Für seine Lieder hatte Franz Schubert (1797 bis 1828) eigentlich eine Klavierbegleitung vorgesehen. Doch mittlerweile kann man sie gelegentlich auch mit Gitarre hören; Orchesterversionen einzelner Lieder haben zudem schon Max Reger und Anton Webern geschaffen. Komplett orchestriert hat die Winterreise Hans Zender, der seine Version für Tenor und kleines Orchester als „kompo- nierte Interpretation“ bezeichnet.
Umso neugieriger war ich auf diese Aufnahme, wo eine Orgel zu hören ist. Die Idee zu dieser Besetzung kam dem japanischen Tenor Taro Kato, weil er den Helden der Winterreise als unreifen Charakter empfindet. Und dieser seelischen Disposition entspricht seiner Meinung nach eine Begleitung durch die Orgel besser.
Das Schmettern des Posthorns, das Spiel des Leiermannes, das Fauchen des Windes, der gefrorene Fluss, das flackernde Irrlicht – all das lässt sich mit einer Orgel wirkungsvoll musikalisch in Szene setzen. Und bei geschickter Wahl der Register kann dieses Instrument mit seinen vielen Klangfarben eine Interpretation ganz sicher bereichern.
Azumi Okamura hat für diese Einspielung die Orgel der Reformierten Kirche in der Gemeinde Chexbres ausgewählt, gelegen unweit von Lausanne in der Schweiz. Es handelt sich dabei um ein eher kleines Instrument französisch-romantischer Orgelbautradition mit 13 Registern auf zwei Manualen und Pedal, erbaut von Charles Mutin im Jahre 1905. Der Pariser Orgelbauer hatte um 1900 die Firma von Cavaillé-Coll übernommen; all das erfährt man aber leider nicht aus dem Beiheft.
Dieses Instrument klingt durchaus gut, aber die Möglichkeiten zur dynamischen Abstufung und zur klanglichen Differenzierung, die es bietet, sind nicht gerade üppig. Mit den orchestralen Effekten einer großen französischen Orgel kann es nicht mithalten. Insofern kommt diese Orgelversion an Schuberts doch sehr beredten Klavierpart nicht heran, zumal Azumi Okamura auch eine eher zurückhaltende Registrierung gewählt hat. Ihre Interpretation ist vom Klavier her gedacht; sie nutzt den Orgelklang nicht wirklich, und kann letzten Endes nicht überzeugen. Schade.
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