Wenn er nun also die Orgelsonaten des zweitältesten Bach-Sohnes vorträgt, dann versucht Koopman nicht, sie mit der romantischen Brille zu lesen. Sie klingen ohnehin „modern“ genug. Der Organist weiß er um die Tradition, aus der diese Werke erwachsen sind, und macht dies auch hörbar. Einmal mehr setzt Koopman mit seiner Aufnahme die Referenz, an der sich in Zukunft alle Nachfolger messen lassen müssen. Und er spielt das Instrument, für das zumindest vier der sechs Orgelsonaten entstanden sind: Anna Amalia, die jüngste Schwester von Friedrich dem Großen besaß eine Orgel des Orgel- bauers Peter Migendt. Sie wurde 1755 im Berliner Stadtschloss aufgestellt. Die Prinzessin spielte dieses Instrument selber. Es besaß einen für die damalige Zeit außergewöhnlichen Tonumfang – während, so Koopman, der höchste Ton der Orgeln seinerzeit d''' oder c''' war, reichte die Klaviatur dieser Orgel bis zum f''' – und Bach nutzt diese Spanne in seinen Orgelsonaten auch aus.
Durch einen Zufall überstand diese sogenannte Amalien-Orgel Kriege und Nachkriegswirren; seit den 50er Jahren befindet sie sich in der Kirche zur frohen Botschaft in Berlin-Karlshorst. Und nach einer sorgsamen Restaurierung 2007 ist nun auch ihr originaler Klang wieder zu hören.
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