Dienstag, 16. Juni 2015

Strauss: Bläsersonatinen (Berlin Classics)

Warum die Bläsersonatinen von Richard Strauss (1864 bis 1949) so selten aufgeführt werden, das gehört zu den Rätseln der Musikgeschichte. Möglicherweise liegt es mit daran, dass es vortrefflicher Bläser bedarf, will man diese Werke angemessen spielen. Das Leipziger Armonia Ensemble kann so viele exzellente Solisten aufbieten, dass sie sich abwechseln müssen. Die Musiker, die sich neben der täglichen Arbeit im Gewandhausorchester oder im MDR-Sinfonieorchester der großbesetzten Bläserkammermusik verschrieben haben, haben bei Berlin Classics diese großartigen Werke eingespielt – eine würdige Gabe zum 150. Geburtstag des Komponisten im vergangenen Jahr. 
Strauss wuchs mit Bläserklängen auf, sein Vater war ein berühmter Horn- virtuose. Bereits als Schüler schuf er Werke für ein kopfstarkes Bläser- ensemble. Im Alter  schrieb er dann jene beiden Meisterwerke für 16 Blas- instrumente, die auf dieser CD zu hören sind. Die Sonatine Nr. 1 in F-Dur aus dem Jahre 1943 nannte er „Aus der Werkstatt eines Invaliden“ – in Anspielung an eine glücklich überstandene Grippe. Ein Jahr später komponierte Strauss die zweite Sonatine in Es- Dur, die er mit „Fröhliche Werkstatt“ betitelt. Es ist, obwohl mitten im Krieg entstanden, eine geradezu erschreckend heitere Musik. 
Strauss erweist sich in diesen Werken als ein Magier, der mit Klangfarben Ausdrucksnuancen zaubert und Harmonien wie schillernde Seifenblasen aufsteigen und dahintreiben lässt. Die erste Sonatine, die ein wenig an den Rosenkavalier erinnert, gefällt mir fast noch ein wenig mehr als die zweite, übermütige, in der Till Eulenspiegel und der junge Mozart gemeinsam so einige Scherze treiben. Sinfonische Klangfülle und kammermusikalische Klarheit, kollektiver Klangfarbenreichtum und solistischer Glanz – diese Sonatinen sind ein musikalischer Kosmos voll Überraschungen. Und die Leipziger Bläsersolisten präsentieren Strauss' Musik mit luzider Eleganz, wunderbar. Bravi! 

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