Freitag, 27. September 2019

Sommernachtskonzert 2019 (Sony)

Das Sommernachtskonzert der Wiener Philharmoniker lockt alljährlich bis zu 100.000 Besucher in den festlich beleuchteten Park von Schloss Schönbrunn. In diesem Jahr musizierte das Orchester unter Leitung von Gustavo Dudamel. „Rhapsody in Blue“ lautete das Motto des Programmes – und da verwundert es nicht, dass faktisch alle Stücke irgend etwas mit Amerika zu tun hatten. Zugleich haben etliche von ihnen einen Bezug zur Wiener Musiktradition. 
Das Programm beginnt mit Leonard Bernsteins schwungvoller Ouvertüre zu Candide. Der Komponist, Ehrenmitglied der Wiener Philharmoniker, dirigierte sie in Wien sogar einmal selbst – beim Philharmonikerball 1978. Den Jubilee Waltz schrieb Johann Strauss 1872, als er in die USA reiste, um in Boston seine Musik beim World's Peace Jubilee zu dirigieren. 1893 reiste auch Carl Michael Ziehrer in die USA. In Chicago musizierte er mit seinem 60köpfigen Orchester in „Old Vienna“, einem Kulissendorf, in dem auch Händler und Gastronomen Spezialitäten aus dem Österreich anboten. Als Referenz an das Publikum schrieb Ziehrer den Sternenbanner-Marsch, in dem er populäre amerikanische Melodien jener Zeit verarbeitete. 
Die Idee zu The Stars and Stripes Forever hatte John Philipp Sousa auf der Rückreise von einem Urlaub in Europa 1896. Das Stück kann man getrost als amerikanischen Nationalmarsch ansehen. Etwas aus dem ansonsten recht beschwingten Rahmen fällt das berühmte Adagio von Samuel Barber. Er war der erste amerikanische Komponist, dessen Musik die Wiener Philharmoniker seinerzeit spielten – und die New Yorker Uraufführung dieses Stückes dirigierte einst 1938 Arturo Toscanini; seine Zusammenarbeit mit den Wiener Philharmonikern hatte dieser allerdings nach dem deutschen Einmarsch beendet. 
George Gershwin, auf dieser CD vertreten mit der Rhapsodie in Blue, arbeitete am Broadway eng mit Max Steiner zusammen. Der gebürtige Wiener schuf die Musik für über 300 Filme, zu hören ist hier die Casablanca-Suite
Böhmische und amerikanische Musiktraditionen verknüpfte Antonín Dvořák in seiner Symphonie Nr. 9 „Aus der Neuen Welt“. Der Komponist wirkte mehrere Jahre als Leiter eines Konservatoriums in den USA. Sein Werk wurde 1896 erstmals von den Wiener Philharmonikern aufgeführt. Dvořák war dem Orchester verbunden, und er hat es auch mehrfach dirigiert. 
Als Zugabe erklingt der Hoe-Down aus Aaron Coplands Ballett Rodeo, schwungvoll präsentiert von den Musikern. In diesem Konzert führte Gustavo Dudamel zwei sehr unterschiedliche musikalische Traditions- linien gekonnt zusammen, und zeigte, wie viele Berührungspunkte es doch gibt. Bei der Rhapsodie in Blue war Yuja Wang die grandiose Solistin. In der magischen Atmosphäre des wohl größten Klassik-Open-Airs konnte das Publikum somit ein ebenso unterhaltsames wie stimmungsvolles Konzert genießen.