Wenn Frauenkirchenkantor Matthias Grünert alljährlich Bachs Weihnachtsoratorium aufführt, dann sind in dem Gotteshaus keine von weither angereisten Weltstars zu hören, sondern Sänger und Musiker aus der Region. Trotzdem quetscht sich das Publikum gern ins Kirchengestühl, um an einem von zwei Abenden alle sechs Kan- taten hintereinander anzuhören. So hatte Grünert das Weihnachts- oratorium bereits in seiner frühe- ren Gemeinde aufgeführt - allerdings gab es in dem Städtchen Greiz nach der dritten Kantate eine Stunde Pause, inklusive Glühwein und Thüringer Rostbratwürste draußen vor der Kirche. Und die Musiker starteten um 17 Uhr. In Dresden ist dies nicht möglich, weil das Zeitregime der Frauenkirche dafür keinen Freiraum lässt.
Dennoch ist Grünert zumindest teilweise dabei geblieben. "Böse Zungen sprechen von Tortur", meint der Kantor, "das kann ich gar nicht verstehen. Gut, die Kirchenbänke sind schon unbequem. Aber es ist doch so kurzweilige Musik, wenn man sich darauf einlässt. Die Musik entschädigt doch für alles." Berlin Classics hat die kompakte Aufführung, die mittlerweile in Dresden schon eine Tradition gewor- den ist, im vergangenen Jahr mitgeschnitten. Das Label legt die Doppel-CD nun allen Klassikfreunden auf den Gabentisch.
Wenn man die Aufnahmen anhört, ahnt man, dass es sich dabei um ein schwieriges Unterfangen gehandelt haben muss. Denn die Frauenkirche ist kein Konzertsaal, sondern ein akustisch schwieriger Rundbau mit einer gigantischen Kuppel - was dazu führt, dass die Musiker, insbesondere auch die Bläser, auf der CD klanglich sehr präsent sind, während die Sänger mitunter zu kämpfen haben.
Musiziert wird auf modernen Instrumenten, aber historisch infor- miert und mit straffen Tempi. Die Musiker sind vorzüglich; man merkt, dass sie normalerweise an den Pulten der Sächsischen Staats- kapelle und der Dresdner Philharmonie sitzen. Hier spielen sie als Ensemble Frauenkirche. Zu hören sind zudem der (ziemlich kopf- starke) Kammerchor der Frauenkirche sowie die Solisten Jana Büchner, Britta Schwarz, Markus Brutscher und Gotthold Schwarz.
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