Andreas Franz („Romanus“) Weich- lein (1652 bis 1706) stammte aus einer Musikerdynastie. Er war der Sohn eines Organisten, und seine drei Brüder Johann Georg, Franz und Constantin wurden ebenfalls Orga- nisten. Andreas Franz Weichlein hingegen widmete sich offenbar mehr der Violine. Über seine musikalische Ausbildung ist jedoch nichts bekannt. Er trat in das Benediktinerkloster Stift Lambach ein, wo er den Ordens- namen Romanus erhielt.
Nach dem Noviziat und seiner Profess im Jahre 1671 studierte er an der Benediktineruniversität Salzburg. Weichlein wirkte dann als Kaplan und Musikpräfekt am Benediktinenstift Nonnberg in Salzburg. 1691 wurde er in gleicher Funktion an das Kloster zum Heiligen Kreuz nach Säben in Südtirol entsandt, ein Tochterhaus des Stiftes Nonnberg, das 1699 zur Abtei erhoben wurde. 1705 wurde Weichlein als Pfarrer ins ungarische Maria Haid geschickt, heute Kleinfrauenhaid, wo er ein Jahr später an Typhus starb.
Die meisten seiner Werke wurden nicht publiziert; im Druck erschienen sind nur zwei Sammlungen – Encaenia Musices op. 1, 1695 gedruckt, und ein Sammelband mit Kirchenmusik unter dem Titel Parnassus Ecclesias- tico-Musicus op. 2, veröffentlicht 1702 in Ulm.
Die Capella vitalis Berlin hat bei Raumklang nun einige Werke aus Encaenia Musices eingespielt. Für die CD haben die Musiker nicht nur einige der Sonaten ausgewählt, sondern auch drei der 24 Duette für zwei Trompeten, die sich in den Clarin-Stimmen in einem Anhang befinden. Es erklingt zudem der Canon über das Post-Hörnl, der sich auf einer Kupferplatte im Kloster Lambach fand – ein ganz spezielles Geschenk Weichleins für seinen Freund Abt Severin Blass zum 35. Geburtstag im Jahre 1684. Das Ensemble Capella vitalis Berlin, 2002 durch die Barockgeigerinnen Almut Schlicker und Ulrike Wildenhof gegründet, musiziert gekonnt und mit einer gehörigen Portion Temperament.
Samstag, 31. Oktober 2015
Tierisch Barock (Tyxart)
Immer wieder gern gehört: Barockmusik, die Tierstimmen kunstvoll imitiert. Ähnlich wie in der Malerei, wo Stillleben in Mode kamen, die dem kundigen Auge wesentlich mehr boten als nur ein Abbild geschickt arrangierter Dinge, nutzten auch Komponisten die tierischen Lautäußerungen höchst doppelbödig. Zum einen ermöglichen sie virtuose Stücke, mitunter auch äußerst komische. Zum anderen führten aber auch die Tiere oftmals eine Doppelexistenz in einer mythischen Welt, die sich uns heute nur dann erschließt, wenn wir uns intensiv mit jener Zeit und ihren Ideen beschäftigen.
Das muss man aber nicht; man kann die Musikstücke auch einfach genießen. Nel Dolce – Das Kölner Barockensemble hat dafür eine Auswahl repräsentativer barocker Werke zusammengestellt und bei Tyxart eingespielt. Sie reichen von Tarquinio Merula (1595 bis 1665) über Heinrich Ignaz Franz Biber (1644 bis 1704), der eine ganze Sonata quasi in den Lustgarten verlegt, bis hin zur Katzenfuge von Domenico Scarlatti (1685 bis 1757). Zu hören sind beispielsweise Nachtigall, Kuckuck und Distelfink, diverse Hühner und Hähne sowie ein frecher Frosch. Stephanie Buyken, Blockflöte, Olga Piskorz, Violine, Harm Meiners, Violoncello und Luca Quintavalle, Cembalo, werden dabei klangvoll unterstützt durch Philipp Wagner, Blockflöte und Oboe. Und wer schon immer wissen wollte, wie man auch eine Schildkröte, einen Pelikan oder aber ein lahmes Pferdchen mit musikalischen Mitteln schildern kann, der sollte sich diese CD nicht entgehen lassen.
Das muss man aber nicht; man kann die Musikstücke auch einfach genießen. Nel Dolce – Das Kölner Barockensemble hat dafür eine Auswahl repräsentativer barocker Werke zusammengestellt und bei Tyxart eingespielt. Sie reichen von Tarquinio Merula (1595 bis 1665) über Heinrich Ignaz Franz Biber (1644 bis 1704), der eine ganze Sonata quasi in den Lustgarten verlegt, bis hin zur Katzenfuge von Domenico Scarlatti (1685 bis 1757). Zu hören sind beispielsweise Nachtigall, Kuckuck und Distelfink, diverse Hühner und Hähne sowie ein frecher Frosch. Stephanie Buyken, Blockflöte, Olga Piskorz, Violine, Harm Meiners, Violoncello und Luca Quintavalle, Cembalo, werden dabei klangvoll unterstützt durch Philipp Wagner, Blockflöte und Oboe. Und wer schon immer wissen wollte, wie man auch eine Schildkröte, einen Pelikan oder aber ein lahmes Pferdchen mit musikalischen Mitteln schildern kann, der sollte sich diese CD nicht entgehen lassen.
Freitag, 30. Oktober 2015
Cambini: 6 Flute quartets (Brilliant Classics)
Über das Leben von Giuseppe Maria Gioacchino Cambini ist wenig bekannt, und noch weniger mit Dokumenten belegt. Es wird vermutet, dass der Musiker 1746 in Livorno zur Welt kam, und dass er entweder vor 1818 in den Niederlanden oder aber 1825 in einem Hospital bei Paris gestorben ist. Es könnte sein, dass er ein Schüler Manfredis war. In dem Vorwort zu einem seiner Werke berichtet Cambini, er habe mit Nardini, Manfredi und Boccherini Streichquartett gespielt.
Gesichert ist, dass Cambini nach Paris ging, wo im Mai 1773 bei den Concerts spirituels erstmals einige seiner Sinfonien und im September desselben Jahres die Streichquartette op. 1 aufgeführt wurden. Cambini schrieb zudem Oratorien, Motetten und Opern; er erwarb sich rasch einen vorzüglichen Ruf. Gut 600 Instrumen- talwerke wurden unter seinem Namen veröffentlicht. Er gehört zudem zu den ersten Komponisten, die Werke für das klassische Bläserquintett – in der Besetzung Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott – geschaffen haben.
Auf dieser Doppel-CD erklingen nun sechs Flötenquartette Cambinis, T.145 bis 150, gekonnt vorgetragen vom Quartetto DuePiùDue. Der Name dieses Klangkörpers wird rasch verständlich, wenn man auf die Namen der Mitwirkenden schaut: Stefano Parrino, Flöte, und Francesco Parrino, Geige, sind ebenso ein Brüderpaar wie Claudio Andriani, Bratsche, und Alessandro Andriani, Violoncello. Die langjährige Vertrautheit jedenfalls ist zu spüren; sie kommt dem gemeinsamen Musizieren zugute.
Gesichert ist, dass Cambini nach Paris ging, wo im Mai 1773 bei den Concerts spirituels erstmals einige seiner Sinfonien und im September desselben Jahres die Streichquartette op. 1 aufgeführt wurden. Cambini schrieb zudem Oratorien, Motetten und Opern; er erwarb sich rasch einen vorzüglichen Ruf. Gut 600 Instrumen- talwerke wurden unter seinem Namen veröffentlicht. Er gehört zudem zu den ersten Komponisten, die Werke für das klassische Bläserquintett – in der Besetzung Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott – geschaffen haben.
Auf dieser Doppel-CD erklingen nun sechs Flötenquartette Cambinis, T.145 bis 150, gekonnt vorgetragen vom Quartetto DuePiùDue. Der Name dieses Klangkörpers wird rasch verständlich, wenn man auf die Namen der Mitwirkenden schaut: Stefano Parrino, Flöte, und Francesco Parrino, Geige, sind ebenso ein Brüderpaar wie Claudio Andriani, Bratsche, und Alessandro Andriani, Violoncello. Die langjährige Vertrautheit jedenfalls ist zu spüren; sie kommt dem gemeinsamen Musizieren zugute.
Kreisler: The complete recordings 6 (Naxos)
Fritz Kreisler (1875 bis 1962) war der Sohn eines Wiener Arztes. Den ersten Violinunterricht erhielt er im Alter von vier Jahren von seinem Vater. Bereits als Siebenjähriger durfte er Unterricht am Konservatorium nehmen. Dort lernte er bei Josef Hellmesberger jr. (Violine) und Anton Bruckner (Musiktheorie). Drei Jahre später wechselte er an das Pariser Konservatorium, wo er 1887, mit gerade einmal zwölf Jahren, mit dem Premier Prix ausgezeichnet wurde.
Ein Jahr später ging Kreisler bereits auf seine erste Konzertreise durch die USA. Nach seiner Rückkehr trat er zum Probespiel bei den Wiener Philharmonikern an. Diese Bewerbung scheiterte, weil der junge Musiker nicht sicher vom Blatt spielen konnte. Daraufhin gab Kreisler die Musik auf, und studierte erst Medizin, dann Malerei – und fing schließlich doch wieder an, Geige zu spielen. 1898 debütierte er in Wien, 1899 unter Arthur Nikisch bei den Berliner Philhar- monikern.
Kreisler war als Solist bald sehr gefragt und daher auch sehr viel unter- wegs. Dennoch fand er die Zeit für ein damals neues Medium: In den Jahren 1904 bis 1946 spielte Kreisler mehrere hundert Schallplatten ein. Diese Aufnahmen trägt nun Naxos in mühevoller Kleinarbeit zusammen – CD 6, kürzlich erschienen, enthält Einspielungen aus den Jahren 1924 und 1925, aufgezeichnet im Studio Camden von Victor Talking Machine Co. Es sind sehr unterschiedliche Werke – von der Canzonetta aus Tschaikowskis Violinkonzert über Pierrots Tanzlied aus Korngolds Oper Die tote Stadt bis hin zu Ombra mai fu aus Händels Xerxes oder einem Slawischen Tanz von Dvorak. In jedem Falle aber bezaubern diese klingenden Dokumente durch ihren ganz eigenen Charme. Kreislers Geigenspiel ist von einer ganz erstaunlichen Intensität; sein ausdrucksstarker, „sprechender“ Ton beeindruckt noch heute und lässt einen über Details hinweghören, die heute kein Geiger mehr so anbieten könnte. Wer sich für Musikgeschichte interessiert, der sollte diese Aufnahmen kennen.
Ein Jahr später ging Kreisler bereits auf seine erste Konzertreise durch die USA. Nach seiner Rückkehr trat er zum Probespiel bei den Wiener Philharmonikern an. Diese Bewerbung scheiterte, weil der junge Musiker nicht sicher vom Blatt spielen konnte. Daraufhin gab Kreisler die Musik auf, und studierte erst Medizin, dann Malerei – und fing schließlich doch wieder an, Geige zu spielen. 1898 debütierte er in Wien, 1899 unter Arthur Nikisch bei den Berliner Philhar- monikern.
Kreisler war als Solist bald sehr gefragt und daher auch sehr viel unter- wegs. Dennoch fand er die Zeit für ein damals neues Medium: In den Jahren 1904 bis 1946 spielte Kreisler mehrere hundert Schallplatten ein. Diese Aufnahmen trägt nun Naxos in mühevoller Kleinarbeit zusammen – CD 6, kürzlich erschienen, enthält Einspielungen aus den Jahren 1924 und 1925, aufgezeichnet im Studio Camden von Victor Talking Machine Co. Es sind sehr unterschiedliche Werke – von der Canzonetta aus Tschaikowskis Violinkonzert über Pierrots Tanzlied aus Korngolds Oper Die tote Stadt bis hin zu Ombra mai fu aus Händels Xerxes oder einem Slawischen Tanz von Dvorak. In jedem Falle aber bezaubern diese klingenden Dokumente durch ihren ganz eigenen Charme. Kreislers Geigenspiel ist von einer ganz erstaunlichen Intensität; sein ausdrucksstarker, „sprechender“ Ton beeindruckt noch heute und lässt einen über Details hinweghören, die heute kein Geiger mehr so anbieten könnte. Wer sich für Musikgeschichte interessiert, der sollte diese Aufnahmen kennen.
Dienstag, 27. Oktober 2015
Brahms - Nils Mönkemeyer (Sony)
„Diese Sonaten sind mir lieb und teuer“, erklärt Nils Mönkemeyer in einem Interview, das im Beiheft dieser CD nachzulesen ist. „Mittlerweile rührt mich Brahms wirklich zu Tränen, weil er eine innere Hoffnung hat – dieses ,Und ich versuche es trotzdemʻ. Er gibt diese Haltung nie auf, die unbedingte Bejahung des Lebens, der Liebe und der Schönheit.“
Und so hat der Bratschist gemeinsam mit dem Pianisten William Youn die beiden späten Sonaten op. 120 eingespielt. „Beide Sonaten wurden ursprünglich für Klarinette geschrieben“, erklärt der Musiker. „Brahms hat sie zusätzlich für Bratsche bearbeitet. Aber im Gegensatz zur ersten war er mit der Viola-Fassung der zweiten nicht ganz zufrieden – weil sie zu dunkel geraten ist. Und während im ,Originalʻ die Klarinette die Klavierlinien fortsetzt, springen sie in der Bratschenfassung nach unten.“ Und deshalb spielt Mönkemeyer hier die Originalversion. „Natürlich ist die Klarinettenfassung auf der Bratsche schwer zu spielen“, meint der Musiker, „aber sie hat eben dieses helle, schwebende Kolorit.“
Nils Mönkemeyer spürt, sensibel unterstützt durch William Youn am Klavier, Emotionen und Zwischentönen in Brahms' Sonaten nach. Mit Klangfarben zaubert er aber auch bei den Ungarischen Tänzen, die diese CD komplettieren. Tanz Nr. 1 erklingt in der Fassung von Joseph Joachim. Bei den anderen ausgewählten Tänzen hat Mönkemeyer eigens für diese Aufnahme Bearbeitungen in Auftrag gegeben: Tanz Nr. 4 hat der Komponist Marco Hertenstein neu arrangiert, Tanz Nr. 5 der Österreicher Peter Wiesenauer, und Tanz Nr. 16 Stephan Koncz, Cellist bei den Berliner Philharmonikern. Hier wirkt zudem das Signum-Quartett mit.
Und so hat der Bratschist gemeinsam mit dem Pianisten William Youn die beiden späten Sonaten op. 120 eingespielt. „Beide Sonaten wurden ursprünglich für Klarinette geschrieben“, erklärt der Musiker. „Brahms hat sie zusätzlich für Bratsche bearbeitet. Aber im Gegensatz zur ersten war er mit der Viola-Fassung der zweiten nicht ganz zufrieden – weil sie zu dunkel geraten ist. Und während im ,Originalʻ die Klarinette die Klavierlinien fortsetzt, springen sie in der Bratschenfassung nach unten.“ Und deshalb spielt Mönkemeyer hier die Originalversion. „Natürlich ist die Klarinettenfassung auf der Bratsche schwer zu spielen“, meint der Musiker, „aber sie hat eben dieses helle, schwebende Kolorit.“
Nils Mönkemeyer spürt, sensibel unterstützt durch William Youn am Klavier, Emotionen und Zwischentönen in Brahms' Sonaten nach. Mit Klangfarben zaubert er aber auch bei den Ungarischen Tänzen, die diese CD komplettieren. Tanz Nr. 1 erklingt in der Fassung von Joseph Joachim. Bei den anderen ausgewählten Tänzen hat Mönkemeyer eigens für diese Aufnahme Bearbeitungen in Auftrag gegeben: Tanz Nr. 4 hat der Komponist Marco Hertenstein neu arrangiert, Tanz Nr. 5 der Österreicher Peter Wiesenauer, und Tanz Nr. 16 Stephan Koncz, Cellist bei den Berliner Philharmonikern. Hier wirkt zudem das Signum-Quartett mit.
Sonntag, 25. Oktober 2015
Kalliwoda: Violin Concertinos - Overtures (cpo)
Johann Wenzel Kalliwoda (1801 bis 1866) gehörte zum ersten Schüler-Jahrgang des Konservatoriums in Prag. Der junge Musiker spielte exzellent Geige; und schon bald spielte er eigene Werke, wenn er als Solist vor das Publikum trat. 1822 ging er erstmals auf Konzertreise. Dabei machte er Station in Donau- eschingen, wo er seinen Bruder besuchte – nicht ganz zufällig, denn dieser arbeitete in der fürstlichen Kanzlei, und Hofkapellmeister Conradin Kreutzer hatte soeben seinen Posten verlassen. Kalliwoda durfte sich im Hofkonzert vorstellen, und er wurde sogleich engagiert.
Obwohl der Musiker im Laufe seines Lebens zahlreiche attraktive Angebote erhielt, blieb er 44 Jahre lang in dieser Position, bis zu seiner Pensionie- rung im Jahre 1866. Fürst Karl Egon II. von Fürstenberg wusste seinen Kapellmeister zu schätzen, und bewilligte diesem zeitlebens großzügig, was er erbat – sei es eine Gehaltserhöhung, oder Urlaub für eine Konzertreise. Allerdings brachte die Revolution 1848 das Musikleben in Donaueschin- gen zum Erliegen; auch in späteren Jahren erreichte die Hofkapelle wohl nicht wieder ihr früheres Niveau. Kalliwoda, der ab 1854 mit seiner Familie in Karlsruhe lebte, war schon in seinen besten Jahren aus der Mode geraten. Dabei umfasst sein Werkverzeichnis 243 Kompositionen mit Opuszahlen, und mehr als 200 weitere, zumeist ungedruckte Werke. Schon in den 1840er Jahren wurde diese Musik immer weniger gespielt; heute ist sie in Vergessenheit geraten.
Das mag mit daran liegen, dass Kalliwoda einer Generation angehört, die sozusagen im Schatten Beethovens komponierte – und dann durch die Romantiker abgelöst wurde. Erst allmählich wird Musik aus jenen Jahren wiederentdeckt. Diese CD macht deutlich, dass sich die Mühe auch lohnt. Denn die Kölner Akademie unter Michael Alexander Willens präsentiert hier drei der 24 Ouvertüren Kalliwodas. Der Musiker hat sich mit dieser Gattung intensiv beschäftigt; er schrieb seine Ouvertüren, um damit Sinfoniekonzerte zu eröffnen. Es sind musikalische Amuse-Gueules, Grüße also an das Publikum aus der Werkstatt des Komponisten; sie sollen neugierig machen auf das Nachfolgende, aber selbst dabei nicht zuviel Gewicht haben. Diese Aufgabe hat Kalliwoda geschickt gelöst, wie die Beispiele zeigen.
Erstaunlich erscheint, dass der Musiker eine Gattung sorgsam mied: Kalliwoda hat nur ein einziges Violinkonzert geschrieben, in jungen Jahren. Für sein Solo-Instrument schrieb er andere Werke, wie Rondos, Variationen oder Concertini, verkürzte Konzerte mit einem knapp gehaltenen ersten Satz, nicht unbedingt in Sonatenhauptsatzform, und mit einem dritten Satz, der ebenfalls relativ kurz gestaltet ist. Ariadne Daskalakis stellt gemeinsam mit der Kölner Akademie zwei dieser Concertini vor; sie sind beide weder besonders kurz, noch verzichten sie auf virtuose Passagen. Offenbar war Kalliwoda die gestalterische Freiheit wichtiger als das Etikett. Daskalakis spielt flüssig und mit Esprit; das reicht aus, um die hübschen Stücke ansprechend zu präsentieren. Im Beiheft allerdings ist dem Label diesmal einiges durcheinander geraten, mit etwas Sorgfalt beim Korrekturlesen wäre diese Wirrnis sicherlich zu vermeiden gewesen.
Obwohl der Musiker im Laufe seines Lebens zahlreiche attraktive Angebote erhielt, blieb er 44 Jahre lang in dieser Position, bis zu seiner Pensionie- rung im Jahre 1866. Fürst Karl Egon II. von Fürstenberg wusste seinen Kapellmeister zu schätzen, und bewilligte diesem zeitlebens großzügig, was er erbat – sei es eine Gehaltserhöhung, oder Urlaub für eine Konzertreise. Allerdings brachte die Revolution 1848 das Musikleben in Donaueschin- gen zum Erliegen; auch in späteren Jahren erreichte die Hofkapelle wohl nicht wieder ihr früheres Niveau. Kalliwoda, der ab 1854 mit seiner Familie in Karlsruhe lebte, war schon in seinen besten Jahren aus der Mode geraten. Dabei umfasst sein Werkverzeichnis 243 Kompositionen mit Opuszahlen, und mehr als 200 weitere, zumeist ungedruckte Werke. Schon in den 1840er Jahren wurde diese Musik immer weniger gespielt; heute ist sie in Vergessenheit geraten.
Das mag mit daran liegen, dass Kalliwoda einer Generation angehört, die sozusagen im Schatten Beethovens komponierte – und dann durch die Romantiker abgelöst wurde. Erst allmählich wird Musik aus jenen Jahren wiederentdeckt. Diese CD macht deutlich, dass sich die Mühe auch lohnt. Denn die Kölner Akademie unter Michael Alexander Willens präsentiert hier drei der 24 Ouvertüren Kalliwodas. Der Musiker hat sich mit dieser Gattung intensiv beschäftigt; er schrieb seine Ouvertüren, um damit Sinfoniekonzerte zu eröffnen. Es sind musikalische Amuse-Gueules, Grüße also an das Publikum aus der Werkstatt des Komponisten; sie sollen neugierig machen auf das Nachfolgende, aber selbst dabei nicht zuviel Gewicht haben. Diese Aufgabe hat Kalliwoda geschickt gelöst, wie die Beispiele zeigen.
Erstaunlich erscheint, dass der Musiker eine Gattung sorgsam mied: Kalliwoda hat nur ein einziges Violinkonzert geschrieben, in jungen Jahren. Für sein Solo-Instrument schrieb er andere Werke, wie Rondos, Variationen oder Concertini, verkürzte Konzerte mit einem knapp gehaltenen ersten Satz, nicht unbedingt in Sonatenhauptsatzform, und mit einem dritten Satz, der ebenfalls relativ kurz gestaltet ist. Ariadne Daskalakis stellt gemeinsam mit der Kölner Akademie zwei dieser Concertini vor; sie sind beide weder besonders kurz, noch verzichten sie auf virtuose Passagen. Offenbar war Kalliwoda die gestalterische Freiheit wichtiger als das Etikett. Daskalakis spielt flüssig und mit Esprit; das reicht aus, um die hübschen Stücke ansprechend zu präsentieren. Im Beiheft allerdings ist dem Label diesmal einiges durcheinander geraten, mit etwas Sorgfalt beim Korrekturlesen wäre diese Wirrnis sicherlich zu vermeiden gewesen.
Dienstag, 20. Oktober 2015
de Lassus: La Chambre Musicale d'Albert le Magnifique (Paraty)
1557 gelang es dann dem jungen Herzog Albrecht V. von Bayern, Orlando di Lasso für seinen Hof zu gewinnen; dort wirkte der Musiker, sehr gut bezahlt, zunächst als Tenorist. 1563 wurde er Hofkapellmeister – wobei man wissen muss, dass der kunstsinnige Herrscher in München damals eine der größten und bedeutendsten Hofkapellen Europas unterhielt. Sie musizierte überall dort, wo sich der Herzog aufhielt – bei der Messe, auf den höfischen Festen, in den Privaträumen, vor Staatsgästen und natürlich auch auf Reisen. Wie das geklungen haben mag, das demonstriert das Ensemble l'Échelle auf der vorliegenden CD, wobei für diese Aufnahme der Schwerpunkt auf eher kleinformatigen, schlank besetzten geistlichen Werken liegt.
Brahms: Secular Vocal Quartets with Piano Vol. 1 (MDG)
Werke für Sopran, Alt, Tenor und Bass mit Klavierbegleitung hat Johannes Brahms in erstaunlich großer Zahl komponiert. Betrachtet man die Noten, so scheinen diese Vokalquartette eher zum Musizieren in geselliger Runde als zum Vortrag im großen Konzertsaal bestimmt zu sein. Die Gesangspartien sind anspruchsvoll; auch der Klavierpart, oftmals vierhändig, ist keine simple Kost. Wenn sich also Laien an diese Werke gewagt haben, dann müssen sie schon sehr versiert gewesen sein.
Für Chöre jedenfalls dürfte Brahms seine Vokalquartette nicht geschrieben haben. Dennoch wagt sich Jörg Straube mit dem Norddeutschen Figuralchor nun an diese Werke. Das ist nur konsequent – schließlich hat das Ensemble für seine Einspielung der geistlichen Chormusik von Brahms bereits den Echo Klassik erhalten. So beginnt der Norddeutsche Figuralchor nun seine Gesamteinspielung der weltlichen Vokalquartette des Komponisten, bei Dabringhaus und Grimm aufnahmetechnisch in allerbesten Händen, mit den Zigeunerliedern op. 103, ergänzt um die Quartette op. 31, 64, 92 und 112.
Die Zigeunerlieder waren seinerzeit ein großer Erfolg – auch für Brahms' Verleger Simrock. Sie haben ihren Ursprung in einer Sammlung unga- rischer Volkslieder, die der Wiener Kaufmann Hugo Conrat in einer deutschen Version veröffentlicht hat. Brahms schätzte die ungarischen Klänge, sie finden sich in seinem Werk immer wieder. Bei den Zigeunerliedern verknüpfte der Komponist eingängige, aber zündende Melodien mit wildem, exotisch anmutenden magyarischem Kolorit, und mitreißender Rhythmik. Auch die Klavierbegleitung malt nach Kräften mit an dieser Geschichte aus dem wild-romantischen Zigeunerleben. Hier greift Markus Bellheim gekonnt in die Tasten; seine Klavierbegleitung ist ein Ereignis.
Die Texte dieser Gesangsstücke kreisen, mehr oder weniger züchtig und mehr oder minder konkret, um Liebe, Sehnsucht und Leidenschaft. Das angemessen und mit Ausdruck vorzutragen, ist bereits für Gesangssolisten eine Herausforderung. Für einen Chor – und sei er technisch noch so gut, und perfekt vorbereitet – wird das schwierig; es reicht eben nicht aus, die richtigen Töne schön zu singen, mal laut, und mal leiser. Das Spiel mit Text und Untertext, der Einsatz passender Klangfarben, das ist für den musikalischen Ausdruck wichtig – und im Chor kaum machbar. Brahms wusste schon, warum er seine Vokalquartette von Solisten gesungen haben wollte.
Für Chöre jedenfalls dürfte Brahms seine Vokalquartette nicht geschrieben haben. Dennoch wagt sich Jörg Straube mit dem Norddeutschen Figuralchor nun an diese Werke. Das ist nur konsequent – schließlich hat das Ensemble für seine Einspielung der geistlichen Chormusik von Brahms bereits den Echo Klassik erhalten. So beginnt der Norddeutsche Figuralchor nun seine Gesamteinspielung der weltlichen Vokalquartette des Komponisten, bei Dabringhaus und Grimm aufnahmetechnisch in allerbesten Händen, mit den Zigeunerliedern op. 103, ergänzt um die Quartette op. 31, 64, 92 und 112.
Die Zigeunerlieder waren seinerzeit ein großer Erfolg – auch für Brahms' Verleger Simrock. Sie haben ihren Ursprung in einer Sammlung unga- rischer Volkslieder, die der Wiener Kaufmann Hugo Conrat in einer deutschen Version veröffentlicht hat. Brahms schätzte die ungarischen Klänge, sie finden sich in seinem Werk immer wieder. Bei den Zigeunerliedern verknüpfte der Komponist eingängige, aber zündende Melodien mit wildem, exotisch anmutenden magyarischem Kolorit, und mitreißender Rhythmik. Auch die Klavierbegleitung malt nach Kräften mit an dieser Geschichte aus dem wild-romantischen Zigeunerleben. Hier greift Markus Bellheim gekonnt in die Tasten; seine Klavierbegleitung ist ein Ereignis.
Die Texte dieser Gesangsstücke kreisen, mehr oder weniger züchtig und mehr oder minder konkret, um Liebe, Sehnsucht und Leidenschaft. Das angemessen und mit Ausdruck vorzutragen, ist bereits für Gesangssolisten eine Herausforderung. Für einen Chor – und sei er technisch noch so gut, und perfekt vorbereitet – wird das schwierig; es reicht eben nicht aus, die richtigen Töne schön zu singen, mal laut, und mal leiser. Das Spiel mit Text und Untertext, der Einsatz passender Klangfarben, das ist für den musikalischen Ausdruck wichtig – und im Chor kaum machbar. Brahms wusste schon, warum er seine Vokalquartette von Solisten gesungen haben wollte.
Sonntag, 18. Oktober 2015
del Signor Hasse - Works for Flute (Es-Dur)
Johann Adolf Hasse (1699 bis 1783) hat nicht nur für die Singstimme und für das Cembalo wundervolle Musik geschrieben. Er mochte offenbar auch die Flöte, wie diese CD zeigt – und in der Tat wurde kein anderes Instru- ment von Hasse mit derart vielen Konzerten und kammermusikali- schen Werken bedacht. Die Flötistin Imme-Jeanne Klett hat eine Auswahl getroffen und stellt auf ihrer zweiten CD bei Es-Dur gemeinsam mit den Musikern des Elbipolis Barock- orchesters Hamburg gekonnt einige der Konzerte und Sonaten vor.
Erstmals auf CD zu hören sind dabei das Konzert in G-Dur, op. 3.7, die Sonate in d-Moll op. 1,11 sowie zwei Duo-Sonaten des englischen Kom- ponisten Robert Valentine (1674 bis nach 1735). Sie sind als Nr. 7 und Nr. 8 der VIII Sonates pour deux flutes im Jahre 1735 bei Le Cène in Amsterdam als Werke Hasses erschienen, aber sie waren bereits um 1720 in einem anderen Verlag publiziert worden – mit korrekter Autorenangabe. Valentine wirkte als Flötist, Oboist und Komponist in Rom; so musizierte er mehrfach im Palazzo Ruspoli. Es wird angenommen, dass er um 1730 nach England zurückgekehrt ist; belegen lässt sich das aber nicht, ebenso wenig wie andere Überlegungen, die den Musiker 1735 bei Locatelli in Amsterdam vermuten. Seine Duo-Sonaten sind wirklich Kabinettstück- chen; Imme-Jeanne Klett hat die beiden Werke mit Nele Lamersdorf eingespielt.
Erstmals auf CD zu hören sind dabei das Konzert in G-Dur, op. 3.7, die Sonate in d-Moll op. 1,11 sowie zwei Duo-Sonaten des englischen Kom- ponisten Robert Valentine (1674 bis nach 1735). Sie sind als Nr. 7 und Nr. 8 der VIII Sonates pour deux flutes im Jahre 1735 bei Le Cène in Amsterdam als Werke Hasses erschienen, aber sie waren bereits um 1720 in einem anderen Verlag publiziert worden – mit korrekter Autorenangabe. Valentine wirkte als Flötist, Oboist und Komponist in Rom; so musizierte er mehrfach im Palazzo Ruspoli. Es wird angenommen, dass er um 1730 nach England zurückgekehrt ist; belegen lässt sich das aber nicht, ebenso wenig wie andere Überlegungen, die den Musiker 1735 bei Locatelli in Amsterdam vermuten. Seine Duo-Sonaten sind wirklich Kabinettstück- chen; Imme-Jeanne Klett hat die beiden Werke mit Nele Lamersdorf eingespielt.
Mozart: Piano Concertos Nos. 20 and 21 (Naxos)
„Because Mozart wrote to his father, that four of his piano concertos could be performed a quattro, pianists occasionally perform them with string quartet alone, leaving out the woodwind parts“, berichtet Ralph Evans in einem Begleittext zu dieser CD. Er musiziert als Geiger im Fine Arts Quartet, und zeigt sich mit dieser Variante nicht recht zufrieden: „Whenever I hear such chamber performances, however, I miss Mozart's beautiful wind lines and wonder if any accomplished composer had ever taken a Mozart piano concerto and transcribed all its orchestral lines for string quartet (or quintet).“
Auf der Suche nach einer besseren Lösung fand das Fine Arts Quartet schließlich Transkriptionen, die Ignaz Lachner (1807 bis 1895) angefertigt hatte. Die Lachner-Brüder gehörten zum Freundeskreis um Franz Schubert; sie waren allesamt als Kapellmeister und Komponisten sehr erfolgreich. Auch in diesem Falle hat Ignaz Lachner hervorragende Arbeit geleistet, wie diese CD beweist. „Together with pianist Alon Goldstein, we performed two of Mozart's greatest works, the D minor Concerto, K. 466, and the C Major Concerto, K.467 (,Elvira Madigan'), in Lachner's chamber versions for piano with string quartet and bass“, so Evans. Den Kontrabass-Part übernahm dabei Rachel Calin. „The results in both cases were splendid“, begeistert sich Evans. „The accompaniments for string quintet sound natural – almost as if Mozart himself had transcribed them.“
Diese Bearbeitungen sind weit mehr als „nur“ ein Notbehelf für Pianisten, denen kein komplettes Orchester zur Verfügung steht, um diese Werke aufzuführen. Denn die kleine Besetzung ermöglicht eine Intensität des gemeinsamen Musizierens, und eine Intimität, wie sie mit Orchester kaum jemals zu erreichen ist. Und das Fine Arts Quintet ist ohnehin deutlich mehr als nur ein Begleitensemble. Das feinsinnige Spiel von Alon Goldstein jedenfalls kommt in dieser Konstellation hervorragend zur Geltung. Bravi!
Auf der Suche nach einer besseren Lösung fand das Fine Arts Quartet schließlich Transkriptionen, die Ignaz Lachner (1807 bis 1895) angefertigt hatte. Die Lachner-Brüder gehörten zum Freundeskreis um Franz Schubert; sie waren allesamt als Kapellmeister und Komponisten sehr erfolgreich. Auch in diesem Falle hat Ignaz Lachner hervorragende Arbeit geleistet, wie diese CD beweist. „Together with pianist Alon Goldstein, we performed two of Mozart's greatest works, the D minor Concerto, K. 466, and the C Major Concerto, K.467 (,Elvira Madigan'), in Lachner's chamber versions for piano with string quartet and bass“, so Evans. Den Kontrabass-Part übernahm dabei Rachel Calin. „The results in both cases were splendid“, begeistert sich Evans. „The accompaniments for string quintet sound natural – almost as if Mozart himself had transcribed them.“
Diese Bearbeitungen sind weit mehr als „nur“ ein Notbehelf für Pianisten, denen kein komplettes Orchester zur Verfügung steht, um diese Werke aufzuführen. Denn die kleine Besetzung ermöglicht eine Intensität des gemeinsamen Musizierens, und eine Intimität, wie sie mit Orchester kaum jemals zu erreichen ist. Und das Fine Arts Quintet ist ohnehin deutlich mehr als nur ein Begleitensemble. Das feinsinnige Spiel von Alon Goldstein jedenfalls kommt in dieser Konstellation hervorragend zur Geltung. Bravi!
Samstag, 17. Oktober 2015
Bach: Motetten (Ricercar)
Bedeutende Musikerdynastien hat es immer wieder gegeben – allerdings sind nur wenige so bekannt geworden wie die Bachs. Das einige Werke selbst von frühen Mitgliedern dieser weitverzweigten Familie bis zum heutigen Tage erhalten geblieben sind, das liegt auch mit daran, dass schon Johann Sebastian Bach stolz auf das musikalisches Erbe seiner Ahnen war.
Der Thomaskantor führte das von seinem Vater begonnene Altbachische Archiv fort und sorgte damit dafür, dass Zeugnisse des Wirkens seiner Familie bewahrt und überliefert wurden. Bach kannte und schätzte die Werke seiner Vorfahren. Er hat sie eigenhändig kopiert, und ließ insbesondere die Motetten immer wieder im Gottesdienst singen. Die erhaltenen Werke von Johann Bach (1604 bis 1673), Johann Christoph Bach (1642 bis 1703) und Johann Michael Bach (1648 bis 1694) präsentiert Lionel Meunier mit den Vokalisten von Vox Luminis auf diesen beiden CD.
Bei einer Motette lässt Meunier exemplarisch das Scorpio Collectief mit Zinken und Posaunen die Singstimmen colla parte mitspielen. Ansonsten werden die Sänger von der Orgel begleitet – wobei die Liste der Organisten, die sich bei diesem Projekt abgewechselt haben, lang und beeindruckend ist: Mitgewirkt haben David Van Bouwel, Haru Kitamika, Claudio Ribeiro und Masato Suzuki.
Die Vokalisten des Ensembles Vox Luminis beeindrucken mit ihrer intelligenten musikalischen Textauslegung und ihrer vorzüglichen Interpretation jener frühen Werke der Bach-Familie: Johann Bach wirkte als Organist in Schweinfurt und Erfurt, und war wohl der erste Kirchen- musiker der Familie Bach. Drei Begräbnismotetten sind von ihm bekannt, und hier zu hören. Er hatte zwei Brüder, Christoph und Heinrich. Christoph Bach war der Vater von Ambrosius Bach und somit der Großvater von Johann Sebastian Bach. Heinrich Bach hatte zwei Söhne, Johann Christoph und Johann Michael – ihre überlieferten Werke erklingen ebenfalls komplett auf den zwei CD. Gruppiert wurden sie den Anlässen folgend, für die sie geschaffen wurden. Die musikhistorisch-theologischen Zusammenhänge erläutert übrigens Produzent Jérôme Lejeune höchst- selbst im Beiheft mit einem klugen Kommentar – was deutlich zeigt, welchen Rang diese Aufnahmen auch für das Label haben.
Der Thomaskantor führte das von seinem Vater begonnene Altbachische Archiv fort und sorgte damit dafür, dass Zeugnisse des Wirkens seiner Familie bewahrt und überliefert wurden. Bach kannte und schätzte die Werke seiner Vorfahren. Er hat sie eigenhändig kopiert, und ließ insbesondere die Motetten immer wieder im Gottesdienst singen. Die erhaltenen Werke von Johann Bach (1604 bis 1673), Johann Christoph Bach (1642 bis 1703) und Johann Michael Bach (1648 bis 1694) präsentiert Lionel Meunier mit den Vokalisten von Vox Luminis auf diesen beiden CD.
Bei einer Motette lässt Meunier exemplarisch das Scorpio Collectief mit Zinken und Posaunen die Singstimmen colla parte mitspielen. Ansonsten werden die Sänger von der Orgel begleitet – wobei die Liste der Organisten, die sich bei diesem Projekt abgewechselt haben, lang und beeindruckend ist: Mitgewirkt haben David Van Bouwel, Haru Kitamika, Claudio Ribeiro und Masato Suzuki.
Die Vokalisten des Ensembles Vox Luminis beeindrucken mit ihrer intelligenten musikalischen Textauslegung und ihrer vorzüglichen Interpretation jener frühen Werke der Bach-Familie: Johann Bach wirkte als Organist in Schweinfurt und Erfurt, und war wohl der erste Kirchen- musiker der Familie Bach. Drei Begräbnismotetten sind von ihm bekannt, und hier zu hören. Er hatte zwei Brüder, Christoph und Heinrich. Christoph Bach war der Vater von Ambrosius Bach und somit der Großvater von Johann Sebastian Bach. Heinrich Bach hatte zwei Söhne, Johann Christoph und Johann Michael – ihre überlieferten Werke erklingen ebenfalls komplett auf den zwei CD. Gruppiert wurden sie den Anlässen folgend, für die sie geschaffen wurden. Die musikhistorisch-theologischen Zusammenhänge erläutert übrigens Produzent Jérôme Lejeune höchst- selbst im Beiheft mit einem klugen Kommentar – was deutlich zeigt, welchen Rang diese Aufnahmen auch für das Label haben.
Freitag, 16. Oktober 2015
Pärt: Organ Music / Choral Music (Brilliant Classics)
Chor- und Orgelmusik von Arvo Pärt, aufgezeichnet in der phantastischen Akustik der Kathedrale in Leeds, enthält diese CD aus dem Hause Brilliant Classics.
Im Mittelpunkt der Aufnahme mit dem Leeds Cathedral Choir unter Benjamin Saunders steht die Berliner Messe, eines der zentralen Werke des Komponisten. Sie wird ergänzt durch The Beatitudes und Cantate Domino, ein gutes Beispiel für den sogenann- ten Tintinnabuli-Stil, den Arvo Pärt entwickelt hat. Der Begriff ist abgeleitet von Tintinnabulum, dem lateinischen Wort für Schelle, was auf die Verwendung des Dreiklangs durch den Komponisten anspielt. Die Musik des Esten ist faszinierend, gerade weil er sämtliche Moden ignoriert und kompromisslos nach musikalischer Wahrheit sucht.
Ergänzt werden die Chorwerke durch sämtliche Originalkompositionen Pärts für Orgel sowie eine Transkription des berühmten Spiegel im Spiegel, das man durchaus als eine Meditation über Endlichkeit und Ewigkeit hören kann. Es musizieren die beiden Organisten der Kathedrale, Thomas Leech und Daniel Justin.
Im Mittelpunkt der Aufnahme mit dem Leeds Cathedral Choir unter Benjamin Saunders steht die Berliner Messe, eines der zentralen Werke des Komponisten. Sie wird ergänzt durch The Beatitudes und Cantate Domino, ein gutes Beispiel für den sogenann- ten Tintinnabuli-Stil, den Arvo Pärt entwickelt hat. Der Begriff ist abgeleitet von Tintinnabulum, dem lateinischen Wort für Schelle, was auf die Verwendung des Dreiklangs durch den Komponisten anspielt. Die Musik des Esten ist faszinierend, gerade weil er sämtliche Moden ignoriert und kompromisslos nach musikalischer Wahrheit sucht.
Ergänzt werden die Chorwerke durch sämtliche Originalkompositionen Pärts für Orgel sowie eine Transkription des berühmten Spiegel im Spiegel, das man durchaus als eine Meditation über Endlichkeit und Ewigkeit hören kann. Es musizieren die beiden Organisten der Kathedrale, Thomas Leech und Daniel Justin.
Boccherini: Sei Terzettini opus 47 - Madrid, 1793 (Glossa)
„Si Dieu voulait parler à l’homme en musique, il le ferait avec les œuvres de Haydn, mais s’Il desirait Lui-même écouter de la musique, Il choisirait Boccherini!“ Diesem Ausspruch, dem Pariser Violinisten Jean-Baptiste Cartier zugeschrieben, wird man gern Glauben schenken, wenn man die vorliegende CD mit den Sei Terzettini op. 47 angehört hat. Diese Werke, komponiert von Luigi Boccherini im Jahre 1793, sind wirklich bezaubernd, und von einer hinreißenden Eleganz. Die sechs Streichtrios sind für die „klassische“ Besetzung Violine, Viola und Violoncello geschrieben – gebräuchlich war zu Boccherinis Zeiten allerdings eher die Kombination von zwei Violinen und Violoncello. Doch statt der Virtuosität betont der Komponist in diesem Falle Ausdruck und Farbe, und dazu passt die gewählte Instrumentierung bestens. Das Trio La Real Cámara zeigt, wie erstaunlich nahe diese Musik bereits den Werken der Romantiker ist. Natsumi Wakanabe, Violine, Emilio Moreno Viola, und Hidemi Suzuki, Violoncello, musizieren wunderbar sensibel. Boccherini ist doch immer wieder für Überraschungen gut.
Mittwoch, 14. Oktober 2015
Montanari: Violin Concertos (Audax Records)
Mit seiner neuesten Einspielung beim eigenen Label Audax präsentiert Johannes Pramsohler gemeinsam mit dem Ensemble Diderot dem Publikum einen vergessenen italienischen Meister: Antonio Maria Montanari (1676 bis 1737). Über Ausbildung und Lehrer dieses Geigers wissen wir nichts. Er stammt wahrscheinlich aus Modena und hat möglicherweise in seiner Jugend einige Jahre in Bologna verbracht; nach Rom ging er Anfang der 1690er Jahre. Dort musizierte er für Kardinal Carlo Colonna, Kardinal Benedetto Pamphilj und Kardinal Pietro Ottoboni; auch bei Veranstaltungen der Adelsfamilien Borghese und Ruspoli wirkte er mit.
Im Jahre 1713 wurde Montanari dann als Nachfolger des verstorbenen Arcangelo Corelli Vorsteher der Congregazione di Santa Cecilia, der römischen Musikergilde. Er war ein gefeierter Geiger, spielte viele Konzerte, und unterrichtete zudem talentierte Nachwuchsmusiker und große Solisten, wie beispielsweise Pisendel. Außerdem komponierte er – doch seine Werke sind bislang im Konzertleben wenig präsent, weil er wenig veröffentlichte, und so wurde auch nur weniges überliefert.
Ein solcher Lebenslauf allerdings macht neugierig, denn hervorragende Geiger gab es in Rom damals etliche. Was also war der Grund dafür, dass Montanari von Zeitgenossen gerühmt wurde als „virtuosissimo suonatore di violino“? Johannes Pramsohler hat sich auf die Spurensuche begeben, und stellt auf dieser CD nun seine Entdeckungen vor – Violinkonzerte Montanaris, die in der Tat ausgesprochen originell sind.
Der Komponist gibt der Sologeige Raum. So lässt er sie auch gern gänzlich unbegleitet erklingen – was er ebenso gern für polyphones Spiel in kunst- voller Mehrfachgrifftechnik nutzt; Pramsohler allerdings hat mit den technischen Herausforderungen, die der Kollege seinerzeit zu Papier gebracht hat, keine Probleme. Mit Engagement, jugendlichem Schwung, schönem Ton und Präzision musiziert er hier gemeinsam mit dem Ensemble Diderot. Eingebettet wurde die CD in ein aufwendiges Media- book.
Im Jahre 1713 wurde Montanari dann als Nachfolger des verstorbenen Arcangelo Corelli Vorsteher der Congregazione di Santa Cecilia, der römischen Musikergilde. Er war ein gefeierter Geiger, spielte viele Konzerte, und unterrichtete zudem talentierte Nachwuchsmusiker und große Solisten, wie beispielsweise Pisendel. Außerdem komponierte er – doch seine Werke sind bislang im Konzertleben wenig präsent, weil er wenig veröffentlichte, und so wurde auch nur weniges überliefert.
Ein solcher Lebenslauf allerdings macht neugierig, denn hervorragende Geiger gab es in Rom damals etliche. Was also war der Grund dafür, dass Montanari von Zeitgenossen gerühmt wurde als „virtuosissimo suonatore di violino“? Johannes Pramsohler hat sich auf die Spurensuche begeben, und stellt auf dieser CD nun seine Entdeckungen vor – Violinkonzerte Montanaris, die in der Tat ausgesprochen originell sind.
Der Komponist gibt der Sologeige Raum. So lässt er sie auch gern gänzlich unbegleitet erklingen – was er ebenso gern für polyphones Spiel in kunst- voller Mehrfachgrifftechnik nutzt; Pramsohler allerdings hat mit den technischen Herausforderungen, die der Kollege seinerzeit zu Papier gebracht hat, keine Probleme. Mit Engagement, jugendlichem Schwung, schönem Ton und Präzision musiziert er hier gemeinsam mit dem Ensemble Diderot. Eingebettet wurde die CD in ein aufwendiges Media- book.
Felix Mendelssohn & Fanny Hensel: Lieder ohne Worte (Berlin Classics)
Schon seit längerem setzt sich Matthias Kirschnereit intensiv mit dem Werk von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 bis 1847) aus- einander. „Es ist überfällig, diesem genialen Tonschöpfer vorurteilsfrei zu begegnen und seine ureigene Klangsprache angemessen zu würdigen“, fordert der Pianist. „Die Beschäftigung mit Mendelssohns Musik hat für mich stets etwas Klärendes, Reinigendes, Erhebendes: Schumanns Aussage, Mendelssohn sei der ,Mozart des 19. Jahrhunderts' trifft es auf den Punkt.“
Denn ebenso wie Mozart schuf Mendelssohn schon in jungen Jahren „Werke von bleibendem Rang“, erläutert Kirschnereit. Die Lieder ohne Worte sieht der Pianist als musikalische Momentaufnahmen; der Komponist habe sie bis auf wenige Ausnahmen nach der Niederschrift nicht noch einmal überarbeitet: „Hier spricht er ungefiltert!“
Die Gesamtschau dieser Werke, die Kirschnereit mit seiner Einspielung ermöglicht, zeigt zudem, dass die Lieder ohne Worte deutlich mehr sind als biedermeierselige Albumblätter. Die gern gespielten Werke sind alles andere als ein musikalisches Idyll für klavierspielende höhere Töchter. „Die Lieder ohne Worte ziehen sich wie Tagebuchaufzeichnungen durch Mendelssohns kompositorisches Leben: Heiteres, Poetisches, Natur- haftes, Erhabenes Kokettes, Dramatisches, Verzweifeltes lösen sich in scheinbar loser Folge ab“, so Kirschnereit.
Oftmals wurde zudem ignoriert, dass der Komponist – auch wenn er seiner Schwester jahrelang den brüderlichen „Handwerkssegen“ verweigerte – im beständigen Dialog mit Fanny Hensel arbeitete. Ebenso wie beispielsweise bei den Liedvertonungen gibt es auch bei den Liedern ohne Worte ausgesprochen qualitätvolle Beiträge dieser Musikerin, die Kirschnereit in seiner Gesamteinspielung erstmals den Werken des berühmten Bruders zur Seite stellt. Man wird schnell feststellen: Die Werke von Fanny Hensel sind wesentlich kühner, freier und technisch mitunter auch anspruchsvoller als die von Felix Mendelssohn Bartholdy.
Matthias Kirschnereit, ausgebildet der Tradition der deutschen Klavier- schule entsprechend, die von seiner Lehrerin Renate Kretschmar-Fischer über Conrad Hansen, Edwin Fischer und Martin Krause bis zu Franz Liszt zurückreicht, hat in der deutsch-österreichischen Romantik seine musikalische Heimat. Mit fein ausdifferenziertem Anschlag und hoher Sensibilität entlockt er jedem Lied seine Besonderheiten, und entführt den Zuhörer in eine wunderbare Welt en miniature. Mendelssohns Werke, schrieb einst der Kritiker August Kahlert über das erste Heft der Lieder ohne Worte, seien „sämmtlich nur von solchen zu spielen, die poetische Zustände zu erfassen Lust und Geschick haben“. Kirschnereit hat; nicht umsonst erhielt der Pianist für seine Einspielung der Mendelssohn-Konzerte bereits den Echo Klassik.
Denn ebenso wie Mozart schuf Mendelssohn schon in jungen Jahren „Werke von bleibendem Rang“, erläutert Kirschnereit. Die Lieder ohne Worte sieht der Pianist als musikalische Momentaufnahmen; der Komponist habe sie bis auf wenige Ausnahmen nach der Niederschrift nicht noch einmal überarbeitet: „Hier spricht er ungefiltert!“
Die Gesamtschau dieser Werke, die Kirschnereit mit seiner Einspielung ermöglicht, zeigt zudem, dass die Lieder ohne Worte deutlich mehr sind als biedermeierselige Albumblätter. Die gern gespielten Werke sind alles andere als ein musikalisches Idyll für klavierspielende höhere Töchter. „Die Lieder ohne Worte ziehen sich wie Tagebuchaufzeichnungen durch Mendelssohns kompositorisches Leben: Heiteres, Poetisches, Natur- haftes, Erhabenes Kokettes, Dramatisches, Verzweifeltes lösen sich in scheinbar loser Folge ab“, so Kirschnereit.
Oftmals wurde zudem ignoriert, dass der Komponist – auch wenn er seiner Schwester jahrelang den brüderlichen „Handwerkssegen“ verweigerte – im beständigen Dialog mit Fanny Hensel arbeitete. Ebenso wie beispielsweise bei den Liedvertonungen gibt es auch bei den Liedern ohne Worte ausgesprochen qualitätvolle Beiträge dieser Musikerin, die Kirschnereit in seiner Gesamteinspielung erstmals den Werken des berühmten Bruders zur Seite stellt. Man wird schnell feststellen: Die Werke von Fanny Hensel sind wesentlich kühner, freier und technisch mitunter auch anspruchsvoller als die von Felix Mendelssohn Bartholdy.
Matthias Kirschnereit, ausgebildet der Tradition der deutschen Klavier- schule entsprechend, die von seiner Lehrerin Renate Kretschmar-Fischer über Conrad Hansen, Edwin Fischer und Martin Krause bis zu Franz Liszt zurückreicht, hat in der deutsch-österreichischen Romantik seine musikalische Heimat. Mit fein ausdifferenziertem Anschlag und hoher Sensibilität entlockt er jedem Lied seine Besonderheiten, und entführt den Zuhörer in eine wunderbare Welt en miniature. Mendelssohns Werke, schrieb einst der Kritiker August Kahlert über das erste Heft der Lieder ohne Worte, seien „sämmtlich nur von solchen zu spielen, die poetische Zustände zu erfassen Lust und Geschick haben“. Kirschnereit hat; nicht umsonst erhielt der Pianist für seine Einspielung der Mendelssohn-Konzerte bereits den Echo Klassik.
Dienstag, 13. Oktober 2015
Monteverdi: Il Ritorno d'Ulisse in Patria (Linn)
Claudio Monteverdi (1567 bis 1643) wurde in Cremona geboren. Sein Vater, ein Barbier und Wundarzt, ermöglichte ihm die Ausbildung bei Marco Antonio Ingegnere, maestro di cappella an der dortigen Kathe- drale. 1590 trat Monteverdi in Man- tua in die Hofkapelle des Herzogs Vincenco I. Gonzaga ein, zunächst als Sänger und Violinist; 1601 wurde er Kapellmeister. Er komponierte viel, so veröffentlichte er einige Madrigal- bücher. 1607 schrieb Monteverdi für seinen Dienstherrn L'Orfeo, eine der ersten Opern überhaupt. Sie wurde während des Karnevals in Mantua aufgeführt und erregte großes Aufsehen. Nach dem Tode des Herzogs 1612 musste sich Monteverdi eine neue Anstellung suchen. 1613 wurde er schließlich Kapellmeister des Markus- domes in Venedig.
Insgesamt hat Monteverdi mindestens 18 Opern komponiert; von den meisten ist uns allerdings heute nur noch der Titel bekannt. Halbwegs vollständig überliefert sind neben L'Orfeo nur L'Incoronazione di Poppea und Il Ritorno d'Ulisse in Patria. Aufnahmen dieser Werke gibt es mittlerweile in erstaunlich großer Zahl. Nun ist der Ulisse bei Linn erstmals im Surround-Sound auf SACD erschienen, eingespielt mit einer großen Schar junger Sänger vom Ensemble Boston Baroque unter Leitung von Martin Pearlman.
Das umfangreiche Beiheft enthält unter anderem Informationen zu Text und Handlung der Oper. In einem langen Begleittext diskutiert Pearlman allerdings auch die gewählte Version, die von altbekannten Varianten mitunter deutlich abweicht. So grübelt Pearlman, ob nun das Libretto oder die einzige überlieferte Abschrift näher am Original sind, und wie denn die Musik seinerzeit überhaupt geklungen haben könnte – denn die Abschrift enthält zumeist nur die Gesangsstimme und die Basslinie der Begleitung. „To have the ensemble sit silent for over 90% of the opera would have been artistically and financially wasteful in the seventeenth century as it is in the twenty-first“, meint der Kapellmeister, und ergänzt fehlende Orchesterparts. Eine eigenständige, interessante Fassung, die so manches spannende Detail hörbar werden lässt.
Insgesamt hat Monteverdi mindestens 18 Opern komponiert; von den meisten ist uns allerdings heute nur noch der Titel bekannt. Halbwegs vollständig überliefert sind neben L'Orfeo nur L'Incoronazione di Poppea und Il Ritorno d'Ulisse in Patria. Aufnahmen dieser Werke gibt es mittlerweile in erstaunlich großer Zahl. Nun ist der Ulisse bei Linn erstmals im Surround-Sound auf SACD erschienen, eingespielt mit einer großen Schar junger Sänger vom Ensemble Boston Baroque unter Leitung von Martin Pearlman.
Das umfangreiche Beiheft enthält unter anderem Informationen zu Text und Handlung der Oper. In einem langen Begleittext diskutiert Pearlman allerdings auch die gewählte Version, die von altbekannten Varianten mitunter deutlich abweicht. So grübelt Pearlman, ob nun das Libretto oder die einzige überlieferte Abschrift näher am Original sind, und wie denn die Musik seinerzeit überhaupt geklungen haben könnte – denn die Abschrift enthält zumeist nur die Gesangsstimme und die Basslinie der Begleitung. „To have the ensemble sit silent for over 90% of the opera would have been artistically and financially wasteful in the seventeenth century as it is in the twenty-first“, meint der Kapellmeister, und ergänzt fehlende Orchesterparts. Eine eigenständige, interessante Fassung, die so manches spannende Detail hörbar werden lässt.
Haydn: Clarinet Quartets (MDG)
Das audiophile Label Dabringhaus und Grimm, weithin bekannt für seine Entdeckungen und für die herausragende Qualität seiner Auf- nahmen, hat wieder einmal in die Schatztruhe gegriffen und eine Ein- spielung von höchster Güte wieder- veröffentlicht: Klarinettenquartette von Joseph Haydn mit dem legen- dären Dieter Klöcker und seinem Consortium Classicum.
Klarinettenquartette von Haydn? Wer sich darüber wundert, der staunt zu Recht. Denn die Werke, die hier erklingen, hat der Komponist so nicht geschrieben. „Er saß in Wien zu Füßen der großen Meister, komponierte selbst fleißig und arrangierte deren Werke für seine musikliebenden Freunde in Paris“, zitiert Klöcker im Beiheft eine Quelle aus dem 19. Jahr- hundert, die Auskunft gibt über das Wirken eines gewissen Vincent Gambaro. Dieser nämlich hat als „Extraits des Oeuvres de Haydn“ die drei Quartette zusammengestellt, die auf dieser CD zu hören sind. In Gambaros Pariser Musikverlag ist allerdings nur eines davon erschienen, berichtet Klöcker, „die anderen beiden Stücke durfte ich im Manuskript auffinden.“ Das könnte mit daran liegen, dass der Klarinettenpart für die damalige Zeit ziemlich anspruchsvoll war. Möglicherweise sind die Trois Quatours concertants für einen Verwandten entstanden: Johann Baptist Gambaro war ein hervorragender Klarinettist, und musizierte im italienischen Theater in Paris.
Dieter Klöcker spielt diese Musik mit der für ihn typischen virtuosen Leichtigkeit. Doch auch seine Musikerkollegen Kurt Guntner, Violine, Helmut Nicolai, Viola und Helmar Stieler, Violoncello, bekommen gut zu tun: „Je brillanter die Klarinette existiert“, urteilt Klöcker, „umso auf- regender ziehen die anderen Stimmen nach. Hier öffnet sich bereits der Weg zur Beethovenschen Vorstellungswelt.“ Das wiederum ist auch für den Zuhörer faszinierend. Bravi!
Klarinettenquartette von Haydn? Wer sich darüber wundert, der staunt zu Recht. Denn die Werke, die hier erklingen, hat der Komponist so nicht geschrieben. „Er saß in Wien zu Füßen der großen Meister, komponierte selbst fleißig und arrangierte deren Werke für seine musikliebenden Freunde in Paris“, zitiert Klöcker im Beiheft eine Quelle aus dem 19. Jahr- hundert, die Auskunft gibt über das Wirken eines gewissen Vincent Gambaro. Dieser nämlich hat als „Extraits des Oeuvres de Haydn“ die drei Quartette zusammengestellt, die auf dieser CD zu hören sind. In Gambaros Pariser Musikverlag ist allerdings nur eines davon erschienen, berichtet Klöcker, „die anderen beiden Stücke durfte ich im Manuskript auffinden.“ Das könnte mit daran liegen, dass der Klarinettenpart für die damalige Zeit ziemlich anspruchsvoll war. Möglicherweise sind die Trois Quatours concertants für einen Verwandten entstanden: Johann Baptist Gambaro war ein hervorragender Klarinettist, und musizierte im italienischen Theater in Paris.
Dieter Klöcker spielt diese Musik mit der für ihn typischen virtuosen Leichtigkeit. Doch auch seine Musikerkollegen Kurt Guntner, Violine, Helmut Nicolai, Viola und Helmar Stieler, Violoncello, bekommen gut zu tun: „Je brillanter die Klarinette existiert“, urteilt Klöcker, „umso auf- regender ziehen die anderen Stimmen nach. Hier öffnet sich bereits der Weg zur Beethovenschen Vorstellungswelt.“ Das wiederum ist auch für den Zuhörer faszinierend. Bravi!
Montag, 12. Oktober 2015
Abendmusik (Brilliant Classics)
Die Tradition der Abendmusiken entstand in Lübeck. Begründet wurde sie von Franz Tunder (1614 bis 1667), dem Organisten an der Marienkirche. Entstanden ist diese besondere Form des Konzertes aus einer Orgelmusik, die Tunder ab 1646 für die „Commer- zierenden Zünfte“ spielte, bevor diese zur Börse in das nebenan gelegene Rathaus gingen. Später erweiterte Tunder die Besetzung dann um Sing- stimmen und Violinen.
Tunders Nachfolger Dieterich Buxte- hude übernahm die Abendmusiken und baute diese Konzertreihe weiter aus. So wurden auf seinen Wunsch hin sogar Sängeremporen eingebaut, damit Chor und Orchester ausreichend Platz hatten. Bis zu 80 Musiker wirkten damals an diesen Konzerten mit.
Leider ist von den Werken, die Buxtehude für die Abendmusiken geschaffen hat, offenbar kein einziges überliefert worden. Sie sollen eher Oratorien als Kantaten geähnelt haben. Die Zuhörer jedenfalls waren sehr beeindruckt, und so gab es bald auch in anderen Städten ähnliche Veranstaltungen.
Ein Programm mit Kantaten aus jenen frühen Tagen der protestantischen Kirchenmusik hat nun Brilliant Classics vorgelegt. Zu hören ist Bassbari- ton Mario Borgioni – eine wundervolle, ausdrucksstarke Stimme mit satter Tiefe – gemeinsam mit dem italienischen „Alte“-Musik-Ensemble Accademia Hermans. Es erklingen ausgewählte Vokalwerke von Johann Christoph Bach (1642 bis 1703), Franz Tunder, Matthias Weckmann (um 1616 bis 1674), Johann Rosenmüller (1619 bis 1684), und Nicolaus Bruhns (1665 bis 1697), Buxtehudes Lieblingsschüler, sowie Instrumentalmusik von Johann Philipp Krieger (1649 bis 1725) und dem Hamburger Rats- musiker Johann Schop (1660 bis 1741). Die Aufnahmen entstanden im April 2014 in der Stiftskirche von Santa Maria Maggiore im italienischen Collescipoli.
Tunders Nachfolger Dieterich Buxte- hude übernahm die Abendmusiken und baute diese Konzertreihe weiter aus. So wurden auf seinen Wunsch hin sogar Sängeremporen eingebaut, damit Chor und Orchester ausreichend Platz hatten. Bis zu 80 Musiker wirkten damals an diesen Konzerten mit.
Leider ist von den Werken, die Buxtehude für die Abendmusiken geschaffen hat, offenbar kein einziges überliefert worden. Sie sollen eher Oratorien als Kantaten geähnelt haben. Die Zuhörer jedenfalls waren sehr beeindruckt, und so gab es bald auch in anderen Städten ähnliche Veranstaltungen.
Ein Programm mit Kantaten aus jenen frühen Tagen der protestantischen Kirchenmusik hat nun Brilliant Classics vorgelegt. Zu hören ist Bassbari- ton Mario Borgioni – eine wundervolle, ausdrucksstarke Stimme mit satter Tiefe – gemeinsam mit dem italienischen „Alte“-Musik-Ensemble Accademia Hermans. Es erklingen ausgewählte Vokalwerke von Johann Christoph Bach (1642 bis 1703), Franz Tunder, Matthias Weckmann (um 1616 bis 1674), Johann Rosenmüller (1619 bis 1684), und Nicolaus Bruhns (1665 bis 1697), Buxtehudes Lieblingsschüler, sowie Instrumentalmusik von Johann Philipp Krieger (1649 bis 1725) und dem Hamburger Rats- musiker Johann Schop (1660 bis 1741). Die Aufnahmen entstanden im April 2014 in der Stiftskirche von Santa Maria Maggiore im italienischen Collescipoli.
Somis: Opus IV (Calliope)
Giovanni Battista Somis (1686 bis 1763) war, ähnlich wie der junge Mozart, ein Wunderkind. Er wurde durch seinen Vater unterrichtet, und bereits im zarten Alter von zehn Jahren ebenfalls Mitglied in der Hofkapelle des Herzogs von Savoyen in seiner Heimatstadt Turin. Von 1703 bis 1706 hielt sich Somis in Rom auf, wo er bei Arcangelo Corelli unter anderem seine Bogentechnik sowie seine Fertigkeiten in der Kunst der Verzierung vervollkommnete.
Somis scheint dort sehr viel gelernt zu haben, denn nach seiner Rückkehr machte er rasant Karriere. Konzertreisen führten ihn unter anderem nach Novara, Sizilien und Paris, wo er 1733 in den Concerts spirituel auftrat. Dennoch blieb Somis bis an sein Lebensende Mitglied der Turiner Hofkapelle. Er komponierte auch, wobei wohl die meisten seiner Werke verschollen sind.
Die weitaus größte Bedeutung allerdings hatte Somis als Lehrer. So gehört zu seinen Schülern Jean-Marie Leclair, der die Spielweise seines Lehrers in die französische Violintradition integrierte. Auch Louis-Gabriel Guille- main, Jean-Pierre Guignon, Somis' Neffe Carlo Chiabrano oder Gaetano Pugnani, der wiederum später Viotti unterrichtete, finden sich auf der beeindruckenden Liste der Schüler des Geigers.
Somis' Musik ist heute wenig bekannt. Desto erfreulicher ist es, dass Marco Pedrona mit seinem Ensemble Guidantus – hier in der Besetzung Claudia Poz, Violoncello, Silvio Rosi, Theorbe und Barockgitarre und Piero Barba- reschi, Cembalo – nun eine Auswahl aus den Sonate da Camera op. 4 eingespielt hat. Es sind hübsche Werke, unverkennbar in der Nachfolge Vivaldis und Corellis. Und es ist die bisher beste Einspielung des enga- gierten Musikers. Leider gibt es bei der Qualität der Aufnahme Reserven; so kommt das exzellent besetzte Continuo leider nicht ganz so zur Geltung, wie dies wünschenswert wäre.
Somis scheint dort sehr viel gelernt zu haben, denn nach seiner Rückkehr machte er rasant Karriere. Konzertreisen führten ihn unter anderem nach Novara, Sizilien und Paris, wo er 1733 in den Concerts spirituel auftrat. Dennoch blieb Somis bis an sein Lebensende Mitglied der Turiner Hofkapelle. Er komponierte auch, wobei wohl die meisten seiner Werke verschollen sind.
Die weitaus größte Bedeutung allerdings hatte Somis als Lehrer. So gehört zu seinen Schülern Jean-Marie Leclair, der die Spielweise seines Lehrers in die französische Violintradition integrierte. Auch Louis-Gabriel Guille- main, Jean-Pierre Guignon, Somis' Neffe Carlo Chiabrano oder Gaetano Pugnani, der wiederum später Viotti unterrichtete, finden sich auf der beeindruckenden Liste der Schüler des Geigers.
Somis' Musik ist heute wenig bekannt. Desto erfreulicher ist es, dass Marco Pedrona mit seinem Ensemble Guidantus – hier in der Besetzung Claudia Poz, Violoncello, Silvio Rosi, Theorbe und Barockgitarre und Piero Barba- reschi, Cembalo – nun eine Auswahl aus den Sonate da Camera op. 4 eingespielt hat. Es sind hübsche Werke, unverkennbar in der Nachfolge Vivaldis und Corellis. Und es ist die bisher beste Einspielung des enga- gierten Musikers. Leider gibt es bei der Qualität der Aufnahme Reserven; so kommt das exzellent besetzte Continuo leider nicht ganz so zur Geltung, wie dies wünschenswert wäre.
Sonntag, 11. Oktober 2015
von Suppé: Overtures and Marches (Chandos)
Jurist sollte, Musiker
wollte er werden – letzten Endes studierte Francesco Ezechiele
Ermenegildo, Cavaliere Suppé-Demelli (1819 bis 1895), der Nachwelt
besser bekannt als Franz von Suppé, widerwillig ein wenig Medizin,
um sich dann doch der Musik zuzuwenden.
Das wird einen seiner Verwandten gefreut haben, der auch zu seinen ersten Lehrern gehörte: Gaetano Donizetti. Der junge Francesco nahm Unterricht in Komposition und Kontrapunkt, und begann 1840 seine Laufbahn als Dirigent. Obwohl er etliche bedeutende geistliche Werke geschaffen hat, ist er heute eigentlich nur noch durch die Ouvertüren seiner vielen Opern und Operetten bekannt.
Melodien wie die Ouvertüren zu Leichte Kavallerie, Die schöne Galathée oder Dichter und Bauer oder aber die Humoristischen Variationen über das beliebte Fuchslied „Was kommt da von der Höh’“ sind wahrscheinlich jedem vertraut. Und vielleicht ergeht es dem Komponisten, der zu Lebzeiten als der „Wiener Offenbach“ galt, ja ebenso wie seinem französischen Kollegen, der lange auch nur mit seinen Ouvertüren präsent war. Neeme Järvi und das Royal Scottish National Orchestra erinnern jedenfalls mit der vorliegenden Aufnahme an diese witzige und inspirierte Musik. Und vielleicht findet ja in Zukunft auch die eine oder andere Operette von Suppés den Weg zurück auf die Bühne – Die schöne Galathée beispiels- weise wäre eine Entdeckung wert.
Das wird einen seiner Verwandten gefreut haben, der auch zu seinen ersten Lehrern gehörte: Gaetano Donizetti. Der junge Francesco nahm Unterricht in Komposition und Kontrapunkt, und begann 1840 seine Laufbahn als Dirigent. Obwohl er etliche bedeutende geistliche Werke geschaffen hat, ist er heute eigentlich nur noch durch die Ouvertüren seiner vielen Opern und Operetten bekannt.
Melodien wie die Ouvertüren zu Leichte Kavallerie, Die schöne Galathée oder Dichter und Bauer oder aber die Humoristischen Variationen über das beliebte Fuchslied „Was kommt da von der Höh’“ sind wahrscheinlich jedem vertraut. Und vielleicht ergeht es dem Komponisten, der zu Lebzeiten als der „Wiener Offenbach“ galt, ja ebenso wie seinem französischen Kollegen, der lange auch nur mit seinen Ouvertüren präsent war. Neeme Järvi und das Royal Scottish National Orchestra erinnern jedenfalls mit der vorliegenden Aufnahme an diese witzige und inspirierte Musik. Und vielleicht findet ja in Zukunft auch die eine oder andere Operette von Suppés den Weg zurück auf die Bühne – Die schöne Galathée beispiels- weise wäre eine Entdeckung wert.
Samstag, 10. Oktober 2015
Schumann, Madsen, Mozart (Genuin)
Die G-Hörner sollen „ganz rauh geploßen werden“, wies Leopold Mozart an, und „so forte alß immer möglich. Item kann auch ein hifthorn da bey sein. Dann soll man etliche Hunde haben die bellen, die übrigen schreyen zusam ho ho etl. Aber nur 6 Tact lang.“ Willkommen im Jagd- revier – ein Sujet, das Komponisten immer wieder gern aufgegriffen haben, denn es lädt zu allerlei Lautmalereien ein. Leopold Mozart inspirierte das weidmännische Geschehen zu einem Werk, in dem auf das Hundebellen, die Rufe der Treiber und die Schüsse allerlei Echos folgen, was nicht nur musikalisch reizvoll ist, sondern auch zu Vermutungen über die Größe des Jagdreviers anregt. Und nach getaner Arbeit feiert die Jagdgesellschaft, sie tanzt ein hübsches Menuett.
Die Jagd-Sinfonie / 4 Violini / 4 Corni ex D / 2 Corni ex G / 2 Violi / 1 Ku- gelbichse / et / Basso, so notierte Mozart Titel und Besetzung. Das Horn- quartett German Hornsound, gegründet 2009 von ehemaligen Studenten der Hornklasse von Christian Lampert an der Stuttgarter Musikhoch- schule, hat an diesem verspielten Opus hörbares Vergnügen. Auf dieser CD musizieren Christoph Eß, Sebastian Schorr, Stephan Schottstädt und Timo Steininger gemeinsam mit den exzellenten Bamberger Symphonikern unter Leitung von Michael Sanderling. Während die vier Hornisten bei der Jagdsinfonie sehr weitgehend mit dem Orchester musizieren, haben sie im nachfolgenden Konzertstück F-Dur für 4 Hörner und Orchester op. 86 von Robert Schumann eine ziemlich exponierte und obendrein sehr anspruchsvolle Partie. Das ist sicherlich auch der Grund dafür, warum man dieses bezaubernde Stück nur sehr selten hören kann.
Das dritte Werk auf dieser CD ist für das Ausnahme-Quartett entstanden: 2011 lernte Cristoph Eß, Solohornist der Bamberger Symphoniker, am Rande eines Konzertes der renommierten Festspiele Mecklenburg-Vor- pommern den norwegischen Komponisten Trygve Madsen kennen. Er schrieb für German Hornsound die Sinfonia Concertante, hier in Welt- ersteinspielung zu hören – eine Hommage an Richard Strauss, im Gedenken an dessen 150. Geburtstag im Jahre 2014. Es ist ein intelligentes Spiel mit Anspielungen und Zitaten, musikalisch sehr beachtlich, dabei ausgesprochen witzig, hier und da bis hin zum Schabernack.
Die vier Hornisten beeindrucken durch ihre Musizierlust ebenso wie durch ihr Musizieren. Sie zeigen, wie herrlich Hörner klingen können, wenn sie so perfekt geblasen werden – edel, kraftvoll und sehr ausdrucksstark. Bravi! und, bitte, unbedingt weitermachen.
Die Jagd-Sinfonie / 4 Violini / 4 Corni ex D / 2 Corni ex G / 2 Violi / 1 Ku- gelbichse / et / Basso, so notierte Mozart Titel und Besetzung. Das Horn- quartett German Hornsound, gegründet 2009 von ehemaligen Studenten der Hornklasse von Christian Lampert an der Stuttgarter Musikhoch- schule, hat an diesem verspielten Opus hörbares Vergnügen. Auf dieser CD musizieren Christoph Eß, Sebastian Schorr, Stephan Schottstädt und Timo Steininger gemeinsam mit den exzellenten Bamberger Symphonikern unter Leitung von Michael Sanderling. Während die vier Hornisten bei der Jagdsinfonie sehr weitgehend mit dem Orchester musizieren, haben sie im nachfolgenden Konzertstück F-Dur für 4 Hörner und Orchester op. 86 von Robert Schumann eine ziemlich exponierte und obendrein sehr anspruchsvolle Partie. Das ist sicherlich auch der Grund dafür, warum man dieses bezaubernde Stück nur sehr selten hören kann.
Das dritte Werk auf dieser CD ist für das Ausnahme-Quartett entstanden: 2011 lernte Cristoph Eß, Solohornist der Bamberger Symphoniker, am Rande eines Konzertes der renommierten Festspiele Mecklenburg-Vor- pommern den norwegischen Komponisten Trygve Madsen kennen. Er schrieb für German Hornsound die Sinfonia Concertante, hier in Welt- ersteinspielung zu hören – eine Hommage an Richard Strauss, im Gedenken an dessen 150. Geburtstag im Jahre 2014. Es ist ein intelligentes Spiel mit Anspielungen und Zitaten, musikalisch sehr beachtlich, dabei ausgesprochen witzig, hier und da bis hin zum Schabernack.
Die vier Hornisten beeindrucken durch ihre Musizierlust ebenso wie durch ihr Musizieren. Sie zeigen, wie herrlich Hörner klingen können, wenn sie so perfekt geblasen werden – edel, kraftvoll und sehr ausdrucksstark. Bravi! und, bitte, unbedingt weitermachen.
Berger / Schubert: Die schöne Müllerin; Schäfer/Koch (Avi-Music)
„Am Anfang stand ein Gesellschafts- spiel mit Musik“, so berichtet das Beiheft zu dieser CD: „Im Berliner Haus des Geheimen Staatsrats Friedrich August von Staegemann führte eine Schar junger Kunst- freunde im Herbst 1816 ein kleines Theaterstück mit Liedern auf.“ Es ging darin um eine junge Dame namens Rose, die schöne Müllerin, die von drei Männern umschwärmt wird – einem Müller, einem Gärtner und einem Jäger. Diesem gelingt es letztendlich, das Herz des Mädchens zu erobern.
Um die bei dieser Aufführung improvisierten Gesänge durch „echte“ Vertonungen zu ersetzen, wurde dann der Berliner Komponist Ludwig Berger (1777 bis 1839) hinzugezogen. Er wählte zehn Stücke aus und veröffentlichte sie im Jahre 1818 unter dem Titel Gesänge aus dem gesellschaftlichen Liederspiele ,Die schöne Müllerin’. Die Liedtexte stammten von verschiedenen Autoren, allerdings waren schon unter den von Berger in Musik gesetzten Stücken bereits fünf aus der Feder von Wilhelm Müller. Der junge Mann, der es später in seiner Heimatstadt Dessau bis zum Hofrat brachte, spielte bei dem Theaterstück kurioserweise auch tatsächlich die Rolle des Müllerburschen.
Er schrieb brillante Gedichte, die von seinen Zeitgenossen mit großer Begeisterung gelesen wurden. So überarbeitete und erweiterte er in späteren Jahren auch seine Beiträge zu jenem Liederspiel, und veröffentlichte schließlich eine Folge von 23 Gedichten nebst einem ziemlich ironischen Prolog und einem Epilog. Auf diese Werke wiederum wurde dann Franz Schubert (1797 bis 1828) aufmerksam. Der Komponist ignorierte die Ironie; er vertonte 20 dieser Gedichte – und schuf mit Die schöne Müllerin einen bedeutenden Liederzyklus der Romantik.
Auf dieser CD erklingen nun zum allerersten Male beide „Müllerinnen“, gesungen von dem Tenor Markus Schäfer, begleitet von Tobias Koch – der dabei auch ein ganz besonderes Klavier benutzte. Koch spielt ein Piano- forte von Johann Fritz, Wien um 1830, mit Wiener Mechanik und vier Pedalen, aus der Sammlung Beetz. Der „authentische“ Klang ist ja kein Wert an sich, aber in diesem Falle ist er ein Erlebnis. Denn dieses Instru- ment ist sehr viel dezenter und zugleich mit seinen vielen Farben und seinem schwebenden Klang wesentlich präsenter als ein moderner Flügel.
Berger hat die meisten Gedichte als Strophenlieder gestaltet, und dabei nur selten Varianten auskomponiert. Es ist aber bekannt, dass die Interpreten jener Zeit den Notentext relativ frei gestalteten und abwandelten. Auf der Suche nach der zeitgenössischen Vortragspraxis stießen Schäfer und Koch auf interessante Dokumente – Abschriften und frühe Ausgaben der Schönen Müllerin, mit Eintragungen und Varianten, die zeigen, dass auch bei derart durchkomponierten Werken ein kreativer Umgang mit dem Notentext gang und gäbe war. So wurden Wiederholungen genutzt, um eigene Ideen einzubringen.
Schäfer und Koch haben diese Praxis ausprobiert, wobei sie auf Variatio- nen im Sinne einer Auszierung meistens verzichten. Statt dessen haben die beiden Musiker nach Möglichkeiten gesucht, Details sowohl aus dem Text als auch aus der Musik hervorzuheben und weiterführend auszudeuten. Nicht nur in der Singstimme, sondern auch im Klavierpart haben sie gemeinsam verblüffende Lösungen gefunden, die aufhorchen lassen. Dabei gehen sie mit Schuberts Musik stets achtsam um. Das Ergebnis finde ich sehr beachtlich und durchaus bedenkens- und hörenswert.
Um die bei dieser Aufführung improvisierten Gesänge durch „echte“ Vertonungen zu ersetzen, wurde dann der Berliner Komponist Ludwig Berger (1777 bis 1839) hinzugezogen. Er wählte zehn Stücke aus und veröffentlichte sie im Jahre 1818 unter dem Titel Gesänge aus dem gesellschaftlichen Liederspiele ,Die schöne Müllerin’. Die Liedtexte stammten von verschiedenen Autoren, allerdings waren schon unter den von Berger in Musik gesetzten Stücken bereits fünf aus der Feder von Wilhelm Müller. Der junge Mann, der es später in seiner Heimatstadt Dessau bis zum Hofrat brachte, spielte bei dem Theaterstück kurioserweise auch tatsächlich die Rolle des Müllerburschen.
Er schrieb brillante Gedichte, die von seinen Zeitgenossen mit großer Begeisterung gelesen wurden. So überarbeitete und erweiterte er in späteren Jahren auch seine Beiträge zu jenem Liederspiel, und veröffentlichte schließlich eine Folge von 23 Gedichten nebst einem ziemlich ironischen Prolog und einem Epilog. Auf diese Werke wiederum wurde dann Franz Schubert (1797 bis 1828) aufmerksam. Der Komponist ignorierte die Ironie; er vertonte 20 dieser Gedichte – und schuf mit Die schöne Müllerin einen bedeutenden Liederzyklus der Romantik.
Auf dieser CD erklingen nun zum allerersten Male beide „Müllerinnen“, gesungen von dem Tenor Markus Schäfer, begleitet von Tobias Koch – der dabei auch ein ganz besonderes Klavier benutzte. Koch spielt ein Piano- forte von Johann Fritz, Wien um 1830, mit Wiener Mechanik und vier Pedalen, aus der Sammlung Beetz. Der „authentische“ Klang ist ja kein Wert an sich, aber in diesem Falle ist er ein Erlebnis. Denn dieses Instru- ment ist sehr viel dezenter und zugleich mit seinen vielen Farben und seinem schwebenden Klang wesentlich präsenter als ein moderner Flügel.
Berger hat die meisten Gedichte als Strophenlieder gestaltet, und dabei nur selten Varianten auskomponiert. Es ist aber bekannt, dass die Interpreten jener Zeit den Notentext relativ frei gestalteten und abwandelten. Auf der Suche nach der zeitgenössischen Vortragspraxis stießen Schäfer und Koch auf interessante Dokumente – Abschriften und frühe Ausgaben der Schönen Müllerin, mit Eintragungen und Varianten, die zeigen, dass auch bei derart durchkomponierten Werken ein kreativer Umgang mit dem Notentext gang und gäbe war. So wurden Wiederholungen genutzt, um eigene Ideen einzubringen.
Schäfer und Koch haben diese Praxis ausprobiert, wobei sie auf Variatio- nen im Sinne einer Auszierung meistens verzichten. Statt dessen haben die beiden Musiker nach Möglichkeiten gesucht, Details sowohl aus dem Text als auch aus der Musik hervorzuheben und weiterführend auszudeuten. Nicht nur in der Singstimme, sondern auch im Klavierpart haben sie gemeinsam verblüffende Lösungen gefunden, die aufhorchen lassen. Dabei gehen sie mit Schuberts Musik stets achtsam um. Das Ergebnis finde ich sehr beachtlich und durchaus bedenkens- und hörenswert.
Souvenirs - Musiktage with Rudens Turku & friends (Oehms Classics)
Souvenirs heißt eine neue CD aus dem Hause Oehms Classics. Sie enthält Aufnahmen, die in einem Zeitraum von drei Jahren entstanden sind, als ein klingendes Andenken an Konzerte bei den Starnberger bzw. Seefelder Musiktagen. Dieses Musikfest, ins Leben gerufen und geleitet von dem Geiger Rudens Turku, bringt alljährlich gestandene Musiker, Studierende und Dozenten sowie natürlich das Publikum zusammen. Einige Ausschnitte aus dem umfangreichen Programm, das neben Konzerten auch beispielsweise Meisterkursen und Vorträge beinhaltet, sind nun auf dieser CD zu hören. Die Auswahl der Stücke hat sehr viel Charme, und die Liste der Mitwirkenden ist ebenso lang wie illuster. Zu hören sind András Adorján, Flöte, Rudens Turku und Lena Neudauer, Violine, Franz Halasz, Gitarre, Malte Refardt, Fagott, Wen-Sinn Yang, Violoncello und Yumiko Urabe sowie Adrian Oetiker, Klavier. Diese exzellenten Musiker bereiten dem Zuhörer ein grandioses Musikfest; die Programmfolge wirkt fast wie ein Hauskonzert – aber was für eines! Unbedingt anhören!
Hamburger Ratsmusik - Wach auf mein Geist (K&K)
Deutsche geistliche Lieder und
Arien sowie Instrumentalmusik des 17. Jahrhunderts erklangen im Jahre 2006 bei einem Konzerts der Ham- burger Ratsmusik mit dem Sänger Klaus Mertens im Kloster Maulbronn. Die großen geistlichen Liedsamm- lungen, die damals entstanden, waren nicht zum Vortrag im Gottes- dienst oder gar auf dem Konzertpo- dium, sondern ausschließlich für die häusliche Andacht bestimmt. Es war dies eine bewegte Zeit, in der um den rechten Glauben noch immer heftig gestritten wurde; nach dem Dreißig- jährigen Krieg, der Entbehrungen, Not, Gewalt und Gefahr mit sich brachte, beschworen Adel und Bürgertum traditionelle Werte.
Josef-Stefan Kindler, der gemeinsam mit Andreas Otto Grimminger über das Label KuK Konzerte dokumentiert, begeistert sich im Beiheft zu dieser CD für das geistliche Lied jener Tage, und findet sein Anliegen durchaus aktuell: „In äusserst ansprechender, ja edler Weise verführt und die Aufführung der Hamburger Ratsmusik zu einem Blick auf jene Werte, die heute mehr und mehr durch die vielfältigen Einflüsse unserer Umwelt ihre Berechtigung zu verlieren scheinen. Berührend, und vielleicht daher beruhigend, erfährt man beim Hören der Aufführung von Werten wie Anmut, Demut und Edelmut – welche dazumal den gleichen Stellenwert wie heutzutage Effizienz, Effektivität und Leistung einnahmen. Für mich persönlich eines der schönsten und ansprechendsten kammermusika- lischen Konzerte innerhalb der Edition.“
Klaus Mertens hat in diesem Programm Werke vorgetragen aus den Hun- dert ahnmutig und sonderbar Geistlichen Arien von Christoph Bernhard, gedruckt 1694 in Dresden, sowie aus den Himmlischen Liedern des Ham- burger Ratsmusikers Johann Schop nach Texten des großen Barockpoeten Johann Rist, publiziert 1641/42 in Lüneburg. Dabei begleiteten den Sänger Simone Eckert, Viola da gamba, und Ulrich Wedemeier, ein Spezialist für historische Gitarren und Lauteninstrumente.
Die beiden Musiker haben das Programm zudem durch Instrumentalwerke aus jener Zeit bereichert. Sie harmonieren ausgezeichnet mit dem Gesang des Bassbaritons, der im Bereich der „Alten“ Musik zu Recht sehr gefragt ist. Mertens gestaltet die nur scheinbar schlichten Lieder wunderbar; es muss in der Tat ein beeindruckendes Konzert im Kloster Maulbronn gewesen sein. Etwas von dem besonderen Flair jenes Abend vermittelt auch diese CD. Meine Empfehlung!
Arien sowie Instrumentalmusik des 17. Jahrhunderts erklangen im Jahre 2006 bei einem Konzerts der Ham- burger Ratsmusik mit dem Sänger Klaus Mertens im Kloster Maulbronn. Die großen geistlichen Liedsamm- lungen, die damals entstanden, waren nicht zum Vortrag im Gottes- dienst oder gar auf dem Konzertpo- dium, sondern ausschließlich für die häusliche Andacht bestimmt. Es war dies eine bewegte Zeit, in der um den rechten Glauben noch immer heftig gestritten wurde; nach dem Dreißig- jährigen Krieg, der Entbehrungen, Not, Gewalt und Gefahr mit sich brachte, beschworen Adel und Bürgertum traditionelle Werte.
Josef-Stefan Kindler, der gemeinsam mit Andreas Otto Grimminger über das Label KuK Konzerte dokumentiert, begeistert sich im Beiheft zu dieser CD für das geistliche Lied jener Tage, und findet sein Anliegen durchaus aktuell: „In äusserst ansprechender, ja edler Weise verführt und die Aufführung der Hamburger Ratsmusik zu einem Blick auf jene Werte, die heute mehr und mehr durch die vielfältigen Einflüsse unserer Umwelt ihre Berechtigung zu verlieren scheinen. Berührend, und vielleicht daher beruhigend, erfährt man beim Hören der Aufführung von Werten wie Anmut, Demut und Edelmut – welche dazumal den gleichen Stellenwert wie heutzutage Effizienz, Effektivität und Leistung einnahmen. Für mich persönlich eines der schönsten und ansprechendsten kammermusika- lischen Konzerte innerhalb der Edition.“
Klaus Mertens hat in diesem Programm Werke vorgetragen aus den Hun- dert ahnmutig und sonderbar Geistlichen Arien von Christoph Bernhard, gedruckt 1694 in Dresden, sowie aus den Himmlischen Liedern des Ham- burger Ratsmusikers Johann Schop nach Texten des großen Barockpoeten Johann Rist, publiziert 1641/42 in Lüneburg. Dabei begleiteten den Sänger Simone Eckert, Viola da gamba, und Ulrich Wedemeier, ein Spezialist für historische Gitarren und Lauteninstrumente.
Die beiden Musiker haben das Programm zudem durch Instrumentalwerke aus jener Zeit bereichert. Sie harmonieren ausgezeichnet mit dem Gesang des Bassbaritons, der im Bereich der „Alten“ Musik zu Recht sehr gefragt ist. Mertens gestaltet die nur scheinbar schlichten Lieder wunderbar; es muss in der Tat ein beeindruckendes Konzert im Kloster Maulbronn gewesen sein. Etwas von dem besonderen Flair jenes Abend vermittelt auch diese CD. Meine Empfehlung!
Spohr: String Quartets (Marco Polo)
Als Louis Spohr (1784 bis 1859) sein Debüt als Violinvirtuose gab, war auch das Streichquartett als solches noch in recht jugendlichem Alter. Als Braunschweiger Kammermusikus lernte Spohr die Quartette von Haydn, Mozart und Beethoven kennen und lieben – er spielte sie bei zahlreichen Quartett-Gesellschaften, und trug dazu bei, sie weithin bekannt zu machen.
Es waren nicht etwa Violinsonaten und Violinkonzerte, sondern Streich- quartette, die Spohr zu einem der wichtigsten und am meisten verehr- ten Komponisten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts machten. Es ist allerdings erstaunlich, dass sie heute kaum noch jemand kennt – im Konzertbetrieb spielen sie faktisch keine Rolle mehr.
Das Label Marco Polo hat diese vergessenen Werke nun auf insgesamt 17 CD veröffentlicht, eingespielt vom New Budapest Quartet, dem Moskauer Dima-Quartett sowie dem Moskauer Philharmonischen Concertino-Streichquartett. Letzteres beschließt den Reigen und präsentiert auf der letzten CD dieser verdienstvollen Serie die Quartette Nr. 10 op. 30, Nr. 18 op. 61 sowie die Variationen d-Moll op. 6; im Grunde handelt es sich dabei ebenfalls um ein Streichquartett.
Allerdings waren zu Spohrs Zeiten nicht alle Quartette so ausgewogen und gediegen komponiert wie die der großen Wiener Meister. Beim sogenann- ten Quatuor brillant handelt es sich um ein Werk für Solo-Violine mit Streicherbegleitung, die, je nach Talent und Laune des Urhebers, mehr oder meist weniger anspruchsvoll gestaltet wurde. Die Aufnahmen zeigen, dass in Spohrs eigenen Werken sowohl der Einfluss der Wiener Klassik als auch der zeitgenössischen Virtuosen hörbar wird: Die erste Violine hat typischerweise einen exponierten Part, doch die Stimmen der anderen Instrumente sind meistens ebenfalls sehr sorgfältig und mit Anspruch gearbeitet. Es lohnt sich wirklich, diese Streichquartette wiederzuent- decken – zumal die Moskauer Musiker sie mit großem Engagement vor- tragen.
Es waren nicht etwa Violinsonaten und Violinkonzerte, sondern Streich- quartette, die Spohr zu einem der wichtigsten und am meisten verehr- ten Komponisten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts machten. Es ist allerdings erstaunlich, dass sie heute kaum noch jemand kennt – im Konzertbetrieb spielen sie faktisch keine Rolle mehr.
Das Label Marco Polo hat diese vergessenen Werke nun auf insgesamt 17 CD veröffentlicht, eingespielt vom New Budapest Quartet, dem Moskauer Dima-Quartett sowie dem Moskauer Philharmonischen Concertino-Streichquartett. Letzteres beschließt den Reigen und präsentiert auf der letzten CD dieser verdienstvollen Serie die Quartette Nr. 10 op. 30, Nr. 18 op. 61 sowie die Variationen d-Moll op. 6; im Grunde handelt es sich dabei ebenfalls um ein Streichquartett.
Allerdings waren zu Spohrs Zeiten nicht alle Quartette so ausgewogen und gediegen komponiert wie die der großen Wiener Meister. Beim sogenann- ten Quatuor brillant handelt es sich um ein Werk für Solo-Violine mit Streicherbegleitung, die, je nach Talent und Laune des Urhebers, mehr oder meist weniger anspruchsvoll gestaltet wurde. Die Aufnahmen zeigen, dass in Spohrs eigenen Werken sowohl der Einfluss der Wiener Klassik als auch der zeitgenössischen Virtuosen hörbar wird: Die erste Violine hat typischerweise einen exponierten Part, doch die Stimmen der anderen Instrumente sind meistens ebenfalls sehr sorgfältig und mit Anspruch gearbeitet. Es lohnt sich wirklich, diese Streichquartette wiederzuent- decken – zumal die Moskauer Musiker sie mit großem Engagement vor- tragen.
Freitag, 9. Oktober 2015
La serenissima - Venetian Church Sonatas by Albinoni and Vivaldi (Genuin)
Wer diese CD anhört, der ahnt, warum die Stadt Venedig den Beinamen La Serenissima erhielt. Die Camerata degli amici unter Leitung des Oboisten Jaime González spielen die Sonate a tre, op. 1 von Tomaso Giovanni Albinoni (1671 bis 1751) und zwei Oboensonaten RV 81 und RV 53 von Antonio Vivaldi (1678 bis 1741). Dabei entschied sich das Ensemble, Albinonis Triosonaten mit zwei Oboen aufzuführen, ergänzt durch ein farbenreiches Continuo, das in wechselnder Besetzung durch Fagott, Violoncello, Laute, Theorbe und Barockgitarre sowie Cembalo und Orgel gestaltet wird. Albinonis Werke sind durchweg Sonate da chiesa, Vivaldis Sonaten ähneln eher Konzerten. Doch sie alle zeichnen sich durch Heiterkeit und Klangpracht aus, und bieten den Musikern reichlich Gelegenheit, im Zusammenspiel zu brillieren. Daran haben González und seine Mitstreiter hörbar Vergnügen – und der Zuhörer auch. Bravi!
Telemann: Violin Sonatas (Deutsche Harmonia Mundi)
Werke von Georg Philipp Telemann (1681 bis 1767) hat das hochkarätig besetzte Ensemble Arsenale Sonoro für seine Debüt-CD bei DHM aus- gewählt. Boris Begelman, Violine, Ludovico Minasi, Violoncello, und Alexandra Koreneva, Cembalo, haben sich dabei auf Musik konzentriert, die für Violine geschrieben wurde: „Diese Beschränkung ermöglichte Tele- mann, die charakteristischen Eigen- arten dieses Instruments in den Vordergrund zu rücken und versetzt den Interpreten in die Lage, alle Möglichkeiten der Interpretation, Improvisation und Verzierung voll auszuschöpfen“, begründet Begelman im Beiheft die vorliegende Auswahl. Die CD enthält vier Welterst- einspielungen, was bei der enormen Vielzahl Telemannscher Werke nicht überrascht.
Der Geiger hat die Aufführungspraxis jener Zeit, dokumentiert in den Schriften der Musiktheoretiker, aber auch in Werken wie Telemanns 12 methodischen Sonaten für Violine und Basso continuo, sorgsam studiert. In seinen Interpretationen beweist Begelman zugleich viel Geschmack und Fingerspitzengefühl. Das macht diese Aufnahme sehr angenehm und sorgt beim Zuhörer für gute Laune – die perfekte Musik für weniger perfekte Tage, wie sie das Coverbild mit Humor andeutet.
Der Geiger hat die Aufführungspraxis jener Zeit, dokumentiert in den Schriften der Musiktheoretiker, aber auch in Werken wie Telemanns 12 methodischen Sonaten für Violine und Basso continuo, sorgsam studiert. In seinen Interpretationen beweist Begelman zugleich viel Geschmack und Fingerspitzengefühl. Das macht diese Aufnahme sehr angenehm und sorgt beim Zuhörer für gute Laune – die perfekte Musik für weniger perfekte Tage, wie sie das Coverbild mit Humor andeutet.
Pärt: Piano Music (Naxos)
Das Label Naxos hat bereits im Jahre 2011 eine CD veröffentlicht, die das Klavierwerk von Arvo Pärt würdigt. Sie startet mit den Zwei Sonatinen für Klavier op. 1, die der Komponist 1958/59 noch während seines Studiums in Tallin geschrieben hat. Mit der Partita op. 2 aus dem Jahre 1959 erfährt der Zuhörer Pärt als einen Suchenden, der althergebrachte Muster erprobt und damit experimentiert. Der Komponist hat sich auch mit mittelalterlicher Musik tiefgründig beschäftigt; das ist in Für Alina aus dem Jahre 1976 sowie in den Variationen zur Gesundung von Arinuschka (1977) nicht zu überhören. Dabei hat er erkannt, dass der sparsamen Verwendung musikalischer Mittel und vor allem auch dem Schweigen eine große Kraft innewohnt. Seine Kompositionen in den späteren Jahren erscheinen oftmals quasi als eine Form der Kontemplation mit musikalischen Mitteln.
Die vorliegende CD endet mit Pärts Lamentate für Klavier und Orchester aus dem Jahre 2006. Es ist ein eindrucksvolles monumentales Werk, das Pärt selbst einmal als Klagegesang „für die Lebenden und nicht für die Toten“ beschrieben hat. Zu hören ist der niederländische Pianist Ralph van Raat, bei diesem Werk gemeinsam mit dem Netherlands Radio Chamber Philharmonic unter Leitung von JoAnn Falletta.
Die vorliegende CD endet mit Pärts Lamentate für Klavier und Orchester aus dem Jahre 2006. Es ist ein eindrucksvolles monumentales Werk, das Pärt selbst einmal als Klagegesang „für die Lebenden und nicht für die Toten“ beschrieben hat. Zu hören ist der niederländische Pianist Ralph van Raat, bei diesem Werk gemeinsam mit dem Netherlands Radio Chamber Philharmonic unter Leitung von JoAnn Falletta.
Mozart - Beethoven: Quintette für Bläser und Klavier (Hänssler Classic)
„Ich habe zwei große Concerten geschrieben und dann ein Quintett für Oboe, Clarinetto, Corno, Fagotto und Pianoforte, welches außer- ordentlichen Beifall erhalten; ist selbst halte es für das Beste, was ich noch in meinem Leben geschrieben habe“, berichtete Wolfgang Amadeus Mozart 1784 in einem Brief an seinen Vater. „Ich wollte wünschen, Sie hätten es hören können! und wie schön es ausgeführt wurde! Übrigens bin ich, die Wahrheit zu gestehen, müde geworden vor lauter Spielen und es macht mir keine geringe Ehre, dass es meine Zuhörer nie wurden.“ Hört man die Bläsersolisten der Staatskapelle Dresden, die auf dieser CD gemeinsam mit der Pianistin Margarita Höhenrieder neben Mozarts Quintett für Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Klavier Es- Dur KV 452 mit dem Quintett Es-Dur op. 16 von Ludwig van Beethoven auch noch ein weiteres Meisterwerk der Wiener Klassik eingespielt haben, dann ahnt man, was Mozart seinerzeit meinte.
Der Komponist schrieb seinerzeit dieses Werk für eine Besetzung, die in der Tat wirkt, als hätte er bei einem seiner Klavierkonzerte die Streicher weggelassen, um einmal nur die Bläser musizieren zu lassen. Das ist ein interessantes Experiment auch für die Staatskapelle Dresden, die üblicherweise mit ihrem ganz besonderen Streicherklang begeistert. Hört man die Bläsersolisten hier einmal pur, so wird man feststellen, dass sie engagiert und sehr elegant musizieren. Oboist Bernd Schober, Klarinettist Wolfram Große, Hornist Robert Langbein und Fagottist Joachim Hans sind offenbar Kammermusik-Enthusiasten. Und in Pianistin Margarita Höhenrieder haben sie eine inspirierende Partnerin gefunden. Das von Bernd Schober für Bläserquintett und Klavier bearbeitete Andante aus Mozarts Klavierkonzert Nr. 21 rundet das Programm der Aufnahme mehr als stimmig ab; es ist zweifelsohne einer der schönsten Sätze, die Mozart je komponiert hat. Hier ist übrigens auch Soloflötist Andreas Kissling zu hören. Sehr gelungen!
Der Komponist schrieb seinerzeit dieses Werk für eine Besetzung, die in der Tat wirkt, als hätte er bei einem seiner Klavierkonzerte die Streicher weggelassen, um einmal nur die Bläser musizieren zu lassen. Das ist ein interessantes Experiment auch für die Staatskapelle Dresden, die üblicherweise mit ihrem ganz besonderen Streicherklang begeistert. Hört man die Bläsersolisten hier einmal pur, so wird man feststellen, dass sie engagiert und sehr elegant musizieren. Oboist Bernd Schober, Klarinettist Wolfram Große, Hornist Robert Langbein und Fagottist Joachim Hans sind offenbar Kammermusik-Enthusiasten. Und in Pianistin Margarita Höhenrieder haben sie eine inspirierende Partnerin gefunden. Das von Bernd Schober für Bläserquintett und Klavier bearbeitete Andante aus Mozarts Klavierkonzert Nr. 21 rundet das Programm der Aufnahme mehr als stimmig ab; es ist zweifelsohne einer der schönsten Sätze, die Mozart je komponiert hat. Hier ist übrigens auch Soloflötist Andreas Kissling zu hören. Sehr gelungen!
Arvo Pärt - Musica Selecta (ECM New Series)
„Vor mehr als dreißig Jahren hörte ich zum ersten Mal Musik von Arvo Pärt. Diese Begegnung war uner- wartet und wegweisend“, erinnert sich Manfred Eicher. Denn sie ließ bei dem Produzenten den Wunsch entstehen, den Komponisten dieser leisen Musik kennenzulernen und seine Musik aufzunehmen, „damit andere Menschen dieselbe beglückende Erfahrung machen konnten, die mir zuteil geworden war.“
Aus dieser Begegnung sind dann die ECM New Series hervorgegangen – und viele, viele exzellente Aufnahmen mit Musik von Arvo Pärt. Noch heute habe ich Fratres im Ohr, eingespielt 1983 von Gidon Kremer und Keith Jarrett, Es sang vor langen Jahren, gesungen von Susan Bickley gemeinsam mit Gidon Kremer, Violine und Vladimir Mendelssohn, Viola, oder das Da Pacem Domine mit dem Estonian Philharmonic Chamber Choir und dem Tallin Chamber Orchestra unter Tõnu Kaljuste. Durch die Werke von Arvo Pärt – aufgezeichnet von Eicher – habe ich verstanden, dass auch die Stille Musik sein kann, ja, dass ohne Stille Musik nicht sein kann. Eicher schuf Klangräume für Pärts Werke. Und er wählte Musiker aus, die sich auf Pärts Spiritualität und seine enormen klanglichen Kraft- felder eingelassen haben.
Die vorliegende Doppel-CD fasst noch einmal Ergebnisse dieser lang- jährigen Weggenossenschaft zusammen: „Die hier versammelten Stücke sind eine persönliche Auswahl, die ich zu einer Sequenz zusammengefügt habe. Jede Episode entspricht einer Station auf unserer gemeinsamen Reise“, schreibt Eicher im Beiheft. Es ist die wohl schönste Gabe zum 80. Geburtstag des Komponisten, den dieser kürzlich feiern konnte – und wir alle wünschen ihm noch viele Jahre bei guter Gesundheit, Schaffenskraft und wachem Geist. Pärt und sein Werk sind einzigartig, unersetzbar, und unendlich kostbar.
Aus dieser Begegnung sind dann die ECM New Series hervorgegangen – und viele, viele exzellente Aufnahmen mit Musik von Arvo Pärt. Noch heute habe ich Fratres im Ohr, eingespielt 1983 von Gidon Kremer und Keith Jarrett, Es sang vor langen Jahren, gesungen von Susan Bickley gemeinsam mit Gidon Kremer, Violine und Vladimir Mendelssohn, Viola, oder das Da Pacem Domine mit dem Estonian Philharmonic Chamber Choir und dem Tallin Chamber Orchestra unter Tõnu Kaljuste. Durch die Werke von Arvo Pärt – aufgezeichnet von Eicher – habe ich verstanden, dass auch die Stille Musik sein kann, ja, dass ohne Stille Musik nicht sein kann. Eicher schuf Klangräume für Pärts Werke. Und er wählte Musiker aus, die sich auf Pärts Spiritualität und seine enormen klanglichen Kraft- felder eingelassen haben.
Die vorliegende Doppel-CD fasst noch einmal Ergebnisse dieser lang- jährigen Weggenossenschaft zusammen: „Die hier versammelten Stücke sind eine persönliche Auswahl, die ich zu einer Sequenz zusammengefügt habe. Jede Episode entspricht einer Station auf unserer gemeinsamen Reise“, schreibt Eicher im Beiheft. Es ist die wohl schönste Gabe zum 80. Geburtstag des Komponisten, den dieser kürzlich feiern konnte – und wir alle wünschen ihm noch viele Jahre bei guter Gesundheit, Schaffenskraft und wachem Geist. Pärt und sein Werk sind einzigartig, unersetzbar, und unendlich kostbar.
Vivaldi: The four Seasons; Lakatos (Avanticlasssic)
Zum allerersten Mal hat Roby Lakatos ein Klassik-Album eingespielt – mit einem Werk, das keinen Bezug zur traditionellen Zigeunermusik hat, Vivaldis Vier Jahreszeiten. „Davor hatte ich sie zuletzt im Alter von 13 Jahren aufgeführt“, erinnert sich der Geiger, „an der Franz-Liszt-Akademie in Budapest.“ Im Beiheft zu dieser CD erläutert er, dass ihn insbesondere die Freiheit interessiert, die das Stück bietet: „Die Partitur hält eine Reihe von technischen Herausforderungen bereit, erlaubt es aber dem Interpreten dennoch, sein ganzes Talent und seine musikalische Persönlichkeit herauszustellen.“
Lakatos spielt also seinen Vivaldi nach Zigeuner-Art (und, liebe Leser, bitte keine bösen Kommentare wegen dieser Wortwahl! Denn genau so benennt der Musiker selber seinen Zugang zu dieser Musik.) „Ich nehme an, die Zuhörer erwarten von mir jetzt nicht, dass ich mich streng an die Noten halte“, schreibt Lakatos. „Es gibt schon mehr als 150 Aufnahmen, die diesen Zweck erfüllen. Meine Herausforderung war es, mit diesem Album Vivaldi eine Hommage zu machen für seine Kreativität und Freiheitsdenken beim Komponieren. Ich wollte diesen speziellen Barock-Drive wiederfinden. Für mich war dieser ein Meilenstein in der Entwick- lung der klassischen Musik.“
Lakatos musiziert gemeinsam mit dem Brussels Chamber Orchestra. Dabei hat er das Cembalo durch ein Zymbal ersetzt, das von Jenö Lisztes wirklich hinreißend gespielt wird. Nun sind auch „freie“ Interpretationen der Vier Jahreszeiten nicht gerade Mangelware. Aber diese hier wirkt nicht erkünstelt und konstruiert, sondern tief empfunden. Lakatos’ Spiel strahlt eine Vitalität aus, der man sich nicht entziehen kann.
Umrahmt werden Vivaldis Konzerte, gleichsam als Vor- und Nachspiel, durch Alpha und Omega, zwei Werke des ungarischen Komponisten Kálmán Cséki Sr. Alpha ist eine musikalische Reise; die vier Sätze beginnen mit der Schöpfung und enden auf Golgatha. Das Nachspiel, Omega, folgt unmittelbar auf Vivaldis Winter. Lakatos gestaltet gemeinsam mit Kálmán Cséki an Orgel, Keyboards und Synthesizier, Kálmán Cséki Jr. am Piano, László „Csorosz“ Lisztes am E-Bass und dem renommierten Percussionisten Gabriel Laufer den klingenden Weltuntergang. „Jeder gläubige Mensch ist davon überzeugt, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Nach der Apokalypse in Omega erschien es mir daher logisch, ein Stück hinzuzufügen, bei dem es um den Himmel geht“, so Lakatos. „Das Schlussstück auf dem Album, das Ave Maria von Patriarch Ilya I. von Georgien, beschreibt die Rückkehr ins Paradies und ist eine Hommage an das Göttliche. Für mich drückt dieses musikalische Gebet mit Ernsthaf- tigkeit und großer Lyrik die Kraft des Glaubens an ein Leben nach dem Tod aus.“ Sämtliche Singstimmen eingespielt hat der Countertenor Dominique Corbiau.
Lakatos spielt also seinen Vivaldi nach Zigeuner-Art (und, liebe Leser, bitte keine bösen Kommentare wegen dieser Wortwahl! Denn genau so benennt der Musiker selber seinen Zugang zu dieser Musik.) „Ich nehme an, die Zuhörer erwarten von mir jetzt nicht, dass ich mich streng an die Noten halte“, schreibt Lakatos. „Es gibt schon mehr als 150 Aufnahmen, die diesen Zweck erfüllen. Meine Herausforderung war es, mit diesem Album Vivaldi eine Hommage zu machen für seine Kreativität und Freiheitsdenken beim Komponieren. Ich wollte diesen speziellen Barock-Drive wiederfinden. Für mich war dieser ein Meilenstein in der Entwick- lung der klassischen Musik.“
Lakatos musiziert gemeinsam mit dem Brussels Chamber Orchestra. Dabei hat er das Cembalo durch ein Zymbal ersetzt, das von Jenö Lisztes wirklich hinreißend gespielt wird. Nun sind auch „freie“ Interpretationen der Vier Jahreszeiten nicht gerade Mangelware. Aber diese hier wirkt nicht erkünstelt und konstruiert, sondern tief empfunden. Lakatos’ Spiel strahlt eine Vitalität aus, der man sich nicht entziehen kann.
Umrahmt werden Vivaldis Konzerte, gleichsam als Vor- und Nachspiel, durch Alpha und Omega, zwei Werke des ungarischen Komponisten Kálmán Cséki Sr. Alpha ist eine musikalische Reise; die vier Sätze beginnen mit der Schöpfung und enden auf Golgatha. Das Nachspiel, Omega, folgt unmittelbar auf Vivaldis Winter. Lakatos gestaltet gemeinsam mit Kálmán Cséki an Orgel, Keyboards und Synthesizier, Kálmán Cséki Jr. am Piano, László „Csorosz“ Lisztes am E-Bass und dem renommierten Percussionisten Gabriel Laufer den klingenden Weltuntergang. „Jeder gläubige Mensch ist davon überzeugt, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Nach der Apokalypse in Omega erschien es mir daher logisch, ein Stück hinzuzufügen, bei dem es um den Himmel geht“, so Lakatos. „Das Schlussstück auf dem Album, das Ave Maria von Patriarch Ilya I. von Georgien, beschreibt die Rückkehr ins Paradies und ist eine Hommage an das Göttliche. Für mich drückt dieses musikalische Gebet mit Ernsthaf- tigkeit und großer Lyrik die Kraft des Glaubens an ein Leben nach dem Tod aus.“ Sämtliche Singstimmen eingespielt hat der Countertenor Dominique Corbiau.
Samstag, 3. Oktober 2015
Pictures (Genuin Classics)
Kann man das legendäre Ballett der Küken in ihren Eierschalen auf dem Horn spielen? Das Ensemble German Hornsound kann, wie diese CD beweist. Für diese Einspielung im Breitwandformat präsentiert sich das Hornquartett in Version 8.1 – Christoph Eß, Sebastian Schorr, Stephan Schottstädt und Timo Steininger musizieren gemeinsam mit Carsten Duffin, Ralph Ficker, Martin Grom, Christian Lampert und dem Schlagzeuger Simon Rössler, der auch Klavier und Celesta spielt. Beteiligt war zudem Dirigent Hannes Krämer, der mit sicherer Hand musikalische Präzision garantiert.
Den Hornisten gelingt es tatsächlich, mit dem oft und gern bearbeiteten Werk von Modest Mussorgski zu verblüffen. Das liegt zum einen an dem überraschend wandlungsfähigen Hornsound. Klanglich wartet diese CD mit ganz erstaunlichen Kontrasten auf. Dazu trägt auch ihr Konzept mit bei – denn Mussorgskis Promenaden führen nicht nur von Bild zu Bild, sie leiten den Hörer auch zu einigen großen Werken aus der russischen Musiktradition, wie Mussorgskis gespenstischer Nacht auf dem kahlen Berge, Walzer und Tanz aus der zweiten Varieté-Suite von Dmitri Schostakowitsch, sowie bekannten Melodien aus zwei Ballettmusiken – Sergej Prokofjews Romeo und Julia und Peter Tschaikowskis Nuss- knacker. Nach Tanz der Zuckerfee und Blumenwalzer folgt dann ein atemberaubendes Finale – mehr sei hier nicht verraten. Diese acht Hornisten jedenfalls spielen jedes Orchester mühelos an die Wand. Dabei hat jeder einzelne Instrumentalist eine höchst individuelle Stimme; die Arrangements sind faszinierend, und sie sind passgenau für die Mitwir- kenden gearbeitet. Soviel Können und Leidenschaft kann man gar nicht genug loben. Unbedingt anhören!
Den Hornisten gelingt es tatsächlich, mit dem oft und gern bearbeiteten Werk von Modest Mussorgski zu verblüffen. Das liegt zum einen an dem überraschend wandlungsfähigen Hornsound. Klanglich wartet diese CD mit ganz erstaunlichen Kontrasten auf. Dazu trägt auch ihr Konzept mit bei – denn Mussorgskis Promenaden führen nicht nur von Bild zu Bild, sie leiten den Hörer auch zu einigen großen Werken aus der russischen Musiktradition, wie Mussorgskis gespenstischer Nacht auf dem kahlen Berge, Walzer und Tanz aus der zweiten Varieté-Suite von Dmitri Schostakowitsch, sowie bekannten Melodien aus zwei Ballettmusiken – Sergej Prokofjews Romeo und Julia und Peter Tschaikowskis Nuss- knacker. Nach Tanz der Zuckerfee und Blumenwalzer folgt dann ein atemberaubendes Finale – mehr sei hier nicht verraten. Diese acht Hornisten jedenfalls spielen jedes Orchester mühelos an die Wand. Dabei hat jeder einzelne Instrumentalist eine höchst individuelle Stimme; die Arrangements sind faszinierend, und sie sind passgenau für die Mitwir- kenden gearbeitet. Soviel Können und Leidenschaft kann man gar nicht genug loben. Unbedingt anhören!