Mittwoch, 27. November 2019

Prinz Johann Ernst von Sachsen-Weimar: Concerti (Audite)

Bislang war es nur Insidern bekannt – doch diese CD zeigt es unüber- hörbar: In der langen Reihe der musizierenden Monarchen, von König David bis hin zu Friedrich II. und Kaiser Leopold I., gebührt Johann Ernst IV. von Sachsen-Weimar (1696 bis 1715) ein Ehrenplatz. 
Der Prinz war der jüngste Sohn von Herzog Johann Ernst III. Doch sein Vater, wohl nicht nur der Kunst, sondern auch dem Alkohol zugeneigt und mit seinem Bruder Herzog Wilhelm Ernst in andauerndem Zwist lebend, starb bereits 1707. Und während in der Weimarer Wilhelmsburg streng und fromm regiert wurde, gingen im Roten Schloss, wo Johann Ernst und sein Halbbruder Ernst August heranwuchsen, die Musiker aus und ein. So kam 1708 der Mühlhäuser Hoforganist Johann Sebastian Bach als Hoforganist nach Weimar, und er unterrichtete gemeinsam mit seinem Vetter, dem Stadtorganisten Johann Gottfried Walther, und mit dem Primarius der Weimarer Hofkapelle Gregor Christoph Eylenstein die beiden Prinzen. 
Auf seiner Kavalierstour durch Belgien und die Niederlande lernte Johann Ernst IV. unter anderem die Concerti op. 3 von Antonio Vivaldi kennen, 1711 in Amsterdam unter dem Titel L'Estro armonico im Druck erschienen. Der Prinz blieb einige Monate an der Universität Utrecht – und brachte dann eine umfangreiche Kollektion an Musikalien mit nach Weimar, wo sie auch der junge Bach mit großem Interesse studierte. 
Nach seiner Rückkehr im Juli 1713 komponierte der junge Herzog „19 Instrumental-Stücke in der Zeit von ¾ Jahren“, so schreibt Johann Gottfried Walther. Da freilich plagte den Prinzen bereits eine Geschwulst, gegen die die ärztliche Kunst jener Tage nichts ausrichten konnte. Und so starb der Herzog dann, im Alter von gerade einmal achtzehn Jahren. Bei einem Kuraufenthalt im Hessischen aber lernte er zuvor Georg Philipp Telemann kennen, der dem Prinzen sechs Violinsonaten widmete. 
Außerdem veröffentlichte Telemann 1718 in einem prachtvollen Druck sechs Violinkonzerte von Johann Ernst. Zwei weitere wurden als Stimmensätze verschenkt und blieben so erhalten. Und Bach hat nicht nur Konzerte von Vivaldi und Marcello, sondern auch vier Konzerte von Johann Ernst für Tasteninstrument bearbeitet. Eines davon, ein Doppelkonzert für zwei Violinen nach BWV 984 und 595, hat Gernot Süßmuth für diese Einspielung rekonstruiert. 
In seiner Debüt-Aufnahme widmet sich das auf historischen Instrumenten spielende Thüringer Bach Collegium unter seiner Leitung den Konzerten des Prinzen mit faszinierender Spielfreude. Der Zuhörer kommt aus dem Staunen gar nicht heraus. Denn diese Werke von Johann Ernst von Sachsen-Weimar haben Qualität. Sie imitieren zudem nicht einfach das italienische Vorbild; bei aller „Vivaldimania“ wird durchaus eine eigene musikalische Handschrift erkennbar. Und man staunt darüber, wie gut dieser Prinz seinerzeit Geige gespielt hat. Denn die Konzerte sind anspruchsvoll, ja mitunter sogar virtuos – und Johann Ernst hat sie für sich selbst komponiert. 
Das Thüringer Bach Collegium musiziert ebenso stilkundig und feinfühlig wie lebendig. Mit dieser CD erweist das Ensemble einem Herrscher seine Reverenz, der  ein ausgezeichneter Musiker war. Was für ein Verlust, dass Johann Ernst IV. so jung gestorben ist... 

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