Sonntag, 30. Dezember 2018

Humperdinck: Hänsel und Gretel (Glyndebourne)

Es muss ein Ereignis gewesen sein, als Robin Ticciati, seit 2014 Musikdirektor der Glyndebourne Festival Opera, dort 2010 eine Inszenierung von Humperdincks Hänsel und Gretel dirigierte. Publikum und Kritiker zeigten sich hingerissen über die Kombination aus Volkslied und Wagner, die der junge Kapellmeister mit viel Charme präsentierte. Auf dieser Doppel-CD ist nun die Aufführung dokumentiert, wobei die Inszenierung wohl gar nicht so niedlich-unschuldig gewesen sein muss. 
Hänsel und Gretel, phantastisch gesungen von Alice Coote und Lydia Teuscher, sind ziemliche Racker. Mutter und Vater, zu erleben sind Irmgard Vilsmayer und William Dazeley, hausen mit den beiden Kindern in einer Bruchbude, wie aus dem Slum, und der Umgangston in dieser Familie ist eher derb. Kein Wunder, dass die knallbunte Supermarkt-Welt dieses Geschwisterpaar schwer beeindruckt – doch hinter all den Leckereien lauert schon die Hexe. Wolfgang Ablinger-Sperrhacke gibt diese als ein Monster mit Riesenbusen und knallpinkem Kostüm, rundum bedrohlich und gefährlich. Das ist eine ziemlich moderne Lesart des traditionellen Weihnachtsmärchens; am deutschen Stadttheater würde man das wohl anders machen. Aber musikalisch ist dieser Mitschnitt wirklich sehr reizvoll. 

Keine Kommentare: