert sich. Beim Blick ins Beiheft findet sich dann auch so- gleich des Rätsels Lösung: Es handelt sich um Bearbeitungen zweier Streichquartette des Meisters, angefertigt von Franz Joseph Rosinack (1748 bis 1823). Er war Oboist der Fürstlich Fürstenbergi- schen Kapelle in Donaueschingen, und offenbar immer auf der Suche nach Werken, die Gelegenheit bieten, sein Instrument solistisch bestens zu präsentieren.
Dass er sich ausgerechnet Haydns Streichquartette dafür ausgesucht hat, ist ziemlich erstaunlich. Zum einen ist es ja gerade ein Kennzeichen des klassischen Streichquartettes, dass die vier Mitwirkenden weitgehend gleichberechtigt musizieren. Zum anderen lässt sich eine Violin-Stimme aus jener Zeit schon nicht mehr ohne weiteres mit einer Oboe besetzen.
Wie es Rosinack dennoch gelungen ist, die Werke anzupassen, das ver- dient höchsten Respekt: Der Musiker hat aus dem Material beider Violinen einen völlig neuen Part erschaffen, der den besonderen Anforderungen des Blasinstruments Rechnung trägt. Dabei ließ er die streichertypischen Abschnitte bei der Violine – vom Passagenwerk bis hin zu jenen Stellen, in denen Haydn das Instrument in die höchsten Lagen führt –, und fügte aus dem verbleibenden Rest einen Solopart für die Oboe zusammen. Er nutzt Oktavierungen, um das Instrument immer in einer vorteilhaften (hohen) Lage zu führen. Dass er damit aus Haydns Streichquartetten charmante Konzertstücke macht, ist durchaus beabsichtigt.
Auch wenn es unserem heutigen Verständnis von Werktreue möglicher- weise nicht entspricht – aber das Ergebnis kann sich hören lassen. Das Consortium Classicum stellt Rosinacks reizvollen Haydn-Bearbeitungen Mozarts originales Oboenquartett zur Seite. Es handelt sich um die Neuauflage einer lang vergriffenen Produktion in der Besetzung Gernot Schmalfuß, Oboe, Kurt Guntner, Violine, Helmut Nicolai, Viola und Helmar Stiehler, Violoncello. Kammermusik der Extraklasse!
Dass er sich ausgerechnet Haydns Streichquartette dafür ausgesucht hat, ist ziemlich erstaunlich. Zum einen ist es ja gerade ein Kennzeichen des klassischen Streichquartettes, dass die vier Mitwirkenden weitgehend gleichberechtigt musizieren. Zum anderen lässt sich eine Violin-Stimme aus jener Zeit schon nicht mehr ohne weiteres mit einer Oboe besetzen.
Wie es Rosinack dennoch gelungen ist, die Werke anzupassen, das ver- dient höchsten Respekt: Der Musiker hat aus dem Material beider Violinen einen völlig neuen Part erschaffen, der den besonderen Anforderungen des Blasinstruments Rechnung trägt. Dabei ließ er die streichertypischen Abschnitte bei der Violine – vom Passagenwerk bis hin zu jenen Stellen, in denen Haydn das Instrument in die höchsten Lagen führt –, und fügte aus dem verbleibenden Rest einen Solopart für die Oboe zusammen. Er nutzt Oktavierungen, um das Instrument immer in einer vorteilhaften (hohen) Lage zu führen. Dass er damit aus Haydns Streichquartetten charmante Konzertstücke macht, ist durchaus beabsichtigt.
Auch wenn es unserem heutigen Verständnis von Werktreue möglicher- weise nicht entspricht – aber das Ergebnis kann sich hören lassen. Das Consortium Classicum stellt Rosinacks reizvollen Haydn-Bearbeitungen Mozarts originales Oboenquartett zur Seite. Es handelt sich um die Neuauflage einer lang vergriffenen Produktion in der Besetzung Gernot Schmalfuß, Oboe, Kurt Guntner, Violine, Helmut Nicolai, Viola und Helmar Stiehler, Violoncello. Kammermusik der Extraklasse!
Montag, 17. Oktober 2016
Czerny: Grand Concerto in A minor (Naxos)
„Hr. Czerny gehört ohne allen Zweifel unter die Componisten, die einem grossen Theile des musikali- schen Publicums ausnehmend gefallen“, so urteilte Wilhelm Fink 1828 in der Allgemeinen Musikali- schen Zeitung. „Aehnliches haben wir an Rossini erlebt, und in der That, beyde gleichen sich nicht we- nig; man könnte behaupten: Czerny ist unter den Clavier-Componisten eben das, was Rossini unter den Opern-Componisten ist.“
Über den Lebensweg und das Werk des Beethoven-Schülers Carl Czerny (1791 bis 1857) wurde in diesem Blog schon ausführlich berichtet. Er zog es vor, zu unterrichten, statt sich als Virtuose zu präsentieren. Nicht nur seine Etüden, sondern vor allem auch seine Konzertstücke verschafften ihm und seinen Verlegern ein Vermögen. Die Pianistin Rosemary Tuck stellt auf dieser CD, mit dem English Chamber Orchestra unter Richard Bonynge, drei seiner komplexeren Werke vor.
Als Überraschung erweist sich das Grand Notturno Brillant op. 95 – hinter vordergründiger Virtuosität wird, gänzlich unerwartet, mitunter eine gehörige Portion Melancholie hörbar. Das Grand Concerto a-Moll op. 214 gilt als eines der ersten romantischen Konzerte überhaupt. Auch dieses Werk verlangt dem Solisten allerhand ab; Tuck musiziert es kraftvoll und mit großer Geste. Zum Finale erklingen die Variations de Concert sur la Marche des Grecs de l'Opéra Le Siège de Corinthe de Rossini op. 138 – handwerklich solide gearbeitet, und so originell wie eine Wand aus schicken roten Klinkern; ein Virtuosenstück, wie es damals viele gegeben hat. Aber eindrucksvoll ist die erforderliche Fingerfertigkeit in jedem Falle.
Über den Lebensweg und das Werk des Beethoven-Schülers Carl Czerny (1791 bis 1857) wurde in diesem Blog schon ausführlich berichtet. Er zog es vor, zu unterrichten, statt sich als Virtuose zu präsentieren. Nicht nur seine Etüden, sondern vor allem auch seine Konzertstücke verschafften ihm und seinen Verlegern ein Vermögen. Die Pianistin Rosemary Tuck stellt auf dieser CD, mit dem English Chamber Orchestra unter Richard Bonynge, drei seiner komplexeren Werke vor.
Als Überraschung erweist sich das Grand Notturno Brillant op. 95 – hinter vordergründiger Virtuosität wird, gänzlich unerwartet, mitunter eine gehörige Portion Melancholie hörbar. Das Grand Concerto a-Moll op. 214 gilt als eines der ersten romantischen Konzerte überhaupt. Auch dieses Werk verlangt dem Solisten allerhand ab; Tuck musiziert es kraftvoll und mit großer Geste. Zum Finale erklingen die Variations de Concert sur la Marche des Grecs de l'Opéra Le Siège de Corinthe de Rossini op. 138 – handwerklich solide gearbeitet, und so originell wie eine Wand aus schicken roten Klinkern; ein Virtuosenstück, wie es damals viele gegeben hat. Aber eindrucksvoll ist die erforderliche Fingerfertigkeit in jedem Falle.
Fantasies Rhapsodies & Daydreams by Arabella Steinbacher (Pentatone)
Fantasien, Rhapsodien und Tag- träume hat Arabella Steinbacher auf dieser CD zusammengefasst – in einer sehr persönlichen Auswahl, die virtuose Bravourstücke mit lyrischen, ausdrucksvollen Werken kombiniert. Das Programm beginnt mit der Carmen-Fantasie von Franz Waxmann (1906 bis 1967) in der Version von Jascha Heifetz. Es folgen Sarasates Zigeunerweisen, The Lark Ascending von Ralph Vaughan Williams (1872 bis 1958), Havanaise op. 83 sowie Introduction et Rondo capriccioso op. 28 von Camille Saint-Saëns (1835 bis 1921), die Méditation aus Thaïs von Jules Massenet (1842 bis 1912), und zum Abschluss erklingt die Tzigane von Maurice Ravel (1875 bis 1937).
Im Beiheft berichtet die Geigerin, dass sie große Lust darauf hatte, all diese Raritäten einzuspielen, die heutzutage im Konzert nur selten zu hören sind. Üblicherweise, so Steinbacher, studieren Geiger dieses Repertoire in jungen Jahren, um ihre technischen Fertigkeiten daran zu schulen. Die großen Geiger der Vergangenheit, wie Kreisler, Menuhin oder Heifetz, spielten solche Stücke ganz selbstverständlich in ihren Konzertprogram- men, oftmals in eigenen Bearbeitungen. Derzeit gilt das als unangemessen, als unseriös; die meisten Musiker bevorzugen daher Konzerte und Sonaten.
Das ist ziemlich schade, wie diese CD beweist. Denn geigerische Zirkus- kunststückchen, brillant und mit Geschmack vorgetragen, können durchaus vergnüglich sein. Arabella Steinbacher musiziert klangschön auf ihrer Booth-Stradivari aus dem Jahr 1716, unterstützt vom Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo unter Lawrence Foster. Ihr Ton ist hell, klar und beseelt; mitunter freilich auch ein wenig zu brav und harmlos. Zigeunerklänge und tosende Leidenschaften sind ihre Sache eher nicht, aber wenn es um lyrischen Ausdruck geht, dann ist sie in ihrem Element. Wie sie die Lerche zum Himmel hinaufschweben lässt, das ist großes Kino.
Im Beiheft berichtet die Geigerin, dass sie große Lust darauf hatte, all diese Raritäten einzuspielen, die heutzutage im Konzert nur selten zu hören sind. Üblicherweise, so Steinbacher, studieren Geiger dieses Repertoire in jungen Jahren, um ihre technischen Fertigkeiten daran zu schulen. Die großen Geiger der Vergangenheit, wie Kreisler, Menuhin oder Heifetz, spielten solche Stücke ganz selbstverständlich in ihren Konzertprogram- men, oftmals in eigenen Bearbeitungen. Derzeit gilt das als unangemessen, als unseriös; die meisten Musiker bevorzugen daher Konzerte und Sonaten.
Das ist ziemlich schade, wie diese CD beweist. Denn geigerische Zirkus- kunststückchen, brillant und mit Geschmack vorgetragen, können durchaus vergnüglich sein. Arabella Steinbacher musiziert klangschön auf ihrer Booth-Stradivari aus dem Jahr 1716, unterstützt vom Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo unter Lawrence Foster. Ihr Ton ist hell, klar und beseelt; mitunter freilich auch ein wenig zu brav und harmlos. Zigeunerklänge und tosende Leidenschaften sind ihre Sache eher nicht, aber wenn es um lyrischen Ausdruck geht, dann ist sie in ihrem Element. Wie sie die Lerche zum Himmel hinaufschweben lässt, das ist großes Kino.
C P E Bach: Württemberg Sonatas (Hyperion)
Mit dieser CD gab der junge iranisch-amerikanische Cembalist Mahan Esfahani im Jahre 2014 sein Debüt. Die sechs Cembalosonaten Wq 49 von Carl Philipp Emanuel Bach, auch die Württembergischen genannt, 1744 veröffentlicht, sind anspruchs- volle Werke, in denen sich der Komponist selbstbewusst und experimentierfreudig präsentierte. Esfahani lässt sich von Stereotypen nicht blenden; er kennt die Musik- geschichte, und schaut lieber in die Noten. So gelingt ihm eine beeindruckende Interpretation mit Tiefgang, die den außerordentlichen Rang dieser exquisiten Musik hörbar macht.
Mahler: The 9 Symphonies (Tudor)
Chefdirigent Jonathan Nott schaut mit kühlem, ja, mit misstrauischem Blick in die Partitur. Nichts ist hier idyllisch und harmlos. Nott verzichtet auf auf- gesetztes Pathos und überflüssige Sentimentalisierung; er lotet akribisch aus, was im Notentext steht, und akzeptiert dabei insbesondere auch die Brüche und Abgründe. Damit macht er Klangeffekte hörbar, die Mahler offenbar wichtig waren, die aber beim Beharren auf der spätromantischen Aufführungspraxis mit ihren diversen Rubati eher verschmiert und verdeckt werden. Nott setzt auf Strukturen und Farben, und er hat ein grandioses Gespür für das richtige Zeitmaß. Das Ergebnis ist unglaublich spannend, dramatisch und mitreißend. Atemberaubend!
Montag, 10. Oktober 2016
Serpent & Fire (Alpha)
Dido und Cleopatra, literarische Figuren, die noch nach Jahr- hunderten Maler, Dichter und Komponisten inspirierten, hat die Sopranistin Anna Prohaska zum Mittelpunkt dieser CD erkoren. Cleopatra war die letzte Königin des Pharaonenreiches. Um ihre Herrschaft zu sichern, verbündete sie sich mit den Römern, insbesondere mit Gaius Iulius Caesar und, nach dessen Ermordung, mit dem Feldherrn Marcus Antonius. Als dieser von Octavian geschlagen wurde, folgte sie mit ihm in den Tod; die Legende besagt, dass sie sich von einer Schlange beißen ließ.
Dido ist, der Sage nach, eine phönizische Prinzesssin. Sie gründete Karthago, und entzog sich dem Werben des Numidierkönigs Iarbas durch die Selbstverbrennung. Vergil bringt in seiner Aeneis Dido und den aus Troja zurückkehrenden Aeneas zusammen; in dieser Version der Geschichte verlässt der Held die verliebte Königin, die sich daraufhin in sein Schwert stürzt. Die Aeneis gehört zu den beliebtesten Opern-Stoffen; allein das Libretto Didone abbandonata von Pietro Metastasio wurde mehr als vierzigmal (!) vertont.
Auf dieser CD erklingen Arien aus Opernraritäten von Francesco Cavalli (1602 bis 1676), Daniele da Castrovillari (vermutlich 1613 bis 1678), Antonio Sartorio (1630 bis 1681), Henry Purcell (1659 bis 1695), Christoph Graupner (1683 bis 1760), Georg Friedrich Händel (1685 bis 1759) und Johann Adolph Hasse (1699 bis 1783), ergänzt durch gut passende Instrumentalmusik unter anderem von Matthew Locke und Luigi Rossi. Anna Prohaska singt mit einer berückenden Melancholie und mit grandioser Technik, bestens unterstützt durch das Ensemble Il Giardino Armonico unter Giovanni Antonini. Ohne Zweifel eines der schönsten Alben des Jahres!
Dido ist, der Sage nach, eine phönizische Prinzesssin. Sie gründete Karthago, und entzog sich dem Werben des Numidierkönigs Iarbas durch die Selbstverbrennung. Vergil bringt in seiner Aeneis Dido und den aus Troja zurückkehrenden Aeneas zusammen; in dieser Version der Geschichte verlässt der Held die verliebte Königin, die sich daraufhin in sein Schwert stürzt. Die Aeneis gehört zu den beliebtesten Opern-Stoffen; allein das Libretto Didone abbandonata von Pietro Metastasio wurde mehr als vierzigmal (!) vertont.
Auf dieser CD erklingen Arien aus Opernraritäten von Francesco Cavalli (1602 bis 1676), Daniele da Castrovillari (vermutlich 1613 bis 1678), Antonio Sartorio (1630 bis 1681), Henry Purcell (1659 bis 1695), Christoph Graupner (1683 bis 1760), Georg Friedrich Händel (1685 bis 1759) und Johann Adolph Hasse (1699 bis 1783), ergänzt durch gut passende Instrumentalmusik unter anderem von Matthew Locke und Luigi Rossi. Anna Prohaska singt mit einer berückenden Melancholie und mit grandioser Technik, bestens unterstützt durch das Ensemble Il Giardino Armonico unter Giovanni Antonini. Ohne Zweifel eines der schönsten Alben des Jahres!
Sonntag, 9. Oktober 2016
The Organ at European Courts (Brilliant Classics)
Nicht nur in Kirchen erklang in früheren Jahrhunderten die Orgel. Zur Zeit der Renaissance und auch noch im Barock spielte man sie an vielen europäischen Höfen durchaus auch zur Unterhaltung. Die Instru- mente, die dabei genutzt wurden, waren zumeist kleiner als die klangstarken Kirchenorgeln. Francesco Cera, ein ausgewiesener Spezialist für das historische Repertoire, hat für dieses Album ein Programm zusammengestellt, das exemplarisch zeigt, wie höfische Orgelmusik geklungen hat. Die ausgewählten Stücke führen den Hörer quer durch Europa – von Andrea Gabrieli (1533 bis 1585) bis zu Samuel Scheidt (1578 bis 1654), von Paul Hofhaimer (1459 bis 1537) bis Hugh Aston (um 1485 bis 1558) und von Antonio de Cabezon (1510 bis 1566) bis zu Pierre Attaingnant (1494 bis 1552). All diese Canzonen, Tänze und Variationswerke geben ein ebenso abwechslungsreiches wie beeindruckendes Bild von den Fähigkeiten der damaligen Musiker, die auf technisch vergleichsweise schlichten Instru- menten erstaunlich virtuose Werke vorgetragen haben.
Für diese Aufnahme wählte Cera ein Orgelpositiv von 1772, das sich im Refektorium des Franziskanerkonvents im italienischen Lustra Cilento befindet. Diese organo ottavino in kompakter neapolitanischer Bauart, 2012 liebevoll restauriert, ähnelt vielen Hausorgeln des europäischen Adels, so der Organist. Bei der Einspielung wurde sogar der Orgelwind originalgetreu von Hand erzeugt.
Für diese Aufnahme wählte Cera ein Orgelpositiv von 1772, das sich im Refektorium des Franziskanerkonvents im italienischen Lustra Cilento befindet. Diese organo ottavino in kompakter neapolitanischer Bauart, 2012 liebevoll restauriert, ähnelt vielen Hausorgeln des europäischen Adels, so der Organist. Bei der Einspielung wurde sogar der Orgelwind originalgetreu von Hand erzeugt.
Samstag, 8. Oktober 2016
Cello Rising (BIS)
Zu einer Reise in die Geschichte des Violoncellos lädt Mime Yamahiro Brinkmann ein. Das Programm ihrer ersten Solo-SACD folgt dem Aufstieg des Cellos von den Anfängen bis zu Boccherini. Dabei beweist sie nicht nur Überblick über ein nicht alltäg- liches Repertoire, sondern auch eine Menge Humor: Im Beiheft gibt die Musikerin eine launige Kurzzusam- menfassung der Musikgeschichte, speziell unter Berücksichtigung des Cellos und der Cellisten.
Es erklingt Musik von Domenico Galli, Giovanni Battista degli Antoni, Domenico Gabrielli, Georg Philipp Telemann, Joseph Bodin de Boismortier und Luigi Boccherini. Ob nun Telemanns Getreuer Music-Meister wirklich in einer Liga mit Boccherinis extrem virtuosen Sonaten spielt, darüber wird man nach dem Anhören dieser CD nicht mehr nachdenken.
Mime Yamahiro Brinkmann musiziert exzellent, und stellt eher die techni- schen Fortschritte in den Vordergrund, die das Instrument einst innerhalb von relativ kurzer Zeit geprägt haben. Die Cellistin, die Mitglied einiger führender Alte-Musik-Ensembles ist, wird dabei von Björn Gäfvert, Cemba- lo, und Karl Nyhlin, Barockgitarre, vortrefflich unterstützt.
Es erklingt Musik von Domenico Galli, Giovanni Battista degli Antoni, Domenico Gabrielli, Georg Philipp Telemann, Joseph Bodin de Boismortier und Luigi Boccherini. Ob nun Telemanns Getreuer Music-Meister wirklich in einer Liga mit Boccherinis extrem virtuosen Sonaten spielt, darüber wird man nach dem Anhören dieser CD nicht mehr nachdenken.
Mime Yamahiro Brinkmann musiziert exzellent, und stellt eher die techni- schen Fortschritte in den Vordergrund, die das Instrument einst innerhalb von relativ kurzer Zeit geprägt haben. Die Cellistin, die Mitglied einiger führender Alte-Musik-Ensembles ist, wird dabei von Björn Gäfvert, Cemba- lo, und Karl Nyhlin, Barockgitarre, vortrefflich unterstützt.
Mittwoch, 5. Oktober 2016
Straus: Die lustigen Nibelungen (Capriccio)
Johann Strauß war tot – und mit ihm war die Wiener Operette ins Grab gesunken. Da kam aus Berlin ein Oscar Straus 1870 bis 1954) – mit der Strauß-Dynastie nicht verwandt, auch wenn er in Wien zur Welt gekommen war – und servierte den Österreichern ein urkomisches, unglaublich freches und süffiges Werk im besten Offen- bach-Stil. Die Handlung – das Libretto stammte von dem Berliner Rechtsanwalt Dr. Fritz Oliven, unter dem Pseudonym Rideamus – ist turbulent. Die lustigen Nibelungen parodieren die bekannte Sage vor- witzig, respektlos, und voll Anspielungen.
Die Wiener konnten damit so gar nichts anfangen. In Berlin hingegen, wo die Operette wenig später ebenfalls aufgeführt wurde, lachten sich die Leute schlapp. Sie jubelten über Kaiser Wilhelms II. Hornsignal, den preußi- schen Schneid, mit dem sich die Helden präsentieren, die Drachenblut- wurst – und die stämmigen Stabreime, mit denen so ganz nebenbei auch noch Richard Wagner durch den Kakao gezogen wurde. In den 90er Jahren hat das WDR Rundfunkorchester Köln mit dem WDR Rundfunk- chor und einem solide besetzten Solistenensemble unter der Leitung von Siegfried Köhler Straus' Lustige Nibelungen eingespielt. Die Aufnahme ist bei Capriccio erhältlich – und noch immer ein großer Spaß.
Die Wiener konnten damit so gar nichts anfangen. In Berlin hingegen, wo die Operette wenig später ebenfalls aufgeführt wurde, lachten sich die Leute schlapp. Sie jubelten über Kaiser Wilhelms II. Hornsignal, den preußi- schen Schneid, mit dem sich die Helden präsentieren, die Drachenblut- wurst – und die stämmigen Stabreime, mit denen so ganz nebenbei auch noch Richard Wagner durch den Kakao gezogen wurde. In den 90er Jahren hat das WDR Rundfunkorchester Köln mit dem WDR Rundfunk- chor und einem solide besetzten Solistenensemble unter der Leitung von Siegfried Köhler Straus' Lustige Nibelungen eingespielt. Die Aufnahme ist bei Capriccio erhältlich – und noch immer ein großer Spaß.
Fritz Wunderlich - The 50 Greatest Tracks (Deutsche Grammophon)
Ohne Zweifel gehört Fritz Wunder- lich zu den besten Sängern aller Zeiten. „Er ist vollendet. Ich kann ihm nichts mehr sagen, der Mann ist grandios“, meinte einst Hubert Giesen, Wunderlichs Klavierpartner bei den Liedaufnahmen.
Zum 50. Todestag des viel zu früh verstorbenen Tenors ist nun bei der Deutschen Grammophon das Sammelalbum Fritz Wunderlich – The 50 Greatest Tracks erschienen. Es „ist eine Zusammenstellung meiner Lieblingsstücke“, berichtet Ehefrau Eva Wunderlich im Beiheft. „Es war atemberaubend, all seine Highlights so komprimiert durchzuhören. Er hatte ein so unfassslich vielseitiges Können und war so stilsicher beim Singen, Trompete spielen, ja sogar beim Pfeifen. Das alles machte er mit so viel Emphase – und in so wenigen Jahren.“ Diese Doppel-CD beweist es erneut: Wunderlichs Stimme ist einzigartig, und sein Ausdrucksvermögen war phänomenal. Er war zudem ausgesprochen experimentierfreudig; Bachs Matthäus-Passion sang Wunderlich ebenso zauberhaft wie Lieder von Schubert oder Schumann, Arien aus Opern von Mozart und Strauss oder aber Operettenhits, und selbst Schlager wie O sole mio sind auf dem Album zu hören.
Zum 50. Todestag des viel zu früh verstorbenen Tenors ist nun bei der Deutschen Grammophon das Sammelalbum Fritz Wunderlich – The 50 Greatest Tracks erschienen. Es „ist eine Zusammenstellung meiner Lieblingsstücke“, berichtet Ehefrau Eva Wunderlich im Beiheft. „Es war atemberaubend, all seine Highlights so komprimiert durchzuhören. Er hatte ein so unfassslich vielseitiges Können und war so stilsicher beim Singen, Trompete spielen, ja sogar beim Pfeifen. Das alles machte er mit so viel Emphase – und in so wenigen Jahren.“ Diese Doppel-CD beweist es erneut: Wunderlichs Stimme ist einzigartig, und sein Ausdrucksvermögen war phänomenal. Er war zudem ausgesprochen experimentierfreudig; Bachs Matthäus-Passion sang Wunderlich ebenso zauberhaft wie Lieder von Schubert oder Schumann, Arien aus Opern von Mozart und Strauss oder aber Operettenhits, und selbst Schlager wie O sole mio sind auf dem Album zu hören.
Montag, 3. Oktober 2016
Hidden Gems - Ignaz Joseph Pleyel (Ars)
Ignaz Joseph Pleyel (1757 bis 1831) galt zu Lebzeiten als „Componist von erstem Range“, man sah ihn auf Augenhöhe mit seinem Lehrer Joseph Haydn und mit Wolfgang Amadeus Mozart. Pleyel wurde in ganz Europa gefeiert, und seine Werke erschienen in erstklassigen Verlagen. Der Musi- ker erwies sich auch als erfolgreicher Geschäftsmann: In Paris gründete er einen Musikverlag, der rasch zu den Marktführern gehörte. Auch mit seiner Klaviermanufaktur verdiente Pleyel viel Geld. Und als er schließ- lich eine Konzertreihe, die Salons Pleyel, startete, kamen die Reichen und die Schönen, um europäischen Stars wie Frédéric Chopin oder dem Wunderkind Clara Wieck zu lauschen. La Salle Pleyel ist noch heute eine Institution in Paris.
Die Musik von Ignaz Pleyel geriet allerdings in Vergessenheit – aus uner- findlichen Gründen, wie man nach dem Anhören zweier CD mit Hidden Gems feststellen muss. Sie sind auf Initiative der Internationalen Ignaz Joseph Pleyel Gesellschaft (IPG) entstanden, die sich an seinem Geburts- ort, im niederösterreichischen Ruppersthal, ganz entschieden für das Vermächtnis des Komponisten einsetzt – und sie enthalten wahrhaftige Schätze. Aus dem Jahre 1792 stammen die drei Streichquartette Ben 359, Ben 360 und Ben 361. Es musiziert das Ignaz Pleyel Quartett mit Raimund Lissy und Dominik Hellsberg, Violine, Robert Bauerstatter, Viola und Bernhard Naoki Hedenborg, Violoncello, sämtlich Mitglieder der Wiener Philharmoniker.
Auf der zweiten CD folgen Pleyels Violinkonzert in C-Dur, Ben 1106, das Bratschenkonzert in D-Dur, Ben 1062 und die Sinfonie in B-Dur, Ben 127/1493. Es musizieren die Camerata pro Musica unter Christian Birn- baum; als Solisten sind Cornelia Löscher, Violine, und Robert Bauerstatter, Viola, zu erleben. Immer wieder verblüfft die Originalität, mit der Pleyel seine Werke gestaltet, sein überaus eleganter Stil und seine liebevolle Instrumentierung, die auch Orchesterinstrumente mit ihren Klangfarben immer wieder aufs Schönste zur Geltung bringt. Man kann der IPG für diese beiden CD mit Entdeckungen nur dankbar sein; sämtliche Werke erklingen in Weltersteinspielungen – und hoffentlich folgen noch viele ähnlich engagierte Aufnahmen nach; es wäre großartig, wenn sie ergänzt würden durch Noteneditionen.
Die Musik von Ignaz Pleyel geriet allerdings in Vergessenheit – aus uner- findlichen Gründen, wie man nach dem Anhören zweier CD mit Hidden Gems feststellen muss. Sie sind auf Initiative der Internationalen Ignaz Joseph Pleyel Gesellschaft (IPG) entstanden, die sich an seinem Geburts- ort, im niederösterreichischen Ruppersthal, ganz entschieden für das Vermächtnis des Komponisten einsetzt – und sie enthalten wahrhaftige Schätze. Aus dem Jahre 1792 stammen die drei Streichquartette Ben 359, Ben 360 und Ben 361. Es musiziert das Ignaz Pleyel Quartett mit Raimund Lissy und Dominik Hellsberg, Violine, Robert Bauerstatter, Viola und Bernhard Naoki Hedenborg, Violoncello, sämtlich Mitglieder der Wiener Philharmoniker.
Auf der zweiten CD folgen Pleyels Violinkonzert in C-Dur, Ben 1106, das Bratschenkonzert in D-Dur, Ben 1062 und die Sinfonie in B-Dur, Ben 127/1493. Es musizieren die Camerata pro Musica unter Christian Birn- baum; als Solisten sind Cornelia Löscher, Violine, und Robert Bauerstatter, Viola, zu erleben. Immer wieder verblüfft die Originalität, mit der Pleyel seine Werke gestaltet, sein überaus eleganter Stil und seine liebevolle Instrumentierung, die auch Orchesterinstrumente mit ihren Klangfarben immer wieder aufs Schönste zur Geltung bringt. Man kann der IPG für diese beiden CD mit Entdeckungen nur dankbar sein; sämtliche Werke erklingen in Weltersteinspielungen – und hoffentlich folgen noch viele ähnlich engagierte Aufnahmen nach; es wäre großartig, wenn sie ergänzt würden durch Noteneditionen.
Sonntag, 2. Oktober 2016
CPE Bach: Cello Concertos; Steckel (Hänssler Classic)
„Aus der Seele muss man spielen, nicht wie ein abgerichteter Vogel“, forderte Carl Philipp Emanuel Bach (1714 bis 1788). Er war Johann Sebastian Bachs zweitältester Sohn, und er wirkte ab 1738 als Kammer- virtuose am Hof Friedrichs II. von Preußen, und ab 1768 als Nachfolger seines Taufpaten Georg Philipp Tele- mann als städtischer Musikdirektor und Kantor am Gymnasium Johan- neum in Hamburg.
Seine drei Violoncello-Konzerte schrieb er noch während seiner Jahre als Cembalist Friedrichs des Großen – allerdings nicht für seinen Dienstherrn, sondern für die bürgerliche Musikalische Gesellschaft in Berlin und Potsdam. Sie haben seinerzeit zur Emanzipation des Cellos und zu seiner Loslösung aus dem Continuo mit beigetragen. Und sie stellen noch heute ziemlich hohe Anforderungen an den Solisten und seine Technik; im Konzert sind sie eher selten zu hören.
Umso erfreulicher ist es, dass Julian Steckel sie nun gemeinsam mit dem Stuttgarter Kammerorchester, unter künstlerischer Leitung der Konzert- meisterin Susanne von Gutzeit, komplett eingespielt hat.
Der Cellist, der unter anderem den ARD-Musikwettbewerb 2010 gewonnen hat und 2012 mit einem Echo Klassik ausgezeichnet wurde, musiziert mäßig historisierend, und ganz im Sinne Carl Philipp Emanuel Bachs. Er spürt den Klangeffekten nach, die der Komponist durch den Einsatz der unterschiedlichen Register des Instrumentes offenbar bewusst gesetzt hat. Der Cellist spielt mit leicher Hand. Auf Vibrato verzichtet Steckel weitge- hend, dafür reizt er Kontraste sehr lebhaft aus, und begeistert durch kluge Phrasierung. Das Stuttgarter Kammerorchester ist dem Solisten dabei ein kongenialer Partner. Bravi!
Seine drei Violoncello-Konzerte schrieb er noch während seiner Jahre als Cembalist Friedrichs des Großen – allerdings nicht für seinen Dienstherrn, sondern für die bürgerliche Musikalische Gesellschaft in Berlin und Potsdam. Sie haben seinerzeit zur Emanzipation des Cellos und zu seiner Loslösung aus dem Continuo mit beigetragen. Und sie stellen noch heute ziemlich hohe Anforderungen an den Solisten und seine Technik; im Konzert sind sie eher selten zu hören.
Umso erfreulicher ist es, dass Julian Steckel sie nun gemeinsam mit dem Stuttgarter Kammerorchester, unter künstlerischer Leitung der Konzert- meisterin Susanne von Gutzeit, komplett eingespielt hat.
Der Cellist, der unter anderem den ARD-Musikwettbewerb 2010 gewonnen hat und 2012 mit einem Echo Klassik ausgezeichnet wurde, musiziert mäßig historisierend, und ganz im Sinne Carl Philipp Emanuel Bachs. Er spürt den Klangeffekten nach, die der Komponist durch den Einsatz der unterschiedlichen Register des Instrumentes offenbar bewusst gesetzt hat. Der Cellist spielt mit leicher Hand. Auf Vibrato verzichtet Steckel weitge- hend, dafür reizt er Kontraste sehr lebhaft aus, und begeistert durch kluge Phrasierung. Das Stuttgarter Kammerorchester ist dem Solisten dabei ein kongenialer Partner. Bravi!
Samstag, 1. Oktober 2016
En sol - Musique pour le Roi-Soleil (Genuin)
Musik vom Hofe Ludwigs XIV. hat Rebecca Maurer eingespielt. Der Sonnenkönig wusste die Künste wie kein anderer Herrscher für seine Zwecke zu nutzen. Nach der Nieder- schlagung der Fronde versammelte der König den französischen Adel in Versailles, und er beschäftigte den Hof unter anderem damit, dass er ihn kunstvoll tanzen ließ. „Tatsächlich boten die Ballette mit ihren mytholo- gisch-allegorischen Sujets nicht nur Gelegenheit, den König und seinen Hof durch die Verschmelzung von Musik, Tanz, Malerei und Dichtkunst zu lobpreisen“, merkt Rebecca Maurer in dem sehr informativen Beiheft an. „Sie waren auch ein geeignetes Vehikel um einen aufmüpfigen Adel zu domestizieren und auf den ihm zugedachten Platz innerhalb der Hierar- chie zu verweisen.“
Der König betrat die Bühne im Alter von 13 Jahren, und er tanzte selbst etwa zwanzig Jahre lang, in Szene gesetzt als Apollon nicht zuletzt von einer genialen Musikerschar um Jean-Baptiste Lully. Wie konsequent und zugleich subtil diese Inszenierung erfolgte, zeigt ein Detail: Auffällig sei, so Maurer, dass der Gott „vorwiegend zum Klang der Tonart ,sol mineur', also g-Moll, auftritt.“ Diese Tonart wurde von Zeitgenossen als „ernst und prachtvoll“ wahrgenommen, was zum würdevoll-erhabenen Auftritt des tanzenden Roi-Soleil bestens passt.
„Dass sich Louis nicht in der allgemein als ,königlich' geltenden Trompe- ten-Tonart D-Dur (ré (rex) majeur) inszenieren ließ, mag sich hingegen mit seinem universellen Anspruch auf ,Einzigartigkeit' erklären lassen“, meint die Cembalistin: „Hätte er sich der gleichen Tonart bedient wie seine royalen Kollegen, hätte er sich quasi selbst seiner einzigartigen Stellung auf der (politischen) Bühne beraubt.“
Und so ist g-Moll auch die vorherrschende Tonart auf dieser CD mit Cembalo-Musik, die einst am Hofe des Sonnenkönigs erklungen ist. Rebecca Maurer hat dafür eine ebenso klangvolle wie beziehungsreiche Auswahl an Musikstücken zusammengestellt. Dabei hat sie auch darauf geachtet, das Instrument, auf dem sie bei dieser Einspielung musiziert, bestens zur Geltung kommt – nicht nur durch das Repertoire, sondern auch durch die gewählte Stimmung. „Die Tatsache dass die 1/5-Komma Mittel- tönigkeit (..) von dem Musiktheoretiker Étienne Loulié im Jahr 1698 als die in Frankreich , am meisten gebräuchliche' Stimmung beschrieben wurde, hat mich in meiner Entscheidung bestärkt. Darüber hinaus ver- leiht der tiefe französische Stimmton (a'=395 Hz), der ungefähr einen Ganzton unter dem heutigen liegt, durch die geringere Saitenspannung dem Ruckers Cembalo ein großes Maß an Resonanz, Gravität und Fundament.“
Das „goldene“ Cembalo aus dem Besitz des Musée d'art et d'histoire in Neuchâtel, angefertigt 1623 in der Werkstatt von Ioannes Ruckers in Antwerpen und 1745 in Paris tiefgreifend umgebaut, erweist sich als eine geniale Wahl. Es soll einmal Marie-Antoinette oder aber einer ihrer Hofdamen gehört haben. „Mit seinem warm-goldenen Klang und seinem mit Blattgold verzierten Äußeren bildet es quasi die klanglich-optische Entsprechung dieses ;En sol'-Programms“, schreibt Rebecca Maurer. Und weil die Cembalistin nicht nur mit ihren Theorien, sondern auch in der Praxis rundum überzeugt, erweist sich dieses Album als rundum gelungen. Meine Empfehlung!
Der König betrat die Bühne im Alter von 13 Jahren, und er tanzte selbst etwa zwanzig Jahre lang, in Szene gesetzt als Apollon nicht zuletzt von einer genialen Musikerschar um Jean-Baptiste Lully. Wie konsequent und zugleich subtil diese Inszenierung erfolgte, zeigt ein Detail: Auffällig sei, so Maurer, dass der Gott „vorwiegend zum Klang der Tonart ,sol mineur', also g-Moll, auftritt.“ Diese Tonart wurde von Zeitgenossen als „ernst und prachtvoll“ wahrgenommen, was zum würdevoll-erhabenen Auftritt des tanzenden Roi-Soleil bestens passt.
„Dass sich Louis nicht in der allgemein als ,königlich' geltenden Trompe- ten-Tonart D-Dur (ré (rex) majeur) inszenieren ließ, mag sich hingegen mit seinem universellen Anspruch auf ,Einzigartigkeit' erklären lassen“, meint die Cembalistin: „Hätte er sich der gleichen Tonart bedient wie seine royalen Kollegen, hätte er sich quasi selbst seiner einzigartigen Stellung auf der (politischen) Bühne beraubt.“
Und so ist g-Moll auch die vorherrschende Tonart auf dieser CD mit Cembalo-Musik, die einst am Hofe des Sonnenkönigs erklungen ist. Rebecca Maurer hat dafür eine ebenso klangvolle wie beziehungsreiche Auswahl an Musikstücken zusammengestellt. Dabei hat sie auch darauf geachtet, das Instrument, auf dem sie bei dieser Einspielung musiziert, bestens zur Geltung kommt – nicht nur durch das Repertoire, sondern auch durch die gewählte Stimmung. „Die Tatsache dass die 1/5-Komma Mittel- tönigkeit (..) von dem Musiktheoretiker Étienne Loulié im Jahr 1698 als die in Frankreich , am meisten gebräuchliche' Stimmung beschrieben wurde, hat mich in meiner Entscheidung bestärkt. Darüber hinaus ver- leiht der tiefe französische Stimmton (a'=395 Hz), der ungefähr einen Ganzton unter dem heutigen liegt, durch die geringere Saitenspannung dem Ruckers Cembalo ein großes Maß an Resonanz, Gravität und Fundament.“
Das „goldene“ Cembalo aus dem Besitz des Musée d'art et d'histoire in Neuchâtel, angefertigt 1623 in der Werkstatt von Ioannes Ruckers in Antwerpen und 1745 in Paris tiefgreifend umgebaut, erweist sich als eine geniale Wahl. Es soll einmal Marie-Antoinette oder aber einer ihrer Hofdamen gehört haben. „Mit seinem warm-goldenen Klang und seinem mit Blattgold verzierten Äußeren bildet es quasi die klanglich-optische Entsprechung dieses ;En sol'-Programms“, schreibt Rebecca Maurer. Und weil die Cembalistin nicht nur mit ihren Theorien, sondern auch in der Praxis rundum überzeugt, erweist sich dieses Album als rundum gelungen. Meine Empfehlung!