Diese Aufnahme ist eine Legende: 1973 spielte Nathan Milstein Johann Sebastian Bachs Sonaten und Partiten für Violine solo für die Deutsche Grammophon ein. Das war ein Ereignis; die Einspielung wurde 1975 mit einem Grammy ausgezeichnet, und sie hat bis heute Referenzstatus.
Nathan Milstein (1904 bis 1992) gilt als einer der besten Geiger seines Jahrhunderts. Er wuchs in Odessa auf, und erhielt schon als Vierjähriger Violinunterricht. Sein erster und wohl wichtigster Lehrer war Pjotr Stoljarski; dieser unterrichtete übrigens auch Leonid Kogan und David Oistrach. 1916 wurde Milstein dann Schüler von Leopold Auer am St. Petersburger Konservatorium.
1921 begegnete Milstein bei einem Konzert in Kiew Vladimir Horowitz und seiner Schwester Regina. Sie luden ihn zu sich nach Hause ein – der Beginn einer lebenslangen Freundschaft: „I came for tea and stayed three years“, meinte Milstein dazu später. Gemeinsam mit Horowitz ging Milstein auf Konzertreisen, zunächst durch die Sowjetunion, bald auch durch Westeuropa. Zum engsten Freundeskreis gehörte auch der Cellist Gregor Piatigorsky.
1929 gab der Geiger sein Debüt in den USA, mit Leopold Stokowski und dem Philadelphia Orchestra. Er ließ sich in New York nieder, und wurde amerikanischer Staatsbürger. In späteren Jahren lebte Milstein in London. Dort starb der Musiker dann auch, wenige Tage vor seinem 89. Geburtstag erlag er einem Herzinfarkt. Er hatte bis ins hohe Alter Konzerte gegeben und Studierende unterrichtet, und war für sein Wirken mit einer Vielzahl von Auszeichnungen geehrt worden.
Sein letztes Recital spielte Nathan Milstein im Juli 1986 in Stockholm. Kurz darauf brach er sich bei einem Sturz die linke Hand, was seiner Karriere ein Ende setzte. Aber auf Youtube kann man dieses Konzert anschauen, und man wird fasziniert feststellen, dass Milstein mit 82 Jahren noch immer eine brillante Technik hatte, und eine enorme künstlerische Ausstrahlung. Der Geiger legte größten Wert auf einen klaren, kraftvollen Ton und auf ein absolut präzises, konzentriertes, klanglich fein austariertes Spiel.
Das gilt auch für Bachs Sonaten und Partiten, die Milstein mit einem schönen sonoren Ton und höchst differenziert vorträgt. Wer die Aufnahme noch nicht kennt, der hat jetzt sogar die Chance, ein Exemplar zu erwerben. Denn die Deutsche Grammophon hat jüngst eine (limitierte) Drei-LP-Ausgabe im Design der Originalveröffentlichung vorgestellt. Die Box enthält nicht nur die drei Schallplatten sowie einen Download-Code, sondern auch ein umfangreiches Beiheft und Faksimiles der Aufnahmeprotokolle. Durch audiophiles Half-speed-Remastering, exzellent ausgeführt von den Emil Berliner Studios, und 180g Vinyl Pressing bietet diese Edition zudem eine herausragende Klangqualität.
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