Montag, 3. März 2014

Waghalter: Violin Concerto (Naxos)

Ignatz Waghalter (1881 bis 1949) war das fünfzehnte von zwanzig Kindern einer jüdischen Musiker- familie. Er kam in Warschau zur Welt, und fiel schon im Kindesalter auf, weil er exzellent Geige und Klavier spielte. Als 17jähriger ging er heimlich nach Berlin, um sich dort als Musiker durchzuschlagen – und eine reguläre Ausbildung zu absolvieren. Er wurde ein Schüler von Philipp Scharwenka. Schließlich sorgte Joseph Joachim dafür, dass Waghalter an der Berliner Akademie der Künste bei Friedrich Gernsheim studieren konnte. 1902 erhielt der junge Komponist für seine Sonate für Violine und Pianoforte in f-Moll op. 5 den Mendelssohn-Preis. 
1907 wurde Waghalter unter Artur Nikisch Kapellmeister an der Komischen Oper Berlin; nach einer kurzen Zeit in Essen erhielt er schließlich 1912 das Amt des Chefdirigenten der neu eröffneten Deutschen Oper in Berlin. 1924/25 wurde Waghalter zum Musik- direktor der New Yorker Philharmoniker berufen. Doch der Kunstbetrieb in den USA erschien ihm zu stark kommerziell ausgerichtet. Eine Vertragsverlängerung lehnte er daher ab, und kehrte nach Deutschland zurück. 
Das war keine gute Idee; 1934 floh der Dirigent erst nach Prag und dann nach Wien. 1938, kurz nach dem Anschluss Österreich ans Dritte Reich, konnte Waghalter mit seiner Familie in die USA entkommen. Doch dort gelang es ihm nicht, an frühere Erfolge anzuknüpfen. Er war nun einer von vielen Flüchtlingen; als er 1949 einem Herzinfarkt erlag, wurde er in erster Linie von den Mit-Exilanten betrauert. Und das umfangreiche Werk Waghalters war bald vergessen. 
Das lag nicht zuletzt mit daran, dass der Musiker ein ganz entschiede- ner Verteidiger der Melodie war. Mit Atonalität und Adorno konnte er nichts anfangen; Waghalter fühlte sich der Tradition Schumanns und Brahms' verpflichtet. Das wiederum erschien in der Nachkriegs- zeit überholt und so unmodern, dass sich jahrzehntelang niemand mit dieser Musik befassen wollte. 
Für die Wiederentdeckung des Komponisten engagiert sich nun Violinistin Irmina Trynkos (waghalterproject.com). Sie hat mit dem Royal Philharmonic Orchestra unter Alexander Walker sowie mit dem Pianisten Giorgi Latsabidze wesentliche Werke Waghalters auf CD vorgestellt. Bei Naxos sind nun das inspirierende Violinkonzert op. 15 sowie die Rhapsodie für Violine und Orchester op. 9 in Welterst- einspielung erschienen. Die CD wird komplettiert durch die preisge- krönte Violinsonate des Komponisten, sowie zwei kleinere Stücke. Die Aufnahme ist ein wichtiger Beitrag zur Neubewertung der europäi- schen Musikgeschichte zwischen den Weltkriegen. 

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