Auch mit dieser CD setzt sich Rosemary Tuck für die Wiederentdeckung des Schaffens von Carl Czerny (1791 bis 1857) ein. In Wien, wo Czerny zur Welt kam, gab es seinerzeit – so berichtet die australische Pianistin im Geleitwort zu dieser Aufnahme – dreimal mehr Klavierlehrer als Ärzte.
In dieser musikalischen Atmosphäre wuchs Carl Czerny auf, und schon als Zehnjähriger beeindruckte er Ludwig van Beethoven mit seinem Klavierspiel derart, dass ihn dieser als Schüler annahm. Die beiden Musiker blieben lebenslang befreundet. Czerny wirkte als Solist bei den Uraufführungen von zwei Klavierkonzerten seines Lehrers, und er fertigte auch die Klavierfassungen zu Orchesterwerken Beethovens an.
In späteren Jahren zog Czerny das Komponieren und Unterrichten der Virtuosenlaufbahn vor. Zu seinen Schülern gehören unter anderem Beethovens Neffe, sowie der junge Franz Liszt und Sigismund Thalberg. Bekannt ist Czerny heute in erster Linie als Autor von Unterrichtswerken und gefälligen Stücken für die Hausmusik.
Im Fun-Zeitalter freilich hat kaum noch ein Klavierschüler Lust, sich durch die Schule der Geläufigkeit hindurchzuackern. Dabei waren die Lehrwerke Czernys einst hoch geschätzt, wie uns ein Brief verrät, den Johannes Brahms 1878 an Clara Schumann schrieb: „Die große Pianoforteschule von Czerny ist wohl der Mühe wert, durchgelesen zu werden. (..) Der Fingersatz bei Czerny ist höchst sehr zu beachten, überhaupt meine ich, man dürfe heute mehr Respekt vor dem tüchtigen Mann haben.“
Czerny schrieb aber nicht nur unkomplizierte Musik, die gut klingt und gut in der Hand liegt. Er hat auch eine ganze Reihe von „seriösen“ Werken komponiert – die aber technisch ziemlich hohe Anforderungen an den Pianisten stellen. Und deshalb sind Czernys Klavierkonzerte musikalische Raritäten, die man live fast nie zu hören bekommt.
Rosemary Tuck hat für Naxos schon etliche dieser Werke eingespielt. Auf dieser CD erklingen Czernys Erstes Klavierkonzert in d-moll und das stimmungsvolle Introduktion, Variationen und Finale über den Jägerchor aus Webers Oper Euryanthe op. 60 – beides in Weltersteinspielung – und das temperamentvolle Introduzione e Rondo Brillant op. 233, ein geistreiches Bravourstück.
Die Pianistin musiziert gemeinsam mit dem English Chamber Orchestra unter Leitung von Richard Bonynge; sie spielt virtuos, mit einer atemberaubenden Technik. Ihr Anschlag ist unglaublich differenziert. Eine beeindruckende Aufnahme, die unser Bild von der Wiener Klassik höchst schätzenswert ergänzt.
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