Gregor Joseph Werner (1693 bis 1766) gehört heute zu den weit- gehend vergessenen Komponisten. Über seine Kindheit und Jugend ist wenig bekannt; er wirkte wohl zu- nächst als Organist in Melk, und hat dann wahrscheinlich in Wien bei Johann Joseph Fux studiert.
1728 trat er in den Dienst der Fürsten Esterházy, und dort blieb er bis an sein Lebensende. Allein die Tatsache, dass er der Vorgän- ger Haydns auf dem Posten des ersten Kapellmeisters und als solcher auch einige Zeit Haydns Vorgesetzter war, sollte auf sein Werk neugierig machen. Doch bislang ist kaum eines seiner Stücke auf CD zu bekommen. Nun hat das Ensemble Aura Musicale unter Leitung von Balázs Máté auf zeitgenössischen Instrumenten seinen Neuen und sehr curios-Musicalischen Instrumental-Calender eingespielt. Dieses launige Werk, der zunächst ein wenig an Vivaldis Vier Jahreszeiten erinnert, gibt Zeugnis von dem grandiosen Humor seines Komponi- sten - und von dessen handwerklicher Meisterschaft.
Was er da in Noten gesetzt hat, das beschreibt Werner selbst so: "Hoch- und nach Standes-Gebühr geneigter Leser! Hier wird Dir ein Wercklein zur Gemüths-Ergötzung vorgeleget, von derley Gattung noch keines jemahl zum Vorschein gekommen. Es betitult sich aber dieses: der neue und sehr Curios- Musicalische Instrumental-Calender. Hiervon nun eine Kurtz- und deutliche Information zu geben, so folget demnach zu wissen, daß gleich Anfangs Januarii mit zitternden Noten die Kälte exprimiret wird. Im Februario kommen allerhand lustige Faßnachts-Stuck mit Harlequins Hochzeit, worbey ein verworffener Tag einfallet (&c). Der Martius deutet auf die trau- rige Fasten. In dem April folget das variable Wetter mit mancherley vermischten Tacten. Der Majus bringet die Gärtnerey, samt dem Nachtigalls-Gesang. Der Junius und Julius hat Erd-beben und Donner-Wetter. Im Augusto und September kommen der Zeit gemäß einige curiose Stuck. Der October führet den Faßbinder auf. In dem November ist der melancholische Student wegen der Schulen Anfang, darbey sich die Mühl hören lasset, weilen sich jeder über den Winter gern proviantiret. Der December hat den Schlaff wegen der langen Nächte. Es kommet auch die Sonne zum Vorschein, wie sie Quartal-weiß in die vier Himmels-Zeichen, des Widders, Krebsen, Waag und Steinbock einruckt (&c). In Summa , es ist eines jeden Monaths Eigenschafft so deutlich exprimiret, als es sich in der Music thun lässet."
Die Musiker haben an Werners Programmmusik hörbar Vergnügen - und der Zuhörer auch. Wenn die Sonne im Krebs ein Menuett im Krebsgang absolviert, die Frösche quaken, Stürme tosen oder das Posthorn ertönt, wenn man eine Hetzjagd belauscht oder die Mühle vernimmt, dann kann man über diese musikalische Charakterisier- kunst nur staunen. Mehr davon!
Samstag, 31. Dezember 2011
Freitag, 30. Dezember 2011
Bach: The Complete Flute Sonatas (Hyperion)
Diese Doppel-CD aus dem Hause Hyperion enthält sämtliche Flö- tensonaten von Johann Sebastian Bach sowie jene, die ihm zwar zugeschrieben werden, bei denen Experten aber Zweifel daran haben, dass sie tatsächlich von dem Komponisten stammen. Lisa Beznosiuk, ausgewiesene Expertin für "Alte" Musik, spielt eine Eben- holz-Traversflöte aus der Werk- statt von Alain Weemaels nach einem Original des Brüsseler Holz- blasinstrumentenbauers Johannes Hyacinthus Rottenburgh (1672 bis 1765).
Dieses Instrument verfügt über eine faszinierend dunkel klingende Tiefe, und wird auch in der Höhe niemals spitz oder schrill. Beznosiuk entwickelt einen unglaublich wandlungsfähigen Ton, sie färbt den Klang nahezu nach Belieben - das ist phantastisch, und es wäre mit einer modernen Böhmflöte wohl kaum in ähnlicher Weise möglich. Insofern ist diese Aufnahme spannend. Bei der Triosonate in G-Dur BWV 1039 übernimmt Rachel Brown die zweite Flöte; sie spielt ebenfalls brillant.
Den Cembalo-Part hat Paul Nicholson übernommen. Ob allerdings Bach im Continuo ein Violoncello eingesetzt hat - es wird hier gespielt von Richard Tunnicliffe -, das ist umstritten; der Einsatz eines Violones würde den Klang noch einmal verändern. In einem Stück, der E-Dur-Sonate BWV 1035, kommt anstelle des Cembalos die Erzlaute zum Einsatz, gespielt von Elizabeth Kenny. Dies erscheint durchaus als eine attraktive Variante, auch wenn ich nicht glaube, dass diese Sonate zu Bachs Zeiten tatsächlich so erklungen ist. Variatio delectat - und diese beiden CD sind musikalisch wirklich sehr interessant.
Dieses Instrument verfügt über eine faszinierend dunkel klingende Tiefe, und wird auch in der Höhe niemals spitz oder schrill. Beznosiuk entwickelt einen unglaublich wandlungsfähigen Ton, sie färbt den Klang nahezu nach Belieben - das ist phantastisch, und es wäre mit einer modernen Böhmflöte wohl kaum in ähnlicher Weise möglich. Insofern ist diese Aufnahme spannend. Bei der Triosonate in G-Dur BWV 1039 übernimmt Rachel Brown die zweite Flöte; sie spielt ebenfalls brillant.
Den Cembalo-Part hat Paul Nicholson übernommen. Ob allerdings Bach im Continuo ein Violoncello eingesetzt hat - es wird hier gespielt von Richard Tunnicliffe -, das ist umstritten; der Einsatz eines Violones würde den Klang noch einmal verändern. In einem Stück, der E-Dur-Sonate BWV 1035, kommt anstelle des Cembalos die Erzlaute zum Einsatz, gespielt von Elizabeth Kenny. Dies erscheint durchaus als eine attraktive Variante, auch wenn ich nicht glaube, dass diese Sonate zu Bachs Zeiten tatsächlich so erklungen ist. Variatio delectat - und diese beiden CD sind musikalisch wirklich sehr interessant.
Humperdinck: Dornröschen (cpo)
Mit der Oper Hänsel und Gretel sicherte sich Engelbert Humper- dinck (1854 bis 1921) seinen Platz im Spielplan bis zum heutigen Ta- ge. Jedes Jahr zur Weihnachtszeit erfreut nahezu jedes Opernensem- ble in Deutschland sein kleines Publikum mit der Geschichte der beiden tapferen Kinder, die die tückische Hexe überwinden, und aus dem finsteren Wald zurück in ein Elternhaus finden, dass einem gleich sehr viel weniger trostlos erscheint.
Es ist wenig bekannt, dass der Komponist neben diesem Erfolgsstück auch noch weitere Märchenopern geschaffen hat. Eine davon er- schien nun bei dem Label cpo: Dornröschen basiert auf einem Libretto der Berliner Jugendbuchautorin Elisabeth Ebeling, das sie mit Unterstützung ihrer Freundin Bertha Lehmann-Filhés verfasst und 1895 an den Komponisten gesandt hatte.
Doch der verspürte offenbar wenig Lust, die betulichen Verse zu vertonen. Erst nachdem Humperdinck 1900 einen Ruf an die preußische Akademie der Künste erhalten und Ebeling der gesamten Familie Quartier in ihrer Villa gewährt hatte, sah er sich genötigt, das Werk in Musik zu setzen. 1902 wurde das "Ausstattungsstück mit allerhand Musik", wie es Humperdinck selbst ironisch nannte, schließlich in Frankfurt/Main uraufgeführt.
Die Frankfurter Zeitung urteilte damals, das Werk sei ein "Virtuosen- stück für den Dekorationsmaler und Theatertechniker". Denn die Dichterin hat das bekannte Märchen der Gebrüder Grimm erheblich ergänzt. Da gibt es einen Prinzen Reinhold, mit dem die Prinzessin verlobt werden soll - bevor sie in den Schlaf sinkt, wohlgemerkt - und nach den hundert Jahren wird sie sein Enkel, der ebenfalls Reinhold heißt, erlösen. Allerdings muss dieser dazu nicht nur die Dornenhecke überwinden, sondern auch die verlorengegangenen Verlobungsringe wieder auftreiben, und den Verführungskünsten der bösen Fee Dämonia widerstehen. Schafft er das nicht pünktlich bis zum Ende der Frist, stirbt Prinzessin Röschen - und mit ihr der ganze schlummernde Hofstaat. Natürlich hat das Märchen ein Happy End, doch zuvor muss der Held bis zu den Sternen reisen, um dann im Reich der Zwerge - Nibelheim lässt grüßen - die Ringe aufzuspüren.
Durch diese Erweiterung der eigentlichen Dornröschen-Geschichte erhält das Märchen eine philosophische Dimension: Prinz Reinhold wird sein eigentlicher Held, und er muss Treue, Mut und Einsatz zeigen, um die Prinzessin zu retten. In zahlreichen Details dieser Handlung wird das Vorbild Wagner sichtbar, in Humperdincks Musik allerdings eher ironisch gebrochen. Und in den eher melodramati- schen Abschnitten, wo gesprochene Dialoge durch Musik kontrastiert werden, meint man gelegentlich sogar, die gute alte Operette kichern zu hören.
Die Dimension eines Singspiels für Kinder jedenfalls sprengt die Handlung dieses "Märchens in einem Vorspiel und drei Akten". Und die umfangreiche Besetzungsliste hat sicherlich auch mit dazu bei- getragen, dass das Werk sich im Repertoire nicht halten konnte. Es ist dennoch schön, dass das Münchner Rundfunkorchester sowie der Chor des Bayerischen Rundfunks mit einer ausgewogenen Solisten- riege unter der musikalischen Leitung von Ulf Schirmer das Werk nun auf CD zugänglich gemacht hat. Auf die Bühne zurück wird es wohl eher nicht finden.
Es ist wenig bekannt, dass der Komponist neben diesem Erfolgsstück auch noch weitere Märchenopern geschaffen hat. Eine davon er- schien nun bei dem Label cpo: Dornröschen basiert auf einem Libretto der Berliner Jugendbuchautorin Elisabeth Ebeling, das sie mit Unterstützung ihrer Freundin Bertha Lehmann-Filhés verfasst und 1895 an den Komponisten gesandt hatte.
Doch der verspürte offenbar wenig Lust, die betulichen Verse zu vertonen. Erst nachdem Humperdinck 1900 einen Ruf an die preußische Akademie der Künste erhalten und Ebeling der gesamten Familie Quartier in ihrer Villa gewährt hatte, sah er sich genötigt, das Werk in Musik zu setzen. 1902 wurde das "Ausstattungsstück mit allerhand Musik", wie es Humperdinck selbst ironisch nannte, schließlich in Frankfurt/Main uraufgeführt.
Die Frankfurter Zeitung urteilte damals, das Werk sei ein "Virtuosen- stück für den Dekorationsmaler und Theatertechniker". Denn die Dichterin hat das bekannte Märchen der Gebrüder Grimm erheblich ergänzt. Da gibt es einen Prinzen Reinhold, mit dem die Prinzessin verlobt werden soll - bevor sie in den Schlaf sinkt, wohlgemerkt - und nach den hundert Jahren wird sie sein Enkel, der ebenfalls Reinhold heißt, erlösen. Allerdings muss dieser dazu nicht nur die Dornenhecke überwinden, sondern auch die verlorengegangenen Verlobungsringe wieder auftreiben, und den Verführungskünsten der bösen Fee Dämonia widerstehen. Schafft er das nicht pünktlich bis zum Ende der Frist, stirbt Prinzessin Röschen - und mit ihr der ganze schlummernde Hofstaat. Natürlich hat das Märchen ein Happy End, doch zuvor muss der Held bis zu den Sternen reisen, um dann im Reich der Zwerge - Nibelheim lässt grüßen - die Ringe aufzuspüren.
Durch diese Erweiterung der eigentlichen Dornröschen-Geschichte erhält das Märchen eine philosophische Dimension: Prinz Reinhold wird sein eigentlicher Held, und er muss Treue, Mut und Einsatz zeigen, um die Prinzessin zu retten. In zahlreichen Details dieser Handlung wird das Vorbild Wagner sichtbar, in Humperdincks Musik allerdings eher ironisch gebrochen. Und in den eher melodramati- schen Abschnitten, wo gesprochene Dialoge durch Musik kontrastiert werden, meint man gelegentlich sogar, die gute alte Operette kichern zu hören.
Die Dimension eines Singspiels für Kinder jedenfalls sprengt die Handlung dieses "Märchens in einem Vorspiel und drei Akten". Und die umfangreiche Besetzungsliste hat sicherlich auch mit dazu bei- getragen, dass das Werk sich im Repertoire nicht halten konnte. Es ist dennoch schön, dass das Münchner Rundfunkorchester sowie der Chor des Bayerischen Rundfunks mit einer ausgewogenen Solisten- riege unter der musikalischen Leitung von Ulf Schirmer das Werk nun auf CD zugänglich gemacht hat. Auf die Bühne zurück wird es wohl eher nicht finden.
Mittwoch, 28. Dezember 2011
Le Calme. Fernando Sor late works (Linn)
Die Werke von Fernando Sor (1778 bis 1839) seien schon oft und auch sehr gut eingespielt worden, meint William Carter. Warum der Gitar- rist den Aufnahmen eines Andrés Segovia oder Julian Bream dennoch eine weitere hinzufügt? "The answer comes down to a simple question of 'fingernails'", sagt Carter.
Eine Handvoll Virtuosen bewirkte seinerzeit den Einzug der Gitarre in die Salons und Konzertsäle - dazu gehörten neben Sor unter anderem sein Freund Dionisio Aguado, Mauro Giuliani, Matteo Carcassi und Ferdinando Carulli. An die Stelle der fünfchörigen Barockgitarre, die zehn Saiten hatte, trat die moderne Konzertgitarre mit sechs Saiten. Auch die Spielweise veränderte sich, und das führte zu damals einer erbitterten Auseinandersetzung zwischen den Anhängern des Anschlags mit den Fingerkuppen und jenen Virtuosen, die dafür die Fingernägel nutzten.
Auch Segovia und Bream spielen, wie heute üblich, mit den Nägeln - doch Sor lehnte dies seinerzeit ab. Diese andere Art des Anschlags aber bringt auch einen veränderten Klang mit sich, erläutert Carter: "The sound is softer but perhaps more vocal in quality. While each of these methods of playing can give wonderful results (this is my opinion, anyway) they are very different in their basic sound and Sor was a fingertip player." Sor selber schrieb dazu, dass der Klang einer Gitarre, die mit den Nägeln gespielt wird, sich von seinem unterscheide wie ein Cembalo vom Pianoforte.
Um diese Spielweise nachzuvollziehen, ließ sich Carter von dem Gitarrenbauer Tony Johnson eigens ein Instrument bauen, dass sechs Saiten hat, aber wesentlich weicher zu spielen ist, als wir das heute gewohnt sind. "It has the range of colour and dept of bass wich I associate with the guitar (as opposed to a lute) but speaks easily when plucked with bare fingers", schwärmt der Gitarrist.
Der Zuhörer, der ihn spielen hört, wird davon begeistert sein, denn sein Klang ist in der Tat wundervoll, er ist wandlungsfähig und farbenreich. Carter ist ein exzellenter Gitarrist; man spürt jedoch zugleich, dass er nicht einfach Stücke abspielt. Er stellt vielmehr jedes dieser Werke in einen musikhistorischen Kontext. Erstaunt stellt man fest, wie stark die Musik Sors in deutlich älterem Kontext verwurzelt ist. Diese CD ist ein Erlebnis - so wünscht man sich die Auseinander- setzung mit den Klassikern der Gitarre.
Eine Handvoll Virtuosen bewirkte seinerzeit den Einzug der Gitarre in die Salons und Konzertsäle - dazu gehörten neben Sor unter anderem sein Freund Dionisio Aguado, Mauro Giuliani, Matteo Carcassi und Ferdinando Carulli. An die Stelle der fünfchörigen Barockgitarre, die zehn Saiten hatte, trat die moderne Konzertgitarre mit sechs Saiten. Auch die Spielweise veränderte sich, und das führte zu damals einer erbitterten Auseinandersetzung zwischen den Anhängern des Anschlags mit den Fingerkuppen und jenen Virtuosen, die dafür die Fingernägel nutzten.
Auch Segovia und Bream spielen, wie heute üblich, mit den Nägeln - doch Sor lehnte dies seinerzeit ab. Diese andere Art des Anschlags aber bringt auch einen veränderten Klang mit sich, erläutert Carter: "The sound is softer but perhaps more vocal in quality. While each of these methods of playing can give wonderful results (this is my opinion, anyway) they are very different in their basic sound and Sor was a fingertip player." Sor selber schrieb dazu, dass der Klang einer Gitarre, die mit den Nägeln gespielt wird, sich von seinem unterscheide wie ein Cembalo vom Pianoforte.
Um diese Spielweise nachzuvollziehen, ließ sich Carter von dem Gitarrenbauer Tony Johnson eigens ein Instrument bauen, dass sechs Saiten hat, aber wesentlich weicher zu spielen ist, als wir das heute gewohnt sind. "It has the range of colour and dept of bass wich I associate with the guitar (as opposed to a lute) but speaks easily when plucked with bare fingers", schwärmt der Gitarrist.
Der Zuhörer, der ihn spielen hört, wird davon begeistert sein, denn sein Klang ist in der Tat wundervoll, er ist wandlungsfähig und farbenreich. Carter ist ein exzellenter Gitarrist; man spürt jedoch zugleich, dass er nicht einfach Stücke abspielt. Er stellt vielmehr jedes dieser Werke in einen musikhistorischen Kontext. Erstaunt stellt man fest, wie stark die Musik Sors in deutlich älterem Kontext verwurzelt ist. Diese CD ist ein Erlebnis - so wünscht man sich die Auseinander- setzung mit den Klassikern der Gitarre.
Dienstag, 27. Dezember 2011
Bach: Organ Masterworks Vol. II; Koito (Claves)
Kei Koito hat die seltene Gabe, zu erspüren, was eine Orgel in Kombi- nation mit dem Kirchenraum, die sie umgibt, einzigartig macht. Das unterscheidet sie von vielen anderen Organisten, die ebenfalls brillant spielen, denen aber dieses Gespür fehlt - und es macht ihre Einspielungen so faszinierend.
Auf dieser CD ist sie an der Silber- mann-Orgel der Katholischen Hofkirche in Dresden zu erleben. Sie spielt Werke, die man vielleicht am ehesten in der Zeit um das Ende des Kirchenjahres verorten könnte, jenen Wochen zwischen Totengedenken und Vorfreude auf das Weihnachtsfest. So folgt auf Toccata und Fuge in d-Moll BWV 565 Nun komm der Heiden Heiland, und zwar gleich in drei verschiede- nen Varianten, aus den Leipziger Chorälen. In derselben Sammlung findet sich auch Herr Jesu Christ, dich zu uns wend.
Die Fantasie c-Moll BWV 562 verweist auf Frankreich - und die Organistin lässt darauf gleich noch die Ouvertüre nach französischer Art BWV 831 folgen, mit Rücksicht auf die Orgel transponiert nach
c-Moll. Eine Rarität ist auch die Kombination aus Toccata, Adagio und Fuge C-Dur BWV 564, die Koito im Anschluss daran spielt.
Nach Wachet auf, ruft uns die Stimme BWV 645, einem der Schübler-Choräle, folgen Fantasie und Fuge in g-Moll BWV 542. Bach hat sie einst geschrieben, als er sich in Hamburg um eine Organistenstelle bewarb. Die hätte er sogar bekommen, doch er weigerte sich dieses Amt zu kaufen - und blieb in Köthen. Sein wuchtiger Auftritt im stylus phantasticus beeindruckt noch heute, und Kei Koito setzt neben die dramatischen Ausbrüche der Fantasie die strenge Regelmäßigkeit der anschließenden Fuge, die überraschend heiter endet.
Bachs Kantate Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit wird von einer Sona- tina eingeleitet. Koito spielt sie hier in einer Fassung von Alexandre Guilmant für Orgel, die dem Original klanglich erstaunlich dicht folgt. Man meint, die Blockflöten zu hören, die jenes Wiegenlied anstimmen, das andeutet, dass Christen sanft und im Vertrauen auf Gott ent- schlummern. Die Organistin registriert souverän, und nutzt die Klangmöglichkeiten, die ihr das wundervolle Silbermann-Instrument bietet, ganz hervorragend. Mit In dir ist Freude BWV 615, das übli- cherweise freudig das neue Jahr begrüßt, klingt die CD schwungvoll-tänzerisch aus. Wer Bach liebt, aber auch eine nicht ganz orthodoxe Sicht auf sein Werk akzeptabel findet, wenn sie musikantisch über- zeugt, der wird diese Aufnahme mögen.
Auf dieser CD ist sie an der Silber- mann-Orgel der Katholischen Hofkirche in Dresden zu erleben. Sie spielt Werke, die man vielleicht am ehesten in der Zeit um das Ende des Kirchenjahres verorten könnte, jenen Wochen zwischen Totengedenken und Vorfreude auf das Weihnachtsfest. So folgt auf Toccata und Fuge in d-Moll BWV 565 Nun komm der Heiden Heiland, und zwar gleich in drei verschiede- nen Varianten, aus den Leipziger Chorälen. In derselben Sammlung findet sich auch Herr Jesu Christ, dich zu uns wend.
Die Fantasie c-Moll BWV 562 verweist auf Frankreich - und die Organistin lässt darauf gleich noch die Ouvertüre nach französischer Art BWV 831 folgen, mit Rücksicht auf die Orgel transponiert nach
c-Moll. Eine Rarität ist auch die Kombination aus Toccata, Adagio und Fuge C-Dur BWV 564, die Koito im Anschluss daran spielt.
Nach Wachet auf, ruft uns die Stimme BWV 645, einem der Schübler-Choräle, folgen Fantasie und Fuge in g-Moll BWV 542. Bach hat sie einst geschrieben, als er sich in Hamburg um eine Organistenstelle bewarb. Die hätte er sogar bekommen, doch er weigerte sich dieses Amt zu kaufen - und blieb in Köthen. Sein wuchtiger Auftritt im stylus phantasticus beeindruckt noch heute, und Kei Koito setzt neben die dramatischen Ausbrüche der Fantasie die strenge Regelmäßigkeit der anschließenden Fuge, die überraschend heiter endet.
Bachs Kantate Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit wird von einer Sona- tina eingeleitet. Koito spielt sie hier in einer Fassung von Alexandre Guilmant für Orgel, die dem Original klanglich erstaunlich dicht folgt. Man meint, die Blockflöten zu hören, die jenes Wiegenlied anstimmen, das andeutet, dass Christen sanft und im Vertrauen auf Gott ent- schlummern. Die Organistin registriert souverän, und nutzt die Klangmöglichkeiten, die ihr das wundervolle Silbermann-Instrument bietet, ganz hervorragend. Mit In dir ist Freude BWV 615, das übli- cherweise freudig das neue Jahr begrüßt, klingt die CD schwungvoll-tänzerisch aus. Wer Bach liebt, aber auch eine nicht ganz orthodoxe Sicht auf sein Werk akzeptabel findet, wenn sie musikantisch über- zeugt, der wird diese Aufnahme mögen.
Scarlatti: Venere, Amore e Ragione (La Bottega Discantica)
Venus, die Göttin der Liebe, ihr kecker Sohn Amor und die perso- nifizierte Vernunft wetteifern um die Gunst des Publikums in dieser serenata, die Alessandro Scarlatti (1660 bis 1725) 1706 für Feier- lichkeiten in Rom komponiert hat. Es ist ein hübsches Stück, das damit beginnt, dass Venus ihren Sohn vermisst. Sie spürt ihn bei den Nymphen und Schäfern in den sieben berühmten Hügeln auf, doch zu ihrem nicht geringen Ent- setzen muss sie feststellen, dass die Vernunft Einfluss auf den Knaben gewonnen hat. Nun fürchtet sie, dass er seine Kraft verlieren könnte. Doch Amor kann seine Mutter beruhigen, und davon überzeugen, dass es sogar nützlich ist, wenn die Vernunft ihm beisteht.
All dies wird natürlich wunderbar gesungen. Und wenn die Sänger schweigen, dann dürfen die Instrumentalisten erst recht brillieren - denn seinerzeit gehörten zu diesem Werk auch Tanzeinlagen. Der Text für diese serenata stammt von Silvio Stampiglia, der ebenso wie Scarlatti Mitglied der Accademia dell'Arcadia war; das Manuskript liegt in der Diözesanbibliothek Münster.
Im zweiten Teil enthält diese CD zudem die Sinfonia di Concerto grosso Nr. 10, eines von zwölf Werken aus dem Jahre 1715, in denen Scarlatti offenbar die Sinfonia Napoletana mit dem Concerto grosso kombiniert hat. Das Ergebnis klingt etwas strenger und konzentrierter als beispielsweise die bekannten Werke Corellis. Man darf dem Barockorchester Les Eléments unter Piero Cartosio dankbar sein für die Wiederentdeckung der beiden Werke; sie tragen dazu bei, Scarlattis Musik schrittweise wieder zugänglich zu machen. In den Solopartien gefallen Veronica Lima, Venus, Gabriella Costa, Amore und Elena Biscuola, Ragione. Diese blitzsaubere, schwungvolle Einspielung kann hier empfohlen werden.
All dies wird natürlich wunderbar gesungen. Und wenn die Sänger schweigen, dann dürfen die Instrumentalisten erst recht brillieren - denn seinerzeit gehörten zu diesem Werk auch Tanzeinlagen. Der Text für diese serenata stammt von Silvio Stampiglia, der ebenso wie Scarlatti Mitglied der Accademia dell'Arcadia war; das Manuskript liegt in der Diözesanbibliothek Münster.
Im zweiten Teil enthält diese CD zudem die Sinfonia di Concerto grosso Nr. 10, eines von zwölf Werken aus dem Jahre 1715, in denen Scarlatti offenbar die Sinfonia Napoletana mit dem Concerto grosso kombiniert hat. Das Ergebnis klingt etwas strenger und konzentrierter als beispielsweise die bekannten Werke Corellis. Man darf dem Barockorchester Les Eléments unter Piero Cartosio dankbar sein für die Wiederentdeckung der beiden Werke; sie tragen dazu bei, Scarlattis Musik schrittweise wieder zugänglich zu machen. In den Solopartien gefallen Veronica Lima, Venus, Gabriella Costa, Amore und Elena Biscuola, Ragione. Diese blitzsaubere, schwungvolle Einspielung kann hier empfohlen werden.
Montag, 26. Dezember 2011
The Colours of Christmas - John Rutter (Decca)
"The music of Christmas has been like a golden thread running through my life ever since I first sang carols - and began to compose a few of my own - as a member of Highgate School capel choir", begeistert sich John Rutter. "I still love to hear, to write and to conduct Christmas music, and in this album I have had the opportunity to do all this in the company of some especially cherished colleagues."
Das sind nicht nur The Bach Choir und The Royal Philharmonic Orchestra, mit denen er diese CD ein- gespielt hat. Mitgewirkt haben auch die neun jungen Sänger der Close-Harmony-Gruppe Over the Bridge, gegründet 2005 am Clare College in Cambridge - was Rutter, wie er berichtet, besonders freut, weil er selbst einst dort studiert hat. Und in einem Arrangement sind sogar die King's Singers präsent, für die Rutter etliche seiner Werke ge- schrieben hat.
Der renommierte Komponist und Chorleiter hat ein Programm zusammengestellt, dass zwischen den Hits immer wieder auch Raum für Entdeckungen lässt, und das postmodernen Puderzucker mit "echten" Klassikern wie Sweelinck oder Britten kombiniert. Musiziert wird kraftvoll und mit dem Anlass angemessener Inbrunst. "With music, your Christmas can always be perfect", hat Rutter einmal gesagt. Für diese CD jedenfalls kann man ihm da nur zustimmen.
Das sind nicht nur The Bach Choir und The Royal Philharmonic Orchestra, mit denen er diese CD ein- gespielt hat. Mitgewirkt haben auch die neun jungen Sänger der Close-Harmony-Gruppe Over the Bridge, gegründet 2005 am Clare College in Cambridge - was Rutter, wie er berichtet, besonders freut, weil er selbst einst dort studiert hat. Und in einem Arrangement sind sogar die King's Singers präsent, für die Rutter etliche seiner Werke ge- schrieben hat.
Der renommierte Komponist und Chorleiter hat ein Programm zusammengestellt, dass zwischen den Hits immer wieder auch Raum für Entdeckungen lässt, und das postmodernen Puderzucker mit "echten" Klassikern wie Sweelinck oder Britten kombiniert. Musiziert wird kraftvoll und mit dem Anlass angemessener Inbrunst. "With music, your Christmas can always be perfect", hat Rutter einmal gesagt. Für diese CD jedenfalls kann man ihm da nur zustimmen.
Wie schön leuchtet der Morgenstern (Oehms Classics)
René Clemencic, Jahrgang 1928, hat sich seit vielen Jahren der sogenannten "Alten" Musik verschrieben. 1957 gründete der Österreicher sein Ensemble, das heutige Clemencic Consort, das in wechselnder Besetzung Werke aus dem Mittelalter, der Renaissance und dem Barock aufführt.
Die vorliegende CD stellt Musik zur Weihnacht aus der Zeit des Barock vor; die Auswahl reicht von der Orgelmusik des Straßburger Orga- nisten Bernhard Schmid (1536 bis 1592) über geistliche Stücke von Claudio Monteverdi und Heinrich Schütz bis hin zu einem Largo aus der Sonata pastorale des Violon- cello-Virtuosen Salvatore Lancetti - womit wir bereits im 18. Jahr- hundert wären.
Das Programm kombiniert Gesang, Cembalo, Barockgitarre, Barock- cello sowie den Klang der barocken Prozessionsorgel aus Friesach zu einem akustischen Gruß aus einer fernen Zeit: "Durch eine Auswahl barocker Pastoralmusik und barocker geistlicher Gesänge wollen wir hier die weihnachtliche Welt der damaligen Zeiten Klang wer- den lassen", schreibt Clemencic in dem ansonsten nicht übermäßig informativen Beiheft.
Dazu eignet sich das geschickt zusammengestellte Programm ziemlich gut; es bietet viele Stücke, die entdeckt werden wollen, und ist ab- wechslungsreich, aber es setzt eher auf höfische Klänge und verzich- tet auf eine allzu volkstümliche Anbetung des Jesuskindleins. Wer schöne Musik zum Anhören und Staunen sucht, der wird an dieser CD sein Vergnügen haben.
Krisztina Jónás und Marelize Gerber, Sopran, und Armin Gramer, Contratenor, singen durchweg mit schlanken, gut geführten Stimmen, und gestalten ebenso schön wie Pierre Pitzl, Barockgitarre, Claudio Ronco und Emanuela Vozza, Barock-Violoncello. René Clemencic, der spiritus rector des Ensembles, ist an Orgel und Cembalo zu hören. Eine CD, die gänzlich auf Mitsumm-Weihnachtslieder verzichtet - und gerade damit Weihnachtsfreude verbreitet.
Die vorliegende CD stellt Musik zur Weihnacht aus der Zeit des Barock vor; die Auswahl reicht von der Orgelmusik des Straßburger Orga- nisten Bernhard Schmid (1536 bis 1592) über geistliche Stücke von Claudio Monteverdi und Heinrich Schütz bis hin zu einem Largo aus der Sonata pastorale des Violon- cello-Virtuosen Salvatore Lancetti - womit wir bereits im 18. Jahr- hundert wären.
Das Programm kombiniert Gesang, Cembalo, Barockgitarre, Barock- cello sowie den Klang der barocken Prozessionsorgel aus Friesach zu einem akustischen Gruß aus einer fernen Zeit: "Durch eine Auswahl barocker Pastoralmusik und barocker geistlicher Gesänge wollen wir hier die weihnachtliche Welt der damaligen Zeiten Klang wer- den lassen", schreibt Clemencic in dem ansonsten nicht übermäßig informativen Beiheft.
Dazu eignet sich das geschickt zusammengestellte Programm ziemlich gut; es bietet viele Stücke, die entdeckt werden wollen, und ist ab- wechslungsreich, aber es setzt eher auf höfische Klänge und verzich- tet auf eine allzu volkstümliche Anbetung des Jesuskindleins. Wer schöne Musik zum Anhören und Staunen sucht, der wird an dieser CD sein Vergnügen haben.
Krisztina Jónás und Marelize Gerber, Sopran, und Armin Gramer, Contratenor, singen durchweg mit schlanken, gut geführten Stimmen, und gestalten ebenso schön wie Pierre Pitzl, Barockgitarre, Claudio Ronco und Emanuela Vozza, Barock-Violoncello. René Clemencic, der spiritus rector des Ensembles, ist an Orgel und Cembalo zu hören. Eine CD, die gänzlich auf Mitsumm-Weihnachtslieder verzichtet - und gerade damit Weihnachtsfreude verbreitet.
Sonntag, 25. Dezember 2011
Singt, ihr Engelchöre! (Querstand)
"Das Komponieren für deutsche Chöre war ein Wendepunkt in meinem künstlerischen Schaffen, der meiner Arbeit eine neue und willkommene Dimension hinzu- fügte", berichtet Sir Colin Mawby. Der Komponist, Jahrgang 1936, begann seine Ausbildung als Chorknabe an der Chorschule der Westminster Cathedral und stu- dierte dann am Royal College of Music. Er wirkte viele Jahre als Organist und Chorleiter; so grün- dete er 1991 den Irish National Chamber Choir, Irlands einzigen professionellen Chor. Für seine Verdienste um die Kirchenmusik wurde er 2006 durch Papst Bene- dikt mit dem Gregorius-Orden ausgezeichnet.
Doch Mawby beschränkt sich nicht auf die katholische Liturgie. Seit etlichen Jahren verbindet ihn eine enge Zusammenarbeit mit der Biederitzer Kantorei, dem außerordentlich engagierten Chor eines außerordentlich engagierten Kantors, der sich in der Nähe von Mag- deburg niedergelassen hat. Das bescherte auch dem Komponisten neue Ideen: "Ich bin begeistert vom Phänomen der deutschen 'Pasto- ralmesse' - in England gibt es nichts Vergleichbares", so Mawby. "Ihre Feierlichkeit, ihre Freude und ihr tanzartiger Charakter drücken den Sinn der Weihnacht mit großem Verständnis aus, und ich habe versucht, diese Eigenschaften 'im englischen Stil' aufzu- greifen. Das Komponieren dieser Messe hat mir große Freude bereitet."
Die Pastoralmesse in G zieht sich wie ein roter Faden durch diese CD - und das Vocalconsort Leipzig, ein semiprofessionelles Ensemble, das von Gregor Meyer geleitet wird, der nun auch dem Gewandhauschor vorsteht, singt die weihnachtliche Chormusik des englischen Kompo- nisten mit Schwung und hörbarem Vergnügen. Das mag nicht zuletzt mit daran liegen, dass sie sehr schön klingt. "Meine Musik soll die Zuhörer ansprechen und sie bewegen", unterstreicht Mawby. "Die Kompositionstechnik ist niemals Ursprung, sondern immer Dienerin der Inspiration. Ich schreibe ganz bewusst für die kirchenmusikali- sche Praxis, weshalb keines der Stücke auf dieser CD schwer auszu- führen ist und sämtliche Streicherstimmen optional sind. Es ist unabdingbar, dass Interpreten Gefallen finden an dem, was sie singen - dies sollte jeder Komponist zu einem Grundsatz seiner Arbeit machen."
Das Vocalconsort Leipzig wird teilweise begleitet durch Holzbläser und Streicher der camerata lipsiensis, sowie durch Caroline Roth an der Sauer-Orgel der Michaeliskirche Leipzig. Und sollte beim Anhö- ren dieser CD die Lust aufkeimen, diese schmissige Musik auch in der eigenen Gemeinde aufführen zu wollen - das Beiheft verrät, wo die Noten zu bekommen sind.
Doch Mawby beschränkt sich nicht auf die katholische Liturgie. Seit etlichen Jahren verbindet ihn eine enge Zusammenarbeit mit der Biederitzer Kantorei, dem außerordentlich engagierten Chor eines außerordentlich engagierten Kantors, der sich in der Nähe von Mag- deburg niedergelassen hat. Das bescherte auch dem Komponisten neue Ideen: "Ich bin begeistert vom Phänomen der deutschen 'Pasto- ralmesse' - in England gibt es nichts Vergleichbares", so Mawby. "Ihre Feierlichkeit, ihre Freude und ihr tanzartiger Charakter drücken den Sinn der Weihnacht mit großem Verständnis aus, und ich habe versucht, diese Eigenschaften 'im englischen Stil' aufzu- greifen. Das Komponieren dieser Messe hat mir große Freude bereitet."
Die Pastoralmesse in G zieht sich wie ein roter Faden durch diese CD - und das Vocalconsort Leipzig, ein semiprofessionelles Ensemble, das von Gregor Meyer geleitet wird, der nun auch dem Gewandhauschor vorsteht, singt die weihnachtliche Chormusik des englischen Kompo- nisten mit Schwung und hörbarem Vergnügen. Das mag nicht zuletzt mit daran liegen, dass sie sehr schön klingt. "Meine Musik soll die Zuhörer ansprechen und sie bewegen", unterstreicht Mawby. "Die Kompositionstechnik ist niemals Ursprung, sondern immer Dienerin der Inspiration. Ich schreibe ganz bewusst für die kirchenmusikali- sche Praxis, weshalb keines der Stücke auf dieser CD schwer auszu- führen ist und sämtliche Streicherstimmen optional sind. Es ist unabdingbar, dass Interpreten Gefallen finden an dem, was sie singen - dies sollte jeder Komponist zu einem Grundsatz seiner Arbeit machen."
Das Vocalconsort Leipzig wird teilweise begleitet durch Holzbläser und Streicher der camerata lipsiensis, sowie durch Caroline Roth an der Sauer-Orgel der Michaeliskirche Leipzig. Und sollte beim Anhö- ren dieser CD die Lust aufkeimen, diese schmissige Musik auch in der eigenen Gemeinde aufführen zu wollen - das Beiheft verrät, wo die Noten zu bekommen sind.
Freitag, 23. Dezember 2011
Snowflakes - A Classical Christmas (BIS)
Oystein Baadsvik, geboren 1966 im norwegischen Trondheim, ist einer von sehr wenigen Tubisten, die sich ausschließlich auf eine Solo- karriere konzentrieren. Auf dieser CD hat er gemeinsam mit dem Frauenchor Cantus aus seiner Heimatstadt und dem Trondhei- mer Symponieorchester unter Torodd Wigum Weihnachtslieder eingespielt.
"Ich hatte schon immer eine Schwäche für Weihnachtsplatten und habe zu Hause eine große Auswahl davon", berichtet der Musiker. "Manche Lieder sind schlicht und einfach unentbehrlich, ohne sie ist sozusagen nicht Weihnachten. Nachdem ich acht CDs mit allem Möglichen von klassischer Musik über Zeitgenössisches bis hin zum Jazz eingespielt hatte, fand ich, dass es höchste Zeit war, selbst einige der schönsten Weihnachtslieder aufzunehmen, und mit Hilfe von geübten Arrangeuren habe ich mich erdreistet, eigene Versionen davon zu machen."
In dem informativen Beiheft erläutert Baadsvik seine Auswahl und seine Klangvorstellungen; und wer die Tuba als das tiefste Blas- instrument in Erinnerung hat, die im Orchester "umpa-umpa" macht, der wird hier überrascht feststellen, wie schön sie singen kann. Auch die Damen von Cantus singen schön; schade nur um die herrlichen Weihnachtslieder, die in unseren Breiten zumeist wenig bekannt sind, weil Baadsvik offenbar auch eine Schwäche für Puderzucker hat.
"Ich hatte schon immer eine Schwäche für Weihnachtsplatten und habe zu Hause eine große Auswahl davon", berichtet der Musiker. "Manche Lieder sind schlicht und einfach unentbehrlich, ohne sie ist sozusagen nicht Weihnachten. Nachdem ich acht CDs mit allem Möglichen von klassischer Musik über Zeitgenössisches bis hin zum Jazz eingespielt hatte, fand ich, dass es höchste Zeit war, selbst einige der schönsten Weihnachtslieder aufzunehmen, und mit Hilfe von geübten Arrangeuren habe ich mich erdreistet, eigene Versionen davon zu machen."
In dem informativen Beiheft erläutert Baadsvik seine Auswahl und seine Klangvorstellungen; und wer die Tuba als das tiefste Blas- instrument in Erinnerung hat, die im Orchester "umpa-umpa" macht, der wird hier überrascht feststellen, wie schön sie singen kann. Auch die Damen von Cantus singen schön; schade nur um die herrlichen Weihnachtslieder, die in unseren Breiten zumeist wenig bekannt sind, weil Baadsvik offenbar auch eine Schwäche für Puderzucker hat.
Christmas with Los Romeros (Deutsche Grammophon)
Weihnachten mit Los Romeros - das steht synonym für Weih- nachten mit der Gitarre. 1957 wanderte Celedonio Romero (1913 bis 1996), der Patriarch der Fami- lie, die ursprünglich aus Málaga stammt, mit seinen Söhnen Celin, Pepe und Angel in die USA aus. Dort begründete er das legendäre Gitarrenquartett, in dem mittler- weile die dritte Generation musi- ziert: Lito, der Sohn von Angel Romero, trat nach dem Tod von Celedino in das Ensemble ein, und Celins Sohn Celino löste 1990 Angel ab, der sich lieber auf das solisti- sche Musizieren konzentrieren wollte.
Insgesamt spielen sieben Enkel Celedinos Gitarre. Und trotz aller Auszeichnungen und Uraufführungen - etliche Komponisten schufen Konzerte eigens für diese Formation - ist die Familie Romero noch immer mit Hingabe und Leidenschaft Musiker. Das bezeugt diese CD, die Los Romeros - Pepe, Celin, Lito, Celino und Angel - gemeinsam mit dem Orchester Concerto Málaga unter Massimo Paris eingespielt haben.
Sie kombiniert Weihnachtslieder aus aller Welt in charmanten Gitarren-Arrangements mit Klassikern wie Händels For unto us a Child is born, die durch die Gitarristen im Wechselspiel mit dem Orchester vorgetragen werden. Das wirkt mitunter fast wie ein Concerto grosso - wirklich sehr hübsch gemacht, da verzeiht man auch gern zwei endlos lange und ziemlich kitschige Ave Maria nach Schubert bzw. Gounod.
Massimo Paris hat für die Gitarristen zudem noch eine bezaubernde X'mas Suite komponiert, die uns zunächst in Hirtenidyll und Glocken- geläut führt, sodann den Kometen zeigt, und die drei Heiligen Könige eine Gavotte tanzen lässt. Nach einem Schlaflied fürs Jesuskind erklingt abschließend ein Saltarello - das Volk feiert, und wir hoffen, dass das Baby davon nicht gleich wieder aufwacht.
Diese CD gehört ohne Zweifel zu den schönsten Neuerscheinungen des Jahres; wer ein Faible für perfekt gespielte Gitarrenmusik hat, der sollte sie sich noch schnell mit auf den Gabentisch legen - es lohnt sich.
Insgesamt spielen sieben Enkel Celedinos Gitarre. Und trotz aller Auszeichnungen und Uraufführungen - etliche Komponisten schufen Konzerte eigens für diese Formation - ist die Familie Romero noch immer mit Hingabe und Leidenschaft Musiker. Das bezeugt diese CD, die Los Romeros - Pepe, Celin, Lito, Celino und Angel - gemeinsam mit dem Orchester Concerto Málaga unter Massimo Paris eingespielt haben.
Sie kombiniert Weihnachtslieder aus aller Welt in charmanten Gitarren-Arrangements mit Klassikern wie Händels For unto us a Child is born, die durch die Gitarristen im Wechselspiel mit dem Orchester vorgetragen werden. Das wirkt mitunter fast wie ein Concerto grosso - wirklich sehr hübsch gemacht, da verzeiht man auch gern zwei endlos lange und ziemlich kitschige Ave Maria nach Schubert bzw. Gounod.
Massimo Paris hat für die Gitarristen zudem noch eine bezaubernde X'mas Suite komponiert, die uns zunächst in Hirtenidyll und Glocken- geläut führt, sodann den Kometen zeigt, und die drei Heiligen Könige eine Gavotte tanzen lässt. Nach einem Schlaflied fürs Jesuskind erklingt abschließend ein Saltarello - das Volk feiert, und wir hoffen, dass das Baby davon nicht gleich wieder aufwacht.
Diese CD gehört ohne Zweifel zu den schönsten Neuerscheinungen des Jahres; wer ein Faible für perfekt gespielte Gitarrenmusik hat, der sollte sie sich noch schnell mit auf den Gabentisch legen - es lohnt sich.
Donnerstag, 22. Dezember 2011
Bach: Weihnachtsoratorium; Fläming (Berlin Classics)
Eine schöne Aufnahme von Bachs Weihnachtsoratorium aus den Jahren 1974/75. Angesichts der Besetzung ist man fast geneigt, sie historisch zu nennen: Es singen Arleen Augér, Sopran, Annelies Burmeister, Alt, Peter Schreier, Tenor und Theo Adam, Bass sowie der Dresdner Kreuzchor unter Martin Flämig. Und auch die Liste der Instrumentalisten enthält viele bekannte Namen, wie Karl Suske, 1. Solo-Violine, Eckart Haupt, 1. Solo-Flöte, Ludwig Güttler, Trompete oder Herbert Collum, Orgel; zudem musiziert die Dresdner Philhar- monie.
Natürlich würde man heute sicherlich einiges anders machen, aber die vielen exzellenten Musiker sorgen für eine Qualität, die diese Ein- spielung über manches stellt, was später und vermeintlich "historisch korrekt" aufgeführt worden ist. So bleiben diese drei CD nicht nur als Referenz hörenswert - und es ist schön, dass die Aufnahme bei Berlin Classics noch immer verfügbar ist.
Natürlich würde man heute sicherlich einiges anders machen, aber die vielen exzellenten Musiker sorgen für eine Qualität, die diese Ein- spielung über manches stellt, was später und vermeintlich "historisch korrekt" aufgeführt worden ist. So bleiben diese drei CD nicht nur als Referenz hörenswert - und es ist schön, dass die Aufnahme bei Berlin Classics noch immer verfügbar ist.
Mittwoch, 21. Dezember 2011
Bach: Cantatas BWV 91 - 57 - 151 -122; Kuijken (Accent)
Rechtzeitig zum Fest ist eine weitere Super Audio-CD aus der Bach-Kantaten-Edition des Labels Accent erschienen. Sigiswald Kuijken spielt dort mit seinem Ensemble La Petite Bande und handverlesenen Solisten einen exemplarischen Kantatenjahrgang ein - und ist mittlerweile bei Vol. 14 von 20 angekommen.
Diese CD enthält die Kantaten BWV 91 Gelobet seist du, Jesu Christ, eine Choralkantate zum ersten Weihnachtstag aus dem Jahre 1724, BWV 57 Selig ist der Mann für den zweiten Weihnachtstag 1725 - der zugleich der Namenstag des Märtyrers Stephanus ist, worauf sich diese Kantate bezieht -, BWV 151 Süßer Trost, mein Jesus kömmt, entstanden für den 27. Dezember 1725, und BWV 122 Das neugeborne Kindelein, eine Choralkantate, komponiert für den 31. Dezember, den ersten Sonntag nach Weih- nachten, 1724.
Den Debatten der Musikwissenschaftler um die korrekte Aufführungs- praxis setzt Kuijken diese Aufnahmen entgegen, ein musikalisches Experiment, bei dem er einige Annahmen erprobt. So verzichtet er auf den Einsatz des Violoncellos als Continuo-Instrument, und setzt statt dessen auf den Violone, ein großes Instrument aus der Gamben- familie, das als Vorläufer des Kontrabasses gilt. Die ersten und zweiten Geigen sind jeweils lediglich doppelt, die Viola ist sogar nur einfach besetzt. Und natürlich spielen auch die Bläser "historische" Instrumente, was freilich zu einigen ungewohnten Klangeffekten führt.
Statt der üblichen, mehr oder weniger behäbigen Kantorei singt hier nur ein Solistenquartett, das auch die Choräle und Eingangschöre mit übernimmt. Diese Aufnahme gewinnt dadurch vor allem an Bewegt- heit, Klarheit und Ausdruck - was Bachs Musik, die ja stark rhetorisch orientiert ist, sehr zustatten kommt. Gerlinde Sämann, Sopran, Petra Noskaiová, Mezzosopran, Christoph Genz, Tenor und Jan Van der Crabben, Bariton, musizieren miteinander und auch im Dialog mit den Instrumentalisten, dass es eine Freude ist. Hinreißend! Insbesondere Christoph Genz gestaltet seine Partie derart intelligent, dass man sich fragt, warum dieser Sänger in anderen Aufnahmen lang nicht so be- eindrucken konnte. Wahrscheinlich liegt es in dem ganz besonderen Zauber dieser Einspielung begründet; Kunst bedarf ja bekanntlich auch der Inspiration.
Endlich hört man einmal nicht Solisten, die irgendwie "begleitet" werden, sondern man erlebt das komplexe Gebilde Bach-Kantate als strukturelle Einheit, die durch Sänger und Musiker gleichermaßen gestaltet wird. Das klingt sicherlich sehr theoretisch, doch es ist wirklich eine Sternstunde, wenn man hier hörend nachvollziehen kann, wie eng Bach Stimmen und Instrumente verflochten hat. Kuijken und sein Ensemble arbeiten das ausgesprochen sorgsam heraus. Das ist mit Sicherheit die derzeit interessanteste Version der Bach-Kantaten - ich kann diese Edition nur begeistert empfehlen.
Diese CD enthält die Kantaten BWV 91 Gelobet seist du, Jesu Christ, eine Choralkantate zum ersten Weihnachtstag aus dem Jahre 1724, BWV 57 Selig ist der Mann für den zweiten Weihnachtstag 1725 - der zugleich der Namenstag des Märtyrers Stephanus ist, worauf sich diese Kantate bezieht -, BWV 151 Süßer Trost, mein Jesus kömmt, entstanden für den 27. Dezember 1725, und BWV 122 Das neugeborne Kindelein, eine Choralkantate, komponiert für den 31. Dezember, den ersten Sonntag nach Weih- nachten, 1724.
Den Debatten der Musikwissenschaftler um die korrekte Aufführungs- praxis setzt Kuijken diese Aufnahmen entgegen, ein musikalisches Experiment, bei dem er einige Annahmen erprobt. So verzichtet er auf den Einsatz des Violoncellos als Continuo-Instrument, und setzt statt dessen auf den Violone, ein großes Instrument aus der Gamben- familie, das als Vorläufer des Kontrabasses gilt. Die ersten und zweiten Geigen sind jeweils lediglich doppelt, die Viola ist sogar nur einfach besetzt. Und natürlich spielen auch die Bläser "historische" Instrumente, was freilich zu einigen ungewohnten Klangeffekten führt.
Statt der üblichen, mehr oder weniger behäbigen Kantorei singt hier nur ein Solistenquartett, das auch die Choräle und Eingangschöre mit übernimmt. Diese Aufnahme gewinnt dadurch vor allem an Bewegt- heit, Klarheit und Ausdruck - was Bachs Musik, die ja stark rhetorisch orientiert ist, sehr zustatten kommt. Gerlinde Sämann, Sopran, Petra Noskaiová, Mezzosopran, Christoph Genz, Tenor und Jan Van der Crabben, Bariton, musizieren miteinander und auch im Dialog mit den Instrumentalisten, dass es eine Freude ist. Hinreißend! Insbesondere Christoph Genz gestaltet seine Partie derart intelligent, dass man sich fragt, warum dieser Sänger in anderen Aufnahmen lang nicht so be- eindrucken konnte. Wahrscheinlich liegt es in dem ganz besonderen Zauber dieser Einspielung begründet; Kunst bedarf ja bekanntlich auch der Inspiration.
Endlich hört man einmal nicht Solisten, die irgendwie "begleitet" werden, sondern man erlebt das komplexe Gebilde Bach-Kantate als strukturelle Einheit, die durch Sänger und Musiker gleichermaßen gestaltet wird. Das klingt sicherlich sehr theoretisch, doch es ist wirklich eine Sternstunde, wenn man hier hörend nachvollziehen kann, wie eng Bach Stimmen und Instrumente verflochten hat. Kuijken und sein Ensemble arbeiten das ausgesprochen sorgsam heraus. Das ist mit Sicherheit die derzeit interessanteste Version der Bach-Kantaten - ich kann diese Edition nur begeistert empfehlen.
Dienstag, 20. Dezember 2011
Meneghetti: Sonate e Concerti per violino (Tactus)
"Scrisse musica, ma le di lui opere andarono smarrite, per lo che non si può attribuirgli quella lode che forse si è meritata", notierte Andrea Alverà 1827 in seinem Giornale biografico di Vicenza über Gaetano Meneghetti. "Nella esecuzione era fra i migliori d'Ita- lia. Emulo del Tartini, suonava per eccellenza il violino. Fu classico direttore d'orchestra ed abilissimo organista. Lustro e decoro dell'ar- te sua, visse onorato, e compì in età avanzata la sua mortale car- riera." In den Chroniken der Stadt Vicenza finden sich auch Angaben über weitere Mitglieder der Familie Meneghetti, die angesehene Musiker waren - darunter Antonio, der Vater Gaetanos, sowie sein Sohn Giovanni (1730 bis 1794).
Einige Werke aus dem Schaffen Gaetano und Giovanni Meneghettis sind als Manuskripte erhalten. Enrico Zavonello, der Gründer und Leiter des Archicembalo Ensembles, hat diese Quellen erschlossen und mit "seinen" Musikern sechs Sonaten von Gaetano sowie eine Sonate und ein Concerto von Giovanni Meneghetti eingespielt. Für die Solopartie konnte er Giovanni Guglielmo gewinnen, der bereits das komplette Werk für Violine von Giovanni Tartini eingespielt hat, und sich auch diesen wiederentdeckten Werken mit Engagement widmet. Das lohnt sich auch, denn es handelt sich durchaus um kleine Kostbarkeiten, musikalische Juwelen mit einer Vielzahl attraktiver Facetten, die ganz individuell funkeln und strahlen. Die Herren Meneghetti müssen exzellente Geiger gewesen sein - und leiden- schaftliche obendrein. Es wäre durchaus erfreulich, wenn aus den Archiven noch weitere Stücke dieser Musiker den Weg zurück auf die Bühne finden würden.
Einige Werke aus dem Schaffen Gaetano und Giovanni Meneghettis sind als Manuskripte erhalten. Enrico Zavonello, der Gründer und Leiter des Archicembalo Ensembles, hat diese Quellen erschlossen und mit "seinen" Musikern sechs Sonaten von Gaetano sowie eine Sonate und ein Concerto von Giovanni Meneghetti eingespielt. Für die Solopartie konnte er Giovanni Guglielmo gewinnen, der bereits das komplette Werk für Violine von Giovanni Tartini eingespielt hat, und sich auch diesen wiederentdeckten Werken mit Engagement widmet. Das lohnt sich auch, denn es handelt sich durchaus um kleine Kostbarkeiten, musikalische Juwelen mit einer Vielzahl attraktiver Facetten, die ganz individuell funkeln und strahlen. Die Herren Meneghetti müssen exzellente Geiger gewesen sein - und leiden- schaftliche obendrein. Es wäre durchaus erfreulich, wenn aus den Archiven noch weitere Stücke dieser Musiker den Weg zurück auf die Bühne finden würden.
Kreuzchorvespern: Herr, wenn ich nur dich habe (Berlin Classics)
"Geistliche Musik in der Zeit der Trauer und Zuversicht", steht als Motto über der vierten und letzten CD, die die Reihe der Kreuzchor- vespern komplettiert. Sie enthält eine Sammlung von Chorwerken, die an die Vergänglichkeit irdi- schen Lebens erinnern und zu- gleich Trost im Glauben verheißen.
Im Zentrum der CD steht das mo- numentale Wir sind Verlassene in der Zeit, eine Motette von Hans Huyssen, Jahrgang 1964, nach einem Text der französischen Philosophin Simone Weil. Dabei handelt es sich um ein Auftragswerk der Heinrich-Schütz-Gesellschaft in Süd- afrika, also aus dem Herkunftsland des Komponisten, das im Jahre 2002 in Dresden durch den Kreuzchor uraufgeführt worden ist. Darum gruppiert sind ähnlich gewichtige Motetten von Heinrich Kaminski (1886 bis 1946), Louis Spohr (1784 bis 1895) - beide haben Psalm 130 vertont - sowie Mitten wir im Leben sind von Felix Men- delssohn Bartholdy (1809 bis 1847). Komponisten aus dem mittel- deutschen Raum schufen die Werke aus dem 16. und 17. Jahrhundert, die diese CD vervollständigen - Heinrich Schütz, Johann Bach, Hans Leo Hassler, Johann Walter, Johann Hermann Schein und Johann Rosenmüller. Einzig Leonhard Lechner wirkte in Süddeutschland, doch er wäre gern Hofkapellmeister in Dresden geworden.
Die Kruzianer singen sehr ordentlich. Sämtliche Soli werden durch Mitglieder des Chores gesungen. Kreuzkantor Roderich Kreile baut auf den Traditionen des Chores auf, und entwickelt Klang und Repertoire eher behutsam weiter. Das ist in einer Stadt wie Dresden, wo um den Neubau einer Brücke jahrzehntelang vor Gerichten gestritten wird, mit Sicherheit eine kluge Strategie. Auch die Tat- sache, dass zwischen der Aufzeichnung der Motetten und ihrer Veröffentlichung zwei Jahre vergehen, zeigt doch, dass die sächsische Landeshauptstadt abseits ihrer Hightech-Industrie noch immer eine gewisse Beschaulichkeit schätzt.
Im Zentrum der CD steht das mo- numentale Wir sind Verlassene in der Zeit, eine Motette von Hans Huyssen, Jahrgang 1964, nach einem Text der französischen Philosophin Simone Weil. Dabei handelt es sich um ein Auftragswerk der Heinrich-Schütz-Gesellschaft in Süd- afrika, also aus dem Herkunftsland des Komponisten, das im Jahre 2002 in Dresden durch den Kreuzchor uraufgeführt worden ist. Darum gruppiert sind ähnlich gewichtige Motetten von Heinrich Kaminski (1886 bis 1946), Louis Spohr (1784 bis 1895) - beide haben Psalm 130 vertont - sowie Mitten wir im Leben sind von Felix Men- delssohn Bartholdy (1809 bis 1847). Komponisten aus dem mittel- deutschen Raum schufen die Werke aus dem 16. und 17. Jahrhundert, die diese CD vervollständigen - Heinrich Schütz, Johann Bach, Hans Leo Hassler, Johann Walter, Johann Hermann Schein und Johann Rosenmüller. Einzig Leonhard Lechner wirkte in Süddeutschland, doch er wäre gern Hofkapellmeister in Dresden geworden.
Die Kruzianer singen sehr ordentlich. Sämtliche Soli werden durch Mitglieder des Chores gesungen. Kreuzkantor Roderich Kreile baut auf den Traditionen des Chores auf, und entwickelt Klang und Repertoire eher behutsam weiter. Das ist in einer Stadt wie Dresden, wo um den Neubau einer Brücke jahrzehntelang vor Gerichten gestritten wird, mit Sicherheit eine kluge Strategie. Auch die Tat- sache, dass zwischen der Aufzeichnung der Motetten und ihrer Veröffentlichung zwei Jahre vergehen, zeigt doch, dass die sächsische Landeshauptstadt abseits ihrer Hightech-Industrie noch immer eine gewisse Beschaulichkeit schätzt.
Heiligste Nacht - Choral Music for Advent and Christmas (Carus)
Wer eine CD mit Chormusik zur Weihnachtszeit sucht, die sich gänzlich abseits der ausgetretenen Pfade und der hundertmal gehör- ten Hits bewegt, der wird hier fündig. Der Carus Verlag hat aus seinem reichen Fundus einen ganz erstaunlichen Schatz an Motetten und Liedsätzen zusammengetra- gen, die eher den Raritäten zuzu- rechnen sind - andererseits aber den Hörer rundum durch hohe Qualität erfreuen. So findet sich Dieterich Buxtehude neben Charles Gounod, Max Reger neben Georg Philipp Telemann und Giovanni Alberto Ristori neben Johann Michael Haydn. Auch die Liste der Chöre und Orchester liest sich wie eine Garantieerklärung in Sachen Klanggenuss - und diese Verheißung löst die CD auch durchweg ein.
Besten Dank an die Verantwortlichen für die sorgsame Auswahl und Zusammenstellung! und meine Empfehlung an alle, die nach einer stimmungsvollen CD mit Chorklängen suchen, die man nicht sofort mitsummen kann. Hier ist sie - abwechslungsreich, durchweg wundervoll musiziert, und vielleicht zugleich als Anregung, die eine oder andere CD aus dem Hause Carus noch nachträglich zu erwerben.
Besten Dank an die Verantwortlichen für die sorgsame Auswahl und Zusammenstellung! und meine Empfehlung an alle, die nach einer stimmungsvollen CD mit Chorklängen suchen, die man nicht sofort mitsummen kann. Hier ist sie - abwechslungsreich, durchweg wundervoll musiziert, und vielleicht zugleich als Anregung, die eine oder andere CD aus dem Hause Carus noch nachträglich zu erwerben.
Montag, 19. Dezember 2011
Wetz: Ein Weihnachtsoratorium (cpo)
"Meiner Musik geht es merkwür- dig", soll Richard Wetz (1875 bis 1935) gesagt haben: "wo sie er- klingt, ergreift sie aufs tiefste; aber es wird ihr selten Gelegenheit dazu gegeben." Geboren in Oberschle- sien, ging der junge Wetz nach dem Abitur zum Studium zunächst nach Leipzig und dann nach München, wo er sich bei Ludwig Thuille vor allem mit Kontrapunkt und Fuge auseinandersetzte.
Um den Broterwerb musste er sich offenbar nicht sorgen: Er arbeitete kurz als Theaterkapellmeister, und ging dann zurück nach Leipzig, wo er Partituren studierte. 1906 wurde Wetz Leiter des Musikvereins in Erfurt. Dort gefiel es ihm, und er blieb in der thüringischen Provinz bis an sein Lebensende. Wetz leitete Chöre, und er unterrichtete am Landeskonservatorium in Erfurt sowie an der Großherzoglichen Mu- sikschule zu Weimar, dem Vorläufer der heutigen Musikhochschule. Er gilt als einer der wichtigsten Liedkomponisten seiner Generation, schuf aber auch zahlreiche Chorwerke, drei Sinfonien, ein Violinkon- zert, Orgel- und Kammermusik.
Die vorliegende CD enthält sein Weihnachtsoratorium, das, neben Wetz' Requiem, als sein wichtigstes und reifstes Werk gilt. Es wurde 1929 in Erfurt erstmals aufgeführt - und wird auch hier vom Dom- bergchor Erfurt und vom Philharmonischen Chor Erfurt vorgetragen, sowie von der Sopranistin Marietta Zumbült, Dozentin für Gesang an der Franz Liszt Musikhochschule Weimar, und Máté Sólyom-Nagy, Bariton, engagiert am Erfurter Theater. Zu hören ist zudem das Thü- ringische Kammerorchester Weimar - das aus Musikern der Staats- kapelle besteht. Und die Leitung hat George Alexander Albrecht, der sich als Chefdirigent der Staatskapelle Weimar unter anderem für das Werk Furtwänglers und Pfitzners eingesetzt hat. Auch Bruckner, Mahler und Liszt gehören zu seinen Favoriten - ideale Voraussetzun- gen für die Auseinandersetzung mit Wetz' Werk.
Das Weihnachtsoratorium auf altdeutsche Gedichte op. 53 erzählt die Weihnachtsgeschichte nicht, es setzt sie voraus und kommentiert eher, als zu schildern. Wetz' musikalisches Vokabular ist grundsätz- lich das der Spätromantik, aber sein Umgang damit beeindruckt, weil er es durchaus eigensinnig und ziemlich originell einsetzt. Das macht dieses Werk interessant - und vielleicht wird man es zukünftig auch außerhalb von Thüringen hier und da hören. Seine Wiederentdeckung lohnt sich, wie diese Aufnahme beweist.
Um den Broterwerb musste er sich offenbar nicht sorgen: Er arbeitete kurz als Theaterkapellmeister, und ging dann zurück nach Leipzig, wo er Partituren studierte. 1906 wurde Wetz Leiter des Musikvereins in Erfurt. Dort gefiel es ihm, und er blieb in der thüringischen Provinz bis an sein Lebensende. Wetz leitete Chöre, und er unterrichtete am Landeskonservatorium in Erfurt sowie an der Großherzoglichen Mu- sikschule zu Weimar, dem Vorläufer der heutigen Musikhochschule. Er gilt als einer der wichtigsten Liedkomponisten seiner Generation, schuf aber auch zahlreiche Chorwerke, drei Sinfonien, ein Violinkon- zert, Orgel- und Kammermusik.
Die vorliegende CD enthält sein Weihnachtsoratorium, das, neben Wetz' Requiem, als sein wichtigstes und reifstes Werk gilt. Es wurde 1929 in Erfurt erstmals aufgeführt - und wird auch hier vom Dom- bergchor Erfurt und vom Philharmonischen Chor Erfurt vorgetragen, sowie von der Sopranistin Marietta Zumbült, Dozentin für Gesang an der Franz Liszt Musikhochschule Weimar, und Máté Sólyom-Nagy, Bariton, engagiert am Erfurter Theater. Zu hören ist zudem das Thü- ringische Kammerorchester Weimar - das aus Musikern der Staats- kapelle besteht. Und die Leitung hat George Alexander Albrecht, der sich als Chefdirigent der Staatskapelle Weimar unter anderem für das Werk Furtwänglers und Pfitzners eingesetzt hat. Auch Bruckner, Mahler und Liszt gehören zu seinen Favoriten - ideale Voraussetzun- gen für die Auseinandersetzung mit Wetz' Werk.
Das Weihnachtsoratorium auf altdeutsche Gedichte op. 53 erzählt die Weihnachtsgeschichte nicht, es setzt sie voraus und kommentiert eher, als zu schildern. Wetz' musikalisches Vokabular ist grundsätz- lich das der Spätromantik, aber sein Umgang damit beeindruckt, weil er es durchaus eigensinnig und ziemlich originell einsetzt. Das macht dieses Werk interessant - und vielleicht wird man es zukünftig auch außerhalb von Thüringen hier und da hören. Seine Wiederentdeckung lohnt sich, wie diese Aufnahme beweist.
Sonntag, 18. Dezember 2011
Sweelinck: Cantiones Sacrae (Glossa)
Es ist doch erstaunlich, welch einen Klangkosmos man mit lediglich fünf Sängern erschaffen kann. Die Cantiones Sacrae, von Jan Pieterszoon Sweelinck (1653 bis 1621) veröffentlicht im Jahre 1619, gehören ohne Zweifel zum Schönsten, was jemals an Vokal- musik erdacht worden ist. Wenn Engel singen, dann muss das wohl so ähnlich klingen wie diese Motet- ten, die nun endlich komplett auf CD vorliegen. Allein das Alleluja, das in vielerlei Varianten den Abschluss etlicher dieser Werke bildet, ist ein Genuss.
Das Gesualdo Consort Amsterdam singt traumhaft schön, und ver- schafft mit der Gesamteinspielung seiner Werke Sweelinck endlich das verdiente Denkmal, das ihm Amsterdam, wo er an der Oude Kerk aus Organist wirkte, schon längst hätte errichten sollen. Nun ist es ein klingendes Denkmal geworden - und so haben wir alle etwas davon. Diese Doppel-CD gibt Zeugnis von Sweelincks herausragender Beherrschung des Kontrapunktes sowie seinem außergewöhnlichen Sinn für die Auslegung von Texten mit musikalischen Mitteln. Ein gelungener Begleittext des Sweelinck-Spezialisten Pieter Dirksen vervollständigt diese Würdigung des Komponisten.
Buxtehude: Scandinavian Cantatas (Dacapo)
Dieterich Buxtehude (1637 bis 1707) wirkte als Organist zunächst an der Marienkirche Helsingborg, dann an der Marienkirche von Helsingor; 1668 wurde er dann der Nachfolger von Franz Tunder als Organist und Werkmeister der Marienkirche in Lübeck. Dort wirk- te er bis an sein Lebensende.
Vokalmusik zu komponieren, war eigentlich nicht Bestandteil seiner Dienstaufgaben. Dennoch sind über 120 Werke verschiedener (geistlicher) Genres in vier Spra- chen überliefert. Paul Hillier hat auf dieser CD mit dem Theatre of Voices, der TOV Band und Bine Bryndorf, Orgel, eine illustre Auswahl daraus getroffen - vom Domine salvum fac regem, einem üppig aus- gelegten geistlichen Konzert, das wohl für den schwedischen Königs- hof entstanden ist, bis hin zu dem eindrucksvollen Lamento Att du Jesu vill mig höra.
Sie wird ergänzt durch zwei Orgelstücke des Meisters, die Bine Bryndorf auf der Orgel der Marienkirche in Helsingor eingespielt hat. Dabnei handelt es sich zum einen ein das Präludium in e-Moll, im sogenannten stylus phantasticus frei gestaltet, und die Passacaglia in d-Moll, einem Beleg für die Meisterschaft des Komponisten auch in der strengen Form.
Die Aufnahme ist exzellent, und die Musik ist von einer Qualität, die einen verstehen lässt, warum ein Johann Sebastian Bach einst von Arnstadt nach Lübeck mehr als 400 Kilometer gelaufen ist, um bei Buxtehude lernen zu können. Bravi!
Vokalmusik zu komponieren, war eigentlich nicht Bestandteil seiner Dienstaufgaben. Dennoch sind über 120 Werke verschiedener (geistlicher) Genres in vier Spra- chen überliefert. Paul Hillier hat auf dieser CD mit dem Theatre of Voices, der TOV Band und Bine Bryndorf, Orgel, eine illustre Auswahl daraus getroffen - vom Domine salvum fac regem, einem üppig aus- gelegten geistlichen Konzert, das wohl für den schwedischen Königs- hof entstanden ist, bis hin zu dem eindrucksvollen Lamento Att du Jesu vill mig höra.
Sie wird ergänzt durch zwei Orgelstücke des Meisters, die Bine Bryndorf auf der Orgel der Marienkirche in Helsingor eingespielt hat. Dabnei handelt es sich zum einen ein das Präludium in e-Moll, im sogenannten stylus phantasticus frei gestaltet, und die Passacaglia in d-Moll, einem Beleg für die Meisterschaft des Komponisten auch in der strengen Form.
Die Aufnahme ist exzellent, und die Musik ist von einer Qualität, die einen verstehen lässt, warum ein Johann Sebastian Bach einst von Arnstadt nach Lübeck mehr als 400 Kilometer gelaufen ist, um bei Buxtehude lernen zu können. Bravi!
Donnerstag, 15. Dezember 2011
Händel: Große Chorwerke (EMI Classics)
Chormusik hat Georg Friedrich Händel ein Leben lang begleitet. Diese Box aus dem Hause EMI Classics fasst wichtige Werke in mustergültigen Einspielungen zusammen.
Ohne Zweifel das berühmteste davon ist Messiah, hier zu finden in einer Aufnahme aus dem Jahre 1966 mit den Ambrosian Singers und dem English Chamber Orchestra unter Charles Mackeras. Als Händel sein Bestreben, die italienische Oper in England zu etablieren, gescheitert sah, schuf er aus der traditionellen Masque und dem italienischen geistlichen Oratorium ein neues Genre - das er ebenfalls als Oratorium bezeichnete. Doch gesungen wird in engli- scher Sprache, die Handlung entstammt der Bibel, und der Text wird eher deklamiert, er ist nicht länger überwiegend Medium für hoch- virtuosen Gesang. Der Prototyp dafür, das Oratorium Saul aus dem Jahre 1739, war enorm erfolgreich. Dieses Werk ist ebenfalls in der vorliegenden Box enthalten, in einer Aufnahme von 1979/80 mit dem Choir of King's Colege, Cambridge und dem English Chamber Orchestra unter Philip Ledger.
Zum Fest der Heiligen Cäcilia, der Schutzpatronin der Musik, führte die Musical Society of London seit 1683 alljährlich eine Ode auf. Auch Händel schrieb eine solche Cäcilienode - Alexander's Feast nach einem Text von John Dryden. Leider geriet das Libretto für eine abendfüllende Vorstellung etwas zu kurz, und deshalb kombinierte Händel das Werk mit anderen Stücken - 1751 beispielsweise mit der Kantate The Choice of Hercules. In dieser Kombination findet es sich auch in der CD-Box, gesungen vom Choir of King's College, Cambrid- ge, einmal in einer Aufnahme aus dem Jahre 1978 mit dem English Chamber Orchestra und einmal in einer Aufzeichnung von 1974 mit der Academy of St Martin in the Fields unter Philip Ledger.
Als Königlicher Hofkomponist hatte Händel zudem Zeremonialmusi- ken zu liefern - so komponierte er 1727 die Coronation Anthems für die Krönung Georgs II., hier eingespielt 1982 mit dem Choir of King's College, Cambridge und dem English Chamber Orchestra unter Philip Ledger. Für Siegesfeiern schuf er 1743 das Dettinger Te Deum , und 1747 das Oratorium Judas Maccabaeus. Sie sind in dieser CD-Box in Aufnahmen aus dem Jahre 1963 mit dem Süddeutschen Madrigalchor und dem Südwestdeutschen Kammerorchester unter Leitung von Wolfgang Gönnenwein bzw. aus dem Jahre 1959 mit dem Chor der
St. Hedwigs-Kathedrale Berlin und den Berliner Philharmonikern unter Karl Forster enthalten.
Als junger Musiker in Rom schrieb Händel, selbst Protestant, zudem katholische Kirchenmusik. So entstand für Kardinal Colonna der Psalm Dixit Dominus. Auch er wurde in diese Box mit aufgenommen, in einer Einspielung mit dem Choir of King's College, Cambridge, von 1982 mit dem English Chamber Orchestra unter David Willcocks.
Auch wenn es mittlerweile natürlich modernere Aufnahmen gibt - diese alten Einspielungen, mit zahlreichen herausragenden Solisten, haben durchaus ihren Charme. Und so freut man sich, dass EMI Classics diese Raritäten wieder aus seinen Archiven geholt hat und nun, sorgsam remastert, dem Musikfreund unter den Tannenbaum legt.
Ohne Zweifel das berühmteste davon ist Messiah, hier zu finden in einer Aufnahme aus dem Jahre 1966 mit den Ambrosian Singers und dem English Chamber Orchestra unter Charles Mackeras. Als Händel sein Bestreben, die italienische Oper in England zu etablieren, gescheitert sah, schuf er aus der traditionellen Masque und dem italienischen geistlichen Oratorium ein neues Genre - das er ebenfalls als Oratorium bezeichnete. Doch gesungen wird in engli- scher Sprache, die Handlung entstammt der Bibel, und der Text wird eher deklamiert, er ist nicht länger überwiegend Medium für hoch- virtuosen Gesang. Der Prototyp dafür, das Oratorium Saul aus dem Jahre 1739, war enorm erfolgreich. Dieses Werk ist ebenfalls in der vorliegenden Box enthalten, in einer Aufnahme von 1979/80 mit dem Choir of King's Colege, Cambridge und dem English Chamber Orchestra unter Philip Ledger.
Zum Fest der Heiligen Cäcilia, der Schutzpatronin der Musik, führte die Musical Society of London seit 1683 alljährlich eine Ode auf. Auch Händel schrieb eine solche Cäcilienode - Alexander's Feast nach einem Text von John Dryden. Leider geriet das Libretto für eine abendfüllende Vorstellung etwas zu kurz, und deshalb kombinierte Händel das Werk mit anderen Stücken - 1751 beispielsweise mit der Kantate The Choice of Hercules. In dieser Kombination findet es sich auch in der CD-Box, gesungen vom Choir of King's College, Cambrid- ge, einmal in einer Aufnahme aus dem Jahre 1978 mit dem English Chamber Orchestra und einmal in einer Aufzeichnung von 1974 mit der Academy of St Martin in the Fields unter Philip Ledger.
Als Königlicher Hofkomponist hatte Händel zudem Zeremonialmusi- ken zu liefern - so komponierte er 1727 die Coronation Anthems für die Krönung Georgs II., hier eingespielt 1982 mit dem Choir of King's College, Cambridge und dem English Chamber Orchestra unter Philip Ledger. Für Siegesfeiern schuf er 1743 das Dettinger Te Deum , und 1747 das Oratorium Judas Maccabaeus. Sie sind in dieser CD-Box in Aufnahmen aus dem Jahre 1963 mit dem Süddeutschen Madrigalchor und dem Südwestdeutschen Kammerorchester unter Leitung von Wolfgang Gönnenwein bzw. aus dem Jahre 1959 mit dem Chor der
St. Hedwigs-Kathedrale Berlin und den Berliner Philharmonikern unter Karl Forster enthalten.
Als junger Musiker in Rom schrieb Händel, selbst Protestant, zudem katholische Kirchenmusik. So entstand für Kardinal Colonna der Psalm Dixit Dominus. Auch er wurde in diese Box mit aufgenommen, in einer Einspielung mit dem Choir of King's College, Cambridge, von 1982 mit dem English Chamber Orchestra unter David Willcocks.
Auch wenn es mittlerweile natürlich modernere Aufnahmen gibt - diese alten Einspielungen, mit zahlreichen herausragenden Solisten, haben durchaus ihren Charme. Und so freut man sich, dass EMI Classics diese Raritäten wieder aus seinen Archiven geholt hat und nun, sorgsam remastert, dem Musikfreund unter den Tannenbaum legt.
Weihnachtskonzerte (Capriccio)
Aus Bologna stammt der Brauch, Weihnachten mit einem Konzert zu feiern. Dort gab es eine riesige Basilika mit einem Orchester, in dem an Feiertagen mehr als hun- dert Musiker spielten - was die Gottesdienste ohne Zweifel zu einem Ereignis werden ließ.
Der Raum aber hatte ein beträcht- liches Echo, und die Musiker waren wohl teilweise auch nicht beson- ders versiert. Das führte dazu, dass die Tutti prägnante, gravitätische Partien bekamen - und Solisten die bewegten, verzierten Abschnitte. Musiker aus Bologna aber führten diesen Brauch auch andernorts ein, wenn sie eine Stelle annahmen - und so wurden diese barocken Konzerte "fatto per la notte di natale" mit ihrer kunstvoll imitierten Hirtenmusik auch in Rom, in Wien, in Dresden, Amsterdam, ja, selbst in London Mode.
Diese CD versammelt Weihnachtskonzerte von Arcangelo Corelli, Pietro Antonio Locatelli, Giuseppe Torelli, Francesco Onofrio Manfre- dini, Johann Melchior Molter und Gregor Joseph Werner. Auch Georg Friedrich Händel ist mit seiner Pastorale aus dem Messias vertreten. Die Aufnahme stammt aus dem Jahre 1992. Es musiziert das Neue Berliner Kammerorchester unter Michael Erxleben, der gemeinsam mit Knut Zimmermann auch die Violinsoli spielt. An der Orgel zu hören ist Hans-Peter Kirchberg. Von der melancholisch-misslunge- nen Hülle sollte man sich nicht abschrecken lassen; die CD ist durch- aus hörenswert.
Der Raum aber hatte ein beträcht- liches Echo, und die Musiker waren wohl teilweise auch nicht beson- ders versiert. Das führte dazu, dass die Tutti prägnante, gravitätische Partien bekamen - und Solisten die bewegten, verzierten Abschnitte. Musiker aus Bologna aber führten diesen Brauch auch andernorts ein, wenn sie eine Stelle annahmen - und so wurden diese barocken Konzerte "fatto per la notte di natale" mit ihrer kunstvoll imitierten Hirtenmusik auch in Rom, in Wien, in Dresden, Amsterdam, ja, selbst in London Mode.
Diese CD versammelt Weihnachtskonzerte von Arcangelo Corelli, Pietro Antonio Locatelli, Giuseppe Torelli, Francesco Onofrio Manfre- dini, Johann Melchior Molter und Gregor Joseph Werner. Auch Georg Friedrich Händel ist mit seiner Pastorale aus dem Messias vertreten. Die Aufnahme stammt aus dem Jahre 1992. Es musiziert das Neue Berliner Kammerorchester unter Michael Erxleben, der gemeinsam mit Knut Zimmermann auch die Violinsoli spielt. An der Orgel zu hören ist Hans-Peter Kirchberg. Von der melancholisch-misslunge- nen Hülle sollte man sich nicht abschrecken lassen; die CD ist durch- aus hörenswert.
Christmas Music by Michael Praetorius (Helios)
Hier ist noch einer der legendären britischen Chöre zu hören - The Choir of Westminster Cathedral hat diese Aufnahme im Januar 1986 gemeinsam mit The Parley of Instruments unter David Hill ein- gespielt. Auch wenn sie mittler- weile schon etwas Patina angesetzt hat, so gehört sie doch noch immer zu den schönsten Weihnachts-CD. Die Weihnachtslieder von Michael Praetorius (1571 bis 1621) sind immer wieder faszinierend, und wenn sie so traumhaft musiziert werden wie hier, verbreitet dies nahezu automatisch Weihnachts- stimmung.
Bach: Cantatas; Suzuki (BIS)
Die Bach-Kantatenedition des Bach Collegiums Japan unter Masaaki Suzuki ist mittlerweile bei Super Audio-CD Nummer 50 angekom- men. Die Rezensentin hat in die CD 47 und 49 hineingehört, und war erneut begeistert. Hier wird wirk- lich auf dem allerletzten, absolut aktuellen Stand der Forschung fundiert musiziert. Doch dabei kom- men weder der Ausdruck noch die Andacht zu kurz. Diese Aufnahmen haben eine ganz er- staunliche Ausstrahlung, die weit über die pure musikalische Brillanz hinausgeht.
Suzuki setzt auf ein Mini-Ensemble; die Solisten werden durch einige wenige Ripienisten unterstützt, und auch das Orchester und das Con- tinuo sind außerordentlich schlank besetzt. Das hindert die Musiker aber nicht daran, beispielsweise in der Kantate Gott, wie dein Name, so ist auch dein Ruhm zum Neujahr BWV 171 eine faszinierende Klangpracht zu entwickeln. Dies ist ohne Zweifel derzeit die beste Bach-Kantateneinspielung auf dem Markt - auch wenn die Bläser nicht durchweg der reine Genuss sind. Unbedingt zu empfehlen!
Suzuki setzt auf ein Mini-Ensemble; die Solisten werden durch einige wenige Ripienisten unterstützt, und auch das Orchester und das Con- tinuo sind außerordentlich schlank besetzt. Das hindert die Musiker aber nicht daran, beispielsweise in der Kantate Gott, wie dein Name, so ist auch dein Ruhm zum Neujahr BWV 171 eine faszinierende Klangpracht zu entwickeln. Dies ist ohne Zweifel derzeit die beste Bach-Kantateneinspielung auf dem Markt - auch wenn die Bläser nicht durchweg der reine Genuss sind. Unbedingt zu empfehlen!
Dienstag, 13. Dezember 2011
In A Jazzymental Christmas Mood (Edel)
Weihnachten ist wieder "in"; auch bei Jazzmusikern sowie Rock- und Popstars geht der Trend zum Christmas-Song. So enthält auch diese Kompilation neben Weih- nachtsklassikern in mehr oder minder angejazzten Arrangements zahlreiche Originalkompositionen namhafter, überwiegend amerika- nischer Musiker. Die Titel sind mit Sorgfalt ausgewählt, gut sortiert, und werden per Softmix dezent ineinandergeblendet. Und weil diese Zusammenstellung wirklich Hörgenuss bereitet und Weihnachtsstimmung verbreitet, freut man sich darüber, dass sie sogar aus zwei CD besteht. Und die kann ich nur empfehlen!
Montag, 12. Dezember 2011
On Christmas Night (Chandos)
16 Chorsänger plus vier Sänger auf Probe gehören dem Choir of St John's College in Cambridge an. Er besteht seit dem 17. Jahrhundert, und gehört zu den berühmtesten Chören der Welt. Die Jungs musi- zieren in den Gottesdiensten - und dafür wird ihnen im Gegenzug der größte Teil ihrer Schulgebühren er- lassen. Altus, Tenor und Bass stel- len die älteren Semester; zu diesen 15 sogenannten Choral Scholars gesellen sich zudem noch zwei Organ Scholars, die dem Director of Music assistieren und Gottesdienste an der Orgel begleiten. Gemeinsam mit dem Orchester St John's Sinfonia führt der Chor im Rahmen der Liturgie regelmäßig Bach-Kantaten auf. Für die vorlie- gende Super Audio-CD konzentrieren sich die Sänger und Musiker aber - mit wenigen Ausnahmen - auf jene Lieder, die auch Bewohner des Kontinents unschwer als "very british" identifizieren werden. Dass manche Traditionen auf der Insel sehr lebendig sind, wird der Zuhö- rer anhand der vielen respektvoll-modernen Chorsätze feststellen. Und natürlich am Chorklang, der eine Klasse für sich ist - auf dem Festland klingen Knabenchöre gänzlich anders. Das ist spannend - unbedingt reinhören!
Loriots Peter und der Wolf / Karneval der Tiere (Deutsche Grammophon)
Ein Klassiker zum Liebhaben: Loriots augenzwinkernde Texte, frei nach Sergej Prokofjew und - sehr einfühlsam - als Kommentar zu Der Karneval der Tiere von Camille Saint-Saens.
Über die 64 Uhus, die im Orchester spielen und von einem Marabu dirigiert werden, und über die zwei Eichhörnchen, die dazu auf dem Klavier herumspringen, werden sich wohl noch Generationen köst- lich amüsieren. Es sind charmante, bezaubernde Texte, voll Poesie und auch ein bisschen frech, unnachahmlich gesprochen von Loriot höchstselbst.
Die Musik zu Peter und der Wolf spielt das English Chamber Orchestra unter Daniel Barenboim; auch da findet sich nichts, was das Vergnü- gen trübt. Für den Karneval der Tiere erfolgte seinerzeit die Über- nahme eines Bandes aus dem Jahre 1960 von Decca; es musizieren Julius Katchen und Gary Graffman, Klavier, Kenneth Heath, Violon- cello und das London Symphony Orchestra unter Skitch Henderson. Diese Aufnahme hat, trotz Remastering, unüberhörbar ihre Jährchen auf dem Buckel. Das wirkt hier allerdings nicht wirklich störend, weil man ohnehin mehr auf die Worte Loriots lauscht.
Und weil man davon nie genug hören kann, hat die Deutsche Gram- mophon diese Edition um Max und Moritz von Wilhelm Busch er- gänzt, einzigartig vorgetragen ebenfalls von Vicco von Bülow. Eine gewisse geistige Verwandtschaft ist da unüberhörbar. Und noch etwas wird einem schlagartig klar, im Zeitalter der Mario Barths: Loriots wundersamer Humor, er wird uns fehlen.
Über die 64 Uhus, die im Orchester spielen und von einem Marabu dirigiert werden, und über die zwei Eichhörnchen, die dazu auf dem Klavier herumspringen, werden sich wohl noch Generationen köst- lich amüsieren. Es sind charmante, bezaubernde Texte, voll Poesie und auch ein bisschen frech, unnachahmlich gesprochen von Loriot höchstselbst.
Die Musik zu Peter und der Wolf spielt das English Chamber Orchestra unter Daniel Barenboim; auch da findet sich nichts, was das Vergnü- gen trübt. Für den Karneval der Tiere erfolgte seinerzeit die Über- nahme eines Bandes aus dem Jahre 1960 von Decca; es musizieren Julius Katchen und Gary Graffman, Klavier, Kenneth Heath, Violon- cello und das London Symphony Orchestra unter Skitch Henderson. Diese Aufnahme hat, trotz Remastering, unüberhörbar ihre Jährchen auf dem Buckel. Das wirkt hier allerdings nicht wirklich störend, weil man ohnehin mehr auf die Worte Loriots lauscht.
Und weil man davon nie genug hören kann, hat die Deutsche Gram- mophon diese Edition um Max und Moritz von Wilhelm Busch er- gänzt, einzigartig vorgetragen ebenfalls von Vicco von Bülow. Eine gewisse geistige Verwandtschaft ist da unüberhörbar. Und noch etwas wird einem schlagartig klar, im Zeitalter der Mario Barths: Loriots wundersamer Humor, er wird uns fehlen.
Samstag, 10. Dezember 2011
Verleih uns Frieden gnädiglich (Deutsche Harmonia Mundi)
"Ein neues Bedürfnis nach Besin- nung und Einhalten scheint in großen Teilen der Bevölkerung die Folge eines kulturellen Unbeha- gens zu sein: Man kann nicht wirklich dem Tempo der Zeit standhalten, immer läuft man hinter den Entwicklungen der Gesellschaft her", stellt Hille Perl fest. Mit ihrem Weihnachtsalbum, das sie "Für die Kinder" produziert hat, geht sie zurück auf die ganz alten Weihnachtslieder. "Wir er- zählen den Kindern und Enkeln von unserer Zeit als Kinder und Enkel - und natürlich singen wir mit ihnen die alten Lieder - versuchen dem akustischen Jingle-Bells-Terrorismus der Einkaufsstraßen zu ent- kommen und irgendetwas von unserer wahrhaft großartigen musi- kalischen Tradition zu vermitteln; etwas, das gleichzeitig komplex und einfach ist, das vor Schönheit und Klarheit strahlen kann, ohne platt zu sein: wo aus Kindertagen bekannte Melodien zum Mit- summen einladen und doch in kontrapunktischer Abwechslung das Ohr erfreuen", so die Musikerin.
Sie hat sehr viel Sorgfalt auf die Vorbereitung und Zusammenstellung dieser CD verwendet. Es ist ein wundervolles, ruhiges Album gewor- den - ich finde, es ist eine der schönsten Neuerscheinungen zum Fest in diesem Jahr. Im Zentrum steht die eindringliche Bitte um Frieden - die auch gleich mehrfach vorgetragen wird, in unterschiedlicher musikalischer Gestalt. "Auf der Suche nach der Engelsstimme, die mir für diese CD im Kopf klang, traf ich auf Anna Maria Friman - ein kur- zer Zweifel, ob Annas nicht komplett lupenreines Deutsch womög- lich meine preußisch-lutherische Erwartungshaltung trüben könne, wurde binnen Minuten hinweggefegt. Ihre klare, unschuldige und doch reife Stimme und ihre unbestechliche Persönlichkeit warfen mich um", meint Perl. "Im Nachhinein ist mir klar, dass alle echten Engel einen leicht schwedischen Akzent haben müssen - egal, in welcher Sprache sie uns singen." Dem hat auch die Rezensentin tat- sächlich nichts hinzuzufügen.
Hille Perl, Gambe, und ihr Lebensgefährte Lee Santana, Lauten- instrumente, spielen gemeinsam mit den Sirius Viols. Sie, so die Musikerin, "haben mit mir zusammen die musikalische Detailarbeit gemacht, die Verflechtungen der Choräle mitgestaltet, die Strophen ausgewählt, so ist unser aller Herzblut hineingeflossen, auf dass wir ein friedliches Weihnachten/Chanukka/Solstice/Zuckerfest oder was auch sonst feiern mögen, mit Ihnen allen."
Sie hat sehr viel Sorgfalt auf die Vorbereitung und Zusammenstellung dieser CD verwendet. Es ist ein wundervolles, ruhiges Album gewor- den - ich finde, es ist eine der schönsten Neuerscheinungen zum Fest in diesem Jahr. Im Zentrum steht die eindringliche Bitte um Frieden - die auch gleich mehrfach vorgetragen wird, in unterschiedlicher musikalischer Gestalt. "Auf der Suche nach der Engelsstimme, die mir für diese CD im Kopf klang, traf ich auf Anna Maria Friman - ein kur- zer Zweifel, ob Annas nicht komplett lupenreines Deutsch womög- lich meine preußisch-lutherische Erwartungshaltung trüben könne, wurde binnen Minuten hinweggefegt. Ihre klare, unschuldige und doch reife Stimme und ihre unbestechliche Persönlichkeit warfen mich um", meint Perl. "Im Nachhinein ist mir klar, dass alle echten Engel einen leicht schwedischen Akzent haben müssen - egal, in welcher Sprache sie uns singen." Dem hat auch die Rezensentin tat- sächlich nichts hinzuzufügen.
Hille Perl, Gambe, und ihr Lebensgefährte Lee Santana, Lauten- instrumente, spielen gemeinsam mit den Sirius Viols. Sie, so die Musikerin, "haben mit mir zusammen die musikalische Detailarbeit gemacht, die Verflechtungen der Choräle mitgestaltet, die Strophen ausgewählt, so ist unser aller Herzblut hineingeflossen, auf dass wir ein friedliches Weihnachten/Chanukka/Solstice/Zuckerfest oder was auch sonst feiern mögen, mit Ihnen allen."
Christmas - The Netherlands Bach Society (Channel Classics)
Weihnachten mit The Netherlands Bach Society - wobei sich das Ensemble diesmal nicht die Mühe gemacht hat, eine CD einzuspielen. Dies ist eine Kompilation aus sechs älteren Veröffentlichungen, die sämtlich von der Kritik hoch gelobt wurden, wie das Beiheft belegt.
Wie nicht zuletzt der Name des von Jos van Veldhoven geleiteten En- sembles vermuten lässt, sind unter den musikalischen Häppchen, die hier zum Menü kombiniert wur- den, ziemlich viele aus der Feder von Johann Sebastian Bach. Ob man allerdings das Magnificat in Einzelsätzen hören möchte, vermischt mit diversen Weihnachtsliedern und Einzelteilen aus der h-Moll-Messe, das mag jeder selbst entscheiden.
Wie nicht zuletzt der Name des von Jos van Veldhoven geleiteten En- sembles vermuten lässt, sind unter den musikalischen Häppchen, die hier zum Menü kombiniert wur- den, ziemlich viele aus der Feder von Johann Sebastian Bach. Ob man allerdings das Magnificat in Einzelsätzen hören möchte, vermischt mit diversen Weihnachtsliedern und Einzelteilen aus der h-Moll-Messe, das mag jeder selbst entscheiden.
recital - Takeo Sato (Raccanto)
Takeo Sato begann bereits im Kin- desalter, Gitarre zu spielen. Den ersten Unterricht gab ihm sein Vater, der Gitarrenbauer Kazuo Sato. Schon vor Beginn seines Musikstudiums hat Takeo Sato einige der wichtigsten Wettbewer- be gewonnen; dennoch hat der junge Musiker sehr viel Zeit und Sorgfalt in seine weitere Ausbil- dung investiert.
Dieser Aufwand war nicht vergeb- lich, wie seine Debüt-CD beweist. Sie zeigt einen handwerklich überaus souveränen und musikalisch reifen, ausdrucksstarken Solisten, der sich sowohl in der sogenannten Alten Musik als auch in der Moderne sicher bewegt. Es bereitet Freude, diesem jungen Gitarristen zuzuhören. Sato spielt übrigens ein phantastisches Instrument aus der Werkstatt seines Vaters. Diese Gitarre begeistert, weil sie so herrlich singen kann - und durch ein enormes Spektrum an Klangfarben, das der Solist abrufen kann.
Dieser Aufwand war nicht vergeb- lich, wie seine Debüt-CD beweist. Sie zeigt einen handwerklich überaus souveränen und musikalisch reifen, ausdrucksstarken Solisten, der sich sowohl in der sogenannten Alten Musik als auch in der Moderne sicher bewegt. Es bereitet Freude, diesem jungen Gitarristen zuzuhören. Sato spielt übrigens ein phantastisches Instrument aus der Werkstatt seines Vaters. Diese Gitarre begeistert, weil sie so herrlich singen kann - und durch ein enormes Spektrum an Klangfarben, das der Solist abrufen kann.
Freitag, 9. Dezember 2011
Durante: Neapolitan Christmas (cpo)
Francesco Durante (1684 bis 1755) gehört zu den bedeutendsten nea- politanischen Kirchenkomponi- sten, und war zugleich einer der führenden Musikpädagogen seiner Zeit. Zu seinen Schülern gehörten unter anderem Giovanni Paisiello, Giovanni Battista Pergolesi, Nicco- lò Piccini - und viele andere. Seine Werke wurden in ganz Europa geschätzt. Sie erklangen in den Kathedralen der Niederlande ebenso wie in Böhmen oder am Hofe der sächsischen Kurfürsten. Sogar Johann Sebastian Bach kopierte sich die Noten einer Messe Durantes.
Die Kölner Akademie, geleitet von Michael Alexander Willens, hat nun für cpo einige seiner Werke eingespielt - und zwar speziell diejenigen, die sich mit dem Weihnachtsfest in Verbindung bringen lassen. Es handelt sich dabei um wunderschöne Musik, sehr traditionsbewusst, aber auch kühn und modern komponiert. Diese Kombination macht die Werke ausgesprochen reizvoll. Durante hat offenbar nie eine Oper geschrieben - und vermeidet auch in der Kirchenmusik opernhafte Effekte; dabei setzt er aber durchaus die Singstimme eindrucksvoll in Szene.
Das lohnt sich auch, denn die Sänger, die an dieser Aufnahme mit- gewirkt haben, sind durchweg hörenswert. Roberta Mameli, Ursula Eittinger, Andreas Post und Stephan MacLeod lassen gemeinsam mit der Kölner Akademie die musikalischen Juwelen glitzern und funkeln, die Durante einst zu Papier gebracht hat. Bravi!
Die Kölner Akademie, geleitet von Michael Alexander Willens, hat nun für cpo einige seiner Werke eingespielt - und zwar speziell diejenigen, die sich mit dem Weihnachtsfest in Verbindung bringen lassen. Es handelt sich dabei um wunderschöne Musik, sehr traditionsbewusst, aber auch kühn und modern komponiert. Diese Kombination macht die Werke ausgesprochen reizvoll. Durante hat offenbar nie eine Oper geschrieben - und vermeidet auch in der Kirchenmusik opernhafte Effekte; dabei setzt er aber durchaus die Singstimme eindrucksvoll in Szene.
Das lohnt sich auch, denn die Sänger, die an dieser Aufnahme mit- gewirkt haben, sind durchweg hörenswert. Roberta Mameli, Ursula Eittinger, Andreas Post und Stephan MacLeod lassen gemeinsam mit der Kölner Akademie die musikalischen Juwelen glitzern und funkeln, die Durante einst zu Papier gebracht hat. Bravi!
Dort zwischen Ochs und Eselein (Querstand)
Leipzig ist noch immer eine Musikmetropole. Das merkt man nicht zuletzt auch daran, dass dort selbst der Nachwuchs mit einer Qualität musiziert, die man andernorts so nicht findet. Auf dieser CD beispielsweise ist das Jugendsinfonieorchester der Musikschule Leipzig "Johann Sebastian Bach" zu hören, das von Ron-Dirk Entleutner geleitet wird - und die Jugendlichen spielen durchaus schon fast wie Profis. Dieses Musikschulorchester klingt so gar nicht nach Lernen und Ausprobieren; so manche Stadt wäre sicherlich froh über einen solchen Klangkörper.
Das Mendelssohn-Quartett ist eines von ziemlich vielen Streichquar- tetten in der Pleißestadt. Es hat sich unter anderem der Pflege der Musik seines Namenspatrons verschrieben, und ist regelmäßig im Gewandhaus sowie in einer eigenen Konzertreihe im Mendelssohn- haus zu erleben. Auch mit dem Gewandhauskinderchor arbeitet das Quartett seit Jahren zusammen. Zu hören ist auf dieser CD zudem die Flötistin Gudrun Hinze, Solo-Piccoloflötistin im Gewandhaus- orchester zu Leipzig sowie im Orchester der Bayreuther Wagner-Festspiele.
Der Gewandhauskinderchor aber übernimmt den wichtigsten Part
auf dieser CD. In dem Ensemble, das seit 1973 besteht, singen derzeit 80 Kinder im Alter zwischen 9 und 18 Jahren; im Nachwuchschor werden weitere 50 Kinder, die jünger sind, an die Aufgaben herange- führt, die die "Großen" bereits übernehmen. Der Chor wird derzeit von Frank-Steffen Elster geleitet. Er ist nicht nur ein erfahrener Sänger und Chorpädagoge, sondern offenbar auch ein ambitionierter Kom- ponist - zahlreiche Chorsätze auf dieser CD stammen von ihm. Ob man sie mag, das ist Geschmackssache, ich finde sie etwas spröde. Die Mädchen und Jungen des Gewandhauskinderchores singen routiniert; man würde sich aber mehr Ausdruck und Schwung wünschen. Wenn Qualität zu Lasten der Musizierlust geht, dann finde ich das bedenk- lich.
Das Mendelssohn-Quartett ist eines von ziemlich vielen Streichquar- tetten in der Pleißestadt. Es hat sich unter anderem der Pflege der Musik seines Namenspatrons verschrieben, und ist regelmäßig im Gewandhaus sowie in einer eigenen Konzertreihe im Mendelssohn- haus zu erleben. Auch mit dem Gewandhauskinderchor arbeitet das Quartett seit Jahren zusammen. Zu hören ist auf dieser CD zudem die Flötistin Gudrun Hinze, Solo-Piccoloflötistin im Gewandhaus- orchester zu Leipzig sowie im Orchester der Bayreuther Wagner-Festspiele.
Der Gewandhauskinderchor aber übernimmt den wichtigsten Part
auf dieser CD. In dem Ensemble, das seit 1973 besteht, singen derzeit 80 Kinder im Alter zwischen 9 und 18 Jahren; im Nachwuchschor werden weitere 50 Kinder, die jünger sind, an die Aufgaben herange- führt, die die "Großen" bereits übernehmen. Der Chor wird derzeit von Frank-Steffen Elster geleitet. Er ist nicht nur ein erfahrener Sänger und Chorpädagoge, sondern offenbar auch ein ambitionierter Kom- ponist - zahlreiche Chorsätze auf dieser CD stammen von ihm. Ob man sie mag, das ist Geschmackssache, ich finde sie etwas spröde. Die Mädchen und Jungen des Gewandhauskinderchores singen routiniert; man würde sich aber mehr Ausdruck und Schwung wünschen. Wenn Qualität zu Lasten der Musizierlust geht, dann finde ich das bedenk- lich.
Donnerstag, 8. Dezember 2011
Pandolfi: Sonate à Violino solo. Opera quarta (Arcana)
"So little information about Gio- vanni Antonio Pandolfi Mealli survives that an inquisitive liste- ner might be forgiven for suspec- ting that he was invented by a mischievous musicologist one wet Wednesday", schmunzelte der Geiger Andrew Manze 1999, als er für Harmonia Mundi USA Violin- sonaten Pandolfis einspielte.
Mittlerweile ist ein bisschen mehr bekannt, vor allem auch durch die akribische Spurensuche des Musik- historikers Fabrizio Longo. Er hat herausgefunden, dass Antonio Pandolfi am 17. Januar 1629 in der Toskana, und zwar in Montepul- ciano, getauft worden ist. Irgendwann ging dann seine Familie nach Venedig, wo sein Halbbruder Giovanni Battista Mealli als Kastrat an San Marco sang. 1660 erschienen bei einem Innsbrucker Noten- drucker seine Solosonaten; der Titel nennt als Autor D. Giovanni Antonio Pandolfi Mealli - und in der Tat scheint der Musiker den geistlichen Stand gewählt zu haben.
Später findet man ihn als Violinisten in der Domkapelle von Messina. Dort musste er 1675 flüchten - und eine Lokalchronik verrät auch den Grund: Während einer feierlichen Messe am Morgen des 21. Dezem- ber stritt sich Pandolfi mit dem Altkastraten Giovanni Marquett. Dabei geriet er so in Rage, dass er dem Sänger das Rapier von der Seite riß und ihn damit durchbohrte. Stunden später erlag Marquett seiner Verletzung; Pandolfi entwich auf einem französischen Schiff und reiste über Frankreich nach Spanien. Dort wirkte er 1679 und 1680 nachweislich als Violinist der königlichen Hofkapelle.
Der Chronist berichtet, Pandolfi sei am spanische Hof wegen seines Könnens sehr geschätzt worden, und habe dort bis zu seinem Tode als Priester und Musiker gewirkt. Noch unklar bleibt, wann und wo der Violinist letztendlich gestorben ist.
Der österreichische Geiger Gunar Letzbor hat nun mit seinem En- semble Ars Antiqua Austria Pandolfis Sonate à Violino solo. Opera quarta eingespielt. Sie sind durchweg bestimmten Personen gewid- met; nicht alle davon hat man bereits erkannt. Bei der Gestaltung der Werke hat sich Pandolfi erstaunliche Freiheiten eingeräumt. Die Sonaten sind sämtlich sehr expressiv, und wirken teilweise wie improvisiert. Sie erinnern insgesamt stark an den stylus phantasti- cus, jede Sonate ist anders, und keine einzige folgt erkennbar for- malen Normen. Letzbor erkundet gemeinsam mit seinen großen Continuo-Ensemble diese seltsamen Werke. Gemeinsam mit Jan Krigovsky, Violone, Daniel Oman, Colascione, Pierre Pitzl, Gitarre, Hubert Hoffmann, Erzlaute und Norbert Zeilberger, Cembalo und Orgel, hat Letzbor nach Klangfarben gesucht, die den Ausdruck dieser großartigen Musik unterstreichen und unterstützen. Diese Aufnahme ist ganz phantastisch; auf die Fortsetzung darf man gespannt bleiben.
Mittlerweile ist ein bisschen mehr bekannt, vor allem auch durch die akribische Spurensuche des Musik- historikers Fabrizio Longo. Er hat herausgefunden, dass Antonio Pandolfi am 17. Januar 1629 in der Toskana, und zwar in Montepul- ciano, getauft worden ist. Irgendwann ging dann seine Familie nach Venedig, wo sein Halbbruder Giovanni Battista Mealli als Kastrat an San Marco sang. 1660 erschienen bei einem Innsbrucker Noten- drucker seine Solosonaten; der Titel nennt als Autor D. Giovanni Antonio Pandolfi Mealli - und in der Tat scheint der Musiker den geistlichen Stand gewählt zu haben.
Später findet man ihn als Violinisten in der Domkapelle von Messina. Dort musste er 1675 flüchten - und eine Lokalchronik verrät auch den Grund: Während einer feierlichen Messe am Morgen des 21. Dezem- ber stritt sich Pandolfi mit dem Altkastraten Giovanni Marquett. Dabei geriet er so in Rage, dass er dem Sänger das Rapier von der Seite riß und ihn damit durchbohrte. Stunden später erlag Marquett seiner Verletzung; Pandolfi entwich auf einem französischen Schiff und reiste über Frankreich nach Spanien. Dort wirkte er 1679 und 1680 nachweislich als Violinist der königlichen Hofkapelle.
Der Chronist berichtet, Pandolfi sei am spanische Hof wegen seines Könnens sehr geschätzt worden, und habe dort bis zu seinem Tode als Priester und Musiker gewirkt. Noch unklar bleibt, wann und wo der Violinist letztendlich gestorben ist.
Der österreichische Geiger Gunar Letzbor hat nun mit seinem En- semble Ars Antiqua Austria Pandolfis Sonate à Violino solo. Opera quarta eingespielt. Sie sind durchweg bestimmten Personen gewid- met; nicht alle davon hat man bereits erkannt. Bei der Gestaltung der Werke hat sich Pandolfi erstaunliche Freiheiten eingeräumt. Die Sonaten sind sämtlich sehr expressiv, und wirken teilweise wie improvisiert. Sie erinnern insgesamt stark an den stylus phantasti- cus, jede Sonate ist anders, und keine einzige folgt erkennbar for- malen Normen. Letzbor erkundet gemeinsam mit seinen großen Continuo-Ensemble diese seltsamen Werke. Gemeinsam mit Jan Krigovsky, Violone, Daniel Oman, Colascione, Pierre Pitzl, Gitarre, Hubert Hoffmann, Erzlaute und Norbert Zeilberger, Cembalo und Orgel, hat Letzbor nach Klangfarben gesucht, die den Ausdruck dieser großartigen Musik unterstreichen und unterstützen. Diese Aufnahme ist ganz phantastisch; auf die Fortsetzung darf man gespannt bleiben.
The Britannic Organ, Vol. 2 - A Christmas Voyage (Oehms Classics)
Wenn es sich schon nicht vermei- den lässt, das Weihnachtsfest fern der Familie zu verbringen, dann wird zumindest kräftig gefeiert. Das galt früher fast noch mehr als heute: Als es noch keine Flugzeuge gab, und Fernreisen faktisch nur per Schiff möglich waren, wurde kein anderes Fest an Bord so feierlich begangen wie dieses. Darum bereitete auch die Firma Welte aus Freiburg/Br. für ihre Welte-Philharmonie-Orgel, die ja unter anderem auf dem Schiff Britannic eingebaut werden sollte - ausführliches dazu findet sich hier im Blog unter Vol. 1 - ein umfang- reiches Repertoire vor, pastorales Idyll und Glöckchenklang inklu- sive.
Dementsprechend viele Rollen mit Musik zur Weihnachtszeit, einge- spielt von großen Organisten aus Frankreich, England und Deutsch- land, befinden sich in der Sammlung des Museums für Musikautoma- ten im schweizerischen Seewen. Auf dieser CD sind diese Aufzeich- nungen aus einer Zeit, da es noch keine Schallplatten gab, nun erst- mals wieder zu hören. So also hätte ein Weihnachtsprogramm an Bord der Britannic klingen können, wenn sie denn jemals als Passagier- dampfer im Linienbetrieb über die Meere gefahren wäre. Toll!
Dementsprechend viele Rollen mit Musik zur Weihnachtszeit, einge- spielt von großen Organisten aus Frankreich, England und Deutsch- land, befinden sich in der Sammlung des Museums für Musikautoma- ten im schweizerischen Seewen. Auf dieser CD sind diese Aufzeich- nungen aus einer Zeit, da es noch keine Schallplatten gab, nun erst- mals wieder zu hören. So also hätte ein Weihnachtsprogramm an Bord der Britannic klingen können, wenn sie denn jemals als Passagier- dampfer im Linienbetrieb über die Meere gefahren wäre. Toll!
Libera - The Christmas Album (EMI Classics)
Ein Kirchenchor? Das klingt wenig sexy, und die Aussicht darauf, im Gottesdienst singen zu dürfen, lockt heutzutage kaum noch einen Teenager aus dem Haus zur Probe. Robert Prizeman, Kantor der Kirchengemeinde St. Philipps im Süden von London, hatte da eine geniale Idee, mit der es ihm gelungen ist, seine Chorknaben nicht nur zum allsonntäglichen frühen Aufstehen zu motivieren: Aus dem Knabenchor wurde das Ensemble Libera, und aus Chorknaben wurden Popstars, die mittlerweile sogar eine deutsche Fan-Homepage feiert.
Nur eine Weihnachts-CD fehlte bislang - was Libera und EMI Classics aber nun geändert haben. Hier ist The Christmas Album, mit den bekannten glockenreinen Knabenstimmen, populären Arrangements populärer Weihnachtslieder, und einer großen Portion Hall - besten Dank an die Aufnahmetechnik! Wer auf viel Puderzucker steht, der wird diese CD lieben.
Nur eine Weihnachts-CD fehlte bislang - was Libera und EMI Classics aber nun geändert haben. Hier ist The Christmas Album, mit den bekannten glockenreinen Knabenstimmen, populären Arrangements populärer Weihnachtslieder, und einer großen Portion Hall - besten Dank an die Aufnahmetechnik! Wer auf viel Puderzucker steht, der wird diese CD lieben.
Kreisler: The Complete Recordings Vol. 3 (Naxos)
Fritz Kreisler (1875 bis 1962) ge- hört ohne Zweifel zu den bedeu- tendsten Violinvirtuosen seiner Generation. Er stammte aus Wien, und erhielt von seinem Vater, einem Arzt, ab dem vierten Lebensjahr den ersten Geigen- unterricht. Ab 1882 lernte er am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien; Josef Hellmesberger junior und Anton Bruckner zählten dort zu seinen Lehrern.
Drei Jahre später wechselte er an das Pariser Konservatorium, wo er unter anderem Violine bei Lam- bert Joseph Massart und Komposition bei Léo Delibes und Jules Massenet studierte, und 1887 mit dem Premier Prix ausgezeichnet wurde. 1888/89 ging er gemeinsam mit dem Pianisten Moriz Rosen- thal auf seine erste Tournee durch die USA. Wer nachrechnet, wird feststellen, dass Kreisler da 13 bzw. 14 Jahre alt war.
Der Violinvirtuose verbrachte viele Jahre seines Lebens auf Konzert- reisen. 1938 wurde Kreisler französischer Staatsbürger; 1939 ging er in die USA, und nach Europa kehrte er bis an sein Lebensende nicht zurück. In den Jahren 1904 bis 1946 spielte Kreisler mehrere hundert Schallplatten ein. Diese Aufnahmen erscheinen nunmehr bei Naxos - und auf CD 3, die Einspielungen aus den Jahren 1914 bis 1916 zusam- menfasst, ist der Geiger sogar am Klavier zu hören.
Obwohl heute kein Mensch mehr so spielt, kann man sich der Faszi- nation dieser historischen Aufnahmen nicht entziehen. Kreisler hat einen ganz eigenen Ton, warm und sehr ausdrucksstark. Man hört seine Versionen von Gott erhalte Franz den Kaiser, oder auch das Bach-Doppelkonzert, das er gemeinsam mit Efrem Zimbalist einge- spielt hat, und versteht, warum das Publikum einst so begeistert war. Dass lang nicht jeder Ton sauber klingt, dass so mancher Lagenwech- sel knapp daneben landet - all das spielt keine Rolle. Kreisler macht das mühelos durch Ausstrahlung wett. Schade, dass er 1941 nach einem Unfall das Musizieren weitgehend aufgegeben hat. Es wäre interessant gewesen, zu erleben, wie er seinen doch sehr persönlichen Stil den Veränderungen angepasst hätte, die sich am Musikmarkt nicht zuletzt durch die Weiterentwicklung der Aufzeichnungstechnik ergeben haben.
Drei Jahre später wechselte er an das Pariser Konservatorium, wo er unter anderem Violine bei Lam- bert Joseph Massart und Komposition bei Léo Delibes und Jules Massenet studierte, und 1887 mit dem Premier Prix ausgezeichnet wurde. 1888/89 ging er gemeinsam mit dem Pianisten Moriz Rosen- thal auf seine erste Tournee durch die USA. Wer nachrechnet, wird feststellen, dass Kreisler da 13 bzw. 14 Jahre alt war.
Der Violinvirtuose verbrachte viele Jahre seines Lebens auf Konzert- reisen. 1938 wurde Kreisler französischer Staatsbürger; 1939 ging er in die USA, und nach Europa kehrte er bis an sein Lebensende nicht zurück. In den Jahren 1904 bis 1946 spielte Kreisler mehrere hundert Schallplatten ein. Diese Aufnahmen erscheinen nunmehr bei Naxos - und auf CD 3, die Einspielungen aus den Jahren 1914 bis 1916 zusam- menfasst, ist der Geiger sogar am Klavier zu hören.
Obwohl heute kein Mensch mehr so spielt, kann man sich der Faszi- nation dieser historischen Aufnahmen nicht entziehen. Kreisler hat einen ganz eigenen Ton, warm und sehr ausdrucksstark. Man hört seine Versionen von Gott erhalte Franz den Kaiser, oder auch das Bach-Doppelkonzert, das er gemeinsam mit Efrem Zimbalist einge- spielt hat, und versteht, warum das Publikum einst so begeistert war. Dass lang nicht jeder Ton sauber klingt, dass so mancher Lagenwech- sel knapp daneben landet - all das spielt keine Rolle. Kreisler macht das mühelos durch Ausstrahlung wett. Schade, dass er 1941 nach einem Unfall das Musizieren weitgehend aufgegeben hat. Es wäre interessant gewesen, zu erleben, wie er seinen doch sehr persönlichen Stil den Veränderungen angepasst hätte, die sich am Musikmarkt nicht zuletzt durch die Weiterentwicklung der Aufzeichnungstechnik ergeben haben.
Mittwoch, 7. Dezember 2011
Berühmte Musik für Bläser (Berlin Classics)
Prachtvolle Bläsersätze bringt diese CD mit dem Blechbläser- ensemble Ludwig Güttler. Dabei konzentriert sich diese Kompila- tion mit Aufnahmen aus den Jahren 1987 und 2001 auf die Zeitspanne zwischen Giovanni Gabrieli (1557 bis 1613) und Johann Sebastian Bach (1685 bis 1750) - wobei natürlich, auch wenn das mit Sachsen eigentlich wenig zu tun hat, Händels Feuer- werksmusik nicht ausgelassen wird.
Ansonsten zeigt die CD die Verbindungen zwischen Italien, speziell der venezianischen Mehrchörigkeit, und dem Musizieren am sächsi- schen Hofe: "Es ist mir wichtig", so Güttler, "dass die musikalische Straße Venedig - Wien - Dresden immer wieder hörbar gemacht wird. Gabrieli ist mit seinem weiten Wirkungskreis ein signifikantes Beispiel dafür." Denn der Musiker prägte über seinen Schüler Heinrich Schütz die Musik in Sachsen für einen Zeitraum von gut 50 Jahren ganz entscheidend.
Güttler und seine Ensembles haben sich stets darum bemüht, die Musik dieser Zeit wieder auf das Konzertpodium und in die Kirchenräume zu bringen. Diese CD vereint einige der schönsten Bläsersätze, die sein Blechbläserensemble seit Jahren spielt.
Ansonsten zeigt die CD die Verbindungen zwischen Italien, speziell der venezianischen Mehrchörigkeit, und dem Musizieren am sächsi- schen Hofe: "Es ist mir wichtig", so Güttler, "dass die musikalische Straße Venedig - Wien - Dresden immer wieder hörbar gemacht wird. Gabrieli ist mit seinem weiten Wirkungskreis ein signifikantes Beispiel dafür." Denn der Musiker prägte über seinen Schüler Heinrich Schütz die Musik in Sachsen für einen Zeitraum von gut 50 Jahren ganz entscheidend.
Güttler und seine Ensembles haben sich stets darum bemüht, die Musik dieser Zeit wieder auf das Konzertpodium und in die Kirchenräume zu bringen. Diese CD vereint einige der schönsten Bläsersätze, die sein Blechbläserensemble seit Jahren spielt.
Humperdinck: Hänsel und Gretel (EMI Classics)
Dies ist das Dokument eines Ex- perimentes: Bei seiner EMI-Ein- spielung 1974 ging Heinz Wallberg das Risiko ein, die Partien der Kinder tatsächlich mit Kindern zu besetzen. Doch Brigitte Lindner und Eugen Hug singen grandios, und auch Ursula Roleff und Thomas Frohn können sich als Sand- bzw. Taumännchen hören lassen. Sie kommen gegen das groß besetzte Orchester erstaunlich gut an, und musizieren wie die Profis.
Das ist keinesfalls selbstverständ- lich, denn Hänsel und Gretel sind mitnichten kleine Partien; so etwas will erst einmal bewältigt werden. Aber die beiden Teenager, die diese Rollen singen dürfen, machen das mit soviel Ausdruck und Musizier- lust, dass man sich fragt, warum nie wieder jemand eine solche Besetzung gewagt hat.
Als Knusperhexe, man halte sich fest, ist Edda Moser zu hören. Und auch die Rollen von Mutter und Vater werden durch Ilse Gramatzky und Hermann Prey großartig verkörpert. Das macht diese Aufnahme zu einem derartigen Hörvergnügen, dass man dem Gürzenich-Orche- ster Köln gern den einen oder anderen krummen Ton verzeiht. Natürlich sind andere Einspielungen moderner - aber diese hier begeistert durch ihre Authentizität. Bravi!
Das ist keinesfalls selbstverständ- lich, denn Hänsel und Gretel sind mitnichten kleine Partien; so etwas will erst einmal bewältigt werden. Aber die beiden Teenager, die diese Rollen singen dürfen, machen das mit soviel Ausdruck und Musizier- lust, dass man sich fragt, warum nie wieder jemand eine solche Besetzung gewagt hat.
Als Knusperhexe, man halte sich fest, ist Edda Moser zu hören. Und auch die Rollen von Mutter und Vater werden durch Ilse Gramatzky und Hermann Prey großartig verkörpert. Das macht diese Aufnahme zu einem derartigen Hörvergnügen, dass man dem Gürzenich-Orche- ster Köln gern den einen oder anderen krummen Ton verzeiht. Natürlich sind andere Einspielungen moderner - aber diese hier begeistert durch ihre Authentizität. Bravi!
Wilhelm Friedemann Bach: Kantaten (Capriccio)
Wilhelm Friedemann Bach (1710 bis 1784) war der älteste Sohn Johann Sebastian Bachs. Er lernte das Violinspiel bei Johann Gottlieb Graun; Unterricht im Fach Kompo- sition sowie im Orgel- und Cemba- lospiel dürfte ihm sein Vater gege- ben haben.
Nach einem Studium der Fächer Jura, Mathematik und Philosophie an der Leipziger Universität wirkte Bach zunächst als Organist an der Dresdner Sophienkirche. 1746 wurde er Musikdirektor und Orga- nist an der Marienkirche in Halle/Saale. Leider kam er mit der Obrig- keit nicht zurecht. Das Kirchenkollegium rügte ihn wegen seines "ungebührlich bezeigeten Betragens, und seiner Vergessenheit der schuldigen Subordination".
1764 kündigte der "Hallesche Bach" seine Anstellung auf, ohne eine Alternative zur Hand zu haben. Mit 53 Jahren wurde der Musiker, der von Zeitgenossen für sein Orgelspiel und seine Improvisationskunst gerühmt wurde, zum freischaffenden Künstler. Sein schwieriger Charakter und sein angeschlagener Ruf erschwerten ihm zunehmend das Dasein; seine letzten Jahre muss er in großer Armut verbracht haben.
Seine Werke waren lange aus dem Konzertsaal verschwunden. Viele davon galten als verschollen, und einige wurden erst Ende der 90er Jahre wiederentdeckt. Desto erfreulicher ist es, dass schon Anfang der 90er Jahre Hermann Max mit seinen Ensembles Rheinische Kantorei und Das Kleine Konzert sowie hochklassigen Solisten vier Kantaten von Wilhelm Friedemann Bach aus dessen Hallescher Zeit eingespielt hat. Zu hören sind Barbara Schlick, Sopran, Claudia Schubert, Alt, Wilfried Jochens, Tenor und Stephan Schreckenberger, Bass.
Das Label Capriccio macht diese Aufnahmen nun mit einer Doppel-CD wieder zugänglich. Enthalten sind Lasset uns ablegen die Werke der Finsternis zum 1. Advent, Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste zum Johannistag, Erzittert und fallet zum Ostersonntag sowie Dies ist der Tag, Sinfonia und Kantate zu Pfingsten. Auch wenn der "Hallesche Bach" vielfach als rückwärtsgewandt, kantig und spröde gilt - diese Kantaten sind zwar wuchtig, aber auch erstaunlich empfindsam und für ihre Zeit modern. Insofern lohnt es sich, diese Musik zu entdecken.
Nach einem Studium der Fächer Jura, Mathematik und Philosophie an der Leipziger Universität wirkte Bach zunächst als Organist an der Dresdner Sophienkirche. 1746 wurde er Musikdirektor und Orga- nist an der Marienkirche in Halle/Saale. Leider kam er mit der Obrig- keit nicht zurecht. Das Kirchenkollegium rügte ihn wegen seines "ungebührlich bezeigeten Betragens, und seiner Vergessenheit der schuldigen Subordination".
1764 kündigte der "Hallesche Bach" seine Anstellung auf, ohne eine Alternative zur Hand zu haben. Mit 53 Jahren wurde der Musiker, der von Zeitgenossen für sein Orgelspiel und seine Improvisationskunst gerühmt wurde, zum freischaffenden Künstler. Sein schwieriger Charakter und sein angeschlagener Ruf erschwerten ihm zunehmend das Dasein; seine letzten Jahre muss er in großer Armut verbracht haben.
Seine Werke waren lange aus dem Konzertsaal verschwunden. Viele davon galten als verschollen, und einige wurden erst Ende der 90er Jahre wiederentdeckt. Desto erfreulicher ist es, dass schon Anfang der 90er Jahre Hermann Max mit seinen Ensembles Rheinische Kantorei und Das Kleine Konzert sowie hochklassigen Solisten vier Kantaten von Wilhelm Friedemann Bach aus dessen Hallescher Zeit eingespielt hat. Zu hören sind Barbara Schlick, Sopran, Claudia Schubert, Alt, Wilfried Jochens, Tenor und Stephan Schreckenberger, Bass.
Das Label Capriccio macht diese Aufnahmen nun mit einer Doppel-CD wieder zugänglich. Enthalten sind Lasset uns ablegen die Werke der Finsternis zum 1. Advent, Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste zum Johannistag, Erzittert und fallet zum Ostersonntag sowie Dies ist der Tag, Sinfonia und Kantate zu Pfingsten. Auch wenn der "Hallesche Bach" vielfach als rückwärtsgewandt, kantig und spröde gilt - diese Kantaten sind zwar wuchtig, aber auch erstaunlich empfindsam und für ihre Zeit modern. Insofern lohnt es sich, diese Musik zu entdecken.