Dienstag, 16. Februar 2021

Handel: Serse (Deutsche Grammophon)

 


Ein exzellentes Sängerensemble, Sinn für dramatische Effekte und dazu ein Faible für die Sinnlichkeit barocker Klangwelten – das bietet diese Neueinspielung der Oper Serse von Georg Friedrich Händel. Die Titelrolle singt Franco Fagioli. Und wie! Vom populären Ombra mai fu bis hin zur nicht minder berühmten Wutarie Crude furie gibt der argentinische Countertenor der ganzen Palette an Affekten musikalischen Ausdruck. Franco Fagioli lässt uns Händels barockes Spektakel neu hören. Und auch das italienische Barockensemble Il Pomo d’Oro trägt unter Leitung von Maxim Emelyanchev zum Hörvergnügen bei. Hinreißend! 

Bach & Piazzolla (Berlin Classics)


 Bach und Piazzolla kombiniert Nikola Djoric miteinander auf einem Album. Der serbische, in Österreich lebende Akkordeonist hat gemeinsam mit dem Kurpfälzischen Kammerorchester unter der Leitung von Hans-Peter Hoffmann sowohl Bachs Cembalokonzerte BWV 1058 und 1052 als auch Piazzollas bekanntes Konzert für Bandoneon „Aconcagua“ eingespielt. Dabei legt er besonderen Wert auf die Feststellung, dass alle Werke originalgetreu auf seinem Konzertakkordeon erklingen – jede einzelne Note ist an ihrem Platz. 

„Das Instrument bietet mit seiner Fähigkeit zum Singen und seiner Komplexität einen unvergleichlichen Reiz“, erläutert der Akkordeonvirtuose. „Stellen Sie sich vor: Ein Blasinstrument, das beim Ein- und Ausatmen polyphon spielt und den Klang in der Luft entstehen lässt; ein Tasteninstrument, das Töne wie Streicher mit dem Bogen phrasieren kann, mit zwei unterschiedlichen Manualen, über 500 Tönen, 20 Klangregistern und einem Musiker, der mit allen zehn Fingern spielt und frei atmen kann – das ist das Knopfakkordeon, es singt und atmet.“ 

Dieses „Atmen“ bekommt vor allem Bachs Cembalokonzerten ausgezeichnet, die im Original oftmals etwas hektisch klingen. Das Akkordeon bringt einerseits Farbe, andererseits wirkt auch die Phrasierung auf einmal ganz neu und interessant. Unbedingt anhören, es lohnt sich! 


Eight Seasons Evolution - The Twiolins (Solo Musica)


Eigentlich hatten sich die Twiolins vorgenommen, ausschließlich Originalkompositionen für Violinduo zu spielen. Und damit viele attraktive Stücke neu entstehen, die sowohl die Virtuosen als auch das Publikum begeistern, hatten Marie-Luise und Christoph Dingler sogar einen Kompositionswettbewerb ins Leben gerufen. 
Doch im Repertoire gibt es natürlich ebenfalls Werke, die Musiker herausfordern. Inspiriert durch Gidon Kremer, der sich immer wieder mit Kompositionen von Astor Piazzolla auseinandergesetzt hat, haben die Twiolins nun ihre eigenen „Eight Seasons“ kreiert. Dazu hat Christoph Dingler die wohl berühmtesten Violinkonzerte überhaupt, die Vier Jahreszeiten von Antonio Vivaldi, für Violinduo bearbeitet. 
Ich habe mir die Noten angeschaut – und bin hin und weg. Wie er die Solopartie und die diversen Orchesterstimmen auf zwei Geigen verteilt hat, das ist nicht nur hörens-, sondern vor allem auch sehenswert. Denn es geht fair zu; es sind wirklich zwei gleichberechtigte Duo-Stimmen entstanden. 
Spieltechnisch wird das dann allerdings recht anspruchsvoll; doch auf der CD ist davon nichts zu spüren. Marie-Luise und Christoph Dingler musizieren grandios. Es sind nicht zwei Solisten zu erleben, die gemeinsam auftreten, sondern tatsächlich ein Duo, das wie aus einem Gedanken agiert. Die Geschwister spielen seit vielen Jahren in dieser Formation, und sie haben dabei eine Reife entwickelt, die sehr beeindruckt. Mittlerweile haben die Twiolins sogar einen unverwechselbaren, typischen Klang. 
Das Konzept dieses Programms ist einzigartig: Nach jedem Satz aus Vivaldis Vier Jahreszeiten erklingt ein Stück von Astor Piazzolla. So entsteht ein Dialog mit ganz eigenen Reizen. Barockmusik und Tango – das passt erstaunlich gut zueinander. Besonders wahrnehmbar wird dies beim Herbst, wo die Jahrhunderte scheinbar ineinander fließen. Und was sind schon Genregrenzen, wenn es um Musik einer solchen Qualität geht?