Dienstag, 11. August 2015

Handel: Keyboard Suites (Naxos)

Die Suites de Pièces pour le Clavecin von Georg Friedrich Händel, ver- öffentlicht im Jahre 1720, haben Generationen von Pianisten fasziniert. Es wird daher nicht verwundern, dass es eine Vielzahl von Einspielungen dieser Klavier- suiten gibt. 
Händel hat nicht viele Kompositio- nen für das Cembalo geschaffen. Denn Geld war mit derartigen Editionen wohl kaum zu verdienen; Clavierwerke entstanden typischer- weise für den Unterricht oder aber für einen konkreten Auftraggeber, dem Mäzen zum Plaisir. Es wird vermutet, dass Händel in den acht „Londoner Suiten“ eine Reihe von Tanzsätzen zusammengefasst hat, die er zur Unterweisung seiner Schüler genutzt hatte. Diese Handschriften waren dann allerdings an Musikverleger verkauft worden, die eine Edition vor- bereiteten, was seinerzeit allerdings, da Noten noch aufwendig gestochen wurden, einige Zeit dauerte. 
Händel erhielt davon Kenntnis – und publizierte seine Werke rasch selbst. Um seine eigene Version von jenem geplanten Raubdruck abzuheben, hat er zudem seine Musik überarbeitet und ergänzt. Und weil er nicht nur für das Marketing ein Händchen hatte, sondern vor allem auch grandiose Klänge geschaffen hat, sind seine Werke bis heute beim Publikum sehr beliebt. So erreichte eine Aufnahme dieser Klaviersuiten, eingespielt von dem britischen Pianisten Philip Edward Fisher in den Jahren 2008 und 2009, hunderttausende Klassikfans. Gleich in der ersten Woche nach Veröffentlichung stieg der erste Teil dieser Edition in die US-Billboard-Charts auf. Naxos hat nunmehr auch den zweiten Teil veröffentlicht. 
Fisher musiziert auf einem modernen Konzertflügel. Er nähert sich diesen umfangreichen und großartigen Werken eher unbefangen und beschwört in seiner Interpretation den Geist der Improvisation. Allerdings hat er mit dem musikalischen Vokabular, das Händel und seinen Zeitgenossen ganz selbstverständlich war, offenbar wenig Erfahrung. Mit „Alter“ Musik kennt sich Fisher hörbar nicht aus. Seine Sicht auf das Werk ist die Retrospek- tive; das klingt ganz locker so, als hätte es Bemühungen um eine historisch authentische Aufführungspraxis nie gegeben. Die großen Pianisten früherer Jahre haben die Noten ähnlich subjektiv ausgedeutet – aber diese alten Aufnahmen begeistern durch ihre handwerkliche Brillanz und durch ihre Aura. Davon kann ich hier leider nichts spüren. Schade.

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