Samstag, 27. Juni 2015

Tobias Feldmann, Violin (Genuin)

Ein junger Geiger stellt sich vor, und er setzt bereits mit der Auswahl der Stücke für seine Debüt-CD Akzente. Schon beim Blick auf das Programm wird deutlich: Tobias Feldmann, mehrfacher Wettbewerbssieger und ehemaliger Konzertmeister des Bundesjugendorchesters, macht keine halben Sachen. Was er hier kombi- niert, das ist wohlüberlegt und zeigt zugleich seinen sehr hohen An- spruch. Unterstützt wird Feldmann dabei von dem versierten Pianisten Boris Kusnezow. 
Die Sonate Nr. 3 in d-Moll op. 27, Ballade, von Eugène-Auguste Ysaye ist George Enescu gewidmet. Sie vereint den großen, zunächst etwas melancholischen Auftritt mit hochvirtuosen Passagen, neben denen Paganini verblasst. Neben dieses Werk für Violine solo stellt Tobias Feldmann die Sonate für Klavier und Violine Nr. 7 in c-Moll von Ludwig van Beethoven. Es ist ein düsteres Stück, in dem tragische Wucht und leidenschaftliche Ausbrüche immer wieder die melodische Idylle stören – und am Ende siegt die Dunkelheit. 
Béla Bartók schrieb seine Sonate für Violine solo Sz. 117 für Yehudi Menuhin. Der Komponist hatte den Geiger 1943 in einem Konzert mit einer Solo-Sonate von Johann Sebastian Bach gehört; mit diesem Klangbild in der Erinnerung schuf Bartók seine Sonate, die auch sein letztes vollendetes Werk wurde. Und natürlich spielt Feldmann im letzten Satz die Version mit den Vierteltönen. 
Ein wahres Feuerwerk an virtuosen Effekten zündet Franz Waxman in seiner Carmen-Fantasie. Der Komponist, der sehr viele Filmmusiken ge- schrieben hat, hat ein ausgesprochenes Faible sowohl für die dramatische Wirkung eines Werkes als auch für allerlei geigentechnische Raffinessen. Der Zuhörer, der immer die Opernmelodie im Ohr behält, kann diese Kapriolen genießen. Entstanden ist die Carmen-Fantasie für Jascha Heifetz. 
Tobias Feldmann agiert in all diesen doch sehr unterschiedlichen musi- kalischen Welten mit traumwandlerischer Sicherheit. Hier präsentiert sich ein junger Solist, von dem man für die Zukunft Großes erwarten darf. Denn er bietet nicht nur eine perfekte Technik, er gestaltet auch stilsicher, und er hat jenes gewisse musikalische Gespür, das man eben nicht erlernen kann. Ein tolles Debüt. Bravo! 

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